Online-Unterweisungen - mal wieder

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  • Ja und?!?!? Was ist denn daran, insbesondere im Bereich Unterweisung, schlimm?!?!? Wohin uns diese umfassende Konformität bringt, sehen wir jedennTag auf's Neue.

    Wenn ich unterweise dann hat das einen Zweck und ich will das die Unterweisung bei den MA ankommt und verstanden wird. Bei Onlineunterweisungen hast du (noch) zuviele Unsicherheiten im System. Beispiel: FK unterweist die jährliche Gefährdungsbeurteilung mit einer neuen Gefährdung, erklärt die Maßnahmen. Genau zu dem Zeitpunkt klingelt es bei MA XY an der Tür, der Pizzaservice ist da. Nachdem der wieder weg ist denkt sich der MA: wenn ich schon stehe könnte ich gleich noch zur Toilette. Nach 15 Minuten sitzt er wieder am PC und macht die Unterweisung fertig. Die Woche drauf erleidet der MA genau wg. der neuen Gefährdung einen Unfall mit bleibenden Schäden. Bei der Unfallanalyse mit der BG kommt raus das er davon nichts gewusst hat weil er eben anderweitig beschäftigt war. Er hat aber das Unterweisungsprotokoll unterschrieben. Wer hat jetzt Schuld? Die FK oder der MA? Abgesehen davon wäre mir als SiFa wichtiger das die MA wieder gesund heimkommen.

    Das ganze ist also nicht nur ein rechtliches Problem, sondern auch ein kulturelles Problem der Mitarbeiter. Solange die nicht verstehen wollen das dies wichtig ist, solange darf sich in meinen Augen das auch nicht ändern.

    Und das Verständnis für Unterweisungen nimmt in meinen Augen ab. Anfang des Jahres habe ich z.B. zusammen mit einer FK eine Menge Zeit in Mikrounterweisungen gesteckt, also anstatt einen großen Block mehrere kleine Blöcke. Das Feedback der Leute war: es ist zwar besser als eine große Unterweisung aber sie fühlen sich durch die Häufigkeit der Unterweisungen belästigt(!).

    Oder bei unserer allgemeinen Erstunterweisung, die jeder neue MA zum Einstieg erhält (hier werden allgemeine standortspezifische Sicherheitsthemen, Verantwortung im AS, BG-Zugehörigkeit, Ansprechpartner usw. erläutert): "muss ich mir das anhören, das muss ich doch nicht wissen. Da kann ich doch nachfragen wenn ich es wirklich mal brauche"... Das Feedback der FK nach der tätigkeitsbezogenen Unterweisung ist oft: "schon wieder eine Unterweisung? Hab doch gerade eine bekommen. Für was brauch ich denn das?"...

    Und solange die Leute nicht anfangen zu denken und erkennen das dies eigentlich für ihre Gesundheit und Sicherheit gedacht ist solange sollte das Thema Präsenzunterweisung auch nicht wirklich abgeschafft werden.

    Aber mein Eindruck ist das sich die Thematik mit fortschreitenden Generationen eher verschlechtert als verbessert.

    "Do it or do it not. There is no try. If you fail learn for the next time"

  • Hallo JS,

    ich denke es ist klar das nicht alles elektronisch bzw. per E-Learning vermittelt werden kann, grade im Bereich der Gefahrstoffe wo vieles ( ich bin mir nicht sicher ob vielleicht sogar alles) in persönlichem Gespräch, also mindestens per Video-Call stattfinden muss. Bei der korrekten Verwendung von bestimmter PSA sind auch Übungen notwendig.

    Was aber sicherlich per E-Learning vermittelbar ist, sind Basis Themen wie "Bildschirmarbeitsplatz", "Heben Halten Tragen", Sicher Gehen", "Dienstfahrten" etc. zumindest nach meinem Kenntnisstand, denn das wurde bei uns schon oft durch Besuchen der BG oder auch Gewerbeaufsicht kontrolliert und nicht bemängelt.

