Gefährdungsbeurteilungen - Wer macht diese?

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  • Hallo,

    bin absoluter Laie in den hier beschriebenen Themen, also auch keine SiFa oder SiBe und möchte nun aufgrund aktueller Entwicklungen im meiner Firma nachfragen, wie das Ganze vor sich geht.

    Folgende Sachlage:
    Bei uns werden Gefährdungsbeurteilungen eingeführt und momentan wird das so durchgedrückt, daß ein Mitarbeiter, der einen Arbeitsauftrag bekommt, sich diese defacto selbst erstellen muß.
    Wird dann von ihm als Erstelller unterschrieben und je nach "erkannter Gefährdung" auf einer Skala von weiteren Personen ebenfalls.
    Ist dies rechtlich so möglich?

    Hatte versucht, heute Nacht (hab Schlafstörungen, Schichtarbeiter ;) ) mich in das Thema einzulesen, aber finde das dermaßen ungeregelt und schwammig, daß ich nach 4 Stunden Recherche immer noch nicht wirklich im Bilde bin.

    Diese bei uns angewandte Praxis führt zumindest meiner Meinung nach ins Absurde, vom Interessenskonflikt des Mitarbeiters mal ganz abgesehn.

    Eine von mir selbst erstellte Gefährdungsbeurteilung (60% Gefährdung auf obiger Skala) wurde im Übrigen abgelehnt, da ich "höhere" Unterschriften benötigt hätte (die des techn. Geschäftsführers) und das Ganze einem Mitarbeiter übergeben, der das etwas "lockerer" sieht (30%) ...

    Dazu muß ich auch noch sagen, daß wir vor einiger Zeit alle Zettel mit der Übertragung von Unternehmerpflichten zu unterschreiben hatten.
    Sind wir, also sozusagen alle inklusive Hausmeister, Lehrling und Hofkatze, nun dazu verdonnert, unsere eigenen GBU zu schreiben?
    Müssen wir uns dann eig. auch selbst unterweisen?

    Und kommt euch das auch absolut paradox vor? 8|

    Gruß
    Hans

    2 Mal editiert, zuletzt von Eisle (25. November 2016 um 07:23)

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  • Moin,

    da stellt sich zunächst die Frage nach der Betriebsgröße, respektive der Zahl der Beschäftigten.

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

  • §5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist meiner Meinung nach eindeutig. Das ist primär Aufgabe des Arbeitgebers.
    Allerdings kann man solche Aufgaben auch delegieren. Meiner Meinung nach jedoch nicht an den in der Hierarchie am weitesten unten stehenden Mitarbeiter, sondern mindestens eine Ebene höher.
    Aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich ja möglicherweise direkt umzusetzende Maßnahmen ohne die die Arbeit nicht gefahrlos durchgeführt werden kann. Ich glaube nicht, dass der einfache Mitarbeiter berechtigt ist solche Maßnahmen anzuweisen. Spätestens, wenn man Geld in die Hand nehmen muss und der Mitarbeiter hierfür nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung bekommt ist das Ende erreicht.
    In §13 ArbSchG ist ja eine Öffnungsklausel, die darlegt an wen Dinge übertragen werden können. Den Mitarbeiter finde ich da nicht und die notwendige Fachkunde dürfte ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in Sachen Gefährdungsbeurteilung auch nicht besitzen.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Moin,

    ich gebe eigentlich immer gerne den Hinweis auf

    https://www.bghw.de/arbeitsschuetz…m-arbeitsschutz

    und

    https://www.sicherheit.uni-freiburg.de/Dokumente/verantwortung.

    Dort ist schon viel erklärt.
    Grundsätzlich ist es so: der Arbeitgeber "hat den Hut auf". Er ist verantwortlich für (erstmal) alles. Er kann /darf aber auch delegieren, z.B. auf die Meisterebene. Grundsätzlich ganz runter in der Pyramide geht es nicht.
    Beispiel: Unterweisen. Wer darf unterweisen? Der Vorgesetzte = Unterweisungsberechtigter. Ergo, der Hausmeister kann sich nicht selber unterweisen. Er bekommt seine Unterweisung von seinem Meister (Facility-Manager?).

