Beiträge von achtzehntausendeins

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    2017


    Noch ein Durchgang: Auch beim DIN kann man ans "Einsprecher" mitwirken, z.B. bei der DIN ISO 45001, die oft als Nachfolger von OHSAS 18001 dargestellt wird.


    Sie dürfen den Entwurf bis 2017-07-05 auch auch in Deutschland als “Einsprecher” kommentieren, z.B. um Verbesserungen zu bewirken.


    Wer noch nicht registriert ist, kann sich vorher kostenlos registrieren lassen und dann Einsprecher werden, um damit die Urheberrechte für Einsprüche an das DIN abzutreten. Dazu kann man ein Formular anfordern, seine zwei Seiten ausdrucken und es dann per Post unterschrieben an den DIN e.V. zurücksenden.


    In https://www.din.de/de/mitwirken/entwuerfe/ne-stellung/wdc-beuth:din21:273150856!full-text geht es zum Text des Standards mit Kommentiermöglichkeiten.

    Wird eine GB einfach "übergestülpt", dann erkennt sich der MA in Teilbereichen sicherlich wieder. Einiges ist richtig, wird so akzeptiert, anderes gefällt weniger.

    In vielen Fällen ist es gerade nicht das Ziel, dass sich ein MA in der GB wiedererkennt, denn sie oder er ist ja nicht Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung.


    Konkretes Beispiel: Nach der Zusammenlegung zweier Firmen werden die Produktabkündigungsprozesse beider Unternehmen zusammengeführt. Der Prozess der einen Firma wird eingestellt, bevor der neue Prozess läuft. Deswegen müssen einige Aufgaben (bei denen Fehler zu hohen Haftungsansprüche seitens der Kunden führen können) vorübergehend "manuell" erledigt werden, also immer noch am Bildschirm, aber mit Excel und Outlook statt mit dem nicht mehr zur Verfügung stehenden Mitteilungs-Verteilungstool.


    Weil es keine Abschätzung des Arbeitsaufwandes gibt, fordert der Betriebsrat auf Bitte eines Mitarbeiters eine Gefährdungsbeurteilung für den Übergangsprozess. Es stellt sich heraus, dass der für den Übegangsprozess verantwortliche Top-Manager sich überhaupt nicht für die durch seine Entscheidung verursachte Arbeitsbelastung interessiert hat sondern das Kostensparen und das Einhalten von Terminen für ihn die Priorität hat. Auch die von ihm verursachten versteckten Kosten sah er nicht (weil Andere sie tragen mussten). Hier lag u.a. ein fahrlässiger Verstoß gegen die Bildschirmarbeitsverordnung vor.


    In der dann erstellten Gefährdungsbeurteilung erkennen sich weder der beschwerdeführende Mitarbeiter noch der Top-Manager wieder, denn das ist nicht die Aufgabe der Gefährdungsbeurteilung. Nicht Leute kommen auf die Couch, sondern Arbeitsplätze (Aufgaben, Arbeitsbedingungen usw.). Die Gefährdungsbeurteilung war dann eine Grundlage für Maßnahmen zur Senkung der psychischen Fehlbelastungen. Als Maßnahme wurde die Vorbereitung von Abkündigungsmitteilungen (Zusammenführung mehrerer Daten und Erstellung eines Anschreibens) an eine Hilfskraft vergeben. Der zuvor fehlbelastete Mitarbeiter überprüfte das fertiggestellte Mitteilungspaket, und die Hifskraft verschickte die Mitteilungspakete dann in einer Weise, die die für spätere Reklamationen erforderliche Nachvollziehbarkeit gewährleistete.


    Die Gefährdungsbeurteilung war in diesem Fall im Grunde nichts andere als die ordentliche Beschreibung des Übergangsprozesses, wie sie eigentlich hätte erfolgen müssen, bevor der Prozess operativ wurde. Die Arbeitsschutzmaßnahme bestand eigentlich nur darin, dass nachgeholt wurde, was bei ordentlicher Planung ohnehin hätte gemacht werden müssen.


