mit einer Geschichte anfangen

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  • Hallo,

    ich heiße Stefan, arbeite in einem Verlag, lese hier also hauptsächlich aus beruflichem Interesse mit, (wobei das hier die meisten tun, vielleicht nur aus anderem Blickwinkel), hab aber auch Spaß an den Themen, verrückten Videos aus aller Welt und dem Austausch in so einem Forum. Zum Einstand schreibe ich eine Geschichte, die sich bei uns im Gebäude ereignet hat:
    Wir haben Außenjalousien, so Lamellen, wie man sie aus dem Innenbereich kennt, nur sauschwer. Die sollten zur Reinigung abmontiert werden. ich hatte mein Büro im 3. Stock, mit 4 Fenstern. 2 davon zugänglich, weil das Dach des Nebengebäudes direkt daneben liegt, 2 davon 10 Meter über dem Boden. Da kommt der junge Monteur, schraubt die zwei sicheren ab, und klettert dann ohne Sicherung außen auf das Fensterbrett, hält sich mit einer Hand oben am Oberlicht fest (bei geöffnetem Fenster, er greift also von außen nach innen) und schraubt einhändig nacheinander die Schrauben auf, rechts und links im Abstand von 1 Meter. Und lässt dabei die Jalousie in seine Arme fallen (er hat ja nur eine Hand frei). Er schafft das irgendwie trotz Schraubenzieher in der Hand und 10 m über dem Boden. Ich seh mir das an und bin zunächst unsicher, was ich tun soll. Ist ja ne Fremdfirma, ich bin mit sowas sonst nicht konfrontiert (außer vielleicht Fensterputzer). Ich sag nichts (Hemmschwelle), ist ja auch schnell vorbei. Aber ich nehm mir dann vor, was zu unternehmen, wenn er zum Einbau zurückkommt. Nach zwei Wochen ist er wieder da. Wieder ohne Sicherung. Ich sag diesmal: ohne Sicherung erlaube ich ihm das nicht. Da sagt er: er hat keine dabei. Ich sage "dann geht es nicht". Er sagt zu seinem Azubi: geh mal runter zum Auto und hol den Spanngurt. Tatsächlich, der Azubi kommt mit einem handelsüblichen Spanngurt, den sich der Monteur um die Brust bindet. Das andere Ende hält der Azubi fest. Wieder war ich sprachlos. Mit so viel Dreistigkeit oder Dummheit rechnet man normalerweise nicht. Wieder ist er damit durchgekommen, wieder habe ich dazugelernt. Jetzt passiert mir das nicht mehr. Wahrscheinlich muss man das einfach mal erlebt haben, damit man handlungsfähig wird. Wegen der blöden Hemmschwelle, man will ja nicht spießig sein. Man muss dann einfach gleich was sagen. je länger man wartet, desto schwieriger wirds.

    Kurz danach seh ich ihn im Verlag mit einer blutenden Beinwunde. Ist ihm so ne Jalousie ausgekommen und hat das Bein aufgerissen. So mittelschlimm. Kein Problem sagt er. Ich hole aber trotzdem eine Ersthelferin, die ihm das Ding verbindet. Zwei Wochen später treff ich ihn am Baggersee. Ich mit meinen Kids mit dem Paddelboot, er angelt. Ich sprech ihn an, er sagt, dass er 'ne Blutvergiftung bekommen hat und zwei Wochen Krankschreibung.

    So eine Geschichte vergisst man einfach nicht. Das liest man sonst nur irgendwo in einem Forum. So wie ihr jetzt *grins*.

    Grüße
    Stefan

    Ich glaube da ist ein Flecı̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̨̨̨̨̨̨k auf deinem Monitor …

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    • Offizieller Beitrag

    Hallo Stefan,


    willkommen im Forum, schöne Geschichte nur leider kommt so etwas noch viel zu oft vor. Die Bezirksregierung in NRW hat genau auf dieses Klientel in den letzten Jahren öfters und enger ein Auge gehabt :D
    Übrigens Fachfirma heißt nicht gleich Fachmonteur, da muss man(n) unterscheiden :D dennoch wünsche ich Dir hier viel spaß hier im Forum und auf gute Zusammenarbeit.

    Alle sagten: Es geht nicht. Da kam einer, der das nicht wusste und tat es einfach.(Goran Kikic)

    Wer nichts weiß, muß alles glauben. (Marie von Ebner-Eschenbach)
    „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
    (Sapere aude)

  • Hallo Stefan,
    die Geschichte ist leider keine Geschichte, sowas kann man jeden Tag sehen.

    Gruß

    Aus Köln

    Harald


    Willkommen im Forum

    "Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Werkzeuge vorzubereiten,
    Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."

    "Bessser auf neuen Wegen etwas stolpern, als in alten Pfaden auf der Stelle zu treten"

  • Ja, eigentlich Alltag.

    Nur dass die verfluchten FASis so absolut keine Hemmschwelle haben. :thumbup:

    Und da hat sich schon so manch kleine Fachfirma na mir die Zähne ausgebissen.

