...und zweitens als man denkt.
Moin,
bei uns steht in einem gesonderten Raum ein Aktenvernichter (Papierschredder) mit angeschlossener Ballenpresse (sh. Bild).
Ballenpresse.jpg
Auf dem weißen Kasten auf der rechtens Seite befindet sich der eigentliche Schredder (auf dem Bild nicht vorhanden). Im Betrieb der Maschine steht der Deckel der Ballenpresse offen, da das Schnittgut direkt in den Behälter der Presse fällt. Es ist nicht möglich, mit geschlossenen Deckel der Presse zu schreddern. Die Maschine versieht seit über dreißig Jahren tapfer ihren Dienst. Im Zuge des Ausmistens unseres Archives steht vermehrt zu vernichtendes Schriftgut an. Keine Arbeit, die den Kollegen wirklich Spaß macht. In der Regel jagen wir pro Woche so ca. 150kg - 200kg durch den Schredder.
In der momentanen Phase jedoch bis zur dreifachen Menge. Dabei entsteht naturgemäß auch Papierstaub. Die Kollegen wollten, dass die Entsorgung eine externe Firma übernimmt, bis der Berg abgearbeitet ist, was aber nicht zum Tragen kam. Just in diesem Moment begannen sie über Atemwegsreizungen zu klagen. Da ich die Befindlichkeiten ja immer ernst nehme, habe ich mich der der TAP der BG in Verbindung gesetzt, um eine Messung zu veranlassen. Einer der ersten Kommentare der TAP. "Das ist eher ein Kopfproblem als ein Gefahrstoffproblem, aber wir messen trotzdem".
Gesagt, getan. Messund stationär und personengebundene Probennahme. Jetzt ist das Messergebnis gekommen - Mehr als das Doppelte über dem allgemeinen Staubgrenzwert. Berücksichtigt man jetzt noch die mittlere Rohdichte von Papierstaub, fällt die Genzwertüberschreitung noch dramatischer aus. Also erste Massnahme: Expositionszeit beschränkt und den Kollegen in Abstimmung der Betriebsarzt, SiFa und BG Schutzmasken besorgt, da ich nicht innerhalb einer Woche eine neue Maschine kaufen oder komplett auf externe Vernichtung umstellen kann.
Jetzt geht natürlich die T-O-P Maschinerie ihren Gang.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung externe Entsorgung vs. Eigenentsorgung mit neuer Maschine oder alte Maschine mit effektiver Absaugung weiter betreiben. Gefährdungsbeurteilung anpassen usw. usw. Bevor ich in diesem Bereich eingestiegen bin, hätte ich jeden belächelt, der genau in dem Moment, wo die Arbeit mal richtig viel wird, nach Jahren, in denen er bei dieser Tätigkeit noch nie Probleme hatte, Atemwegsprobleme bekommt. Das Messergebnis hat mich eines besseren belehrt, und ich fühle mich wieder einmal bestätigt, dass man die Sorgen und Nöte der Kollegen ernst nehmen und ihnen nachgehen sollte, auch wenn man selbst das Geschilderte für relativ unwahrscheinlich hält. Auf alle Fälle ist es für mich mal wieder ein gutes Beispiel, wenn es darum geht, dass manche Mitarbeiter "immer übertreiben", "aus jeder Mücke einen Elefanten machen", "sich ja nur drücken wollen" und alle anderen netten Sprüche, die manchmal so abgelassen werden.
Gruß Frank