    Hier hat die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleitete Arbeitsschutzmaßnahmen nicht nur einem Mitarbeiter geholfen, sondern einen risikobehafteten Verwaltungsprozess auch in der Übergangsphase sicherer und effizienter gemacht. Dafür, dass der Betriebsrat die Gefährdungsbeurteilung und die Maßnahmenableitung in diesem Fall vorangetrieben hatte, hat sich das Unternehmen allerdings nicht bedankt.


    Zum Ausgangspunkt zurück: in der ganzen Angelegenheit war die psychische Verfasstheit des betroffenen Mitarbeiters kein Thema, denn allein die Betrachtung des ursprünglich zusammengefrickelten Übergangsprozesses hatte gereicht,eine psychische Fehlbelastung (als Eigenschaft der Aufgabe und nicht des Mitarbeiters) zu erkennen und abzustellen. Es entstanden also gar keine personenbezogenen Daten. Folglich gab es für Datenschützer hier nichts zu tun.

    ... Ich habe mit der in meinem Praktikumsbetrieb tätigen hauptamtlichen Sifa und dem Abteilungsleiter der Sicherheit intensiv darüber diskutiert. Beide sehen das ebenfalls "äußerst problematisch", da überhaupt Fakten zu sammeln und in der Vorausschauenden, ablauforientierten Gefährdungsbeurteilung zu verwenden.
    Außerdem sind die beiden genannten Herren der Meinung, dass gesundheitliche Vorschäden/Beeinträchtigungen nicht als individuelle Leistungsvoraussetzungen zu berücksichtigen sind. Was ich mal in Frage und zur Diskussion stelle ...

    Wenn bei der Gefährdungsbeurteilung die von dem Arbeitsplatz ausgehend auf irgendeinen Mitarbeiter wirkenden Belastungen beurteilt werden, dann werden damit keinerlei Persönlichkeitsrechte beeinträchtigt.


    Der nächste Schritt ist dann, die Voraussetzungen zu beschreiben, die irgendein Mitarbeiter mitbringen muss, um nicht gefährdet zu werden.


    Beide Schritte kann man gehen, ohne von den drei MAs personenbezogene Daten zu erfassen. Bei diszipiniertem Vorgehen kann man die drei MA aber als Fachleute für die Beschreibung ihres Arbeitsplatzes an der Gefährdungsbeurteilung mitwirken lassen.


    Es besteht aber durchaus die Gefahr, dass ein Gefährdungsbeurteiler "persönlich" wird. Zu beschreiben, wie man das vermeidet, kann den Praktikumsbericht besonders interessant machen.


    Viel Erfolg,
    achtzehntausendeins

    ... Wenn sich allerdings MA jaemmerlich ueber psychische Faktoren beklagen, sollten sie auch bereit sein, zur Aufklärung und Verbesserung beizutragen. ...


    Ach ja, diese weinerlichen Mitarbeiter...


    Nehmen wir einmal die Situation, dass sich die MA nicht "jämmerlich beklagen" sondern schlicht die Vermeidung von psychischen und physischen Fehlbelastungen erwarten. Das ist ja ohnehin vorgeschrieben. Zumindest in großen Betrieben ist eine verhältnispräventiv orientierte Befragung (z.B. COPSOQ) kein Problem, denn es werden Arbeitsplätze beurteilt, und nicht Leute. Bei guter Anonymisierung kann man sogar einen verhaltensorientierten Test wie den WAI verhältnispräventiv einsetzen, ohne dass sich die Mitarbeiter Sorgen machen müssen.


    Wer eine Befragung unterlässt oder abbläst, weil die Mitarbeiter sie nicht akzeptieren, die/der kann dann wohl nicht richtig mit den inzwischen reichlich vorhandenen Befragungsverfahren umgehen. Dafür kann man die Mitarbeiter aber nicht verantwortlich machen.


