Fallen Hausmeistertätigkeiten unter die Biostoffverordnung?

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  • Guten Tag, liebe SiFa-Gemeinde!

    Ein Hausmeister in unserer Einrichtung ist im Rahmen seiner Tätigkeit hin und wieder auch mit der Reparatur von defekten Toiletten, verstopften Abflüssen etc. beschäftigt. Er ist der Auffassung, dass er dafür eine Hepatitis-Schutzimpfung benötigt. Die Vorgesetzte sieht das anders und verweigert die Kostenübernahme. Jetzt ist meine Meinung gefragt und ich möchte mich gern fachlich mit euch abstimmen, ob ich den Fall richtig bewerte.

    Ich erkenne im § 6 (1) BioStoffV keine Zuordnung der Hausmeistertätigkeit zu einer Schutzstufe, denn es handelt sich um gelegentliche Reparaturen, nicht um eine regelmäßige Tätigkeit. Deshalb müsste Satz 3 des Absatzes zutreffen: "Zu diesen Tätigkeiten gehören beispielsweise Reinigungs- und Sanierungsarbeiten, Tätigkeiten in der Veterinärmedizin, der Land-, Forst-, Abwasser- und Abfallwirtschaft sowie in Biogasanlagen und Schlachtbetrieben."

    Deshalb ist nach meiner Beurteilung hier keine Impfung erforderlich und die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (PSA) reichen aus. Oder gibt es diesbezüglich andere Hinweise oder praktische Umsetzungen? Ich bin noch neu als SiFa und möchte einfach richtig handeln.

    Vielen Dank für Hinweise und Tipps!

    Holger

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  • Moin Holger,

    nimm den Betriebsarzt mit ins Boot. Zum einen ist es sein Job zu sagen, was nötig oder nicht ist und zum anderen kann er sicherlich das Umfeld direkt begutachten - zusätzlich zu einer GB.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo,
    ich würde eher der Meinung des Hausmeisters Recht geben. :)
    Die Biostoffverordnung als solche gibt keine konkrete Aussage zu Impfangeboten, sondern die ArbMedVV.

    Dass eine Gefährdung durch die Verstopfungen besteht wurde ja bereits zweifelsfrei festgestellt
    Je nach Umfang der Arbeiten besteht möglicherweise eine Pflichtvorsorge mindestens jedoch eine Angebotsvorsorge beim Umgang mit biologischen Gefahren (hier Körperausscheidungen, Fäkalien u.ä.).
    Hierzu ist die ArbMedVV Anhang, Teil 2 (1) bzw. (2) heranzuziehen. Hepatitis A und Hepatitis B sind als impräventabel gekennzeichnet.
    Im Rahmen dieser Vorsorge hatte eigentlich der BA (wie Waldmann erwähnte) ein entsprechendes Impfangebot zu unterbreiten, welches der Hausmeister annehmen kann - oder auch nicht......

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Hi,

    würde das denn auch für Mitarbeiter gelten die die Sanitäranlagen reinigen?

    Gruß Michael

    "Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft."

    Werner v. Siemens, Berlin 1880

  • Moin,
    ich würde BGI 586 (DGUV Information 250-002) zu Rate ziehen.
    Zitat daraus: Bei nur sporadischem Abwasserkontakt, z.B. bei Sanitärinstallation mit gelegentlichen
    Service-, Wartungs-, Instandsetzungs-, Reparaturarbeiten im Abwasserbereich
    von Einzelanlagen (Verstopfungen), bei Reinigungsarbeiten von Toiletten ohne
    besondere epidemiologische Besonderheiten, ist in der Regel nicht fortwährend mit
    der Möglichkeit des Auftretens von HAV zu rechnen (geringe Expositionswahrscheinlichkeit).
    Somit wären diese Tätigkeiten der Schutzstufe 1 nach der Biostoffverordnung
    zuzuordnen, das Befolgen und Einhalten der Hygieneregeln nach TRBA 500 ist ausreichend.
    Eine arbeitsmedizinische Vorsorge einschließlich Impfangebot ist nicht erforderlich.

