Psychische Belastungen

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  • Moin,

    wir gehen momentan das Thema psychische Belastungen und stehen gerade ganz am Anfang. Evtl. läuft es auf die Erhebungsmethode der UK-Bund hinaus, bei der mittels eines Fragebogens eine erste orientierende Erhebung vorgenommen wird, die einen groben Überblick über die Handlungsfelder bringen soll. Der Bogen fragt mit den Antwortmöglichkeiten "Eher ja" "Eher nein" Tendenzen ab. Unser Betriebsarzt möchte den Fragebogen um das Feld "Eher nein - aber für mich keine Belastung" ergänzen. Die Gefährdungsbeurteilung dient doch dazu, um die Auswirkung von Tätigkeiten, Arbeitsumfeld, Arbeitsmittel etc. dahingehend zu beurteilen, ob hieraus eine Belastung für die Beschäftigten entsteht/entstehen kann.

    Dann bewerte ich das Risiko und leite ggfs. Massnahmen ab. Mit diesem neuen Feld würde ich mich von dieser Systematik entfernen und die subjektive Einschätzung des Beschäftigten in den Mittelpunkt rücken. Wenn ein Mitarbeiter "Eher nein" antwortet und gleichzeitig "Ist für mich keine Belastung" hilft das doch kein Stück weiter. Evtl. ist dieser Punkt für andere eine Belastung oder der Mitarbeiter traut sich nicht, ehrlich zu antworten, da er Sanktionen oder was auch immer befürchtet. Wenn es für den Mitarbeiter keine persönliche Belastung darstellt, kann das doch genau so gut bedeuten "Ich bekomme zwar keine Informationen, aber es ist mir auch egal". Da läge doch etwas im argen. Entweder dass der Mitarbeiter innerlich bereits gekündigt hat oder Angst davor hat, mehr arbeiten zu müssen, wenn er ein größeres Informationsspektrum hat.

    Im Rahmen der eigentlichen Gefährdungsbeurteilung würde ich doch dann die Risikobewertung vornehmen. z.B. ja diese psychische Belastung besteht generell, wird aber von den Mitarbeitern gleichgültig behandelt oder sogar als positive Belastung empfunden (terminlich eng gesteckter Projektrahmen = positiver Ehrgeiz, die Aufgabe zu meistern). Wenn ich schon in einem ersten Fragebogen mit einem solchen Zusatzfeld eine wahrgenommene psychische Belastung als irrelevant von den Mitarbeitern einstufen lasse, kann ich mir doch auch die Gefährdungsbeurteilung schenken. Dann bekommen die Mitarbeiter einen gefährdungskatalog, kreuzen an was zutrifft und fertig ist die Gefährdungsanalyse. Dann haue ich noch die Massnahmen hinten dran, prüfe die Wirksamkeit und aus die Maus. Es kann doch nicht Ziel sein, psychische Belastungen weiter aufrecht zu erhelten, weil gerade die Mehrheit der Mitarbeiter diese nicht als psychische Belastung wahrnimmt. Es gibt ja durchaus Belastungen, denen wir ausgesetzt, die wir aber subjektiv als nicht belastend empfinden, während mein Umfeld, die Familie oder der BA das vielleicht ganz anders sehen. Bin ich gerade auf dem Holzweg oder stehe auf dem Schlauch?

    Ich hoffe, ich konnte rüberbringen, wo mein Problem liegt. ;)

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Hallo Frank,

    den Betriebsarzt auf die wissenschaftliche Überprüfung der Methode hinweisen und fragen ob er die wissenschaftliche Überprüfung seines Vorschlages durchführen möchte :D
    Im Ernst: Die Methoden sind nicht ohne Grund so wie sie sind. Ganz wichtig: Die Tätigkeiten sollen beurteilt werden, nicht die Menschen!
    Dein "Problem" ist aber nicht selten. In jeder Runde gab es Vorschläge was man an der Methode verbessern könnte. Meist liegt dies aber an der "falschen" Vorstellung einer GBU der psychischen Belastungen.

    Hat mit Deinem Problem nichts zu tun, aber als Tipp: Schau Dir mal die ChEF Methode an. Ist etwas umfangreicher, aber auch mehr als nur orientierend.

