Umsetzung neue ArbMedVV

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  • Hallo,

    die neue ArbMedVV hat ja in vielen Betrieben für Verwirrung gesorgt. Gibt es Unternehmen die schon damit angefangen haben die neue ArbMedVV umzusetzen? Oder auf dem Weg dahin sind?

    Wir schweben derzeit noch planlos im All.

    Grüße

    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • Hallo,

    etwas schwimmen ist momentan wohl in vielen Bereichen angesagt - die neue ArbmedVV ist ja auch erst ein paar Wochen alt.

    Einen Überblick zu den aktuellen Deutungen findet man erst mal hier:
    http://www.bgrci.de/fileadmin/BGRC…as_Rickauer.pdf

    Ich denke, der wichtigste Punkt ist die immer deutlichere Trennung von Vorsorge- und Eignungsuntersuchung.
    Die Vorsorge nach ArbMedVV ist für den Mitarbeiter gedacht.
    Der AG wird daher nur noch über die Teilnahme des MA an der Untersuchung informiert.
    Durch die neue ArbMedVV wird dem MA indirekt auch die Pflicht übertragen, seinen AG bei Bedenken des Arztes für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten zu informieren.
    Wir sind am überlegen, ob man dass mit Bezug auf das ArbSchG (§15 und 16) für den MA verpflichtend gestalten kann.

    Falls der AG aber eine Auskunft zur Eignung des MA benötigt, so müssen Eignungsuntersuchungen durchgeführt werden bei denen der Betriebsarzt mit der Prüfung der Frage beauftragt wird: "Ist der MA für die Ausübung dieser Tätigkeit geeignet?" Und dann sind wir wieder mal bei dem Thema Schweigepflicht des Arztes...

    Also ich hoffe jedenfalls noch auf ein paar klärende offizielle Erläuterungen zu dem Thema. Oder gibts die schon?

    Viele Grüsse aus Dresden

    EHS Mann

  • Hi,

    ich denke das einfachste wird eine Betriebsvereinbarung sein.

    Bei dem Termin zur Vorsorge wird gleichzeitig die Eigung festgestellt, und der BA teilt mit, ob geeignet oder nicht, oder unter Auflagen.
    Für diese Mitteilung entbindet der Mitarbeiter den Arzt von der Schweigepflicht.

    Jedem Mitarbeiter würde ich diesen Schritt auch erklären.

    Inhalt wäre dann:
    Der Arbeitgeber muss sich absichern ob die MA noch gesundheitlich in der Lage sind ihre Arbeit auszuführen.
    Der Arbeitgeber darf auch nur geeigneten MA eine Aufgabe übertragen, dabei auch Konsequenzen für Arbeitgeber aufzeigen
    Was teilt der Arzt überhaupt dem Arbeitgeber mit?
    Und was passiert wenn ein MA nicht mehr geeignet ist???

    Grüße
    Lucy

  • Hallo,

    unser Betriebsarzt hatte schon erst mal Bedenken, die Schweigepflicht des Arztes per Betriebsvereinbarung "auszuhebeln". Seiner Meinung nach ist dafür das Einverständnis jedes einzelnen Mitarbeiters notwendig - kollektiv könnte man sowas nicht vereinbaren.
    Wir werden uns dazu in den nächsten Tagen auch noch mit dem Betriebsrat abstimmen - mal sehen wie deren Meinung ist.


    Gruss

    EHS Mann

  • Hallo,

    Zitat

    Bei
    dem Termin zur Vorsorge wird gleichzeitig die Eigung festgestellt, und
    der BA teilt mit, ob geeignet oder nicht, oder unter Auflagen.
    Für diese Mitteilung entbindet der Mitarbeiter den Arzt von der Schweigepflicht.

