Hallo,
ich finde es immer wieder interessant, sowas zu lesen...
Ersatzanspruch gegenüber Unternehmen
Grob fahrlässige Verursachung eines Arbeitsunfalls
6. Mai 2021
Die Beiträge für die gesetzliche Unfallversicherung bringen im Unterschied zu allen anderen Sozialversicherungszweigen allein die Unternehmer auf. Der Grund hierfür ist, dass sie im Gegenzug von ihrer zivilrechtlichen Haftung für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten befreit werden. Bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verursachung eines Versicherungsfalles, beispielsweise wegen Nichtbeachtung von Arbeitssicherheitsbestimmungen, kommt aber ein Rückgriff des Unfallversicherungsträgers auf den Unternehmer in Betracht.
Einen solchen Fall hatte kürzlich das Oberlandesgericht Oldenburg zu entscheiden. Die Klägerin hatte als gesetzlicher Unfallversicherungsträger das beklagte Maschinenbauunternehmen auf Ersatz von Aufwendungen aus einem Arbeitsunfall in Anspruch genommen. Die Firma hatte selbst eine Profilwalze gefertigt, um Edelmetallplatten zu walzen. Die rotierenden Walzen waren nicht davor geschützt, dass etwas dazwischengeraten konnte.
Als ein Beschäftigter ein Blech in die Walze schob, geriet er mit dem linken Arm zwischen die Walzen. Er verlor dadurch einen Teil der Finger seiner linken Hand und erlitt erhebliche Quetschungen des Arms. Wegen der Folgen des Arbeitsunfalls erhält der Verletzte von der Klägerin Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 40 Prozent.
Die Klägerin (die Berufsgenossenschaft) machte geltend, das beklagte Unternehmen habe den Unfall grob fahrlässig verursacht, weil massiv gegen Arbeitssicherheitsregeln verstoßen worden sei.
Erhebliche Gefahr für Leib und Leben
Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht haben der klagenden Berufsgenossenschaft (BG) einen Aufwendungsersatzanspruch zugesprochen. Die Beklagte hielt dagegen, dass anlässlich der Begehungen des Betriebs durch Mitarbeiter der BG keine Sicherheitsbedenken gegen den Einsatz der Maschine erhoben worden seien. Die Richter waren jedoch davon überzeugt, dass die Beklagte der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bezüglich des Unfalls trifft. Von den gegeneinander laufenden Walzen sei eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben ausgegangen.
Für den Fall, dass eine Person mit einem Kleidungsstück oder einem Körperteil zwischen die Walzen geraten sollte, drohten schwere Gesundheitsschäden. Gerade zum Schutz vor solchen Risiken seien an der Einzugsstelle der Maschine anzubringende Schutzvorrichtungen durch Unfallverhütungsvorschriften zwingend vorgeschrieben.
Sorgfaltspflicht eindeutig verletzt
Der Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflicht zur Absicherung des Einzugsbereichs der Walzanlage beinhalte auch ein ungewöhnlich hohes Maß einer Sorgfaltspflichtverletzung. Denn jedermann hätte einleuchten müssen, dass auch ein sorgfältig eingewiesener Mitarbeiter durch Zufall in den Einzugsbereich der Walzen geraten und sich dadurch schwer verletzen hätte können. Diese Gefahr habe geradezu auf der Hand gelegen, befand das Gericht.
Mit ihrem Einwand, dass die vorgenommenen Absicherungen bei früheren Untersuchungen durch Mitarbeiter der Berufsgenossenschaft für ausreichend erachtet worden seien, konnte die Beklagte nicht durchdringen. Bereits der Beweis dieser Behauptung sei dem Unternehmen nicht gelungen. Zudem seien die von dem Unternehmen vorgetragenen Absicherungsmaßnahmen so wirkungslos gewesen, dass faktisch überhaupt kein Schutz bestanden habe.
In einem solchen Fall könne sich ein Unternehmen nicht dadurch entlasten, dass der Regelverstoß nicht durch die Berufsgenossenschaft gerügt worden sei, befand das Gericht.
Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 18.11.2020, Az. 4 U 31/19
Autorin: Tanja Sautter
Quelle:https://www.sifa-sibe.de/aktuelles/rech…gter+Newsletter