Betrieb muss Sifa und Betriebsarzt bestellen

Zitat von awen

Ich finde es aber auch schon heftig das die Gewerbeaufsicht 2005 festellt das der Betrieb weder Sifa noch Betriebsarzt hat und erst 2008 kontrolliert ob es die beiden Funktionen den endlich gibt

Danke Awen.

Und die Bestellung musste erst zum 19.02.2010 erfolgen.

Mit Bescheid vom 12. Januar 2010 ordnete der Beklagte nach Anhörung der Klägerin und der zuständigen Berufsgenossenschaft "Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse" an, dass die Klägerin einen Betriebsarzt und eine Fachkraft für Arbeitssicherheit zur Wahrnehmung der im Arbeitssicherheitsgesetz bezeichneten Aufgaben nach Maßgabe der Bestimmungen der Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (BGV A 2) bis spätestens 19. Februar 2010 schriftlich zu bestellen habe.

Aber das ist köstlich:
Die Bestimmungen zur arbeitsmedizinischen Betreuung seien "ein weiterer Pflasterstein auf der Melkkuhstraße zu jedem Unternehmen". Jeder "schmarotze" an den Wirtschaftsbetrieben herum nach dem Motto: "Wo ein Wirtschaftsunternehmen, da ist auch eine Schmarotzerhorde". Für unnötige und aufoktroyierte Betreuung sowie kostenträchtige Überregulierung sei kein Geld vorhanden. Sie lehne noch mehr Bürokratie und "schmarotzerische Überwachung" und die damit verbundenen Kosten ab.

Oder auch:
Ihr Betrieb sei ein Vorzeigebetrieb mit erstklassigen Arbeitsplätzen, die vorbildlich ausgestattet seien.

Die Antwort war wenigstens klar:
Die von der Klägerin gegen den Bescheid geltend gemachten Einwendungen sind rechtlich unerheblich.

Gruß, Niko.

"ein weiterer Pflasterstein auf der Melkkuhstraße zu jedem Unternehmen"

Wir liegen hier grad im Büro und lachen uns kaputt. Saustark. Super Idee. Die hat doch den Schuss nicht gehört.

Moin zusammen,

ich gehe auch zur Gewerbeaufsicht. Wenn dort alles andere auch so "schnell" bearbeitet wird, gibt es da, was Stress betrifft, nur seeeeeeehr gesunde Arbeitsplätze.

Gruß aus dem Norden

nj 1964

Hallo Zusammen,

diese Bearbeitungszeiten sind leider schon möglich! In den letzten Jahren wurden teilweise die Stellen in den Gewerbeaufsichtsämtern aus Kostengründen nicht mehr besetzt oder zusammengestrichen. Da bleibt vieles liegen oder wird erst bearbeitet wenn jemand zu Verfügung steht.
Das gleiche gilt teilweise auch für die Berufsgenossenschaften, viele Zusammenschlüße von BG,n, immer größere oder zusammengelegte Bezirke, nicht besetzte oder verspätet besetzte Stellen.
Ich kenne Betriebe die wurden noch nie besucht nicht vom Gewerbeaufsichtsamt und auch nicht von der BG obwohl die Betriebe schon min. 10 Jahre ihr Gewerbe nach gehen.

Moin,

Zitat von awen

Ich finde es aber auch schon heftig das die Gewerbeaufsicht 2005 festellt das der Betrieb weder Sifa noch Betriebsarzt hat und erst 2008 kontrolliert ob es die beiden Funktionen den endlich gibt

... und erst ab Feb. 2010 seien die gesetzlich geforderten Funktionen zu besetzen.
Bei
"Mit einem Kostenfestsetzungsbescheid vom 13. Januar 2010 setzte der
Beklagte gegen die Klägerin für den Erlass des Bescheides vom 12. Januar
2010 Verwaltungskosten in Höhe von 141,45 EUR fest."
hat das renitente Unternehmen doch alles richtig gemacht:
5 Jahre lang einen Betrag von jeweils 7-10 T€ gespart.

Das Urteil ist eine Farce und lädt meiner Meinung nach andere Unternehmen ein, das auch zu versuchen. ("wird schon gut gehen")
... aber (erst) wenn dann ein Unfall erfolgt, bei dem die Staatsanwaltschaft ermittelt, dann sieht es seeeeehr düster für die Geschäftsleitung aus ...

Grüß Dich,

Zitat von nj1964

ich gehe auch zur Gewerbeaufsicht. Wenn dort alles andere auch so "schnell" bearbeitet wird, gibt es da, was Stress betrifft, nur seeeeeeehr gesunde Arbeitsplätze.