    Achso, und herzlich :516: an bord.

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  • vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Ich hatte es echt für einen besonderen Fall gehalten (im reinen Bürobetrieb gibt es nicht so viele Extrembeispiele). Bin etwas überrascht, dass es nicht so ist. Nach kurzer Überlegung glaube ich euch aber jedes Wort. Dazu muss man im Alltag nur ein bisschen die Augen offen halten (Baustellen usw.
    ). Oder sich Videos anschauen wie das mit den Männern, die auf aufgehängten Stühlen an der Außenwand Dämmung aufbringen (wurde hier im Forum kürzlich gepostet).

    Ich glaube da ist ein Flecı̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̨̨̨̨̨̨k auf deinem Monitor …

  • Hi Stefan,

    ersma ein herzliches :516: , viel Spaß und Info auf dem Board.

    Und zu deiner Geschichte: Es geht mir immer noch so, dass es mir wie Schuppen aus den Haaren fällt. Auslöser dafür sind häufig sehr selbstsicherer Beschäftigte, die bei flüchtiger Betrachtung den Eindruck vermitteln, sie hätten alles bestens im Griff...

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

  • :515:

    ...Ich hatte es echt für einen besonderen Fall gehalten (im reinen Bürobetrieb gibt es nicht so viele Extrembeispiele). Bin etwas überrascht, dass es nicht so ist. ...


    Man könnte es schon fast als Alltag bezeichnen.
    In meinem alten Büro (4. OG, Dachgeschoss), klopfte es. Ich war in die Arbeit am PC vertieft und rief nur "herein". Daraufhin klopft es nochmals, ich nochmal "herein". Beim dritten Klopfen stellte ich dann fest, es war nicht an der Tür, sondern am Fenster. Der Fensterputzer war von der Dachgaube nebenan zu meinem Fenster geklettert und bat um Einlass. Natürlich hatte er keinerlei Absturzsicherung getragen, dafür aber allerlei Putzmaterial in den Händen.
    Ich öffnete das Fenster und fragte etwas erstaunt "na, nebenan die letzte Ölung schon abgeholt?" (dort saßen die Krankenhauspfarrer). Als Antwort bekam ich nur "Nein, der sein evangelisch, ich katholisch." Meine Nachfrage nach Absturzsicherung blieb weitgehend unbeachtet, die Frage nach seinem Chef konnte er beantworten, der war an einem Nebeneingang mit der Reinigung des Vordaches beschäftigt. Ich also dort hin getrabt, das Vordach ist ein Glasdach in ca. 4m Höhe und man kann sich denken, wo und wie der Chef da stand. :6:

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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  • Die Fensterputzer waren auch bei uns Thema. Wir haben über den Fenstern klappbare Oberlichter. Da kommt man von innen nicht an die Außenseite. Die haben sich aufs Fensterbrett außen gestellt, mit einer Hand nach innen unter den Rahmen des geöffneten Fensters gelangt und losgelegt. Das ging so nicht, da hat unsere Gschäftsleitung interveniert. Die nächste Lösung hat auch nicht funktioniert. Gurte hatten die, aber nichts, um sie innen festzumachen. Die Heizungsrohre scheiden aus, und um die Rahmen zwischen zwei geöffneten Fenster sollte man die Seile auch nicht legen und festmachen. Da waren sich alle einig. Jetzt werden die Oberlichter nicht mehr geputzt. Für andere von innen schwer zugängliche Außenflächen kommt die Hebebühne zum Einsatz.

    Es gab zeitweise übrigens den Effekt, dass Kollegen lieber aus dem Büro rausgegangen sind, wenn die dort rumgeturnt sind, weil das niemand mit anschauen konnte. Zum Glück hat die Geschäftsleitung das Thema geklärt, damit nicht jeder Mitarbeiter selbst überlegen muss, wie er damit umgeht.

    Ich glaube da ist ein Flecı̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̨̨̨̨̨̨k auf deinem Monitor …