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins

    Mal ganz einfach gefragt wer brauch diesen ganzen Aufwand, es kostet iel Geld und bewirkt nichts.
    Es wird viel guter Baumbestand für das Papier das bedruckt wird verbraucht und in meinen Augen viel zuviel Geld zum Fenster rausgeworfen, dass an anderen Stellen besser eingesetzt werden könnte.


    Aber das ist meine Meinung

    Das Argumentemuster mit dem Baumbestand ist ja nicht ganz unbekannt, klingt aber anscheinend doch noch immer wieder cool. Übrigens: Heute geht's inzwischen überwiegend auch ohne Papier.


    Aus meiner Erfahrung: Z.B. OHSAS 18001 erzeugt zunächst Aufwand, die disziplinierte Umsetzung hilft dann aber, Streit zu vermeiden. Der Standard erwies sich insbesondere für den Betriebsrat als wichtiges Instrument, denn er schafft eine gemeinsame und gut strukturierte Basis für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung im Arbeitsschutz. Und wenn der Betriebsrat Mitglieder hat, die auditbefähigt sind, dann kann er auch schon einmal Feststellungen der behördlichen Aufsicht und der Zertifizierungsauditoren in Frage stellen. Die haben inzwischen zwar auch im Bereich der psychischen Belastungen Kompetenz aufgebaut, sind aber in dem Konfliktfeld, in dem auch engagierte Aufsichtspersonen und Prüfer arbeiten müssen, ziemlich überlastet.


    Im konkreten Fall hatte der Betriebsrat noch vor einigen Jahren keine Ahnung von AMS-Standards. Nach einer Beschwerde des Betriebsrates verwies das Unternehmen auf sein OHSAS 18001 Zertifikat, das bestätigen sollte, dass das Arbeitsschutzmanagementsystem in Ordnung sei. Das war der Auslöser für den Betriebsrat, einmal genauer hinzusehen. Er machte sich also schlau und konnte dann sogar eine Auditüberprüfung veranlassen, nachdem sich gezeigt hatte, dass der CAB (und auch die internen Auditoren) einen wichtigen Mangel jahrelang übersehen hatten. Anschließend konnten mit den Kenntnissen des Betriebsrates Verbesserungen erreicht werden, die er ohne OHSAS 18001 nicht hätten erreichen können.


    Ich stimme Dir zu, in den meisten Fällen ist die AMS-Zertifizierung vor allem ein gutes Geschäft für die CABs. Gerne wird hier dann doch auch mal ein Papier ausgedruckt: Das Zertifikat als Wanddekoration. Wenn die Arbeitnehmervertreter aber Kompetenz im Umgang mit einem AMS erwerben, dann können AMS-Standards sehr hilfreich sein. (Was hilfreich ist, hängt allerdings wohl auch von den verschiedenen Interessenlagen in einem Betrieb ab.) Es ist gut für Betriebsräte, Prozesse und Maßstäbe anwenden zu können, auf die sich der Arbeitgeber selbst verpflichtet hat.


    Grüße zum Wochenende,
    achtzehnteusendeins

    Ein Mitarbeiter allein, soll beurteilt werde?
    ...
    Die Persönlichkeit des einzelnen, seine Wehwehchen und Lebendseinstellungen sollte anonym bleiben.


    Trotzdem kann man auch bei einem einzelnen MA etwas tun: [Liste von arbeitsbedingungsbezogenen Faktoren folgt]

    Ja, das ist der Punkt. Zumindest der gesetzliche Arbeitsschutz verlangt ja überhaupt keine Beurteilung des Mitarbeiters, sondern es geht um die Beurteilung des Arbeitsplatzes (der Arbeitsbedingungen.)


    Grüße,
    achtzehntausendeins


    PS: Mir ist schon klar, dass die diesen Thread einleitende Frage nicht mehr aktuell ist.

    Frage an die Community:


    Wer hat hier hilfreiche Ideen oder konkrete Erfahrungen?
    Wie lassen sich BDSG & ArbSchG miteinander vereinbahren?

    • Im gesetzlichen Arbeitsschutz kommen die Arbeitsplätze auf die Couch, nicht die Mitarbeiter.
    • Der wirksamste Datenschutz ist die Vermeidung von schützenswerten Daten.