    Wir nutzen ein elektronisches Unterweisungstool wo die MA sich nach drei falschen Antworten beim Vorgesetzten melden müssen damit sie für dieses Unterweisungsthema wieder freigeschaltet werden. Dabei kann die Führungskraft klären wo denn die Probleme lagen, was nicht verstanden wurde und es ggf. persönlich erklären. Anschließend gehen sie das Thema erneut durch und müssen die Fragen neu beantworten (Es ist immer ein Frage und Antwortpool hinterlegt damit diese nicht immer gleich sind).

    Bei Video-Besprechungen bzw. Unterweisungen kann man oft die Teilnehmenden Personen als Liste herunterladen, soweit ich informiert bin gibt es teilweise auch Systeme wo die jeweilige Teilnahme-Zeit angezeigt wird. Wie die Kontrolle, ob das Unterwiesene Thema verstanden wurde durchgeführt wird kannst Du selber festlegen. Direkte Fragen an Personen und Notizen sind ein Beispiel.

    Alles in allem muss es nachvollziehbar sein und man muss darstellen können was unterwiesen wurde und wie man sich vergewissert hat, dass die MA es verstanden haben.

    Viele Grüße

  • Beispiel: FK unterweist die jährliche Gefährdungsbeurteilung mit einer neuen Gefährdung, erklärt die Maßnahmen. Genau zu dem Zeitpunkt

    spielt der Beschäftigte bei der Präsenzveranstaltung an seinem Smartphone oder fällt in den Verdauungsschlaf nach der Mittagspause oder ist mal kurz zur Toilette und hat das genutzt gleich noch eine zu rauchen.

    Wie Du siehst, gibt es das auch bei der Präsenzveranstaltung. Du wirst immer gewisse Lücken haben und einzelne Teilnehmer werden das bewusst oder unbewusst ausnutzen. Deswegen aber auf die Möglichkeit der Onlineunterweisung zu verzichten halte ich für fragwürdig.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • spielt der Beschäftigte bei der Präsenzveranstaltung an seinem Smartphone oder fällt in den Verdauungsschlaf nach der Mittagspause oder ist mal kurz zur Toilette

    Mit dem Unterschied das ich das mitkriege und die Handysüchtigen so in die Veranstaltung einbauen kann das sie nicht mehr dazu kommen damit zu spielen. Und wenn einer zur Toilette geht dann krieg ich das mit und kann ein wichtiges Thema auf den Zeitpunkt verschieben wo alle da sind.

    Aber das ist ein Thema wo man endlos diskutieren kann und für jedes Argument ein Gegenargument findet.

    In diesem Sinne: Wochenende steht vor der Tür, laßt die Weißbiergläser klingen! :138:

    "Do it or do it not. There is no try. If you fail learn for the next time"

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  • Wie immer im Arbeitsschutz gibt es keine pauschale Lösung, sondern man muss die Anforderungen immer im konkreten Einzelfall umsetzen.

    Bei Unterweisungen nach GefStoffV z.B. sind elektronische Medien "

    zur Unterstützung und Vorbereitung der Beschäftigten auf die Unterweisung genutzt werden" (TRGS 555, Nr. 5.1 (1)).

    Bei PSA der Kategorie II und III sind "besondere Unterweisungen", als mit praktischen Übungen, durchzuführen.

    Natürlich gibt es Fälle, wo man elektronisch unterweisen kann. Das hängt davon ab, WEN man unterweist, und WORUM es geht.

    Die Erfolgskontrolle ist überall erforderlich und die kann man eben digital nur sehr gegrenzt durchführen. Wer während der Unterweisungen die Leute mit dem Handy daddeln lässt, muss sich die Frage nach seiner Eignung für diese Aufgabe gefallen lassen. Bei der Erfolgskontrolle zeigt sich dann ja auch, ob der Kollege es verstanden hat. Falls nicht: neue Unterweisung.

  • Die Pflicht zur jährlichen Unterweisung hatte die Intention, überhaupt einen Mindeststandard zu definieren (Umsetzung der EWG-Richtlinie). Von einer jährlichen Unterweisung steht in der Richtlinie übrigens nichts. Man hätte auch den Text der Richtlinie 1:1 in deutsches Recht übernehmen können.

    Meine Kritik ist: die jährliche Unterweisung ist zu einem Ritual erstarrt (wie so manches), das nicht mehr kritisiert oder diskutiert werden darf. Jährlich unterwiesen = Pflicht abgehakt = Auditor, Kontrollorgane zufrieden. Ob das was nutzt oder nicht, interessiert niemanden mehr.