    Wobei die Verordnung ja ausdrücklich sagt das Vorsorge und Eignung voneinander getrennt stattfinden sollen. Es gibt da allerdings ein Schlupfloch:
    Arbeitsmedizinische Vorsorge soll während der Arbeitszeit stattfinden. Sie soll nicht zusammen mit Untersuchungen, die dem Nachweis der gesundheitlichen Eignung für
    berufliche Anforderungen dienen, durchgeführt werden, es sei denn, betriebliche Gründe erfordern dies;
    in diesem Fall hat der Arbeitgeber den Arzt oder die Ärztin zu
    verpflichten, die unterschiedlichen Zwecke von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchung gegenüber dem oder der Beschäftigten offenzulegen.

    Ich denke die betrieblichen Gründe lassen sich problemlos finden.

    unser Betriebsarzt hatte schon erst mal Bedenken, die Schweigepflicht des Arztes per Betriebsvereinbarung "auszuhebeln". Seiner Meinung nach ist dafür das Einverständnis jedes einzelnen Mitarbeiters notwendig - kollektiv könnte man sowas nicht vereinbaren.

    Tja, genau das ist die spannende Frage.
    Ich bin gespannt wie sich das entwickelt.


    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • Hallo
    die ArbMedVV regelt die notwendige medizinische Vorsorge auf Grundlage einer (zu erfolgenden) Gefährdungsbeurteilung.
    Kein medizinischen Befunde oder Ergebnis geht ohne Einwilligung an den Unternehmer und wenn der BA dieses nicht mitteilt,
    kommt es einer Falschberatung nach Rechtslage gleich.
    Jede Angebotsvorsorge muss mit Angabe des Grundes, persönlich und schriftlich an die betreffenden Beschäftigten gehen.
    Eine Ablehnung durch den Beschäftigten darf keine Nachteile für den Beschäftigten erzeugen.

    Weshalb wird ständig versucht die ArbMedVV zur Eignungsuntersuchung zu missbrauchen? Das war doch mitunter der Grund zur Aktualisierung.
    Grundsatzuntersuchungen (G25 u.ä.) haben keinerlei Rechtsgrundlage sondern lediglich Empfehlungscharakter.
    Andere Regelwerke wie bspw. FeV verlangt einen Eignungsnachweis, hat aber Nichts mit der G25 zu tun.
    Auch kann weder eine Betriebsvereinbarung noch sonst ein Schriftstück die ärztliche Schweigepflicht aushebeln.

    Jetzt müssen die BA den Aufgaben nach ASiG und Vorschrift 2 nachkommen und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auf med. Vorsorge hinwirken.
    Die Arbeitsplätze und Systeme begehen und individuelle Maßnahmen festlegen - so wie wir Sicherheitsingenieure es schon seit Jahren praktizieren.
    Ich persönlich sehe dies als gute Aktualisierung für die Beschäftigten und sehe der Angelegenheit entspannt entgegen.
    Die Betriebsärzte sind gefordert - wir unterstützen und achten auf die Einhaltung......

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Zitat AL_MTSA:

    Jetzt müssen die BA den Aufgaben nach ASiG und Vorschrift 2 nachkommen und im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auf med. Vorsorge hinwirken.
    Die Arbeitsplätze und Systeme begehen und individuelle Maßnahmen festlegen - so wie wir Sicherheitsingenieure es schon seit Jahren praktizieren.
    Ich persönlich sehe dies als gute Aktualisierung für die Beschäftigten und sehe der Angelegenheit entspannt entgegen.
    Die Betriebsärzte sind gefordert - wir unterstützen und achten auf die Einhaltung......

    Moin zusammen,

    sicherlich ist das ein guter Ansatz. Aber leider fürchte ich, dass wie so oft Theorie und Praxis zwei völlig unterschiedliche Welten sind, die hier ungebremst aufeinander prallen. Unser Betriebsarzt kann schon jetzt seine Zeiten nach DGUV V2 nicht erfüllen. Wenn er jetzt vielleicht auch noch zwei Untersuchungen, eine Vorsorge- und eine Tauglichkeitsuntersuchung, statt einer Untersuchung durchführen soll/muss, dann weiß ich nicht, wie er das bewerkstelligen soll, zumal bei uns der Untersuchungsumfang beider Untersuchungen häufig identisch ist.