    BDSG & ArbSchG lassen sich durch eine saubere Trennung von Verhältnisprävention (nicht personenbezogen) und Verhaltensprävention vermeiden. Psychische Belastungen wirken ausgehend von Arbeitsplätzen und Arbeitsbedingungen auf die Arbeitnehmner. Man kann die Beurteilung in einen Teil trennen, der keine personenbezogene Daten enthält und - wenn's unbedingt sein muss - einen anderen Teil, der personenbezogene Daten enthält.


    Oft werden Daten zu von den Arbeitsbedingungen ausgehend auf die Mitarbeiter wirkenden psychischen Belastung so dokumentiert, dass darin auch Daten enthalten sind, die aus datenschutzrechtlicher Sicht schützenswert sind. Leider ist das nicht unbedingt ein Versehen, sondern Absicht: Gerne wird die eher organisationspsychologisch orientierte Verhältnisprävention mir der eher individualpsychologisch orientierten Verhaltensprävention verquirlt, um dann den Datenschutz dafür zu instrumentalisieren, die psychischen Belastungen im Betrieb so wenig transparent wie möglich darstellen zu können. Damit kann es auch den Betriebsräten schwerer gemacht werden, auf diese Daten zugreifen zu können. (Wer Betriebsräten schlechte Absichten unterstellt, hat gegen solche Taktiken natürlich nichts einzuwenden.)


    Mit gutem Willen kann man auch das BDSG und das ArbSchG sehr gut miteinander vereinbaren.


    Grüße,
    achtzehntausendeins

    Ausgangslage:
    ...
    Der Betriebsrat hat unmissverständlich die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen insbesondere über psychische Überbelastungen vorangetrieben, weil er mehr Personal herausschlagen möchte. Dieses Jahr wird wieder gewählt!


    ...

    Der Betriebsrat erfüllt hier seine gesetzlichen Pflichten. Hast Du irgentwelche Belege für das, was Du hier dem Betriebsrat unterstellst?


    Grüße,
    achtzehntausendeins

    Bei der Aufsicht von Zertifizierern (CABs = Conformity Assessment Bodies) müssen die Aufsichtspersonen der DAkkS überlegen, wit welchen Stellen sie in Konflikt geraten können. Sie werden zum Einen bestrebt sein, Konflikte mit der eigene Geschäftsführung (BDI, BWMi, z.T. auch drei Länder) zu vermeiden; zum Anderen sind insbesondere auch die großen die CABs einflussreich genug, zu kritische Aufsichtspersonen bei der DAkkS und in den eigenen Reihen unter Druck setzen zu können. Die CABs müssen ja auch auf die Kontinuität ihres Geschäfts achten in einem Wettbewerb, in dem sich die sie bezahlenden Unternehmen vermutlich nicht die strengsten CABs aussuchen. Die Arbeitnehmer (im Arbeitsschutz die eigentlichen Stakeholder) sind dagegen keine zahlenden Kunden der CABs.


    Nach meinem Eindruck auditieren CABs insbesondere in Großbetrieben sehr milde. Beispiel: Beschweren sich Arbeitnehmer bzw. deren Vertreter bei der DAkkS, dass eine von den Arbeitnehmern festgestelle Abweichung von OHSAS 18001:2007 im AMS ihres Betriebes vom CAB bei Rezertifizierungs-Audits nicht als Abweichung eingestuft wird (oder z.B. dass der CAB, ohne dafür akkreditiert zu sein, Feststellungen zu Aufgaben des Arbeitsschutzes trifft, die nicht im AMS eingeordnet sind sondern angeblich vom Arbeitgeber außerhalb des AMS erledigt werden), dann ist dieser Konflikt mit den Arbeitnehmern für die DAkkS (und für die CABs) möglicherweise erträglicher, als wenn der auditierte Betrieb dem CAB wegen zu kritischer Audits Ärger bereiten könnte. Sind Audits dem Unternehmer zu kritisch, dann kann er ja mehr oder weniger subtil damit drohen, sich für die Zukunft einen zurückhaltenderen CAB zu suchen.


