Arbeitsmedizin auf Abruf

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  • Servus zusammen,

    habe da eine Frage.
    Für ein Unternehmen mit knapp 80 Mitarbeitern muss ein Arbeitsmediziner bestellt werden. Entsprechende Angebote wurden eingeholt, Stundenumfang liegt bei ca. 65 Std., Kostenpunkt bei ca. 6000,- € jährlich.
    Dies ist dem Unternehmen (Behinderteneinrichtung) jedoch zuviel und nun stellt sich die Frage, ob entsprechende Leistungen und Vorsorgen (es geht vornehmlich um die G25 und G37) nicht auch ohne vertragliche Bindung an einen Arbeitsmediziner geleistet werden können? Hat da jemand Erfahrung oder Ideen?

    Danke im Voraus

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  • Hallo,

    damit liegen wir bei ca. 90 € / Stunde.
    Abzüglich von dem, was der Arbeitgeber des Betriebsarztes verlangt (sind ja oft Firmen), bleiben ihm wie viel? 60 € / Stunde? Hinzu kommt Anfahrt, etc.
    Er braucht als Betriebsarzt aber zusätzlich zum Studium der Medizin noch eine Zusatzqualifikation.
    Wenn man das liest, braucht man sich eigentlich nicht wundern, dass es immer schwieriger wird, Betriebsärzte zu finden.

    just my 2 cents

    Viele Grüße,
    Hawkeye

    ...diese Beitrag wurde digital erstellt und ist ohne Unterschrift gültig 8)

  • Vertrag genau lesen!

    Oft entstehen enorme Zusatzkosten durch Anfahrt und Untersuchung. Die ca. 65 Stunden werden oft verkauft als Betreuung für Erstellung GBU, mitwirken ASA und so weiter. Die Untersuchungen sind dort häufig nicht mit im Preis.


    Das Betriebsmediziner so schwer zu finden sind, hat mit Sicherheit viele andere Gründe. Einer wäre dort, häufig muss man zum „Patient“, welcher Arzt macht das schon. Die Zusatzqualifikation, denn neben dem Studium brauche ich meine Zeit als Assistenzarzt und dann kann ich erst Betriebsmediziner werden. Häufig sind das mit Studium, Berufserfahrung etc. beginnt ein sehr guter BA mit Studium erst knapp nach 13 14 Jahren damit Geld zu verdienen.

    :bremse:

  • Hi barn,

    ernsthaft, über den Preis beschwert sich jemand? Da ist es in der Tat kein Wunder, das es schwierig ist Betriebsärzte zu finden.

    Ich denke um die vertragliche Bindung kommt ihr nicht drumrum. Wie sagt das ASIG:
    " § 2 Bestellung von Betriebsärzten
    (1) Der Arbeitgeber hat Betriebsärzte schriftlich zu bestellen....." So steht es auch in der DGUV 2

    Ich verstehe auch nicht ganz welchen Vorteil ihr euch erhofft wenn ihr keine vertragliche Bindung zum Betriebsarzt habt. Der Umfang der Betreuung kann ja nicht ganz frei gewählt werden. Mal abgesehen davon, beschränkt sich der Einsatz des Betriebsarztes ja nicht auf das reine Untersuchungsprogramm. Was ist mit der Teilnahme am ASA oder mit Betriebsbegehungen oderoderoder...

    Jetzt etwas abseits vom eigentlichen Thema:

    Die G25 hat mit Vorsorge im Sinne der ArbmedVV nichts zu tun, es ist eine Eignungsuntersuchung. Was die Vorsorgeanlässe angeht ist die Liste der ArbmedVV abschließend und da werden die Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten mit keinem Wort erwähnt