    Ansonsten wurde ja schon einiges gesagt.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Eisle,

    grundsätzlich besteht die einfachste Form der Gefährdungsbeurteilung (GB) darin, mal 2 Schritte zurück zu machen und 2 Sekunden nachzudenken, bevor ich eine Tätigkeit ausführe. Diese Form steht jedem zu, ist jedermanns Verpflichtung und dafür hat auch, im Gegensatz zu AxelS Aussage, jedermann die notwendige Kompetenz.

    Auf der anderen Seite stehen die in unterschiedlichen Quellen genannten GB, an die auch gewisse formale Anforderungen gestellt werden (ja, auch wenn dies nirgendwo explizit gefordert wird). Hier ist der AG tatsächlich in der Pflicht. Bei der Erstellung ist er gut beraten, dier vor Ort beschäftigten MA mit einzubeziehen; er kann jedoch nicht so einfach diese Aufgabe an jeden "übertragen" und sich dann zurücklehnen. (Die von Dir erwähnte Pflichtenübertragung ist, wahrscheinlich (!), das papier nicht wert, auf das sie geschrieben ist. Aber das ist eine andere Geschichte.)

    Also: Der AG sollte im Rahmen seiner Organisation für die Erstellung grundlegender, tätigkeitsbeogener GB's sorgen. Hierzu hat er die Linie entsprechend zu beauftragen und einzubinden. Die beschäftigten sollten allerdings auch durch Aufklärung und Training in die Lage versetzt werden, selbstständig Gefährdungen erkennen und beurteilen zu können. Denn an der Tatsache, dass jeder Ausführende für seine Tätigkeiten letztendlich auch verantwortlich ist, ändert auch eine GB nichts.

    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

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  • Klar, dass der Arbeitgeber die Gefährdungsbeurteilungeigentlich selbst machen muss und ebenso klar, dass er die Aufgabe delegierenkann. Dazu gibt es ein aktuelles Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (EntscheidungBVerwG 2 C 18.15) mit der Kernaussage: "Die Übertragung arbeitsschutzrechtlicherPflichten nach § 13 Abs. 2 ArbSchG muss hinreichend bestimmt sein und setztbeim Verpflichteten eine auf den jeweiligen Aufgabenbereich bezogene Fachkundevoraus."
    Also muss klar sein, was zu erledigen ist und derDelegationsempfänger muss die entsprechende Fachkunde haben. Ich bin mirsicher, dass nach diesem Urteil die Übertragung der Aufgabe „Erstellen Sie dieGefährdungsbeurteilung“ nicht mehr ohne Fachkunde des Delegationsempfängers (rechtlicheinigermaßen sauber) möglich ist.

    Behandelt wird das Thema in der DGUV Regel 100-001, wo die"hinreichend bestimmte Übertragung" auch ganz ordentlich abgehandeltwird. Zur Fachkunde ist dort allerdings nur folgender Satz abgebildet:"Fachkundig sind die für die Pflichtenübertragung vorgesehenen Personen,die das einschlägige Fachwissen und die praktische Erfahrung aufweisen, um dieihnen obliegenden Aufgaben sachgerecht auszuführen."

    Nach meiner Einschätzung wird deshalb (sobald sich das Urteil herumgesprochen hat) die Nachfrage nach Schulungen für Führungskräfte erheblich steigen.

  • Moin,

    da stellt sich zunächst die Frage nach der Betriebsgröße, respektive der Zahl der Beschäftigten.