    Meine Intention ist, daß über diese Themen nachgedacht wird, weil sich die Arbeitsbedingungen drastisch geändert haben.

    Mehr als die Hälfte aller Arbeitsplätze in Deutschland sollen Büroarbeitsplätze sein.

    Wie definiere ich eine Betriebsstätte, wenn nur noch 20% anwesend sind, der Rest (80%) in der Welt verstreut?

    Das ist nur ein Beispiel, wo sich der Arbeitsschutz fragen sollte, ob er so noch in die Zeit passt mit seinen Regelungen.

    JS

    Sprichst du noch, oder kommunizierst du schon?

  • Das ist nur ein Beispiel, wo sich der Arbeitsschutz fragen sollte, ob er so noch in die Zeit passt mit seinen Regelungen.

    JS

    ...ein Bruder im Geiste...

    (auch wenn ich glaube, das unsere Familie hier relativ klein ist!)

    Im diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Die Regelungen stammen doch auch noch aus einer Zeit in der alle brav an ihrem Arbeitsplatz in der Firma saßen. Leider traut sich keiner diese Themen mal anzugehen und grundsätzlich neu zu strukturieren und auch den geänderten Realitäten in der Arbeitswelt anzupassen.

    Aber das mit der Digitalisierung ist ja ein grundsätzliches Problem in Deutschland. In meiner alten Firma haben manche gedacht wenn ich alte Akten einscanne bin ich ein digitales Unternehmen.

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • ...ein Bruder im Geiste...

    (auch wenn ich glaube, das unsere Familie hier relativ klein ist!)

    Ich bin bei euch. Viele rechtliche und bürokratische Regeln hinken der Zeit hinterher und sind im Alltag hinderlich. Daran wird sich auch wenig ändern, da zu viele Instanzen an Änderungen beteiligt sind.

    Während sich die DGUV mit hübschen, aber sehr abgehobenen und verkopften Präventionskampagnen beschäftigt, müssen wir uns konkret um die Menschen kümmern.

    Meine TAP will nicht, dass das E-Learning-Angebot der ETEM als alleiniger Unterweisungsersatz benutzt wird. Das kann ich nachvollziehen. Mein oben in Beitrag 11 beschriebener Umgang mit den Kollegen im Außendienst wird aber akzeptiert.

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.

  • Also ich sehe nicht, warum die bestehenden Regelungen nicht zu den aktuellen Arbeitsbedingungen passen sollten?

    Wir haben doch über das Arbeitsschutzgesetz und den Ansatz "Beurteilung der Arbeitsbedingungen" unglaublich viele Freiheitsgrade und könne auf alle Situationen individuell eingehen.

    Neue Formen der Arbeit stellen da höchstens etwas höhere Anforderungen an die sicherheitstechnische Beratung und damit an uns.

  • Ich sehe da vieles genau so.

    Mein Lieblingsbeispiel ist der Horst (der ist natürlich erfunden). Der trägt immer seinen Helm; in 20 Jahren habe ich den noch nie ohne gesehen. Soll ich den ernstlich einmal im Jahr in der Benutzung des Helmes unterweisen?

    Ja, das muss ich. Ich würde das aber so machen, dass ich ihn regelmäßig für sein gutes Beispiel lobe und darum bitte, das künftig weiterhin so zu tun. das halte ich für eine "geeignete Anweisung" i.S.d. ArbSchG.

    Die Unterweisungen sind tatsächlich in vielen Betrieben zu einer Farce verkommen. das ist aber kein Beweis für deren Unsinnigkeit, sondern ermahnt uns, bei der Auswahl auf Personen zu achten, die den Sinn er Unterweisungen auch verstehen und akzeptieren. Nach meiner Erfahrung liegt genau da nämlich der Hase im Pfeffer: viele Verantwortliche (darunter leider auch Sifa) gehen da nämlich mit der Grundeinstellung dran: das ist eh grau Theorie und die Praxis sieht ganz anders aus.

    Mit der Einstellung kann eine sinnvolle und motivierende Unterweisung natürlich nicht gelingen.