    Gruß
    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Hat mit Deinem Problem nichts zu tun, aber als Tipp: Schau Dir mal die ChEF Methode an. Ist etwas umfangreicher, aber auch mehr als nur orientierend.

    Gruß
    Stephan

    Hallo Stephan,

    ChEF ist bekannt. Es geht uns erst einmal um einen Überblick, welche Felder wir näher untersuchen sollten, und dabei soll der Fragebogen für die Beschäftigten so einfach wie möglich gehalten werden. Deswegen kam ich auf KoGA der UK-Bund.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Hallo Frank,

    ich habe eine Bewertung im Schulnotensystem gemacht.....aus jeder Abteilung mindestens 20% Teilnehmer (versucht zu bekommen)

    und dann einen Durchschnittswert erstellt .....und ab der Bewertung mit der Note 4 wurden Maßnahmen erstellt (wenn möglich)

    Viele Grüße aus Mittel:Franken:

  • Guten Morgen,

    Der Wunsch des Betriebsarztes ist nicht sonderlich sinnvoll. Es geht ja nicht darum die Mitarbeiter zu beurteilen sondern darum ob ihr systematische Belastungen habt die sich negativ auswirken können.
    Es hilft nicht weiter wenn du bzw der Betriebsarzt weißt das Mitarbeiter zwar eine Belastung sehen sie aber für sich als nicht problematisch empfinden. Das kann unter leicht geänderten Rahmenbedingungen morgen schon anders aussehen und der gleiche Mitarbeiter beurteilt die Situation dann nicht mehr mit "aber für mich keine Belastung"

    Ich würde so vorgehen wie es bauco empfiehlt:

    den Betriebsarzt auf die wissenschaftliche Überprüfung der Methode hinweisen und fragen ob er die wissenschaftliche Überprüfung seines Vorschlages durchführen möchte
    Im Ernst: Die Methoden sind nicht ohne Grund so wie sie sind. Ganz wichtig: Die Tätigkeiten sollen beurteilt werden, nicht die Menschen!
    Dein "Problem" ist aber nicht selten. In jeder Runde gab es Vorschläge was man an der Methode verbessern könnte. Meist liegt dies aber an der "falschen" Vorstellung einer GBU der psychischen Belastungen.

    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hallo,

    aus meiner Sicht ist es nicht sinnvoll, für vorhandene (geprüfte) Methoden noch Ergänzungen einzufügen. Bei dem Vorschlag des Betriebsarztes wird in dem Fall sogar der Begriff "Belastung" falsch verwendet. Nach der Definition des IAG ist Belastung: "Die Gesamtheit der erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und auf ihn psyschich einwirken" - das ist somit ein neutraler Begriff. Also -aus meiner Sicht- nur eine komplette Methode verwenden, ohne Abänderungen und Ergänzungen. Welche Methode das wird sollten aber auf breiter Ebene im Betrieb festgelegt werden. Eventuell lässt sich ja der Betriebsarzt entsprechend überzeugen.

    Viele Grüsse aus Dresden vom EHS Mann

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  • Hinter dem Vorschlag des Betriebsarztes vermute ich mal grundsätzlich einen guten Gedanken. Nämlich das Wissen, dass eine Belastung - siehe Vorredner - auf jemanden positiv, motivierend, leistungsfördernd wirken kann, auf eine andere Person wirkt eine Belastung eher ermüdend, krankmachend, leistungsmindern.
    Diese persönliche Befindlichkeit auch mit zu ermitteln, könnte interessant sein - obwohl ja der individuelle Arbeitsschutz nachrangig zum kollektiven Arbeitsschutz ist.
    *
    Tatsächlich ist der arbeitswissenschaftliche Begriff der Belastung im Deutschen sehr unglücklich. Wenn er Betriebsarzt den Begriff ausschließlich negativ - im Sinne von anstrengend oder beschwerlich - definiert, habt Ihr ein Problem. Denn eine solche eher negativ-suggestierende Ankreuzmöglichkeit verfälscht die Ermittlungsergebnisse. Diese Art der Abfrage setzt den Betrieb in enormen Zugzwang, dann auch konkret "hiergegen" etwas zu unternehmen. Der Mitarbeiter kann hierüber nur unglücklich sein, wenn er auch keine Möglichkeit hat, seine Ankreuzentscheidung zu erklären (qualitative Aussage).