    Hardy

    30 Mitarbeiter.


    §5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist meiner Meinung nach eindeutig. Das ist primär Aufgabe des Arbeitgebers.
    Allerdings kann man solche Aufgaben auch delegieren. Meiner Meinung nach jedoch nicht an den in der Hierarchie am weitesten unten stehenden Mitarbeiter, sondern mindestens eine Ebene höher.
    Aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich ja möglicherweise direkt umzusetzende Maßnahmen ohne die die Arbeit nicht gefahrlos durchgeführt werden kann. Ich glaube nicht, dass der einfache Mitarbeiter berechtigt ist solche Maßnahmen anzuweisen. Spätestens, wenn man Geld in die Hand nehmen muss und der Mitarbeiter hierfür nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung bekommt ist das Ende erreicht.
    In §13 ArbSchG ist ja eine Öffnungsklausel, die darlegt an wen Dinge übertragen werden können. Den Mitarbeiter finde ich da nicht und die notwendige Fachkunde dürfte ein durchschnittlicher Arbeitnehmer in Sachen Gefährdungsbeurteilung auch nicht besitzen.

    Nach Paragraph 13 wurde uns aber auch erklärt, kann der AG dies eben doch delegieren, denn der letzte Satz dort wird so ausgelegt, daß der (Beispiel) Schlosser eben die Sachkunde für die "Schlosserei" besitzt und dies kann man nicht mal abstreiten.
    --> ("§13 (2) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.")

    Gibt es für die nötige Kenntnis, was die GBU angeht, überhaupt Voraussetzungen in schriftlicher Form?

    Ansonsten stimme ich natürlich vollkommen mit deiner Sicht überein.


    Danke für die Links.

    Ansonsten siehe Unterstrichenes: Gibt es da was "Handfestes", was die GBU angeht? Beim Unterweisen ists schon klar, war in der Hinsicht etwas unpassend als Beispiel.


    Eisle,

    grundsätzlich besteht die einfachste Form der Gefährdungsbeurteilung (GB) darin, mal 2 Schritte zurück zu machen und 2 Sekunden nachzudenken, bevor ich eine Tätigkeit ausführe. Diese Form steht jedem zu, ist jedermanns Verpflichtung und dafür hat auch, im Gegensatz zu AxelS Aussage, jedermann die notwendige Kompetenz.

    Auf der anderen Seite stehen die in unterschiedlichen Quellen genannten GB, an die auch gewisse formale Anforderungen gestellt werden (ja, auch wenn dies nirgendwo explizit gefordert wird). Hier ist der AG tatsächlich in der Pflicht. Bei der Erstellung ist er gut beraten, dier vor Ort beschäftigten MA mit einzubeziehen; er kann jedoch nicht so einfach diese Aufgabe an jeden "übertragen" und sich dann zurücklehnen. (Die von Dir erwähnte Pflichtenübertragung ist, wahrscheinlich (!), das papier nicht wert, auf das sie geschrieben ist. Aber das ist eine andere Geschichte.)

    Also: Der AG sollte im Rahmen seiner Organisation für die Erstellung grundlegender, tätigkeitsbeogener GB's sorgen. Hierzu hat er die Linie entsprechend zu beauftragen und einzubinden. Die beschäftigten sollten allerdings auch durch Aufklärung und Training in die Lage versetzt werden, selbstständig Gefährdungen erkennen und beurteilen zu können. Denn an der Tatsache, dass jeder Ausführende für seine Tätigkeiten letztendlich auch verantwortlich ist, ändert auch eine GB nichts.

    In diesem Sinne
    Der Michael

    Deinen ersten Absatz sehe ich natürlich genauso, sollte so sein, auch wenns leider nicht immer so ist.

    Was die Pflichtenübertragung angeht, denke ich auch, daß diese obsolet ist, will aber nun auch nicht gleich direkt mit nem Anwalt drohen, weil ansonsten ein recht gutes Klima bei uns herrscht.

    Nur beim Thema delegieren wird leider maßlos übertrieben, besonders wenn's um "Verantwortung" geht ...

