Handwerker im "Homeoffice" unfallversichert?

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  • Guten Morgen,

    in unserem Museum wird eine historische Maschine restauriert. Einige Bestandteile dafür, wurden vom dort tätigen Handwerker im "Homeoffice" angefertigt. Aufgrund seines bisherigen beruflichen Werdegangs ist seine private Werkstatt all unseren Werkstätten, was die Ausstattung angeht, weit überlegen.

    Wie würdet ihr den Schutz über die Unfallversicherung sehen, wenn in dieser Konstellation etwas passiert?

    - Versichert: Das "Homeoffice" erfolgt mit Genehmigung der Führungskraft.

    - Versichert: Die Führungskraft macht sich aber haftbar, da sie eine sicherheitswidrige Anweisung gibt (Arbeiten mit Werkzeugen und Maschinen, die keiner nachweislichen Prüfung unterliegen, da nicht vom Arbeitgeber gestellt.)

    - Nicht versichert: ???

    Gruß Roland

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  • Ich würde das ganz genau verschriftlichen, um eine saubere Dokumentation zu haben.

    Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass die Restauration einer historischen Maschine beinahe in die Richtung "Forschungstätigkeit" gehen könnte. Manche Anpassungen und Umsetzungen sind nicht ohne... ggf müssen neue und unkonventionelle Umsetzungen angegangen werden...

    Was die Werkstattausstattung angeht... so ist das wie wenn ich ins Homeoffice gehe - Hinweis der Führungskraft und Unterweisung, dass die Werkzeuge ordnungsgemäß funktionieren und eingesetzt werden sollen, ergonomische Ausstattung des Arbeitsplatzes... mehr geht eigentlich nicht.

    Aber: Ich würde auch mal mit der TAP klären, ob das wirklich als Homeoffice oder eher unter dem Begriff "Heimarbeit" fällt...

    Beste Grüße aus Mainz

    E.weline

    Versicherung der Unsicherheit ist Sicherheit.

    Hanspeter Rigs (*1955), Dr. phil., deutscher Philosoph und Aphoristiker

  • Guten Morgen,

    wenn ich dich richtig verstanden habe, dann ist der "Handwerker" ein angestellter Mitarbeiter des Museums und fertigt zu Hause in seiner Werkstatt im "Homeoffice" Ersatzteile für die historische Maschinen seines Arbeitgeber an, richtig?

    Das ganze tut er widerum an Maschinen, die ihm selber privat gehören und welche bisher nicht gewerblich genutzt werden, richtig?

    Wenn dem so ist, dann klingt das nach einer spannenden Konstelation, welche sicher Fragen aufwirft, sollte es zu einem Arbeitsunfall kommen. Atock fällt mir jetzt da keine Antowrt ein, aber ich überlege. 🤔

    Gruß Andy

    Willkommen in meiner Welt. *SpiEi*

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  • Geräte, die Eigentum der Arbeitnehmer sind, aber dienstlich genutzt werden, werden als BYOD „Bring Your Own Device“ („Bring dein eigenes Gerät mit“) bezeichnet.


    Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hat der Arbeitgeber die für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln und festzulegen, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob es sich um einen Arbeitsplatz im Betrieb, einen Telearbeitsplatz nach Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) oder Mobiles Arbeiten handelt. Homeoffice ist eine Form der mobilen Arbeit, siehe Punkt 2.2 in der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel (Fassung 24.11.2021) und diese Informationen der DGUV.


    Im Homeoffice gelten u.a. das ArbSchG und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Die BetrSichV regelt die Verwendung von Arbeitsmitteln.

    In § 5 Abs. 1 BetrSichV „Anforderungen an die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel“ heißt es:

    (1) Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die unter Berücksichtigung der vorgesehenen Einsatzbedingungen bei der Verwendung sicher sind. …. .

    (2) Der Arbeitgeber darf Arbeitsmittel nicht zur Verfügung stellen und verwenden lassen, wenn sie Mängel aufweisen, welche die sichere Verwendung beeinträchtigen.