    Grundsätzlich sollte man sich allmählich von den BG-Grundsätzen verabschieden, denn wie schreibt schon das BMAS:
    "Die Grundsätze der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e. V. (sogenannte „G-Grundsätze“) sind keine verbindliche Rechtsgrundlage. Die G-Grundsätze unterscheiden derzeit nicht zwischen arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungsuntersuchungen. Sie enthalten regelmäßig ein breites Spektrum an Untersuchungen. Der Betriebsarzt muss deshalb im Einzelfall entscheiden, welche Untersuchungen für eine gute individuelle Aufklärung und Beratung des Beschäftigten angezeigt sind. Die Prüfung umfasst auch die diagnostische Aussagekraft und die Bewertung von Nutzen und Risiken der Untersuchungen. Das gilt besonders für Untersuchungen, die mit erheblichen Eingriffen für die Beschäftigten verbunden sind, wie zum Beispiel Röntgenuntersuchungen. (Quelle: BMAS )


    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hallo,

    bis zu 100€/Std. ist akzeptabel.

    Die Grundbetreuungszeit gehört zu 20% dem Betriebsarzt. Dazu kommen Angebotsuntersuchungen und ähnliches. Das ist das, was die DGUV vorschreibt.

    Vielleicht sollte sich die Einrichtung einen Alibi-Arzt suchen, der nur auf dem Papier existiert und auch den Rest bleiben lassen. Ist ja eh zu teuer und bringt nix.

    Ignoranten. :cursing:

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

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  • Danke für die Antworten!

    Wenn es nach mir ginge würde die Sache auch anders aussehen und wie üblicherweise vorgesehen, ein AM bestellt.
    Nur leider darf ich nur beraten und keine Entscheidungen treffen, da ich nicht der Geldgeber bin.

    Grundsätzlich ist die Einrichtung ja gewillt etwas zu tun, aber wie es halt nunmal so oft ist,...nicht mehr als nötig und so günstig wie möglich! Und an dieser Stelle will man halt sparen...

  • Vollkommen verständlich! Problem, wie ich finde, da stehen Stunden und jeder fragt sich wofür, warum, wieso? Dem Auftraggeber fehlt oft das Verständnis warum zahle ich z.B. 65 Stunden für 6000 EURO und warum sind die Untersuchung, so kenne ich es, noch separat zu zahlen.

    Häufig habe ich erlebt, was auch zu Unmut führte, da werden 40 oder 50 Stunden Betriebsmedizin abgerechnet, aber niemand erkennt wofür. Das ist ein heikles Thema leider.

    :bremse:

  • Nur leider darf ich nur beraten und keine Entscheidungen treffen, da ich nicht der Geldgeber bin. .

    Du kannst sie aber auch dahingehend beraten das es nicht möglich ist sich den Arbeitsmediziner einzusparen.

    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Servus zusammen,

    habe da eine Frage.
    Für ein Unternehmen mit knapp 80 Mitarbeitern muss ein Arbeitsmediziner bestellt werden. Entsprechende Angebote wurden eingeholt, Stundenumfang liegt bei ca. 65 Std., Kostenpunkt bei ca. 6000,- € jährlich.
    Dies ist dem Unternehmen (Behinderteneinrichtung) jedoch zuviel und nun stellt sich die Frage, ob entsprechende Leistungen und Vorsorgen (es geht vornehmlich um die G25 und G37) nicht auch ohne vertragliche Bindung an einen Arbeitsmediziner geleistet werden können? Hat da jemand Erfahrung oder Ideen?

    Danke im Voraus

    Das Problem ist eigentlich nicht so schlimm wie es aussieht. Wir hatten beim vorherigen Dienstleister auch einen Vertrag, bei dem wir den Betreuungsumfang vorher ermittelt hatten, aber leider vertraglich auch eine Abnahmeverpflichtung hatten. Das heißt - egal welche Änderungen sich ergeben haben, mussten wir den erstmals ermittelten Beetreuungsaufwand zahlen, egal ob der Betriebsarzt tätig war oder nicht. Jetzt haben wir es so gelöst, dass wir einen pauschalen Stundensatz vereinbart haben und eine Pauchale für Untersuchungen. Damit fahren beide Seiten gut. Die meisten Untersuchungen sind ja Vorsorgeuntersuchungen, die als Angebot laufen und von den Beschäftigten nicht angenommen werden müssen. Ergo bleibt dann mehr Betreuungszeit für die Auswahl von PSA, den Bereich Gefahrstoffe, Hautschutz, Sonnenschutz, Organisation, Suchtberatung usw. usw.