    Nach meinem Eindruck ist der Respekt der DAkkS und der CABs vor Großunternehmen (z.B. DAX-Unternehmen) in Deutschland besonders ausgeprägt. Der Respekt scheint zumindest größer zu sein, als der Respekt, den die DAkkS und CABs gegenüber den Arbeitnehmern und ihren Vertretern aufbringen. Sind mit Blick auf die Zusammensetzung der Geschäftsführung der DAkkS und hinsichtlich der Wettbewerbsbedingungen für die CABs die Durchführungen kritischer Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen in wirtschaftlich und politisch einflussreichen Großunternehmen eher unwahrscheinlich? Habe wir im Zertifizierungsgeschäft ein grundsätzliches strukturelles Problem?


    Was meint Ihr?


    Mit den besten Grüßen,
    achtzehntausendeins

    ... bei unserem letzten OHSAS Audit wurde bemängelt, dass wir nicht für jeden Unfall / Vorfall eine Vorfalluntersuchung durchführen - dies wird nach OHSAS Kapitel 4.5.3.1 gefordert. ...

    Hallo EHS-Mann,


    Ich antworte ein bisschen spät. Entschuldigung.


    Das Bemängeln ist interessant. Es scheint tatsächlich ernsthafte Auditoren zu geben ;)


    In einem mir bekannten Betrieb mit mehreren 1000 Leuten gibt es im Bereich der psychischen Belastungen überhaupt keine Vorfallsbeurteilungen. Dabei gab es zum Beispiel Abmahnungen, die sich auch aus Sicht des Arbeitgebers als irrtümlich erteilt erwiesen. Nachdem über mehrere Jahre hinweg darüber diskutiert wuerde, ob solche auch aus Arbeitgebersicht ungerechtfertigten Abmahnungen psychische Fehlbelastungen seien, erklärte die Gewerbeaufsicht: "Eine ungerechtfertigte Abmahnung kann auf Seiten des Mitarbeiters zu einer Fehlbeanspruchung führen." Da nun Fehlbeanspruchungen die Folge von Fehlbelastungen sind, und Fehlbelastungen Mitarbeiter gesundheitsverschlechternd fehlbeanspruchen können, lagen also Vorfälle vor, die mindestens zu Erkrankungen hätten führen können und darum erfasst und bewertet werden müssten. Aber selbst solche eindeutigen und einfach identifizierbaren psychischen Fehlbelastungen wollte der Arbeitgeber nicht dokumentieren.


    Im Arbeitsschutz von nach OHSAS 18001 zertifizierten Betrieben gibt es ableitbar aus den Begriffsdefinitionen 3.8 (Erkrankung) und 3.9 (Vorfall) zwölf Arten von Vorfällen. Vier davon wirkenn psychisch fehlbeanspruchend, sind also psychische Fehlbelastungen. Das sind Vorfälle, die …
    … eine mentale Erkrankung zur Folge hatten,
    … eine Verschlechterung einer mentalen Erkrankung zur Folge hatten,
    … eine mentale Erkrankung hätten zur Folge haben können,
    … eine Verschlechterung einer mentalen Erkrankung hätten zur Folge haben können.


    Bei so vielen Leuten ist es selbst bei bestem Willen des Arbeitgebers nicht möglich, mental (psychisch, psychosozial usw.) fehlbelastensde Vorfälle zu vermeiden. Es gibt dafür auch nicht die erforderlichen Beurteilungsverfahren. Sowohl den externen wie auch die internen Auditoren kümmert das überhaupt nicht. Was würde sagt Euer gestrenger Auditor dazu sagen?


    Übrigens, wenn der Committy Draft 2 für die Norm ISO 45001 so übernommen wird, wie er bis Ende März 2016 zur Diskussion stand, würde eine Kategorisierung von Vorfällen wie bei OHSAS 18001:2007 auch möglich sein. Schöner wäre es natürlich, man käme hier mit gesundem Menschenverstand und ohne Wortklauberei aus, aber im Konfliktfall (und vielleicht insbesondere in Großbetrieben) muss dann doch in einen Standard geguckt werden, der mit sauberen Begriffsbestimmungen Mißverständnisse vermeidet.