    (3) Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen, die den für sie geltenden Rechtsvorschriften über Sicherheit und Gesundheitsschutz entsprechen. ... .

    (4) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.


    Im Kommentar Kollmer/Klindt/Schucht zum Arbeitsschutzgesetz 3. Auflage 2016, BetrSichV § 5 Rn. 3 (Wink) wird ausgeführt:

    „Die Bedeutung des Abs. 4 erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Ziel der Regelung ist es klarzustellen, dass der Arbeitgeber auch für den sicheren Gebrauch derjenigen Arbeitsmittel verantwortlich ist, die die Beschäftigten selbst mitgebracht haben, deren Verwendung vom Arbeitgeber jedoch geduldet bzw. gebilligt wird.“


    In der Ausarbeitung „Arbeitsrechtliche Aspekte der dienstlichen Nutzung privater Endgeräte des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages vom 27.05.2019 werden arbeitsrechtliche Aspekte der dienstlichen Nutzung privater Endgeräte betrachtet, unter Nr. 5 auch der Arbeitsschutz. Dort heißt es:

    “Der Arbeitgeber ist damit auch in Fällen von BYOD im Rahmen der Vorschriften der Verordnung für den sicheren Gebrauch der eigenen Endgeräte verantwortlich.“


    Als Empfehlung wie mobile Arbeit als Absprache zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten z.B. zu den verwendeten Arbeitsmitteln sicher gestaltet werden kann, wird auf den „Check–up Homeoffice“ des IAG verwiesen. https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/4018


    Nach § 3 Abs. 6 BetrSichV hat der Arbeitgeber Art und Umfang erforderlicher Prüfungen von Arbeitsmitteln sowie die Fristen von wiederkehrenden Prüfungen nach § 14 …., sowie die Voraussetzungen für die zur Prüfung befähigten Person zu ermitteln und festzulegen.


    Fazit:

    Der Arbeitgeber ist für dienstlich genutzte Privatgeräte verantwortlich, sofern er deren Nutzung gestattet oder duldet. Der Arbeitgeber muss in der Gefährdungsbeurteilung Regelungen treffen damit diese Geräte sicher verwendet werden können, dazu gehören auch die Prüfverpflichtungen der BetrSichV.

  • Möchte die Führungskraft noch nicht, weil dann sofort klar ist, um wen (Führungskraft + Mitarbeiter) es sich handelt.

    Und wo ist dabei das Problem?

    Homeoffice gibt es formal ja nicht, das ist entweder mobile Arbeit oder Telearbeit. Telearbeit scheidet hier aus, denn die ArbStättV definiert Telearbeit als Bildschirmarbeit. Somit könnte es mobile Arbeit sein, oder, wie von E.weline erwähnt, Heimarbeit. Dann müssten aber auch noch einige andere Dinge berücksichtigt werden.

    Von daher halte ich es für sinnvoll, Kontakt mit der BG zu suchen, um den Sachverhalt zu klären, bevor ein möglicher Schadensfall eintritt.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Der Arbeitgeber darf nur solche Arbeitsmittel zur Verfügung stellen und verwenden lassen

    Bezieht sich das "verwenden lassen" jetzt auf den Fall für zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel oder generell auf Arbeitsmittel?

    Ich musste mir mal in jungen Jahren auf Montage vor Ort Werkzeug ausleihen da mein Werkzeugkoffer irgendwo auf der Welt war nur nicht bei mir. Und von unseren Servicemonteuren weis ich das auch heute noch gängige Praxis ist da Ausleihen billiger ist. Dieses Werkzeug wird ja auch nicht vom AG zur Verfügung gestellt sondern von einem Dritten ohne Zugriffsmöglichkeit durch den AG.

    "Do it or do it not. There is no try. If you fail learn for the next time"

  • Noch ein Punkt: WANN erledigt dieser in der Museumswerkstatt tätige Mitarbeiter diese Arbeiten - Wird er offiziell dafür früher nach Hause geschickt, bleibt er dafür von vorneherein geplant zu Hause oder macht er die Arbeiten on top in seiner Freizeit?