Du irrst.
Derzeit ist in Niedersachsen der Rechnungshof unterwegs und prüft die Effektivität der GAA-Beamten, z. B. inwieweit diese durch kostenpflichtige Besuche, Gebühren für Feststellungsbescheide oder Genehmigungsbescheide, Verhängung von Bußgeldern usw. zur Finanzierung Ihrer Tätigkeit beitragen.
Sooo entspannt ist die Situation dort nicht.

Moin,

Zitat von awen

Bei einem sagenhaftes Gehalt von 10.000,-€ im Jahr

12 mon/a * 450 €/mon = 5.400 €/a

... also sogar zwei Arbeitsplätze ...

Zitat von a.r.ni

... aber (erst) wenn dann ein Unfall erfolgt, bei dem die Staatsanwaltschaft ermittelt, dann sieht es seeeeehr düster für die Geschäftsleitung aus ...

Eher für die Gewerbeaufsicht, da wurde jahrelang ein offensichtlicher Mangel toleriert. Die Geschäftsführung wird sich dumm stellen und mit hoher Wahrscheinlichkeit recht glimpflich davonkommen.

Moin zusammen,

ok- ich hab vergessen in meinem ersten Beitrag den Ironie-Button zu drücken.

Aber der äußere Eindruck ist doch nun mal der, dass, wenn überhaupt etwas passiert, das Ganze lange auf sich warten lässt. Die Idee, sich tot zu stellen und dadurch Geld zu sparen, könnte dem EInen oder Anderen dabei schon in den Sinn kommen.

Die andere Entwicklug die a.r.ni beschreibt, die Effektivität von GAA-Beamten an Hand der von ihnen erbrachten Einnahmen zu bewerten, ist zumindest mir rätselhaft.

Diese Beamte sind doch an Recht und Gesetz gebunden, auch die Gebührenhöhen sind geregelt - und mehr als nach Recht und Gesetz arbeiten können diese Leute doch nicht.

Soll da Druck aufgebaut werden, damit die im Lauf der Zeit weniger gewordenen Beamten schneller und mehr arbeiten oder schneller Bußgelder verhängen?

Bin gespannt auf eine plausible Begründung.

Gruß aus dem Norden

nj 1964

Grüß Dich,

Zitat von tiefflieger

Eher für die Gewerbeaufsicht, da wurde jahrelang ein offensichtlicher Mangel toleriert. Die Geschäftsführung wird sich dumm stellen und mit hoher Wahrscheinlichkeit recht glimpflich davonkommen.

ich hoffe dann in solch einem Fall, dass einem Gericht einfällt, dass sich jedes Unternehmen an Gesetze zu halten hat.
Ob die GAA auf einen Mangel aufmerksam macht oder nicht, sollte dann unerheblich sein.

Moin,

Zitat von nj1964

Bin gespannt auf eine plausible Begründung.

außer dass das Land Geld braucht, kann ich Dir keine Begründung geben.
Ich habe nur die Tatsache an sich mitbekommen.

Moin,

es ist doch immer dasselbe: Wer wird denn überhaupt kontrolliert? Sicherlich irgendwelche "persönlichen Freunde", also irgendwelche Firmen, die auffällig geworden sind. Dann noch Kontrolle nach schweren Unfällen oder Selbstanzeigen.
Das System ist einfach nicht gesund. Warum sagen sich denn viele Firmen, dass sie kostenpflichtige Dienste von BA und Sifa nicht wollen? Es kostet nur, es ist vergeudete Zeit, usw., jeder kennt die Antworten.
Die Sanktionen sind einfach zu lasch. Und Gewerbeaufsicht UND BG zusammen? Fehlanzeige. Mir sagte mal ein Gewerbeaufsichtsbeamter, dass es (in NRW) scheinbar eine Regelung nach Postleitzahlen gibt: Die eine Seite nimmt die geraden, die andere die ungeraden, mit einer theoretischen Kontrolle von einem Besuch in drei (!) Jahren.

Ich habe nächste Woche Besuch von der UK, aber auch nur weil ich meinen TAP kennenlernen wollte.

Zitat von a.r.ni

ich hoffe dann in solch einem Fall, dass einem Gericht einfällt, dass sich jedes Unternehmen an Gesetze zu halten hat.
Ob die GAA auf einen Mangel aufmerksam macht oder nicht, sollte dann unerheblich sein.