    Wenn eine Betriebsvereinbarung die ärztliche Schweigepflicht nicht aufheben kann, (wird die Zukunft zeigen und ist vielleicht sogar vom jeweiligen BA abhängig), dann kann man nur die Mitarbeiter zur Vorsorgeuntersuchung schicken und darauf hoffen, dass der Betriebsarzt im konkreten Fall und bei Handlungsbedarf den Unternehmer im Rahmen dessen, was ihm dann legal erscheint, auch wirklich informiert.

    Wenn die Entwicklung in diese Richtung gehen sollte, dann werden wir vermutlich unseren BA schriftlich darüber informieren, dass das Unternehmen für Unfälle die aus mangelnder Kenntnis über den Gesundheitszustand des betroffenen AN resultieren, keine Verantwortung übernimmt.

    Zugegeben: Ich finde das dem BA gegenüber nicht fair, aber welche Möglichkeiten hätte das Unternehmen sonst?

    Aber vielleicht ist das alles auch Zukunftsmusik, die so nicht gespielt wird. Um den Kaiser zu zitieren: Schaun mer mal. :D

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Hallo,

    das Ziel der Änderung der ArbMedVV ist ganz klar die Trennung von Vorsorge- und Eignungsuntersuchung.
    Momentan fehlen aus meiner Sicht aber klare Regelungen, wie man mit dem Thema Eignung umgehen kann. Wie kann der AG sicher sein, dass ein MA für die entsprechende Aufgabe (gesundheitlich) geeignet ist?
    Bisher dienten dazu die jeweiligen G-Untersuchungen mit der entsprechenden Rechtsgrundlage für MA und AG. Wenn der AG jetzt einen MA zur Eignungsuntersuchung schickt muss der MA den Arzt von der Schweigepflicht entbinden?

    Viele Grüße

    EHS Mann

  • Unser Betriebsarzt kann schon jetzt seine Zeiten nach DGUV V2 nicht erfüllen.

    Und das ist für mich das zentrale Problem, verbunden mit dem Mangel an Betriebsärzten.
    Hier zeigt die Gesetzgebung mal wieder ihren eklatanten Mangel an Realitätssinn. Es wird eine Verordnung erlassen, die sicherlich nicht schlecht ist, zu einer Situationsverbesserung führen müsste.
    Aber auch meine Betriebsärztin hat schon darauf hingewiesen, dass sie das zeitlich nicht leisten kann.

    Ich sehe das ganz große Problem darin, dass der Mangel an Betriebsärzten die Betriebe in eine Situation der Rechtssunsicherheit führen wird, weil vorgegebenes Recht nicht adäquat umgesetzt werden kann.

    Hier hätte sich die Gesetzgebung analog Gedanken machen müssen, wie man den Facharzt für Betriebsmedizin attraktiver gestalten kann. Und attraktiv ist das für junge Ärzte, die sich überlegen in welche Richtung sie gehen möchten absolut nicht. Es fehlt doch vor allem an gesellschaftlicher Anerkennung.
    Ein Problem, das sicher nicht einfach zu lösen ist, aber das dennoch zuerst gelöst werden sollte, ehe man den wenigen Betriebsärzten noch mehr Arbeit auflastet.

    Just my 0,02$

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

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  • Moin,

    eigentlich wollte ich ja nicht (mehr) auf die Politiker schimpfen (hat ja doch keinen Sinn), aber Hardy´s Formulierung mit dem Mangel an Realitätssinn kommt meiner Ansicht über Politiker verdammt nahe (und ist noch äußerst höflich formuliert).

    Viel zu oft wird von der Politik etwas beschlossen, wobei ich dort die in vielen Fällen vorhandene gute Absicht gar nicht bestreiten will, das nicht bis zu Ende durchdacht ist und an anderer Stelle hoffnungsloses Chaos verursacht.