    Beste Grüße aus Mainz

    E.weline

    Versicherung der Unsicherheit ist Sicherheit.

    Hanspeter Rigs (*1955), Dr. phil., deutscher Philosoph und Aphoristiker

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  • Hallo,

    ich würde prüfen, ob das Heimarbeitsgesetz (HAG) für die Zeit in der Werkstatt des Mitarbeiters greift. In dem gibt es einen Abschnitt mit Arbeitsschutz. Leider geht aus dem Gesetzt nicht klar hervor, wenn Maschinen und Werkzeuge eingesetzt werden, wessen Eigentum dieses sind. Im Gesetz wird die Durchführung von Maßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung von der Person verlangt, die die Betriebseinrichtungen und Räume unterhält.

    So etwas ähnliches hatte ich einmal bei einem Monteur. Dieses kann nur einmal im Jahr für die Prüfung unsere Werkzeuge und Betriebsmittel ins Haus. Daneben hatte er privat eine Bearbeitungsmaschinen, für die er zuständig war.

  • De Betriebssicherheitsverordnung unterscheidet nicht nach Eigentumsverhältnissen, sondern regelt das zur Verfügung stellen von Arbeitsmitteln. Die eigenen Maschinen und Werkzeuge unterliegen damit auch der BetrSichV, wenn der AG deren Benutzung erlaubt: Prüfung, Betriebsanweisung, Unterweisung,...

    Ob und was da versichert ist, kann letztlich nur die BG im konkreten Fall beurteilen. Nach meiner persönlichen Auffassung ist der MA grundsätzlich auch versichert, wenn er im Auftrag des AG zuhause schafft. Sollte dann etwas passieren, kann es jedoch sein, dass die BG in Regress gegen den AG geht, wenn dieser seine Pflichten (s.o.) nicht erfüllt hat.

  • De Betriebssicherheitsverordnung unterscheidet nicht nach Eigentumsverhältnissen, sondern regelt das zur Verfügung stellen von Arbeitsmitteln. Die eigenen Maschinen und Werkzeuge unterliegen damit auch der BetrSichV, wenn der AG deren Benutzung erlaubt

    Und hier dürften die Juristen zum diskutieren anfangen: wenn private Arbeitsmittel verwendet werden dann erlaubt mir der AG die Heimarbeit mit meinen Geräten, aber er stellt sie mir nicht zur Verfügung. Kann er nicht, da sie dazu in seinem Eigentum sein müssten.

    "Do it or do it not. There is no try. If you fail learn for the next time"

  • Und hier dürften die Juristen zum diskutieren anfangen: wenn private Arbeitsmittel verwendet werden dann erlaubt mir der AG die Heimarbeit mit meinen Geräten, aber er stellt sie mir nicht zur Verfügung. Kann er nicht, da sie dazu in seinem Eigentum sein müssten.

    Arbeitsmittel für Heimarbeit sind geregelt in der Betriebssicherheitsverordnung:
    § 5 Anforderungen an die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel
    (4) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.

    Heimarbeit in der Betriebssicherheitsverordnung
    § 2 Begriffsbestimmungen
    (4) Beschäftigte sind Personen, die nach § 2 Absatz 2 des Arbeitsschutzgesetzes als solche bestimmt sind. Den Beschäftigten stehen folgende Personen gleich, sofern sie Arbeitsmittel verwenden:
    2. in Heimarbeit Beschäftigte nach § 1 Absatz 1 des Heimarbeitsgesetzes

    Anmerkung:
    Heimarbeit ist zwar vom Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich ausgenommen (§2 Abs. 2 Nr. 3).

    §18 Abs. 1 Satz ArbSchG sagt, daß in Rechtsverordnungen wie der BetrSichV "auch bestimmt werden kann, dass bestimmte Vorschriften des Gesetzes zum Schutz anderer als i §2 Abs. 2 genannter Personen anzuwenden sind".

    JS

    Sprichst du noch, oder kommunizierst du schon?