    Trotz ISO 45001:2016 (oder ISO 45001:2017?) lohnt es sich vielleicht doch noch, sich OHSAS 18002:2008 anzuschaffen. Das ist OHSAS 18001:2007 mit Hilfen zur Umsetzung. Die sind auch bei der Vorfallsuntersuchung nützlicht.


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins

    Dann informiere hier doch auch mal! Zumindest ungefähr, denn die Beurteilung psychischer Belastungen ist ja nicht unbedingt einfach. Da geht der Schuß leicht nach hinten los; das geht bis zur empfindlichen Störung des Betriebsfriedens. Gute - erprobte oder bewährte - Handlungshilfen sind angesichts dieser Brisanz des Themas natürlich sehr wertvoll.


    Gruß Michael

    Hallo Michael,


    Du sprichst da ein interessantes Thema an. Wie könnten die empfindlichen Störungen des Betriebsfriedens aussehen? Was empfindest Du (wie ich übrigens auch) als "brisant"?


    Alles Beste,
    achtzehntausenseins

    Hallo nordlichtaucher,


    Gibt es ein mitbestimmtes Verfahren zur Beurteilung sowohl psychischer wie physischer Gefährdungen, des für die Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze bzw. der Arbeitsbedingungen der betreffenden Mitarbeiter zum Einsatz kam? Die Betriebsärztin kann diese Aufgabe nicht übernehmen.


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins

    Hallo,
    es existiert von Prof. Prümper eine freigegebene englische KFZA Übersetzung, aber nicht öffentlich zugänglich. Nur gegen Lizenzgebühr von der bao GMbH. Am besten da mal direkt hinwenden. Die erstellen dann ein entsprechendes Angebot bei Bedarf. www.bao.de

    Hallo maxi,


    In http://www.baua.de/de/Informat…x.html?idDatarecord=82529 ist die Kurzbeschreibung des KFZA.


    Ich weiß von guten Erfahrungen mit dem österreichischen IMPULS-Test. In dem Betrieb, in dem er verwendet wurde, wird er aber aus Lizenzgründen nicht mehr eingesetzt. Das Besondere an dem Test, die Mitarbeiter können gewichten, welche Fragen ihnen wichtig sind. Gibt es Probleme bei Themen, die die Mitarbeiter als nicht so wichtig empfinden (das kann Betriebs- und Branchenbedingt unterschiedlich sein), dann hat das Problem auch keinen hohen Stellenwert.


    Gute Erfahrungen gibt es auch mit dem COPSOQ. Der Test ist mein Favorit. Es müsste ihn in vielen europäischen Sprachen geben: http://www.baua.de/SiteGlobals…hEngineQueryString=COPSOQ - darin insbesondere http://www.baua.de/de/Informat…x.html?idDatarecord=82515



    Wichtig ist, dass solche Tests Verfahren der Verhältnisprävention und nicht der Verhaltenstprävention sind. As Screeningtest geht der COPSOQ (wie auch der KFZE) nicht so in die Tiefe, aber man muss den Aufwand ja nicht übertreiben. Der Fragebogen ist kostenfrei erhältlich. Es gibt - glaube ich - sogar in den Statistischen Landesämtern Stellen, die bei der Auswertung helfen. Vielleicht hilft auch die Gewerbeaufsicht. Fragen schadet nicht, denn die kriegen dann gleich mit, dass sich ein Betrieb um das Thema kümmert.


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins

    Der Standard ISO 45001 für Arbeitsschutzmanagementsysteme wird oft als internationaler Nachfolger der britisches Standards OHSAS 18001 beschrieben.


