Stressmanagement

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  • Moin,

    ich hatte heute eine Firma im Haus, die Stressmessungen anbietet und dabei mit einer Fingerstulpe und einer App am Smartphone anhand der Herzfrequenzvariabilität Stress misst. Die gemessenen Daten werden anonymisiert auf einem Server gesammelt. Die Messung erfolgt über zehn Wochen -im Idealfall täglich- und wird nach dem Messzeitraum ausgewertet. Begleitet wird das ganze von einem fünfzehnminütigen Coachinggespräch durch den Anbieter am Beginn des Messzeitraums und zwei halbstündigen Telefonaten während des Messzeitraums.

    Hat jemand von Euch so etwas im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements gemacht und Erfahrungen damit? Nach Auskunft des Anbieters ist natürlich alles toll und die Stressbelastung der Mitarbeiter sinkt signifikant (was wollen die auch anderes behaupten). Der Spass ist auch nicht ganz billig (in der Minimalvariante 169.--EUR pro Person, wenn der Probant ein eigenes Smartphone stellt).

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Hm,

    hört sich für mich sehr komisch an:

    Wie werden denn andere herzfrequenzbeeinflussende Faktoren ausgeschaltet, bzw zugeordnet?

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

  • ... die Stressbelastung der Mitarbeiter sinkt signifikant (was wollen die auch anderes behaupten).

    wie und warum soll das vor sich gehen?
    Eine Art von Bio-Feedback?
    Ich stelle mir eher eine Stresszunahme vor:
    zu wissen, das Körperfunktionen überwacht werden, halte ich für stressfördernd ... :wacko:

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
    "Geben Sie mir sechs Zeilen von der Hand des ehrenwertesten Mannes - und ich werde etwas darin finden, um ihn zu hängen." (Kardinal Richelieu)
    "Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

  • Moin,

    was mir dabei nicht klar ist: Wie kommen denn die Ergebnisse der Stressmessung und die möglichen Stress auslösenden Ursachen zusammen? Alleine festzustellen, dass jemand Stress hat, ohne zu wissen wodurch - was hab´ich denn davon?

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • ...mit einer Fingerstulpe und einer App am Smartphone anhand der Herzfrequenzvariabilität Stress misst....


    Ich seh schon, wie die Herzfrequenz der Sekretärin in die Höhe schnellt, da sie behindert durch die Fingerstulpe vom bewährten 10 Finger Tippsystem auf 2 Finger Adler Such Variante umstellen muss. Auch der Bauarbeiter zeigt unglaubliche Frequenzerhöhungen beim Zementsack schleppen.
    So aus der Ferne und ohne weitere Details zu kennen würde ich das Ganze in Richtung Esoterik sehen. Man kann daran glauben, aber meiner Meinung nach ist es Humbug, der nur der bequemen Geldbeschaffung über leichtgläubige Nutzer dient.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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  • Hi,

    ich kann mich auch nach längerem Nachdenken des Eindrucks nicht erwehren, dass hier jemand das schnelle Geld gewittert hat...
    Allerdings bräuchte es für eine definitive Beurteilung mehr Input in Bezug auf die genauen Rahmenbedingungen und Merkmale des Tests.
    Ich will nichts behaupten, gebe nur meinen persönlichen Eindruck wieder.

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

  • Moin,

    sorry, dass ich erst jetzt antworte, aber ich habe mit doch tatsächlich Freizeit gegönnt. 8) Die Mitarbeiter bekommen auf das Smartphone eine "Stress-App" und sollen selbstständig alleine einmal am Tag eine Messung durchführen. Dazu befestigen die Mitarbeiter einen Fingerclip und starten die App. Als erstes muss der Mitarbeiter eine Einschätzung abgeben: "Wie geht es Ihnen heute?" Von :thumbup: bis :cursing: in fünf Skalen abgestuft. Danach wird eine einminütige Messung durchgeführt, während dieser dem Mitarbeiter am Bildschirm angezeigt wird, wann er durch den Mund und wann durch die Nase zu atmen hat und dabei möglichst ruhig atmen soll.