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  • Und hier dürften die Juristen zum diskutieren anfangen: wenn private Arbeitsmittel verwendet werden dann erlaubt mir der AG die Heimarbeit mit meinen Geräten, aber er stellt sie mir nicht zur Verfügung. Kann er nicht, da sie dazu in seinem Eigentum sein müssten.

    Erlauben = zur Verfügung stellen

  • Gilt denn das Heimarbeitsgesetz im geschilderten Fall?

  • Gilt denn das Heimarbeitsgesetz im geschilderten Fall?

    Vermutlich nicht, ist ja ein Angestellter, sehe ich gerade.

    Eigentlich reicht meines Erachtens Betriebssicherheitsverordnung §5 Abs. 1 (4) für den Fall. AG muß sich um die Arbeitsmittel kümmern wie um alle anderen.


    JS

    Sprichst du noch, oder kommunizierst du schon?

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  • Bezieht sich das "verwenden lassen" jetzt auf den Fall für zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel oder generell auf Arbeitsmittel?

    Ich musste mir mal in jungen Jahren auf Montage vor Ort Werkzeug ausleihen da mein Werkzeugkoffer irgendwo auf der Welt war nur nicht bei mir. Und von unseren Servicemonteuren weis ich das auch heute noch gängige Praxis ist da Ausleihen billiger ist. Dieses Werkzeug wird ja auch nicht vom AG zur Verfügung gestellt sondern von einem Dritten ohne Zugriffsmöglichkeit durch den AG.

    Ich denke da muss man einen Juristen Fragen, aber google mal: konkludentes Handeln.

    Wenn die Geräte für dienstliche Zwecke genutzt werden, ist es im Prinzip egal, wo sie her kommen, letzen Endes muss der AG die Sicherheit gewährleisten und das kontrollieren.

    Deshalb leiht man z.B bei "zertifizierten Fachhändlern" Geräte aus, wo sichergestellt ist, dass diese z.B. nach DGUV V3 geprüft sind.

  • Bezieht sich das "verwenden lassen" jetzt auf den Fall für zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel oder generell auf Arbeitsmittel?

    Ich musste mir mal in jungen Jahren auf Montage vor Ort Werkzeug ausleihen da mein Werkzeugkoffer irgendwo auf der Welt war nur nicht bei mir. Und von unseren Servicemonteuren weis ich das auch heute noch gängige Praxis ist da Ausleihen billiger ist. Dieses Werkzeug wird ja auch nicht vom AG zur Verfügung gestellt sondern von einem Dritten ohne Zugriffsmöglichkeit durch den AG.

    Aus der BetrSichV:

    § 4 Grundpflichten des Arbeitgebers

    (1) Arbeitsmittel dürfen erst verwendet werden, nachdem der Arbeitgeber 1. eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt hat, 2. die dabei ermittelten Schutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik getroffen hat und 3. festgestellt hat, dass die Verwendung der Arbeitsmittel nach dem Stand der Technik sicher ist

    ....

    § 5 Anforderungen an die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel

    ..... (4) Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.


    => Man darf sich nicht einfach etwas von anderen Betrieben ausleihen.                     

  • Mahlzeit,

    habe mich jetzt nochmal ausführlich mit der Thematik befasst und mich mit der Unfallkasse ausgetauscht.

    Ergebnis:

    Prüfungen gemäß BetrSichV, ArbStättV, BaustellV sind verpflichtend nicht notwendig. Jedoch hat der Arbeitgeber nach § 5 Absatz 4 BetrSichV dafür zu sorgen, dass Beschäftigte nur die Arbeitsmittel verwenden, die er ihnen zur Verfügung gestellt hat oder deren Verwendung er ihnen ausdrücklich gestattet hat.

    Begründung zu § 5 Absatz 4 BetrSichV:

    Absatz 4 gilt insbesondere für Arbeitsmittel, die nicht der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat, sondern die vom Beschäftigten mitgebracht werden. Dennoch trägt auch hierbei der Arbeitgeber die Verantwortung für den Arbeitsschutz bei der Verwendung dieser Arbeitsmittel, da er deren Verwendung billigt.

    Gruß Roland