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Hallo Zusammen,

    ich kann da elschwoabos und nj1964 nur zustimmen. Viele Ansätze der Politik sind gut gemeint aber mit der Umsetztung klemmt es dann weil viele Politiker völlig realitätsfremd agieren.

    Aber warum wundern wir uns im Bundestag sitzen ja nur Rechtsanwälte, Lehrer, Beamte und Ärzte und die haben wir alle gewählt obwohl wir es nicht wahrhaben wollen.

    Bei uns haben wir den Betriebsarzt erst einmal in diesen Jahr gesehen und das war im Februar danach hat er gekündigt und sich in einer Gemeinschaftspraxis für Allgemein Medizin eingebracht. Der Nachfolger hat es 2 Monate beim Dienstleister ausgehalten und auch gekündigt und der Nachfolger vom Nachfolger erschien nicht zur ASA Sitzung weil er inzwischen auch aufgehört hatte. Woran liegt es nun das junge Arbeitsmediziner nach kurzer Zeit aufgeben und sich was anderes suchen? Was übrigens auch für viele FaSi,s gilt, ich kenne viele meines Faches die aufgegeben haben und in ihren normalen Jobs zurück gingen und warum? Ich sage nur zwei Gründe: Keine Anerkennung und Ignoranz von Führungskräften.

    Mit freundlichen Grüssen aus Braunschweig!

    Hans-Jürgen

  • Hallo,

    unser Betriebsarzt hatte schon erst mal Bedenken, die Schweigepflicht des Arztes per Betriebsvereinbarung "auszuhebeln". Seiner Meinung nach ist dafür das Einverständnis jedes einzelnen Mitarbeiters notwendig - kollektiv könnte man sowas nicht vereinbaren....


    Ich teile die Meinung des Betriebsarztes, der §203 StGB ist eindeutig. Für die Beiteiligten der rechtswidrigen Betriebsvereinbarung hat das StGB dann noch §27 parat.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Hallo,

    hat denn jemand, trotz aller Mißstände :cursing: , einen Plan wie man nun mit dem Thema umgehen kann?
    Wie werden bei Euch nun Eignungsuntersuchungen durchgeführt?
    Werden die Mitarbeiter in die Thematik einbezogen ( so z.B.: ..nach ArbSChG bist Du zur Mitwirkung im Arbeitsschutz verpflichtet - Du hast eine Hinweispflicht en den AG wenn Du nicht geeignet bist)?
    Mein Plan (als "erster Entwurf") sieht in etwa so aus: Personalabteilung und Betriebsrat mit in die Thematik einbeziehen und entsprechende Dokumente (Gefährdungsbeurteilung und / oder Betriebsvereinbarung) entwerfen - diese dann rechtlich prüfen lassen und anschliessend veröffentlichen.
    Eventuell haben wir ja Glück und bis dahin gibt es schon erste offiziellere Vorschläge zur Verfahrensweise. :S

    Viele Grüße

    EHS Mann

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  • Hallo,

    wir tappen bei uns auch noch einigermassen im Dunkeln. Erschwerend kommt noch hinzu, dass wir noch darauf warten müssen wie die Kunden das ganze gerne haben möchte (das wird auch noch ein großer Spaß). Wenn ich aber das was ich gelesen habe richtig verstanden habe, ist die allseits beliebte G25 nicht von der Neuregelung betroffen und kann "normal" weitergeführt werden. Mein größtes Problem ist die G26.3. Ich warte jetzt drauf, ob dem Gesetzgeber und den BGen was Kluges dazu einfällt.