    Aber letztenendes komme ich wohl nicht drum rum, meine eigenen GBU zu schreiben, solange die Gesetzestexte dies nicht eindeutig blockieren.

  • @Eisle Zu dem Punkt: "Grundsätzlich ganz runter in der Pyramide geht es nicht." ist der nach meinem Empfinden richtige Argumentationsansatz in den Zeilen von @AxelS enthalten:

    Aus der Gefährdungsbeurteilung ergeben sich ja möglicherweise direkt umzusetzende Maßnahmen ohne die die Arbeit nicht gefahrlos durchgeführt werden kann. Ich glaube nicht, dass der einfache Mitarbeiter berechtigt ist solche Maßnahmen anzuweisen. Spätestens, wenn man Geld in die Hand nehmen muss und der Mitarbeiter hierfür nicht die notwendigen Mittel zur Verfügung bekommt ist das Ende erreicht.

    Wenn ein Mitarbeiter ganz unten in der Pyramide steht, hat er keine Weisungsbefugnis, um als notwendig erkannte Maßnahmen anzuweisen. Und er kann/darf sicherlich auch nicht über entsprechende finanziellen Mittel verfügen.

    Ich vermute, Du suchst eine Quelle, wo das schwarz auf weiß zu lesen ist? Ist mir jetzt nichts geläufig, wo das so explizit ausformuliert wäre.

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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  • @Eisle Zu dem Punkt: "Grundsätzlich ganz runter in der Pyramide geht es nicht." ist der nach meinem Empfinden richtige Argumentationsansatz in den Zeilen von @AxelS enthalten:

    Wenn ein Mitarbeiter ganz unten in der Pyramide steht, hat er keine Weisungsbefugnis, um als notwendig erkannte Maßnahmen anzuweisen. Und er kann/darf sicherlich auch nicht über entsprechende finanziellen Mittel verfügen.
    Ich vermute, Du suchst eine Quelle, wo das schwarz auf weiß zu lesen ist? Ist mir jetzt nichts geläufig, wo das so explizit ausformuliert wäre.

    Ja, eine Quelle wäre natürlich das Optimum, aber nach der langen Suche bin ich überzeugt, daß sowas nicht existiert.

    Und was die Weisungsbefugnis angeht:
    Natürlich wurde mit der "Übertragung von Unternehmerpflichten" dies so auch nicht ausgewiesen, aber wie kann das verhindern, daß letztenendes doch jeder seine eigene GBU schreibt?
    Denn nach oben "hinweisen" darf/muß er ja eh, das "Anweisen" wird dann eben wieder von oben gemacht.

    Ich sehe hier aber nach wie vor auch die Gefahr, daß Mitarbeiter X seine GBU evtl. ordentlich macht und das, was drin steht, auch beherzigt.
    Aber was ist mit Mitarbeiter Y, der sich, um Zeit oder Arbeit zu sparen, seine GBU einfach mal ordentlich "verkürzt"?
    Oder Mitarbeiter Z, der das Ganze vllt. einfach gar nicht versteht?

    Finde das bei uns n ganz dummes Prinzip ...
    Hebelt den ganzen Sinn aus.

  • Zunächst einmal halte ich es durchaus für sinnvoll, wenn die Mitarbeiter beteiligt werden an der Gefährdungsbeurteilung (GB). Wer, wenn nicht die Mitarbeiter kennen die kritischen Punkte ihres Arbeitsgeräts oder haben Erfahrungen mit Beinaheunfällen gesammelt?
    Um allerdings die Aufgabe der GB sinnvoll durchzuführen gehört noch ein wenig mehr dazu. Systematisches und strukturiertes Vorgehen halte ich da z.B. für wesentlich. Somit benötigt man entweder eine möglichst eindeutige "Handlungsanleitung" oder eben jemand, der einen bei der Aufgabe begleitet. Diese Vorgehensweise sollte auch dazu führen, dass die GB vergleichbar sind und nicht einfach nach eigenem Geschmack, das Ergebnis erzielt wird, das man gerne hätte. Klar wird so manche Entscheidung auch subjektiv fallen und nicht immer objektiv und eindeutig sein, aber zumindest durch die strukturierte Vorgehensweise wird da so manches vereinheitlicht.
    Fachkundig beim Betrieb seines Arbeitsmittels mag der Mitarbeiter sein, bei der Erstellung einer GB, gehört aber ein wenig mehr dazu, als einfach "seine Maschine zu kennen".
    Manchmal ist es auch durchaus nützlich Teams oder Gruppen zu bilden, die gemeinsam die GB durchführen, denn so manch einer ist an seinem eigenen Arbeitsplatz "betriebsblind".

