Vor drei Tagen sind 150 Menschen auf tragische Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Die Betroffenheit ist Landesweit sehr groß und die Sprachlosigkeit weicht langsam zurück.
Gestern rief mich ein verunsicherter Sicherheitsingenieur an. Unter den Todesopfern befand sich eine Mitarbeiterin. Der Tod der Mitarbeiterin hat im Unternehmer und in der Abteilung große Trauer bei den Kollegen und Hilflosigkeit hervorgerufen.
„Wie verhalten wir uns als Unternehmensleitung und SiFa richtig?“
„Wie gehen wir in dieser Situation mit der Familie der Verstorbenen um?“
„Wie kann ich als SiFa die Abteilung unterstützen?“… waren nur drei Fragen, die mir ihr Kollege stellte.
In meinem Arbeitsumfeld „Trauer am Arbeitsplatz“ begegne ich immer wieder der Situation, dass Unternehmen, die Führungskräfte und SiFa nicht auf Todesfälle vorbereitet sind. Unverständlich, weil jedes Jahr durchschnittlich 136.000 Menschen im berufsfähigen Alter versterben.
Erschreckend, dass der Vorstand der GermanWings vor der Kamera zugibt, nicht auf einen Flugzeugabsturz vorbereitet zu sein. Er begründet das mit der langen Zeit, in der es zu keinem Absturz kam. Der Lufthansa-Chef gibt leider kein besseres Bild ab. Am Beginn seiner ersten Stellungnahme geht er nicht auf die betroffenen Familien ein sondern sagt: „Das ist ein schwarzer Tag für die Lufthansa.“ Wen bitte, interessiert die Lufthansa? An so einem Tag sollte der erste Fokus auf die Verstorbenen und die Trauernden gerichtet sein.
Die meisten Stellungnahmen der Unternehmensleitung wurden aus der Unternehmens-Brille heraus kommentiert. Siehe aktuell die Website der Germanwings:
„Wir müssen leider bestätigen, dass Flug 4U9525 auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf über den französischen Alpen verunglückt ist. Es handelt sich um ein Flugzeug vom Typ A320. An Bord waren 144 Passagiere und 6 Crew-Mitglieder.Lufthansa und Germanwings haben Telefon-Hotlines geschaltet: Unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 11 33 55 77 (aus Deutschland) und +1 407 362 0632 (international) können sich Angehörige von Fluggästen melden und werden dort betreut.Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Germanwings und der Lufthansa sind in tiefer Betroffenheit mitihren Gedanken und Gebeten bei den Angehörigen und Freunden der Passagiere und Besatzungsmitglieder.“ Erst ganz am Ende kommt die Anteilnahme. Auf den Inhalt des letzten Satzes will ich gar nicht eingehen. Kein Mensch glaubt, dass jeder LH-Mitarbeiter in Gedanken und Gebeten Anteil nimmt.
Wertschätzung gegenüber den trauernden Angehörigen und professionelle Krisenkommunikation finde ich nicht.
Leider bewertet die Presse sehr reißerisch.
Als 56 Piloten und Co-Piloten sich am nächsten Tag nicht routinemäßig in ihren Flieger setzen wollen, wird geschrieben dass eventuell das Flugzeug nicht sicher sei. Kein Journalist stellt die Frage nach der Arbeitssicherheit, das Mitarbeiter trauern und dadurch eventuell Unkonzentriertheit herrschen könnte. In dieser Situation ist die Fürsorgepflicht des Arbeitsgebers gefordert.
Hilfe:
Bei Katastrophen dieser Größenordnung kommen Kriseninterventionsteams (KIT) zur Hilfe. Das KIT macht eine ganz wichtige und sehr gute Aufgabe. Sie sind sehr gut geschult und helfen in der Situation, wo es geht.
Als SiFa wissen Sie, dass das KIT nach drei Tagen geht und Sie mit der Situation alleine dastehen. Hier erlebe ich oft eine Überforderung der SiFa, eine Häufung von Krankschreibungen und eine Zunahme der Konflikte. Ist die SiFa emotional selber betroffen, kann es problematisch werden. Der Vorteil von KIT und externen Helfern liegt in der emotionalen Distanz.
Zurück zur verstorbenen Mitarbeiterin: Die Geschäftsleitung macht nach drei Tagen schon ersten Druck, wieder in die „Normalität“ zurück zu kommen.
Wie ist das Thema Krisenkommunikation und wertschätzende Kommunikation mit trauernden Kollegen/Kolleginnen in Ihrem Unternehmen geregelt?
Welche Maßnahmen sieht Ihr betriebliches Notfallmanagement bei Todesfällen im Mitarbeiterstamm vor?
Was sind Ihre Erfahrungen wenn Kollegen/Kolleginnen versterben?
Stille Grüße