    Allerdings ist der Weg über den Betriebsarzt sicher der Richtige. Eine Hepatitis B Impfung ist aus meiner Sicht nicht nötig.

    Gruß
    Moritz

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  • Hallo,
    was entscheidend ist, genau wie beim Hausmeister, ist die Häufigkeit des möglichen Kontaktes.
    Wenn der Hausmeister "täglich" Verstopfungen beseitigt ist die Gefährdung höher, wie die "tägliche" Reinigung durch Reinigungspersonal, nur als Beispiel genannt.
    Vor Novellierung der ArbMedVV hätte ich ganz klar gesagt: sporadischer Kontakt bei Reinigungspersonal, geringe Gefährdung nach BioStoffV, also:
    bei Reinigungsarbeiten von Toiletten ohne besondere epidemiologische Besonderheiten, ist in der Regel nicht fortwährend mit der Möglichkeit des Auftretens
    von HAV zu rechnen (geringe Expositionswahrscheinlichkeit).Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe, TRBA 500 „Allgemeine Hygienemaßnahmen; Mindestanforderungen" ist ausreichend.
    Wir unterbreiten Hausmeister ein Impfangebot, den Reinigungskräften in Krankenhäusern und Kitas ebenfalls - Reinigungskräften in bspw. der Verwaltung nicht.

    Anmerkung:
    früher war das Impfangebot nicht in der ArbMedVV, da wäre die BGI als Handlungshilfe wohl richtig. Leider hat die BGI, genau wie BGV dem Inhalt der ArbMedVV nichts entgegen zusetzen.

    ich hänge mals die zugehörige AMR bei, diese könnte hilfreich sein:

  • Moin MTSA,
    du hast natürlich recht, die ArbMedVV ist maßgeblich. Allerdings ist hier dann auch Anhang 1 Teil 2 ausschlaggebend.
    Zur Pflichtvorsorge finde ich da nichts. Für die Angebotsvorsorge gilt:
    "gezielten Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 2 der Biostoffverordnung und nicht gezielten Tätigkeiten, die der Schutzstufe 2 der Biostoffverordnung zuzuordnen sind oder für die eine vergleichbare Gefährdung besteht, es sei denn, nach der Gefährdungsbeurteilung und auf Grund der getroffenen Schutzmaßnahmen ist nicht von einer Infektionsgefährdung auszugehen"
    Und da kommt jetzt meiner Meinung nach die BGI ins Spiel, mit der man seine Gefährdungsbeurteilung entsprechend unterfüttern kann. Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wo sich die BGI und die ArbMedVV da wiedersprechen. Falls ich was übersehen hab klär mich bitte auf!
    Allerdings würde ich wie gesagt, das ganze Paket zum Arbeitsmediziner schieben, da der Mitarbeiter dem Onkel Doktor im Zweifelsfall eher glaubt als dir.

  • Hallo,
    grundsätzlich - gleiche Meinung:
    Der BA hat hier seine Aufgaben zu erfüllen.

    Ein Widerspruch gibt es dahin gehend, dass wenn eine Gefährdung besteht bzw. nicht ausgeschlossen ist, was beim Hausmesiter und einer mit Fäkalien überquillende Toilette der Fall ist, muss gemäß ArbMedVV eine Angebotsvorsorge unterbreitet werden und weil möglicherweise eine Impfung hilfreich ist, ist diese dem Beschäftigten "anzubieten".
    Die Impfungen waren nicht Bestandteil der Vorgängerversion. Die BGI hingegen spricht von Angebots- und Pflichtuntersuchungen, was es wiederum in der ArbMedVV nicht mehr gibt.
    Ob die Untersuchung (nach ArbMedVV!) erfolgt entscheidet der Proband. Ebenso gibt die BGI relativ konkrete Tätigkeiten an wie z.B. Reparatur, Instandhaltung u.ä. die ArbMedVV nicht.
    Grundlage der ArbMedVV ist eine entsprechend durchgeführte Gefährdungsbeurteilung.
    Fazit:
    Gefährdung wohl vorhanden, wenn auch keine Details vom Einsender bekannt sind - also BA hinzuziehen und die Sache gemäß Regelwerk und Schutzziel für den Beschäftigten betrachten.