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Nach Paragraph 13 wurde uns aber auch erklärt, kann der AG dies eben doch delegieren, denn der letzte Satz dort wird so ausgelegt, daß der (Beispiel) Schlosser eben die Sachkunde für die "Schlosserei" besitzt und dies kann man nicht mal abstreiten.
    --> ("§13 (2) Der Arbeitgeber kann zuverlässige und fachkundige Personen schriftlich damit beauftragen, ihm obliegende Aufgaben nach diesem Gesetz in eigener Verantwortung wahrzunehmen.")


    Die Auslegung zu § 13 ArbSchG ist nach meinerAuffassung nicht korrekt.
    Absatz 2 bezieht sich eindeutig aufAufgaben im Arbeitsschutz (nach diesem Gesetz) und nicht auf z.B.Schlosserarbeiten. Für die Gefährdungsbeurteilung eines"Schlosser-Arbeitsplatzes" hat ein Schlosser erst einmal keineFachkunde.

    Genau das hat ja das Bundesverwaltungsgericht entschieden:
    "Um den Zweck der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten gewährleisten zu können, darf der Arbeitgeber aber nur solche Personen beauftragen, die in der Lage sind, Gefährdungen für die Sicherung und die Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG) erkennen und verhüten zu können.
    Deshalb ist eine "Fachkunde" in § 13 Abs. 2 ArbSchG ausdrücklich benannt und vorausgesetzt. Verfügt die beauftragte Person nicht über die erforderliche Kenntnis, um die aus den Arbeitsabläufen resultierenden Gefahren erkennen und bewältigen zu können, wird der gesetzliche Schutzzweck verfehlt und der
    jeweilige Aufgabenbereich faktisch von einer wirksamen Aufsicht ausgenommen. Aus Zweck und Wortlaut der Vorschrift folgt daher auch, dass die erforderliche Fachkunde bereits im Zeitpunkt der Beauftragung vorliegen muss."

    Quelle: ab S. 18 (Abs 56)
    http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/230616U2C18.15.0.pdf

  • Ich sehe hier aber nach wie vor auch die Gefahr, daß Mitarbeiter X seine GBU evtl. ordentlich macht und das, was drin steht, auch beherzigt.
    Aber was ist mit Mitarbeiter Y, der sich, um Zeit oder Arbeit zu sparen, seine GBU einfach mal ordentlich "verkürzt"?
    Oder Mitarbeiter Z, der das Ganze vllt. einfach gar nicht versteht?

    Wie @AxelS schon geschrieben hat, wäre auf alle Fälle mal eine genaue Handlungsanleitung bzw. ein festgelegter Standard zur Erstellung der GBU sinnvoll. Das führt zu GBUs vergleichbarer und zumindest ähnlicher Qualität.
    Für GBUs ist in verschiedenen Fällen auch beschrieben, was sie als Mindestangaben enthalten müssen (z.B. GBU für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen --> TRGS 400, Kapitel 8).
    Zu verhindern, dass ein damit beauftragter Mitarbeiter aufgrund fehlender persönlicher oder fachlicher Voraussetzungen nicht für die Erstellung der GBU geeignet ist, liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers. Nach meinem Verständnis muss er dafür Sorge tragen, dass die von ihm durch Pflichtenübertragung beauftragten Personen auch die nötigen Voraussetzungen mitbringen. Übrigens auch ein Punkt, den man als Argument dagegen vorbringen kann, einfach jeden Mitarbeiter eine Pflichtenübertragung unterschreiben zu lassen. Denn letztlich bleibt der Arbeitgeber ja weiter mit in der Verantwortung, schießt also ein sauberes Eigentor, wenn er diese Dinge außer Acht lässt.