    Im Jahr 2015 stand der zweite Committee Draft (CD2) des Standards ISO 45001 der Diskussion zur Verfügung. Der erste Entwurf aus dem Jahr 2014 wurde von den Gewerkschaften abgelehnt. ISO 45001 wird wohl als einer der am heftigsten diskutierten Normenvorschläge in die Geschichte der ISO Normenentwicklung eingehen.


    Bis Ende März 2016 steht nun der Draft International Standard (DIS) zur Diskussion (auf Englisch). Darin (Abs. 3.18) gibt es jetzt doch eine Begriffsbestimmung für "ill health", die auch nachteilige mentale Zustände erfasst. (In den beiden Committee Drafts fehlte diese Begriffsbestimmung noch.) Auch die Mitbestimmung ist klarer definiert (Abs. 3.4).


    Link: https://drafts.bsigroup.com/Home/Details/55801

    Wie vertraulich ist die Liste der im Betrieb erfassten Vorfälle in der Zusammenarbeit zwischen Sifa und Betriebsrat? Klar, wenn Personen betroffen sind, dann gibt es zu schützende Daten. Aber Betriebsräte gehen ohnehin mit solchen Daten um, z.B. im Personalausschuss. Sie sind haben entsprechende Verpflichtungen.


    Gibt es Beispiele zur Zusammenarbeit zwischen Sifas und Betriebsräte im Umgang mit Vorfallslisten?


    Gibt es Besonderheiten bei Vorfällen im Bereich psychischer Fehlbelastungen?


    Alles Beste,
    achtzehntausendeins




    PS: Auch wenn ich's schon an anderer Stelle im Forum gepostet habe, zeige ich hier noch einmal zwölf Kategorien für Vorfälle, die sich aus Abs. 3.8 (Erkrankung) und 3.9 (Vorfall) in OHSAS 18001:2007 ableiten lassen.


    Vorfall: Arbeitsbezogenes Ereignis oder arbeitspezogene Ereignisse, das/die
    ※ eine Verletzung
    ※ oder Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere)
    ※ oder einen tödlichen Unfall
    zur Folge hatte(n) oder hätte(n) zur Folge haben können.


    Erkrankung (engl.: "ill health"): Erkennbarer, nachteiliger
    ※ physischer oder
    ※ mentaler
    Zustand, der durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation
    ※ hervorgerufen und/oder
    ※ verschlechtert
    wurde.



    Ableitung von zwölf Arten von Vorfällen aus den beiden Begriffsdefinitionen:


    Vorfall, der …
    1.1.1.1 … eine körperliche Erkrankung zur Folge hatte
    1.1.1.2 … eine Verschlechterung einer körperlichen Erkrankung zur Folge hatte
    1.1.2.1 … eine körperliche Erkrankung hätte zur Folge haben können
    1.1.2.2 … eine Verschlechterung einer körperlichen Erkrankung hätte zur Folge haben können
    1.2.1.1 … eine mentale Erkrankung zur Folge hatte
    1.2.1.2 … eine Verschlechterung einer mentalen Erkrankung zur Folge hatte
    1.2.2.1 … eine mentale Erkrankung hätte zur Folge haben können
    1.2.2.2 … eine Verschlechterung einer mentalen Erkrankung hätte zur Folge haben können
    2._.1._ … eine Verletzung zur Folge hatte
    2._.2._ … eine Verletzung hätte zur Folge haben können
    3._.1._ … einen tödlichen Unfall zur Folge hatte
    3._.2._ … einen tödlichen Unfall hätte zur Folge haben können

    ... "Die Auswahl der Auditoren und die Audit-Durchführung(en) müssen Objektivität gewährleisten und die Unparteilichkeit des Auditprozesses sicherstellen" ...

    Der Satz müsste eigentlich auch möglich machen, dass man intern Unabhängigkeit durch eine gezielte Gegensätzlichkeit sichert: Zusammen mit einem arbeitgeberseitigen Arbeitsschutzakteur als internem Auditor auditiert noch ein Betriebsratsmitglied mit, die/der als interner Auditor (ISO 19011) für OHSAS 18001:2007 (und später die ISO 45001) ausgebildet wurde. Der Auditbericht wird auch gemeinsam erstellt.