  • Hallo Stefan.
    Sehr schöner Erlebnisbericht (Geschichte möchte ich es nicht nennen, die fangen mit "Es war einmal..." an:D ).
    Ja so etwas ist immer ein Problem und je nach Alter des Gebäudes, gabs da vielleicht auch noch keine SiGeKos, wurden nicht mit einbezogen oder der Kollege kam nicht wirklich aus der Arbeitssicherheit und wollte ne schnelle Mark nebenbei machen. Gibts auch öfter. Teilweise machen das eben Architekten mit, die teilweise überhaupt gar keine Ahnung haben. Nicht alle aber doch sehr viele.
    Hier würde ich an Deiner Stelle mal zuerst einen Fachmann, wie eine SiFa, SiGeko (als Zusatzqualifikation zur SiFa) o. ä. vor Ort zu Rate ziehen. Es gibt für alles iwelche Möglichkeiten. Z. B. mobile Türanker in den Bürotüren, Fensteranker etc. Das wäre aber nur anzuraten, wenn diese Arbeiten nur sehr selten durchgeführt werden. Da kann Dir aber ein Spezialist vor Ort weiterhelfen. Sonst bleibt eben nur die Hubarbeitsbühne und Ende.
    Ja. Deine geschilderten Anblicke sieht man öfter. Das ist Alltag, leider :cursing:
    Bei solchen Sachen hast Du die Pflicht einzuschreiten. Nicht nur als Arbeitsschützer sondern als Jedermann. Deswegen sind die Kollegen auch aus dem Zimmer gegangen. Und wenn jetzt doch etwas schweres passiert, denken sich alle wieder "Hättste mal was gesagt." Das ist auch normal. Sehr schade das.
    So. Aber hier im Forum findest Du mit Sicherheit genug Rückhalt und auch Informationen :thumbup: Also: Welcome on sifaboard
    Bei derartigen Fragen, kannst Du Dich auch gerne per PM/ Mail an mich wenden. Ich hab über Dein Problem mal etwas gelesen ... oder so. Vielleicht auch schon öfter damit zu tun gehabt ... :thumbup:
    Hast Du ein Foto von dem "Brustspanngurt"?? Biiiiiitte ..... ich hoffe. Bekäme auch einen Ehrenplatz in meiner Sammlung, versprochen :thumbup:
    Um "Gottes Willen" :cursing:

    Gruß

    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"

    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

    4 Mal editiert, zuletzt von Globetrotter (20. Dezember 2012 um 22:31)

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  • Es gab zeitweise übrigens den Effekt, dass Kollegen lieber aus dem Büro rausgegangen sind, wenn die dort rumgeturnt sind, weil das niemand mit anschauen konnte. Zum Glück hat die Geschäftsleitung das Thema geklärt, damit nicht jeder Mitarbeiter selbst überlegen muss, wie er damit umgeht.


    Und wie?
    Jetzt bin ich echt gespannt ....
    Sichtschutz (technisch), Entlassungsbeschlüsse (organisatorisch), verordnete selektive Amnesie oder Scheuklappen (persönlich)???
    TOP-Prinzip :D Klappt :thumbup:
    Du weißt aber schon, dass Eure MA das falsche Adressat sind, oder? Die "Turner" wären das Richtige, bzw. deren Fa. :(

    Mach mal etwas genauer, wenns geht .... 8|

    Gruß

    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"

    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

  • @ Globetrotter:

    Die Lösung bei den Fensterputzern sieht so aus: Jetzt werden die Oberlichter nicht mehr geputzt. Für andere von innen
    schwer zugängliche Außenflächen kommt die Hebebühne zum Einsatz.

    Aber das ist nicht alles. Die Geschäftsleitung hat alle Mitarbeiter informiert dass
    - sie so etwas nicht duldet (also die Fremdfirmen ohne anständige Sicherung oder vergleichbare Verstöße in anderen Gewerken)
    - dass sie die Misstände behebt (Gespräch mit der Fremdfirma/anderer Anbieter)
    - Mitarbeiter sie unbedingt informieren sollen, wenn sie so etwas trotzdem beobachten.

    Diese Sensibilisierung war erfolgreich.
    - weil sie seitdem das Thema Arbeitssicherheit sehr ernst nehmen
    - weil sie es ernst gemeint haben, dass man sie informieren soll, weil sie ein echtes Interesse haben, dass nichts passiert
    - sie schauen auch bei den eigenen Mitarbeitern und Büroräumen sehr auf Arbeitssicherheit/Brandschutz usw.

    Warum das alles? Aus Imagegründen. Der Verlag, in dem ich arbeite, bietet auch für Arbeitsschutz usw. Literatur an. Stell Dir vor, da passiert ein schwerer Unfall in einem
    Betrieb, der mithilft, dass genau da nicht passieren soll. Also, was ich sagen kann ist, dass das vorbildlich gehandhabt wurde. da kann man wahrscheinlich nicht sagen "das ist leider Alltag". und es hängt auch mit den aktuellen Geschäftsführern zusammen, die das so genau nehmen. Andere vorher waren da nicht so, sonst wäre es ja gar nicht so weit gekommen.

    Ich glaube da ist ein Flecı̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̸̨̨̨̨̨̨k auf deinem Monitor …

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  • Danke für die Info. Ich finds genau so richtig.
    Der Imageverlust wäre aber nicht nur bei Euch hoch. Das ist allgemein so. Gut. Bei Euch käme das mit der Arbeitssicherheit noch oben drauf. Sehr schön, dass die Geschäftsführung da so drauf achtet. Dann steht sie auch hinter den MAn. Top :thumbup:

    Gruß

    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"

    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

  • Hallo erstmal und ein
    :wel2:
    aus OWL

    "Sei achtsam auf dem Weg zur Schicht, auf der Strasse schläft man nicht!"

    "Wenn es einen Weg gibt, es besser zu machen: finde ihn." Thomas Alva Edison (1847-1931)