    Gruß Moritz

  • Hallo,

    Wenn ich aber das was ich gelesen habe richtig verstanden habe, ist die allseits beliebte G25 nicht von der Neuregelung betroffen und kann "normal" weitergeführt werden. .....
    Gruß Moritz

    Hallo Moritz,
    die G25 ist eine Wunsch/Angebotsvorsorge die durchgeführt werden kann- jedoch ohne medizinisches Ergebnis und Aussage über die Eignung/Tauglichkeit an den Unternehmer.
    Wenn dies bereits so durchgeführt wurde, ändert sich hier nichts. :thumbup:
    Die G26.3 ist i.d.R. als Pflichtvorsorge anzubieten, wobei hier im Gegensatz zur G25 der Mitarbeiter diese nicht ablehnen darf. Jedoch geht auch hier ebenfalls keine Information
    an den Unternehmer (ohne schriftl. Zusage des Mitarbeiters) mit einer Aussage über die Eignung/Tauglichkeit.
    Vielleicht muss doch die ein oder andere Vorgehensweise auf Regelkonformität überprüft werden.... :D

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

    Einmal editiert, zuletzt von AL_MTSA (5. Dezember 2013 um 12:53)

  • Hallo AL MTSA,

    das sehe ich anders, da ich die G25 oder etwas entspechendes in der ArbmedVV nicht finden kann. Siehe dazu auch hier klick (1.43)
    Warum ich jetzt nach einer Verordnung Sachen regeln soll, die da gar nicht aufgeführt sind erschließt sich mir nicht.
    Allerdings finde ich auch nichts, wodurch dem Arzt erlaubt wird gegen Unterschrift Befunde von Pflichtvorsorgen weiterzugeben. Ich würde da als Arzt die Finger von lassen.

    Gruß Moritz

  • Hallo AL MTSA,

    das sehe ich anders, da ich die G25 oder etwas entspechendes in der ArbmedVV nicht finden kann. Siehe dazu auch hier klick (1.43)
    Warum ich jetzt nach einer Verordnung Sachen regeln soll, die da gar nicht aufgeführt sind erschließt sich mir nicht.
    Allerdings finde ich auch nichts, wodurch dem Arzt erlaubt wird gegen Unterschrift Befunde von Pflichtvorsorgen weiterzugeben. Ich würde da als Arzt die Finger von lassen.

    Gruß Moritz


    Hallo,
    die Entbindung der Schweigepflicht hat ja auch nichts mit der ArbMedVV direkt zu tun, sondern ist eine allgemeine Verpflichtung der Ärzte.
    Diese Schweigepflicht kann der Betroffene aus eigenem Willen immer aufheben.

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

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  • Hallo,
    die Entbindung der Schweigepflicht hat ja auch nichts mit der ArbMedVV direkt zu tun, sondern ist eine allgemeine Verpflichtung der Ärzte.
    Diese Schweigepflicht kann der Betroffene aus eigenem Willen immer aufheben.

    Moin,
    das die Aufhebung der Schweigepflicht möglich ist ist mir klar. Die ganze Änderung ist aber dafür durchgeführt worden, das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiter und BA zu stärken. Dazu wurde dann die Beurteilung rausgenommen, um einen Rückschluß auf den Gesundheitszustand des Mitarbeiters zu verhindern. Wenn ich jetzt die Mitarbeiter gesammelt auffordere, den BA von seiner Schweigepflicht zu befreien konterkariere ich den (Un)-Sinn dieser Verordnung, da sich dann schon die Mitarbeiter "verdächtig" machen die das einfach nicht wollen.

    Gruß Moritz

  • Hallo,

    da hier anscheinend nicht viele andere Arbeitsmediziner unterwegs sind, möchte ich da Thema gerne mal aus arbeitsmedizinischer Sicht beleuchten.