    Hildegard Schmidt

    Ergonomiecampus

  • Von unterwegs.[/quote]

    der Betriebsarzt ist in diesem Fall das Problem. :whistling:

    Gruß Frank[/quote]

    Also eines muss mal vorweg gesagt werden: Die psychische Belastung der Beschäftigten ist gemäß §3 (1) 1. d) ASiG Aufgabe des Betriebsarztes und nicht primär Aufgabe der FaSis. Der Betriebsarzt sollte deshalb auf jeden Fall ins Boot geholt werden, wenn schon in fremden Gewässern gefischt wird. Der Betriebsarzt hat sich in seinem Studium mindestens 4 Semester mit medizinischer Psychologie, Psychosomatik, Psychiatrie und Statistik beschäftigt.

    Selbstverständlich geht es bei Thema psychische Belastung nicht nur um die objektiv beurteilbare Belastung sondern auch um die individuell empfundene Beanspruchung, welche letztendlich auch für krankheitsbedingte Ausfallzeiten verantwortlich ist. Die Leute kommen zu mir in die Praxis oftmals nicht deshalb weil Sie krank sind sondern weil Sie sich krank fühlen !

    Von einer nachträglichen Ergänzung eines bestehenden Fragebogens würde ich aus Gründen der Validität allerdings abraten. Ich würde stattdessen gleich einen Fragebogen verwenden, in welchem auch die individuell empfundene Beanspruchung Berücksichtigung findet (z.B. KFZA/Impulstest).

    Ohnehin kann eine Fragebogenerhebung nur Auftakt sein, um anschließend ins Detail zu gehen, z.B. in Form von Gestaltungsworkshops.

  • Zitat


    Also eines muss mal vorweg gesagt werden: Die psychische Belastung der Beschäftigten ist gemäß §3 (1) 1. d) ASiG Aufgabe des Betriebsarztes und nicht primär Aufgabe der FaSis.

    Eben deswegen ist er ja mit dabei und nicht primär die Fachkraft für Arbeitssicherheit. :D

    Zitat

    Der Betriebsarzt sollte deshalb auf jeden Fall ins Boot geholt werden, wenn schon in fremden Gewässern gefischt wird.

    Siehe erste Antwort.

    Zitat

    Der Betriebsarzt hat sich in seinem Studium mindestens 4 Semester mit medizinischer Psychologie, Psychosomatik, Psychiatrie und Statistik beschäftigt.

    Das hoffe ich, sonst hätte ich den Falschen.

    Zitat

    Selbstverständlich geht es bei Thema psychische Belastung nicht nur um die objektiv beurteilbare Belastung sondern auch um die individuell empfundene Beanspruchung, welche letztendlich auch für krankheitsbedingte Ausfallzeiten verantwortlich ist. Die Leute kommen zu mir in die Praxis oftmals nicht deshalb weil Sie krank sind sondern weil Sie sich krank fühlen !

    Das ist bei dieser Methode erst der zweite Schritt. Im ersten Schritt geht es darum, ob die abgefragten Einflüsse, die auf den Menschen einwirken und die Psyche beeinflussen, in diesem Arbeitsbereich existieren. Ob sich diese positiv oder negativ auswirken, wird in dieser Stufe noch nicht betrachtet.

    Zitat

    Von einer nachträglichen Ergänzung eines bestehenden Fragebogens würde ich aus Gründen der Validität allerdings abraten. Ich würde stattdessen gleich einen Fragebogen verwenden, in welchem auch die individuell empfundene Beanspruchung Berücksichtigung findet (z.B. KFZA/Impulstest).

    Impulstest wird den Kollegen zur Selbstanalyse angeboten.

    Zitat

    Ohnehin kann eine Fragebogenerhebung nur Auftakt sein, um anschließend ins Detail zu gehen, z.B. in Form von Gestaltungsworkshops.

    Die Workshops (Mitarbeiterzirkel) sind ja genau der nächste Schritt dieser Methode. Und überhaupt: "Wo warst Du denn so lange, bis endlich mal ein Betriebsmedizinier hier antwortet?" :D:moin:

    Zur Info habe ich die Info nochmals beigefügt.

    Gruß Frank