In einem Betrieb führt der Betriebsrat eine eigene Vorfallsstatistik. Dabei gibt es Vorfälle, die für den Betriebsrat als Muster für gleichartige Vorfälle dienen, die der Betriebsrat bei ihrem Auftreten automatisch als Fehlbelastung erfasst.
Beispiel für eine arbeitsbedingte generische psychische Fehlbelastung, die während eines Zeitraum von drei Monaten ausschließlich aus dem Verantwortungs- und Handlungebereich des Arbeitgebers heraus auf einen in dessen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wirkte.
Ungerechtfertigte Abmahnung als Fehlbelastung.
Fallbeschreibung:
Ein Mitarbeiter wurde im Betrieb yyyyy vom Leiter der Personalabteilung abgemahnt. Nachdem der Mitarbeiter eine Klage androhte, zog der Arbeitgeber die Abmahnung zurück, da sie sich als gegenstandlos erwies. Der Fall wurde damit zwar arbeitsvertragsrechtlich abgeschlossen, nicht jedoch arbeitsschutzrechtlich.
Die Abmahnung enthielt die folgende Kündigungsdrohung:
„Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt haben. [...] Wir fordern Sie hiermit ausdrücklich auf, das oben geschilderte Verhalten zukünftig zu unterlassen und Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zu erfüllen. Im Fall einer Wiederholung des in dieser Abmahnung gerügten Verhaltens behalten wir uns vor, Ihr Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß, gegebenenfalls sogar außerordentlich fristlos, zu kündigen. [...]“
Diese Drohung wirkte auf den Mitarbeiter über einen Zeitraum von drei Monaten.
Das Gremium des Betriebsrats des xxxxx-Betriebes yyyyy fasste den folgenden Beschluss:
»Der Betriebsrat setzt sich dafür ein, dass die Leitung des Betriebes yyyyy Vorfälle, die dem oben beschriebenen Vorfall gleichen, wie folgt kategorisiert, dokumentiert und in der Arbeitsschutz-Statistik erfasst.
- Gemäß Arbeitsschutzvorschriften: „Arbeitsbedingte psychische Fehlbelastung“
- Gemäß Selbstverpflichtung der Betriebsleitung nach OHSAS 18001:2007: „Arbeitsbezogenes Ereignis, das eine Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) zur Folge hätte haben können. (Erkrankung: Erkennbarer, nachteiliger physischer oder mentaler Zustand, der durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation hervorgerufen und/oder verschlechtert wurde.)“«
Das ist ein Beispiel für die Beispiele die ich suche. (Der Code in der o.g. Tabelle wäre dann 1.2.2.1., wobei wohl auch noch 1.2.2.2 möglich wäre, aber dazu hat sich dieser Betriebsrat nicht geäußert.) Ich hatte es hier im Forum schon einmal beschrieben, aber mich interessiert, ob es in anderen Betrieben ähnlich eindeutige psychische Fehlbelastungen gab.
Dieses Abmahnungs-Beispiel ist deswegen interessant, weil eine Abmahnung die zweitschärfste Maßnahme ist, die ein Arbeitgeber legitim gegen einen Arbeitnehmer ergreifen kann (mit der Kündigung als schärfster Maßnahme). Das ist eine massive psychische Belastung. Entsprechend ist eine - sagen wir mal - versehentlich erteilte Abmahnung eine psychische Fehlbelastung. Außerdem kann hier der Arbeitgeber nicht auf außerbetriebliche Anteile der psychischen Fehlbelastung verweisen. Dieser Fall ist aus meiner Sicht also sehr gut als Beispiel (und als "Testsignal") für ein Arbeitsschutzmanagementsystem geeignet.
Alles Beste
achtzehntausendeins