    Durch die neue ArbMedVV hat sich gar nicht sooo viel geändert, wie viele (auch Berufskollegen) behaupten. Vielmehr besteht jetzt Rechtsklarheit über Dinge, die auch vorher schon gegolten haben. Neu ist, dass der Arbeitgeber bei der der Pflichtvorsorge wie in den letzten Jahren bereits bei der Angebotsvorsorge nur noch eine Teilnahmebescheinigung enthält und keine Beurteilung mehr darüber ob "gesundheitliche Bedenken" bestehen oder nicht. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit war aber auch in der alten ArbMedVV keine Tätigkeitsvoraussetzung (Ausnahmen: Druckluft und Strahlenschutz), verlangt wurde lediglich die Teilnahme an der Untersuchung. Neu ist auch, dass auch bei der Pflichtvorsorge die körperliche Untersuchung abgelehnt werden darf. Es bleibt dann nur noch eine Pflichtberatung übrig (auch hierfür gibt es bereits die o.g. Teilnahmebescheinigung). Nach juristischer Auffassung des BMAS bestand jedoch auch nach alter ArbMedVV für körperliche Untersuchungen kein Duldungszwang. Im Grunde hat das Ergebnis einer Vorsorgeuntersuchung den Arbeitgeber auch nicht zu interessieren (es sei denn, der Mitarbeiter wünscht dies - z.B. um Veränderungen am Arbeitsplatz zu erreichen). Mängel bei der Arbeitsplatzgestaltung die in der Person des untersuchten Mitarbeiters liegen dürfen nach neuer ArbMedVV auch nur mit Zustimmung des Mitarbeiters dem Arbeitgeber kundgetan werden. Wenn also beispielsweise alle Bürostühle nichts taugen, kann ich dies dem Arbeitgeber mitteilen. Wenn aber nur Herr XY aufgrund eines Bandscheibenvorfalls einen speziellen Bürostuhl benötigt muss Herr XY mit der Mitteilung einverstanden sein bzw. die Bürostuhlbescheinigung am besten selbst beim Arbeitgeber abgeben. Bei den meisten Vorsorgeuntersuchungen geht es ja nicht um die Gefährdung von Dritten oder von Sachgütern, sondern um die Eigengefährdung der Mitarbeiter. Jeder hat das Recht ein gewisses Risiko zu tragen, ansonsten dürften schnelle Autos nicht gebaut und Zigaretten nicht verkauft werden. Die mitlesenden SiFas und Personalverantwortlichen können sich ja selbst mal fragen, ob Sie - wie empfohlen - ab dem 35. Lebensjahr regelmäßig bei der Hautkrebsvorsorge oder ab dem 50. Lebensjahr bei der Darmkrebsvorsorge waren. Wahrscheinlich wird der eine oder andere hier diesbezüglich Nachholbedarf haben. Trotzdem käme niemand ernsthaft auf die Idee, die Teilnahme an diesen Untersuchungen vorzuschreiben. Warum soll das bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge anders sein ?

    Klar trennen von der arbeitsmedizinischen Vorsorge muss man die Eignungsuntersuchungen. Diese Trennung war auch zu Zeiten der alten ArbMedVV im Grunde schon erforderlich, wurde in der Praxis aber gerne vermieden. Die Eignungsuntersuchungen sind (abgesehen von Druckluft und Strahlenschutz) nirgends staatlich geregelt (und werden sie wohl auch nicht). Eignungsuntersuchungen im Rahmen der Einstellung scheinen juristisch unbedenklich zu sein (wenngleich die Arbeitgeber regelmäßig damit überfordert sind Eignungskriterien für Ihren Betrieb festzulegen). Für routinemäßige Eignungs-Nachuntersuchungen muss es jedoch eine Rechtsgrundlage geben. Für einige Bereiche gibt es die ja auch (div. Unfallverhütungsvorschriften, Feuerwehrdienstverordnungen usw.) für andere Bereiche aber auch nicht. Ob eine Gefährdungsbeurteilung alleine bereits eine Rechtsgrundlage darstellen kann ist juristisch noch nicht ausdiskutiert. Um Eignungsuntersuchungen zu rechtfertigen muss die Gefahr schon ein gewisses Ausmaß haben, damit die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt. Insbesondere muss das Risiko durch die Tätigkeit im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erheblich erhöht sein. Eine Untersuchung für Gabelstaplerfahrer kann so gerechtfertigt sein, für PKW Fahrer aber eher nicht. Die Trennung von Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen macht übrigens auch medizinisch inhaltlich Sinn. Wenn ich beispielsweise wissen will, ob jemand unter Konzentrationsstörungen leidet kann ich dies bei einer Vorsorgeuntersuchung erfragen (es gibt ja keinen Grund mich anzulügen), bei einer Eignungsuntersuchung sollte man aber besser einen Konzentrationstest machen um eine vernünftige Beurteilung abgeben zu können (da man sonst ggf. angelogen werden würde). Anderes Beispiel: Im Rahmen einer Vorsorge wäre ein suchtkranker Mitarbeiter gut beraten sich dem Arzt gegenüber zu offenbaren, im Rahmen einer Eignungsfeststellung wohl eher nicht. Das Eignungs- und Vorsorgeuntersuchungen nicht am selben Termin stattfinden ist natürlich eher Theorie, man kann auch am selben Termin die Untersuchungsteile klar trennen und dies auch kommunizieren.