    Nach Ablauf der Minute sieht der Mitarbeiter seine Herzfrequenzvariabilität und seinen Puls. Anhand der ausgegebenen Werte kann er in einer Tabelle ablesen, in welchem Maße er unter Stress steht. Ich habe mich natürlich sofort mal als Probant gemeldet, da ja auch Alter und Gewicht Einfluss auf die Herzfrequenzvariabilität haben. Trotz meiner völligen Tiefenentspannung wies meine Herzfrequenzvariabilität bei einem Puls von 70/min ein erhöhtes Stresspotenzial aus. Begleitend gibt es in den zehn Wochen, in denen gemessen wird, einen Online-Kurs, in dem Stressfaktoren erläutert und Stressabbaumethoden gelehrt werden. Nach Auskunft des Anbieters würden viele Mitarbeiter danach Gewohnheiten und Verhaltensmuster umstellen und die Stresswerte würden sich deutlich verbessern.

    Ich stehe der Sache relativ kritisch gegenüber, möchte aber nichts von Anfang an verteufeln, deswegen meine Frage, ob jemand mit so etwas schon Erfahrungen gemacht hat. Damit man sich in etwas eine Vorstellung machen kann: https://www.corporate-moove.de/produkt-baukas…stress-balance/ (Falls es nicht gestattet ist, den Links zu posten, nehme ich jede Verwarnung auf mich und gelobe Besserung. Es soll keine Werbung sein, sondern zur Verdeutlichung dienen).

    Zur Verdeutlichung: So sieht das Ding aus, dass an das Smartphone angeschlossen wird:

    Ich hoffe, ich konnte genügend Infos geben, damit jemand Infos zurückspielen kann.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Also ich kann immer noch keinen Zusammenhang zwischen Arbeit bzw. stresserzeugenden Ursachen und Stressmanagement erkennen.

    Ich habe zugegeben keine Erfahrungen auf diesem Gebiet, aber ein allgemeiner (um nicht zu sagen schwammiger) Ansatz, der nicht die speziellen Ursachen bekämpft wäre mir zu wenig.

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Die speziellen Ursachen würden dann in weiteren Coachinggesprächen zwischen den Probanten und dem Anbieter im Dialog ermittelt werden. Habe ich bereits erwähnt, dass diese Coachinggespräche kostenpflichtig wären? :whistling:

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • ... dass diese Coachinggespräche kostenpflichtig wären?

    also ist das Brimborium mit der Messung nur ein "Türöffner" ... :thumbdown:

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
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    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

  • ...und sollen selbstständig alleine einmal am Tag eine Messung durchführen....


    Mein Tipp, lass die Mitarbeiter das Ergebnis würfeln, es dürfte ähnlich aussagekräftig sein. Eine einmalige Messung am Tag bringt doch nichts. Dann womöglich noch jeden Tag zu einer anderen Zeit und schon hat man die ganze Streubreite der Möglichkeiten. Ich bin nicht der große Statistiker, aber dieses Messverfahren dürfte für die Tonne sein. Keinerlei Aussagekraft besitzen und reproduzierbar ist es auch nicht. Ich würde mal nach der Verfahrensvalidierung fragen. Ist keine vorhanden, dann taugt das System auch nichts.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • also ist das Brimborium mit der Messung nur ein "Türöffner" ... :thumbdown:

    Ja das geben sie auch unumwunden zu. Sie wollen nicht diese App verkaufen, sondern die Coaching- und Beratungsleistungen, um die Ursachen des "gemessenen Stress" zu finden und zu beseitigen, und damit wird dann richtig Geld verdient. Es ist ja nichts dagegen zu sagen, wenn für eine ordentliche Leistung ordentlich Geld bezahlt wird, deswegen fragte ich nach Erfahrungswerten.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • ... deswegen fragte ich nach Erfahrungswerten.

    ... diese habe ich nicht, aber dieser meiner Meinung nach pseudowissenschaftliche Ansatz würde mich zu dem Schluss kommen lassen, diesen Dienstleister mit einem bayerischen "Probier'n kann ma's und a bisserl was geht immer" ohne Auftrag rauszukomplimentieren.