    @disc24: ein Beispiel wie es aufgearbeitet werden kann :thumbup:

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

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  • Moin,
    sehe ich auch so, dass wir einer Meinung sind.
    Allerdings waren mMn Impfungen auch schon in der alten ArbMedVV vorgesehen:
    "2. nicht gezielten Tätigkeiten der Schutzstufe 4 der Biostoffverordnung oder mit den in nachfolgender Tabelle genannten biologischen Arbeitsstoffen in den in Spalte 2 bezeichneten Bereichen unter den Expositionsbedingungen der Spalte 3. Bei biologischen Arbeitsstoffen, die in nachfolgender Tabelle als impfpräventabel gekennzeichnet sind, hat der Arbeitgeber zu veranlassen, dass im Rahmen der Pflichtuntersuchung nach entsprechender ärztlicher Beratung ein Impfangebot unterbreitet wird."
    Nachzulesen in der Synopse hier (Seite 18 )
    Es hat sich also eigentlich nichts geändert.
    Das in der angegebenen BGI noch vom Untersuchungen anstatt von Vorsorge geschrieben wird liegt offensichtlich daran, dass diese noch der alten Terminologie folgt (du übrigens auch :D ). Nichtsdestotrotz steht in der Impfempfehlung, dass eine Impfung erfolgen soll, wenn eine erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber der Allgemeinbevölkerung vorhanden ist. Da sich die BGI genau damit auseinandersetzt und sinnvollerweise auch konkrete Tätigkeiten nennt, würde ich diese weiterhin für wertvoll halten.

    Gruß Moritz

  • ok da sind wie uns ja relativ einig.

    Wobei ich keineswegs die alte Terminologie verwende.
    Wenn ich von Untersuchunge nach ArbMedVV spreche, bezieht sich dies natürlich auf die vom BA empfohlene: "Durchführung körperlicher oder klinischer Untersuchungen....." gemäß ArbMedVV.
    Die Durchführung bzw. Duldung hatten wir bereits angesprochen.

    Wie Du richtig beschrieben hast lag früher die Impfung im Bereich der Schutzstufe 4 der BioStoffV und HEUTE:
    Die Impfangebote werden in den Paragrafenteil überführt und auf alle Vorsorgekategorien ausgedehnt. - und das ist die Neuregulierung.
    Aber gut, ich denke, dass Holger mit diesen Informationen die Angelegenheit professionell angehen kann und seinen definierten Fall bewerten kann.

    Gruß
    AL_MTSA

    Sicherheit schaffen ist besser als Vorsicht fordern.
    Ernst Gniza (1910 – 2007),

  • Auch wenn es zum Thema selbst vielleicht nicht mehr zielführend ist:
    Auch bei der alten ArbMedVV ist eine Untersuchung/Impfung bei Angebotsuntersuchungen vorgesehen gewesen (Seite 22 Synopse), die Anlässe hierfür sind unverändert geblieben. Die Impfangebote die jetzt im Paragraphenteil stehen sind weitestgehend unverändert aus dem Anhang der alten "alten" übernommen worden (ab Seite 29). Eine Neuregulierung kann ich nicht erkennen.
    Ich denke also wirklich nicht, dass die "neue" (so neu ist sie ja inzwischen auch nicht mehr) ArbMedVV beim Thema Impfen etwas ändert.

    Gruß Moritz

    P.S.
    Bei der Untersuchung hatte ich mich verlesen, entschuldige!

  • Von mir ein klares ja, das heißt eine GBU ist zu erstellen. Ob dabei aber Hanlungsbedarf abzuleiten ist hängt vom Klientel ab, das die Anlage benutzt.
    Aber wie schon geschrieben wurde, am Besten den BA mit ins Boot holen.

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

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  • Alternativ kann der Hausmeister die Impfung auch über seinen Hausarzt durchführen lassen und bei vielen gesetzlichen Krankenkassen als entsprechende Kassenleistung abrechnen, sofern der Arzt dies nicht als Reiseimpfung deklariert.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.