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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  • Moin,

    Zu verhindern, dass ein damit beauftragter Mitarbeiter aufgrund fehlender persönlicher oder fachlicher Voraussetzungen nicht für die Erstellung der GBU geeignet ist, liegt in der Verantwortung des Arbeitgebers

    nicht zu Unrecht gibt es das "Auswahlverschulden" ...

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
    "Geben Sie mir sechs Zeilen von der Hand des ehrenwertesten Mannes - und ich werde etwas darin finden, um ihn zu hängen." (Kardinal Richelieu)
    "Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

  • Moin,

    vor langer Zeit habe ich einmal gelernt:
    Es gibt keine richtige oder falsche GB. Es gibt die durchgeführte/gemachte und die nicht gemachte. Auch die Form: handschriftlich auf dem Küchenpapier oder per exklusiven Textverarbeitungsbaustein auf Hochglanzpapier, erst einmal egal. Nur gemacht sollte sie sein.

    Wo ist dann der Unterschied?
    Der, der die GB macht, denkt über den Arbeitsprozess nach. Das ist schon mal gut. Das macht der sicherlich auch nach bestem Wissen. Er nimmt Dinge auf, wägt Risiken ab und benennt Verantwortliche und Fristen. Damit lebt das System.
    Trotzdem wird dieses System immer Lücken haben. Ein Dritter wird Dinge sehen, die wurden vorher gar nicht gesehen. Auch gut, denn diese gehören ebenfalls in die GB mit rein.
    Damit das Ganze noch komplizierter wird, muss jemand benannt sein, der sich kümmert (Delegation). Dieser weigert sich: Ist nicht mein Job, habe ich doch gar nicht gelernt, kann ich nicht, warum ich, .............?
    Und hier setzt jetzt die Kunst der Geschäftsführung und der SiFa an. Alle unter den berühmten Hut zu bringen. Alle zu motivieren und vor allem: Zu helfen und zu unterstützen.
    Es bringt rein gar nichts wenn nur delegiert wird. Auf das Ergebnis kommt es an!
    Das Ziel sollte nicht Papier sein, welches produziert wird, damit man irgendwie gesetzeskonform ist. Das Ziel sollte eine Minimierung oder Auslöschung von Unfällen sein. Genauso wie die Leute morgens zur Arbeit stiefeln, so sollten sie später wieder heimgehen. Müdigkeit und dreckige Finger sind erlaubt.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo Eisele,

    zur GFB kann ich dir sagen dass der MA mit Sicherheit nicht geeignet ist eine solche durchzuführen.
    Die Person im Betrieb auf die eine solche Verantwortung heruntergebrochen werden kann ist der vorgesetzte Meister, da dieser in der Regel in die ASO (Arbeitsschutzorganisation) eingebunden ist und entsprechende Kenntnisse (per Seminar - ich schreib jetzt extra nicht Schulung!) erlangen kann.
    Die einzige Person die in Sachen GFB richtig ausgebildet wird ist die Sifa.
    Im Optimalfall führt die GFB der Vorgesetzte mit dem MA (dieser kennt spezielle Problematiken am AP) und der Sifa (Fachwissen über alle für die Beurteilung in frage kommenden Gesetze und Regelungen (DGUV-V1, BetrSichV) BildschirmArbV, LasthandhabV, ArbSchV, OStrlV, MuSchV, BioStoffV, GefStoffV) durch.
    Du kannst schon anhand der einzubeziehenden Gesetze erkennen, das hier der einzelne MA (z.B. Schlosser) unmöglich eine geeignete Person zur selbstständigen Durchführung einer GFB sein kann.
    Deinem Unternehmer kannst du mitteilen, dass eine Aufteilung/Vorgehensweise wie von dir beschrieben im Schadensfall keinen rechtlichen Bestand hat und die Verantwortung incl. Haftung bis zu ihm durchschlagen wird - trotz schrftl. Pflichtenübertragungen. Denn er ist hier verantwortlich geeignetes Personal für die zu übertragenden Pflichten auszuwählen!!
    Im Schadensfall wird immer zuerst geprüft, ob sich der zuständige Vorgesetzte um die Belange des Arbeitsschutzes gekümmert hat. Der MA selbst hat per Gesetz lediglich eine Mitwirkungspflicht