    Beste Grüße,
    achtzehntausendeins

    In einem Betrieb führt der Betriebsrat eine eigene Vorfallsstatistik. Dabei gibt es Vorfälle, die für den Betriebsrat als Muster für gleichartige Vorfälle dienen, die der Betriebsrat bei ihrem Auftreten automatisch als Fehlbelastung erfasst.



    Beispiel für eine arbeitsbedingte generische psychische Fehlbelastung, die während eines Zeitraum von drei Monaten ausschließlich aus dem Verantwortungs- und Handlungebereich des Arbeitgebers heraus auf einen in dessen Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer wirkte.


    Ungerechtfertigte Abmahnung als Fehlbelastung.

    Fallbeschreibung:


    Ein Mitarbeiter wurde im Betrieb yyyyy vom Leiter der Personalabteilung abgemahnt. Nachdem der Mitarbeiter eine Klage androhte, zog der Arbeitgeber die Abmahnung zurück, da sie sich als gegenstandlos erwies. Der Fall wurde damit zwar arbeitsvertragsrechtlich abgeschlossen, nicht jedoch arbeitsschutzrechtlich.
    Die Abmahnung enthielt die folgende Kündigungsdrohung:
    „Zu unserem Bedauern mussten wir feststellen, dass Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt haben. [...] Wir fordern Sie hiermit ausdrücklich auf, das oben geschilderte Verhalten zukünftig zu unterlassen und Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zu erfüllen. Im Fall einer Wiederholung des in dieser Abmahnung gerügten Verhaltens behalten wir uns vor, Ihr Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß, gegebenenfalls sogar außerordentlich fristlos, zu kündigen. [...]“
    Diese Drohung wirkte auf den Mitarbeiter über einen Zeitraum von drei Monaten.


    Das Gremium des Betriebsrats des xxxxx-Betriebes yyyyy fasste den folgenden Beschluss:
    »Der Betriebsrat setzt sich dafür ein, dass die Leitung des Betriebes yyyyy Vorfälle, die dem oben beschriebenen Vorfall gleichen, wie folgt kategorisiert, dokumentiert und in der Arbeitsschutz-Statistik erfasst.

    • Gemäß Arbeitsschutzvorschriften: „Arbeitsbedingte psychische Fehlbelastung“
    • Gemäß Selbstverpflichtung der Betriebsleitung nach OHSAS 18001:2007: „Arbeitsbezogenes Ereignis, das eine Erkrankung (ohne Berücksichtigung der Schwere) zur Folge hätte haben können. (Erkrankung: Erkennbarer, nachteiliger physischer oder mentaler Zustand, der durch eine Arbeitstätigkeit und/oder durch eine Arbeitssituation hervorgerufen und/oder verschlechtert wurde.)“«


    Das ist ein Beispiel für die Beispiele die ich suche. (Der Code in der o.g. Tabelle wäre dann 1.2.2.1., wobei wohl auch noch 1.2.2.2 möglich wäre, aber dazu hat sich dieser Betriebsrat nicht geäußert.) Ich hatte es hier im Forum schon einmal beschrieben, aber mich interessiert, ob es in anderen Betrieben ähnlich eindeutige psychische Fehlbelastungen gab.


    Dieses Abmahnungs-Beispiel ist deswegen interessant, weil eine Abmahnung die zweitschärfste Maßnahme ist, die ein Arbeitgeber legitim gegen einen Arbeitnehmer ergreifen kann (mit der Kündigung als schärfster Maßnahme). Das ist eine massive psychische Belastung. Entsprechend ist eine - sagen wir mal - versehentlich erteilte Abmahnung eine psychische Fehlbelastung. Außerdem kann hier der Arbeitgeber nicht auf außerbetriebliche Anteile der psychischen Fehlbelastung verweisen. Dieser Fall ist aus meiner Sicht also sehr gut als Beispiel (und als "Testsignal") für ein Arbeitsschutzmanagementsystem geeignet.



    Alles Beste
    achtzehntausendeins