    Leider ist die Nomenklatur der G-Untersuchungen immer noch stark verbreitet. Die G-Grundsätze stellen aber schon seit Inkrafttreten der alten ArbMedVV keinerlei Rechtsgrundlage mehr da (Ausnahme Ehrenamtliche) sondern haben allenfalls Leitliniencharakter (obwohl sie noch nicht mal evidenzbasiert sind). Dementsprechend kann sich aus den G-Grundsätzen auch kein Untersuchungszwang ergeben. Bei der G25 (Fahr- und Steuertätigkeiten) und bei der G26.3 (schwerer Atemschutz) hat sich durch die neue ArbMedVV ohnehin nichts geändert, denn diese Untersuchungen kommen sowohl in der alten als auch in der neuen ArbMedVV überhaupt nicht vor. Sie sind also weder Pflicht- noch Angebotsuntersuchung (letzteres wird hier im Forum gerne mal behauptet) sondern Eignungsuntersuchungen auf Wunsch des Arbeitgebers oder Wunschuntersuchungen gemäß §11 ArbSchG.

    Mit Betriebsvereinbarungen darf nur die betriebliche Umsetzung geltenden Rechts konkretisiert werden. Es darf aber das geltende Recht nicht ausgehebelt oder umgangen werden (dies wäre bei einer Ergebnismitteilung der Vorsorgeuntersuchungen an den Arbeitgeber der Fall) und es darf auch kein zusätzliches Recht neu geschaffen werden. So wäre beispielsweise eine Betriebsvereinbarung zur Einrichtung einer Arrestzelle für ungehorsame Mitarbeiter rechtlich nicht zulässig. Eine vom Mitarbeiter zu unterschreibende Schweigepflichtsentbindung ist im übrigen auch nutzlos, da der Mitarbeiter diese jederzeit (z.B. nachdem er den Sehtest nicht bestanden hat) widerrufen werden kann. Für sämtliche ärztliche Tätigkeiten gilt ja die ärztliche Schweigepflicht. Wenn man mit diesem Thema kommt reagieren Unternehmer (und auch SiFas) gerne mal genervt. Aber es handelt sich bei der ärztlichen Schweigepflicht eben nicht um irgendeine beliebige Verwaltungsvorschrift sondern ein Bruch der ärztlichen Schweigepflicht stellt einen Straftatbestand dar, man kann seine Approbation und evtl. den Wohnungsschlüssel abgeben. Ausnahmen sind nur dort möglich, wo diese der Gesetzgeber explizit gestattet hat (z.B. die Beurteilung gemäß alter ArbMedVV bei Pflichtuntersuchungen). Eine Betriebsvereinbarung kann die Schweigepflicht niemals außer Kraft setzen. Der Betriebsarzt darf (nicht muss) die ärztliche Schweigepflicht nur dann brechen, wenn akute Gefahr im Verzug ist (also wenn ich z.B. einen blinden Epileptiker dem ich im Arztgespräch das Gabelstaplerfahren verboten habe dennoch im Gabelstapler antreffe). Die Hürde für den Bruch der Schweigepflicht bei akuter Gefahr ist aber sehr hoch und ggf. geht es dann vor Gericht durch mehrere Instanzen (wenn der Staplerfahrer seinen Job verloren hat und den Arzt anzeigt).