Hallo a.r.ni,

es gibt leider immer noch genug Geschäftsführer, die vorrechnen, dass eine Geldstrafe günstiger ist als die Einhaltung von Vorschriften.

Und die Gewerbeaufsicht könnte das schon interessieren: Siehe hier: Ebenfalls angeklagt: Ein Beamter des Gewerbeaufsichtsamtes. Er soll versucht haben, die Manipulation zu vertuschen.

Gruß, Niko.

@ a.r.ni: Genau das hatte ich befürchtet. Die Begründung ist leider äußerst plausibel.

Aber offiziell wird das alles nicht wahr sein. Das ist wie bei den mobilen Blitzern im Straßenverkehr. Die stehen manchmal an den abstrusesten Stellen - natürlich nur weil gerade hier ein unglaublicher Unfallschwerpunkt ist. Dass man sich hier besonders gut verstecken kann, ist natürlich reiner Zufall...

Gruß aus dem Norden

nj 1964

Zitat von awen

OT ich kenne das Geheimnis wie man diesen hinterhältigen, an abstrusen Orten, aufgebauten Blitzern ein Schnippchen schlagen kann

... ich auch ...
aber Theorie und Praxis

Hallo,

Zitat von Niko

Aber das ist köstlich:
Die Bestimmungen zur arbeitsmedizinischen Betreuung seien "ein weiterer Pflasterstein auf der Melkkuhstraße zu jedem Unternehmen". Jeder "schmarotze" an den Wirtschaftsbetrieben herum nach dem Motto: "Wo ein Wirtschaftsunternehmen, da ist auch eine Schmarotzerhorde". Für unnötige und aufoktroyierte Betreuung sowie kostenträchtige Überregulierung sei kein Geld vorhanden. Sie lehne noch mehr Bürokratie und "schmarotzerische Überwachung" und die damit verbundenen Kosten ab.

Teilweise kann ich diese Verärgerung nachvollziehen (nicht gutheißen!),
insbesondere wenn man so sieht, wie manche Verwaltung arbeitet
oder wie es selbst um die Sicherheit in der Behörde steht. Gerade
Unternehmer können durch den ständigen "Behördenkontakt" da
wesentlich gereizter reagieren, als der "Otto Normalbürger".

Mal an zwei Beispielen aus den letzten Monaten:
U.a. gehören mir diverse Immobilien, in den letzten 6 Monaten gab es
zwei Vorfälle, die einen in Rage bringen können. Im ersten Fall habe ich
innerhalb von kurzer Zeit zwei Bescheide zur Grundsteuer erhalten,
der zweite Bescheid erfolgte aufgrund einer nachträglichen Anhebung.
Resultat dieser Anhebung war eine Nachzahlung von ganzen 0.14 Cent!
Alleine dieses Schreiben der Verwaltung, die Briefmarke sowie meine Überweisung
übertrifft diese Anhebung bei weitem.....

Oder aber die Verwaltung, die einen nach dem Immobilienkauf bei der Steuererhebung
vergisst...man muss erstmal nachfragen und wird dann lapidar an die nächste
Behörde verwiesen.

Gruß
Simon Schmeisser

Zitat von SimonSchmeisser

...Gerade Unternehmer können durch den ständigen "Behördenkontakt" da wesentlich gereizter reagieren,...

Hallo,

die Gereiztheit nehme ich auch wahr. Und kann sie persönlich nicht wirklich nachvollziehen.
Ich habe ja das Glück, auch Betriebe außerhalb Deutschlands zu unterstützen. Und da werde ich regelmäßig daran erinnert, wie gut es uns in Deutschland hinsichtlich Rechtsstaatlichkeit (Judikative) und Überwachung (Exekutive) geht.
Was jetzt aber nicht heißen soll, dass es nicht besser, insbesondere effektiver und effizienter gehen kann (siehe ursprüngliches Thema).

Unsere deutschen Geschäftsführer sind immer ganz erstaunt, wenn sie hören dass z.B.
- in Österreich proaktiv alle drei Jahre eine Liste der Maschinen und Anlagen an die Gewerbeaufsicht übermittelt werden muss (und es nicht unwahrscheinlich ist, dass diese Maschinen auch körperlich kontrolliert werden)
- in den Niederlanden Bußgelder über einige T€ verhängt werden wegen fehlender Dokumentation (das Bußgeld darf dann aber freundlicherweise für die Erstellung der Dokumentation mit einer Frist von 6 Wochen verwendet werden ;). Nachweis geht natürlich an die Gewerbeaufsicht)

Gruß, Niko.