Schaut Euch das mal an:
Gruß
Jens
Quelle: http://www.allgemeine-zeitung.de/region/bad-kre…ch/12194402.htm
Fachkraft für Arbeitssicherheit sagt im Prozess gegen Chef einer Stromberger Großbäckerei aus
13.07.2012 - BAD KREUZNACH
Von Christine Jäckel
Wer in der seit fast zwei Jahren geschlossenen Stromberger Großbäckerei am Band arbeitete, verbrannte sich immer wieder mal an heißen Blechen. Das haben mehrere Zeugen in dem Verfahren gegen den ehemaligen Geschäftsführer der Brotfabrik ausgesagt, der sich wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten muss. Es gibt aber auch eidesstattliche Versicherungen von ehemaligen Mitarbeitern, die sich nie verbrannt haben, und die ebenfalls nie den Ausspruch gehört haben: „Wer abstellt fliegt.“
Auf diese Zeugen bezog sich einer der Beweisanträge des Verteidigers Franz-Josef Schillo, der in diesem Verfahren von Anfang an alleine auftrat, sein Mandant ließ sich vertreten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dass er als Geschäftsführer für die Einhaltung der Arbeitssicherheit verantwortlich war und dass es infolge mangelnder Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu den Verbrennungen kam. Das Verfahren war in Gang gekommen, nachdem der Journalist Günter Wallraff im Januar und Februar 2008 vier Wochen lang unerkannt als Hilfskraft in dem Betrieb gearbeitet und einen Bericht darüber veröffentlicht hatte.
Mängelbericht abgearbeitet
Seit 2006 bestand ein Vertrag der Brötchenfabrik mit einem auf Arbeitssicherheit spezialisierten Unternehmen. Der für den Stromberger Betrieb zuständige Mitarbeiter des Unternehmens stellte zu Beginn seiner Tätigkeit fest, dass keinerlei Aufzeichnungen von seinem Vorgänger vorhanden waren. Zudem fehlten eine Gefährdungsbeurteilung und sämtliche Betriebsanweisungen etwa zu Gefahrstoffen oder zum Maschinenbetrieb, sagte der Zeuge, der Industriemeister Metall und Fachkraft für Arbeitssicherheit ist. Wie er weiter erklärte, gab es in dem Betrieb zwei Backstraßen, eine davon still gelegt, die andere Anlage sei durch ständige Um- und Anbauten funktionstüchtig gehalten worden. Zu Beginn seiner Tätigkeit habe es auch unverdeckte Ketten am Förderband gegeben, erläuterte der Arbeitssicherheitsexperte.
„Meine erste Maßnahme bestand in der Abarbeitung eines seit längerem anstehenden Mängelberichts der Berufsgenossenschaft“, so der Zeuge. Sein Resümee zur Reaktion der Unternehmensleitung auf die von ihm eingeleiteten Maßnahmen zur Arbeitssicherheit: „Es hat wahnsinnig viel Zeit gebraucht, bis da etwas gemacht worden ist.“ Als Beispiel führte er die Überholung der beanstandeten Elektroanlage an: „Das zog sich in die Länge, weil das Geld dafür nicht locker gemacht wurde.“ Von August/September 2006 bis April/Mai 2008 war er für die Backfabrik als Berater zuständig. In dieser Zeit hat er den Betrieb zehn Mal besucht und war zwischen drei bis sechs Stunden vor Ort.
Eine Schicht unterwiesen
Zumindest eine Sicherheitsunterweisung einer Schicht konnte der Zeuge bestätigen, die er selbst durchgeführt hatte, allerdings nicht, ob das Thema Schutzhandschuhe dabei angesprochen wurde. „Ich gehe davon aus, dass weitere Unterweisungen erfolgt sind, dafür habe ich meine Unterlagen im Betrieb gelassen und den Betriebsleiter angewiesen, dass er dran bleiben muss“, sagte der Sicherheitsfachmann.
Seine Vernehmung könnte das Verfahren auflockern - bisher steht Aussage gegen Aussage, aber künftig könnte sich Rechtsanwalt Schillo neben den Angriffen auf die Glaubwürdigkeit der Zeugen und insbesondere des Zeugen Günter Wallraff auf das Arbeitssicherheitsunternehmen als eine weitere Zielscheibe einschießen. Darauf deuten die weiteren Beweisanträge der Verteidigung hin, unter anderem zur Funktion und zu den Pflichten des für die Großbäckerei zuständigen Mitarbeiters der Firma. Der Tenor: Durch die Beauftragung des Unternehmens für Arbeitssicherheit habe die Geschäftsführung die Funktion übertragen und sei daher für die Mängel nicht verantwortlich zu machen.
Der Prozess wird am Montag, 30. Juli, um 11 Uhr fortgesetzt.