    Am einfachsten ist es, man lässt die Vorsorge in der Hand des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer hat die Möglichkeit, Bescheinigungen die ich ihm aushändige an den Arbeitgeber weiterzugeben (z.B. wenn er eine Bildschirmbrille oder einen höhenverstellbaren Schreibtisch benötigt) oder eben auch nicht wenn es dies nicht will. Im übrigen wird dann auch der Arbeitgeber von der Last "gesundheitliche Bedenken" befreit. Damit konnten viele Unternehmen nämlich überhaupt nicht umgehen, am Ende hatte der Arzt dann gerne Schuld (... "Herr Doktor, das ist mein bester Mitarbeiter, nun lassen Sie Fünfe doch mal gerade sein").

    Für wirklich relevante Gefährdungen sollte man Eignungsuntersuchungen etablieren (Eignung "Gabelstapler", Eignung "Absturzgefährdung" und zukünftig auch Eignung "schwerer Atemschutz"). Die Eignungsbescheinigung bekommt der Mitarbeiter in die Hand gedrückt und gibt diese beim Arbeitgeber ab. Tut er dies nicht sollte der Arbeitgeber beim Mitarbeiter aktiv nachfragen oder sich seinen Teil denken und den Mitarbeiter ggf. mit der jeweiligen Tätigkeit nicht mehr betrauen. Ob er den Mitarbeiter deshalb kündigen darf ist juristisch nicht ausdiskutiert.

    "Interessant" finde ich den in einem Beitrag weiter oben beschriebenen Vorstoß eines Unternehmens, dem Betriebsarzt schriftlich mitzuteilen zu wollen, dass das Unternehmen für Schäden, die durch gesundheitliche Nichteignung einzelner Mitarbeiter entstehen, keine Verantwortung übernimmt. Als Betriebsarzt würde ich mit einem Zweizeiler antworten, dass man selbst aufgrund der vom Gesetzgeber zugewiesen Rolle als Betriebsarzt die Verantwortung natürlich auch nicht übernehmen kann. Es gebe dann keinen Verantwortlichen mehr im Betrieb - das Amt f. Arbeitsschutz könnte den Betrieb schließen ;) Ein Seminar zum Thema "Verantwortung im Arbeitsschutz" würde dem Unternehmen gut tun.

    Viele vorweihnachtliche Grüße
    Basti

  • Hallo Basti,

    vielen Dank für die ausführliche Information. Vor wenigen Wochen hatten meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Fahrausweisprüfdienst ein Schreiben bekommen, das sie zu einer Arbeitsmedizinischen Untersuchung MÜSSEN.
    Und zwar auf Wunsch des Kunden und ohne weitere Info´s. Auch ein Urintest wurde gefordert.
    Einen der Fragebögen vorab habe ich gesehen, "Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung". Keine Begründung, warum dies nach 7 Jahren urplötzlich gefordert wird, keine Veränderungen am Auftrag, keine neue Gefährdung, nichts, was diesen Schritt
    rechtfertigen würde. Ebenfalls keine Betriebsvereinbarung und niemals eine Einstellungsuntersuchung.
    Als die MA dann bei einem externen Unternehmen vorstellig wurden, gab es seh und hörtest, bisschen Lunge abhören und Puls messen. Urintest habe wohl einige gemacht, andere nicht. Es gab auch keine Aufklärung vor Ort, warum weshalb und überhaupt was gemacht werden soll und darf.
    Einzig unsere Schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen lehnten die Untersuchung ab, ohne Konsequenzen zu erleiden.
    Mittlerweile geht man einen anderen Weg, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 40+ dürfen ab einer gewissen Zahl Krankheitstage zur GF und bekommen Abfindungen mit Aufhebungsvertrag angeboten.
    Alle MA sind im ÖPNV bei jeder Witterung unterwegs und in vollen Verkehrsmitteln. Aber Grundgedanke der GF, wenn MA dadurch häufiger Krank sind als in anderen Bereichen sind sie für diese Tätigkeit nicht geeignet.

    Gruß aus Ffm,

    Carsten