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
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    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

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  • Wir haben es diplomatischer formuliert.

    :thumbup:

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
    "Geben Sie mir sechs Zeilen von der Hand des ehrenwertesten Mannes - und ich werde etwas darin finden, um ihn zu hängen." (Kardinal Richelieu)
    "Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

  • Ein äusserst fragwürdiger Versuch psychische Belastung messbar zu machen. Da hat wahrscheinlich jemand die Statisik mit den häufigsten Krankheiten gelesen und hat diese Nische für sich entdeckt.
    Will nichts schlecht machen, aber ich find´s ih. Bei übermässigem Stress wird wieder beim Mitarbeiter gewurschtelt anstatt das Arbeitssystem zu beleuchten. Der Fisch fängt immer am Kopf das Stinken an.

    Wer andern eine Bratwurst brät,
    der hat ein Bratwurstbratgerät

  • Moin,

    wenn sich ein Mitarbeiter mal selbst einschätzen und seine Arbeitsbedingungen beleuchten möchte, kann ich den Impulstest empfehlen. Wir haben das schon ein paar mal gemacht und die Ergebnisse waren richtig gut, da die Mitarbeiter meist sehr realistisch einschätzen können, wo organisatorische oder soziale Defizite im Arbeitsumfeld existieren. Das ganze ist kostenfrei und dauert nicht lange. Man erhält eine Matrix, die sowohl den subjektiven IST-Zustand des Mitarbeiters als auch den Wunschzustand darstellt. Es ist nicht die eierlegende Wollmilchsau, aber man kann daraus schon einige Punkte ableiten, an denen man ansetzen kann oder sollte.

    Ich nutze es auch als Ergänzung für die Gefährdungsbeurteilung im Bereich psychische Belastungen, organisatorisches und soziales Umfeld.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • wenn sich ein Mitarbeiter mal selbst einschätzen und seine Arbeitsbedingungen beleuchten möchte, kann ich den Impulstest empfehlen

    Der IMPULS-Test ist ein sehr guter und verhaltenspräventiv orientierter Test. Allerdings wird er vorwiegend als anonymisierte Mitarbeiterbefragung eingesetzt, die von einem Organisationspsychologen ausgewertet werden sollte. Die Arbeitnehmervertretung muss bei der ganzen Mitarbeiterbefragung mitwirken. (Sie hat nämlich im Arbeitsschutz nicht nur ein Mitbestimmungsrecht, sondern eine Mitbestimmungspflicht.)

    ich hatte heute eine Firma im Haus, die Stressmessungen anbietet und dabei mit einer Fingerstulpe und einer App am Smartphone anhand der Herzfrequenzvariabilität Stress misst.

    Haarsträubend. Was sagt denn hier die Arbeitnehmervertretung dazu? Wenn sie kompetent ist, sollte sich die Begeisterung bei Betriebs- und Personalräten in Grenzen halten. Der Arbeitsschutz untersucht keine Arbeitnehmer, sondern Arbeitsplätze. Man kann allerdings durchaus der Verhaltensprävention dienende Tests (z.B. der WAI) in Mitarbeiterbefragungen (z.B. zusätzlich zum IMPULS-Test, dem COPSOQ usw.) einsetzen, wenn das anonym passiert. Die Mitarbeiter sind dann gewissermaßen "Sensoren" für die auf sie wirkenden Belastungen. Ich rate keinem Mitarbeiter, sich mit nicht wirklich vom Arbeitgeber unabhängigen Leuten über persönliche Daten zu unterhalten, die mit "Stressmessungen" oder "Arbeitsfähigkeitstests" (WAI) gewonnen wurden.


    Es gibt Testverfahren wie Sand am Meer.
    Es kann schon ein ziemlicher Stress sein, da etwas auszusuchen :-). Auch darum kann ich den Hinweis auf den IMPULS-Test unterstützen. Den COPSOQ hatte ich erwähnt, weil er eine gute überbetriebliche Vergleichbarkeit bietet.