    Es ist ja im Allgemeinen nicht so, dass es an Betätigungsfeldern fehlt. Gibt es weniger Untersuchungen, gibt es mehr Spielraum für andere Baustellen. Ist der Betriebsarzt pro Termin acht Stunden bei Euch, reden wir von acht Terminen im Jahr, d.h. pro Monat nicht einmal einen Termin. Ein Stundensatz von 90.--EUR ist für einen Betriebsarzt nicht wirklich viel. Was wollen wir? Eine gesetzliche Vorgabe erfüllen oder gesunde Beschäftigte? Eine Vorsorge für einen Beschäftigten dauert in der Regeln maximal eine Stunde. Dafür sind 90.--EUR zu berappen. Der Ausfall eines Beschäftigten wird pro Tag je nach BG zwischen 380.--EUR und 700.--EUR angesetzt. Es ist ein einfaches Rechenbeispiel, und das sollte auch jeder verstehen.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

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  • Zur fragwürdigen Abrechnungspraxis einiger arbeitsmedizinischer Dienstleister muss man in meinen Augen nicht mehr viel sagen, aber auch im Bereich Arbeitssicherheit gibt es etliche schwarze Schafe. Das Problem was die Arbeitsmedizin hat ist in meinen Augen zum einen ein Imageproblem (gilt für viele als "langweiliges" Fach), zum anderen schlägt auch der allgemeine Ärztemangel hier durch. Hinzu kommt noch der Umstand, dass sich einige Dienstleister über Jahre einen Preiskamp nach unten geliefert haben, was die Verdienstmöglichkeiten der Ärzte - im Wettbewerb mit den anderen Fachgebieten - deutlich beschränkt hat. Vermutlich hätte die Arbeitssicherheit das gleiche Problem, wäre die SiFa Tätigkeit auf Ingenieure beschränkt.

    Zum Thema "Arbeitsmedizin auf Abruf": Unabhängig davon, dass so etwas bei 80 Mitarbeitern rechtlich gar nicht möglich ist, läuft der Betrieb auch Gefahr, dass ohne festes Betreuungsverhältnis bei Bedarf kein Arzt verfügbar ist. Die Betriebe im "Unternehmermodell" können ein Lied davon singen. Und ich praktiziere es in meiner Praxis auch so: Zu erst werden die Vertragskunden bedient, wenn dann noch zufällig Termine frei sind auch "Laufkundschaft", sonst nicht. Hinzu kommt, dass im Zeitalter von ArbMedVV und AMRs eine arbeitsmedizinische Vorsorge ohne Kenntnis des Betriebes/Arbeitsplatzes eigentlich gar nicht mehr durchgeführt werden sollte.
    Und auch bei Eignungsuntersuchungen ist eine Kenntnis des Arbeitsplatzes eigentlich unentbehrlich. Bei jeder Untersuchung hat man einen ärztlichen Ermessensspielraum und da ist es schon wichtig ob jemand eine Ameise oder eine Dampfwalze fährt, G25 ist nicht gleich G25.

    Das Argument, dass der Betriebsarzt ja gar nichts zu tun hätte hört man immer wieder. Dies liegt aber häufig auch daran, dass der Betriebsarzt ins Arbeitsschutzmanagement gar nicht eingebunden wird und selbst klare Aufgaben des Betriebsarztes (Organisation der Ersten Hilfe, Psychische Gefährdungsbeurteilung, Belehrung Biostoffe, toxikologische Bewertung von Gefahrstoffen usw.) gerne von den SiFas erledigt werden, teils weil kein Betriebsarzt verfügbar ist, teils aber auch um den eigenen Wirkbereich zu vergrößern.

    Die Tatsache, dass das o.g. Unternehmen die vordringliche Aufgabe der Arbeitsmedizin in der Durchführung der G37 und G25 Untersuchung sieht zeigt, dass der Arbeitsschutz an dieser Stelle schon versagt hat.

    Viele Grüße
    Doctor No