Seperate Gefährdungsbeurteilung auf Baustelle von größeren Projekten

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  • Hallo an alle,

    ich habe folgende Frage. Bei größeren Projekten bzw. Baustellen soll der Mitarbeiter bzw. Monteur eine seperate Gefährdungsbeurteilung durchführen hinsichtlich der Gefahren. Die Beurteilung habe ich sehr einfach gehalten. Am Ende muss er bestätigen, dass er die Baustelle auf alle Gefährdungen hin geprüft hat.

    Jetzt könnte natürlich eine Gefährdung bestehen wo der Mitarbeiter nicht unterwiesen wurde. Wir haben zu allen Gefährdungen Betriebsanweisungen erstellt die für jeden Mitarbeiter auf einem internen Server zugänglich ist. Gesetz diesem Fall habe ich noch ein Satz hinzugefügt:

    "Sollten Gefährdungen vorhanden sein, zu denen die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter nicht unterwiesen wurde, hat sie/er sich vor Arbeitsbeginn anhand der auf dem ISO-Server hinterlegten Betriebsanweisungen selbst unterwiesen".

    Ist dies so zulässig? Die jährlichen Unterweisungen werden selbstverständlich durchgeführt. Man kann jetzt ja nicht vor jeder Baustelle eine komplette mündliche und schriftliche Unterweisung durchführen. Es ist bis jetzt auch nicht vorgekommen, da unsere umfangreich unterwiesen werden. Es kann ja aber mal sein.

    Ich freue mich auf eure Antworten.

    LG

    Ramazan

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  • Meiner Interpretation von § 12 ArbSchG folgend ist eine Selbstunterweisung nicht möglich. Dort steht explizit "Der Arbeitgeber hat [...] zu unterweisen."

    Außerdem:

    Zitat

    In der DGUV Information 211-005 "Unterweisung - Bestandteile des betrieblichen Arbeitsschutzes" ist erläutert, dass die Unterweisung neben der Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten auch die Aspekte der Motivation und der Mitarbeiterführung umfasst. Mit einer Unterweisung, die ausschließlich auf Infoblättern beruht, kann dieses nicht erreicht werden.

    Insbesondere die Gefahrstoffverordnung und die Biostoffverordnung fordern zudem explizit, dass Unterweisungen mündlich und arbeitsplatzbezogen durchzuführen sind. Infoblätter können dabei als ergänzende bzw. unterstützende Hilfsmittel eingesetzt werden.

    KomNet - Ist das Erstellen von Infoblättern als Einweisung für den jeweiligen Bereich ausreichend? (nrw.de)

  • Selbst unterweisen geht nicht, wie bereits erwähnt. Aber selbst informieren geht natürlich schon. In sofern kann man da etwas abdecken. Bei größeren Baustellen müsste es eigentlich einen SiGe-Plan geben und auch einen SiGeKo. Von daher dürfte die Situation nie eintreten, dass zu einer Gefährdung keine Unterweisung erfolgt ist, zumindest in der Theorie. ;)

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • ArbSchG §16

    (1) Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.


    ... da steht nichts von "eigenständig sich mal eben selbst unterweisen und gut ist..."

    Aber was könnte denn vorkommen und der MA wäre komplett alleine gelassen und müsste mittels GBU selbst entscheiden?

    UFO-Absturz mit Austritt unbekannter Gefahrenstoffe - Arbeit einstellen...

    Da kommt ein zwielichtiger Typ und möchte in der Baugrube noch 1-2 Fässer mit Radioaktivsymbol unterbringen- Arbeit einstellen...

    Plötzlich - über Nacht - fehlt die Hälfte des Gerüstes - Arbeit einstellen...

    Er baggert im Erdreich und findet eine Leitung, die da nicht hingehört - Arbeit einstellen...

    Beste Grüße aus Mainz

    E.weline

    Versicherung der Unsicherheit ist Sicherheit.

    Hanspeter Rigs (*1955), Dr. phil., deutscher Philosoph und Aphoristiker

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  • Wenn ich das hier mal zuspitzen darf:

    Das ist wieder mal das gute, alte "Schwarzer Peter" Spiel.

    Alle Beteiligten (bis auf den Werker, der am unteren Ende der Nahrungskette mit großen, runden Augen das herannahende Unheil anstarrt), versuchen sich mit einer "rechtssicheren" Spur aus Papier von eventueller Haftung zu befreien.

    Ich habe die Aussgen vor den Ermittlungsbehörden schon vor meinem inneren Ohr:

    "Der Verunfallte hatte den schriftlichen Auftrag, sich über die von uns nicht vorhergesehenen Gefahren zu informieren und sich zu unterweisen. Er hat unterschrieben, dass er die Baustelle auf alle Gefährdungen untersucht hat. Wenn er das nicht gemacht hat, ist er's halt selbst schuld, dass er tot ist! Er hätte jederzeit mit seinem Smartphone auf den ISO Server zugreifen und sich anhand der dort hinterlegten Betriebsanweisungen unterweisen können und er hätte erkennen müssen, dass diese Arbeit so nicht hätte ausgeführt werden dürfen."

    Sorry, ich mach den Job jetzt seit 20 Jahren - inklusive einem Arbeitsunfall mit zwei Toten und zwei Schwerverletzten (einer davon ein Feuerwehrmann beim Rettungsversuch) und bei sowas kommt bei mir ein gewisses Unwohlsein auf. (Um die Formulierung "Ich könnt' kotzen" zu vermeiden.)

    Es ist die Aufgabe und Verantwortung der Führungskräfte das Risiko für die Beschäftigten auf einem akzeptablen Niveau zu halten.