    Ach ja, hier ein Link zur Baua die zu diesem Thema jede Menge zu bieten hat Ratgeber zur Gefährdungsbeurteilung

    Einmal editiert, zuletzt von tunix (28. November 2016 um 09:56) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • Zum wer/wie/warum hats ja schon genug gegeben; ich hab aber mal was zum Thema "Mitarbeiter"...

    Ich finde es keinen schlechten Ansatz die Mitarbeiter bei der Erstellung miteinzubeziehen.
    Wir haben das mal bei einem Kunden so gemacht:
    Ausgang: Es gab bisher keinen AS. Nix. Nada.

    Wir (der QMB und ich) haben uns überlegt wie wir möglichst schnell viele Leute erreichen, die zum Mitarbeiten bewegen und auch die Aufgaben erfassen können.
    Wir haben dann Übersicht der Abteilungen und eine Grobübersicht der damit zusammenhängenden Tätigkeiten angefertigt. Daraus haben wir schonmal eine Grobübersicht der Gefährdungen gemacht.
    Also Beispielsweise:
    Abteilung Metallwerkstatt, Gefährdungsfaktor Umgang mit Maschinen der Metallbearbeitung, Häufigkeit, Schadensschwere falls Unfall

    Dann haben wir uns aus den Abteilungen verlässliche Leute gesucht und die in das Verfahren eingewiesen.
    Sie sollten an einem "normalen" Tag eine entsprechende Liste mitführen und mal erfassen, was sie machen und die Unterschiedlichen Tätigkeiten "vorbewerten" (nach Nohl)
    Beispielsweise:
    Erfasser:
    Werker A,
    08:00 - 12:00 Richten von Metallbögen, Gefährdung: Schneiden, Bewertung: 4a
    12:30 - 13:00 Schweißen, Gefährdung: Treffen von Schweißperlen Bewertung 3b
    13:00-14:00 Schweißnähte prüfen, Gefährdung: Heiße Oberflächen Bewertung 2b
    An den Tagen der Durchführung waren wir in der Abteilung unterwegs und haben, falls Fragen aufkamen, diese beantwortet.

    Dann haben wir das ganze in eine Excelliste gepackt gefiltert, bereinigt, den Vorgaben angepasst und dann ebenfalls bewertet. Dann kam noch die Ergänzung der gesetzlichen und berufsgenossenschaftlichen Seite, die die FASI kennt, aber die Werker nicht unbedingt. (Absauganlagen müssen vorhanden, geprüft usw. sein, BAs müssen da sein usw. usw. )

    Raus kam eine griffige Bewertung. War als Ausgangslage für eine GB sehr gut. Verlangt eine gute Vorbereitung und gute Auswahl der Mitarbeiter, kann aber funktionieren.

    So würde ich mir das gefallen lassen; aber nicht dass die MA ihre GB selbst machen. Immer dran denken; schlussendlich unterschreibt der Chef.

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    Irgendwann gehe ich zur BG und lasse mir den Arbeitsschutz als Berufskrankheit anerkennen...

    Wisst ihr was das Schlimmste ist? Wenn nicht.. .klickt hier ....

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    Mike

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