    Dafür müssen sie wissen was passieren könnte und geeignete Schutzmaßnahmen ableiten und umsetzen.

    Wir als Sifas unterstützen sie dabei und müssen bei groben Verstößen gegen elementare Sicherheitsmaßnahmen auch handeln - wann und was und was externe Sifas tun können und was interne ist eine andere Diskussion.

    Also: Wenn die Leute immer nur Trockenbau in Bürogebäuden machen kann man sie alleine laufen lassen. Da reicht eine pars pro toto Gefährdungsbeurteilung plus BAs und Unterweisung, wo bei einer neuen Baustelle eine neue Adresse draufgeschrieben wird

    Wenn die Leute in der Schwefelsäure-Spaltanlage neben einem Teilchenbeschleuniger Wartungsarbeiten durchführen, müssen FK und Sifa sehr genau hinschauen und eindeutige Vorgaben machen.

    Wenn das nach bestem Wissen und Gewissen geschehen ist und das Restrisiko sich trotzdem verwirklicht: Dann hat sich zumindest niemand etwas vorzuwerfen.

    Und wenn das dem Arbeitgeber zu teuer oder zu umständlich ist: Ich würde niemandem empfehlen, das Alibi für den Arbeitgeber sein, dass das alles so mit der Sifa abgestimmt war....

  • Ihr meckert wieder und ich komm mit der praktikablen Lösung... ;)

    Ich hab das nämlich im Zuge der Betreuung eines Unternehmens der BG ETEM (DARF ICH, bevor einer fragt)... Und auch noch mit Rücksprache mit der BG.

    Passt mal auf....

    Ich betreue drei Unternehmen die in der Solarbranche unterwegs sind. Die planen und bauen auf Einfamilienhäusern, Hallen, etc. Solaranlagen und bauen die auch ein.

    Es bestehen mehrere Gefährdungsbeurteilungen. Für die AS Organisation, das Büro, den Aussendienst, Arbeitsmittel und auch für den Aufenthalt und die Tätigkeit auf der Baustelle. Grundlage hierfür war die DGUV I 209-080. Dort wurde alles generell betrachtet.

    Dass jede Baustelle unterschiedlich ist, und auch mal Lösungen vor Ort gefunden werden müssen, ist aber nunmal logisch.

    Und da kommt jetzt das hier

    Gefährdungsbeurteilung Bau- und Montagestelle

    Gefährdungsbeurteilung Bau-/Montagestelle — medien.bgetem.de - BG ETEM Medienportal

    zum Tragen. Das ist eine Kurzgefährdungsbeurteilungschecklistendings was auf jeder Baustelle vom Polier bzw. Bauleiter VOR Aufnahme der Tätigkeiten ausgefüllt wird. dort wird auf baustellenspezigische Gefährdungen, und die entsprechenden Maßnahmen hingewiesen. Auf der Rückseite ist der Unterweisungsnachweis zu finden, den die Poliere dann in einer Baustellenbesprechung mit ihren Mannen (und Frauen) durchgehen.

    Selbstverständlich hat die GF ihre Poliere/Bauleiter und die Beschäftigten im Rahmen der jährlichen Sicherheitsunterweisung fit gemacht, was den Umgang, die Gefährdungen etc. angeht. Und auch deren Verantwortung.

    Ich kann nur sagen; das funktioniert einwandfrei...

    In diesem Sinne...


    Ergänzung...

    Das gibts auch als App... oder man kann das Ding am Bildschirm ausfüllen..

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    Irgendwann gehe ich zur BG und lasse mir den Arbeitsschutz als Berufskrankheit anerkennen...

    Wisst ihr was das Schlimmste ist? Wenn nicht.. .klickt hier ....

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    Mike

  • Selbstverständlich hat die GF ihre Poliere/Bauleiter und die Beschäftigten im Rahmen der jährlichen Sicherheitsunterweisung fit gemacht, was den Umgang, die Gefährdungen etc. angeht. Und auch deren Verantwortung.

    Das ist bemerkenswert!

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.

  • Hi,

    genau so habe ich es mir auch gedacht. Habe mir auch schon die App angesehen was die ergänzende Gefährdungsbeurteilung angeht. Die ist ja echt praktisch, da alle unsere Techniker ein Firmen Smartphone haben.

    Es geht ja nur darum einmal die Baustelle durchzugehen. Und mir Baustelle meine ich jetzt nicht eine ganze. WIr beschäftigen uns mit dem Einbau von Einbruchmeldeanlagen. Das was die Techniker machen ist meistens Leitungen verlegen und Kameras montieren. Hierzu gehört natürlich auch das Arbeiten mit Hebebühnen. Die gehen nicht an elektrische Unterverteilungen oder sonst was. Das machen dann nur die Techniker die auch einen E-Schein haben bei Bedarf.

    Daher sehe ich die genau wie du, die Ergänzende GFB durch die Techniker als bedenkenlos. Natülich werde ich sofort kontaktiert, falls die vor Ort mit Gefährdungen zu tun haben, wo Sie nicht wissen, wie Sie sich verhalten sollen.

    Alle haben alle bei Bedarf benötigeten PSA im FIrmenwagen. Ich schreibe nur so ausführlich, damit die User hier wissen worum es eigentlich geht. Ich denke diese Informationen haben gefehlt.

    VIelen Dank für die zahlreichen Antworten. Ob positiv oder negativ.

    Toll dass es dieses Forum gibt.

    In diesem Sinne.

    MFG

    R.Özel

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