Betriebsanweisung für psychische Belastungen

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  • Hallo ihr Menschenschützer,

    die psychischen Belastungen stehen seit 2013 im Arbeitsschutzgesetz. Ist es damit nicht für Arbeitgeber zur Pflicht geworden, auch auf vorhandene psychische Gefährdungen hinzuweisen, nämlich durch Unterweisung anhand von Betriebsanweisungen? Ich bastele gerade an 4 Stück herum: Arbeitsaufgabe, Arbeitsorganisation, soziale Bedingungen, Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung - analog zu den 4 Kriterien meiner Gefährdungsbeurteilung. Ob ich die Dinger hinterher auch wirklich aufhängen darf, sei mal dahin gestellt.



    Trotzdem finde ich es grundsätzlich wichtig einmal darüber nachzudenken, was in einer solchen Betriebsanweisung stehen sollte. Schließlich geht es um die richtigen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln um Gefahren durch psychische Belastungen zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. Gerade in diesem Bereich ist Eigeninitiative der Arbeitnehmer eigentlich am meisten gefordert. Das soll natürlich nicht heißen, dass substituierende, technische oder organisatorische Maßnahmen überflüssig sind, im Gegenteil.

    Hat von euch schon einmal jemand sowas gemacht? Ich habe dazu bisher nichts gefunden... Im Anhang findet ihr meinen Entwurf zur Betriebsanweisung Psychische Belastungen durch Arbeitsaufgaben. ("BAD" ist der Arbeitsmedizinische Dienst und "MAV" der Betriebsrat)



    Ich würde mich über jeden Denkanstoß freuen.


    Ein frohes Rest-Weihnachtsfest,
    Schweinchen Schlau

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    die psychischen Belastungen stehen seit 2013 im Arbeitsschutzgesetz. Ist es damit nicht für Arbeitgeber zur Pflicht geworden, auch auf vorhandene psychische Gefährdungen hinzuweisen,

    Die neue Formulierung im ArbSchG ist eine Konkretisierung oder genauere Beschreibung. Die Forderung psychische Belastungen zu erfassen war auch vor 2013 vorhanden. Alle Beteiligten haben, es als schwer empfunden und etwas vorbeigeschaut.


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    Trotzdem finde ich es grundsätzlich wichtig einmal darüber nachzudenken, was in einer solchen Betriebsanweisung stehen sollte. Schließlich geht es um die richtigen Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln um Gefahren durch psychische Belastungen zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken. .

    Ja! Es ist wichtig und gesetzlich gefordert.
    Eine Betriebsanweisung ist in dieser Form wohl eher sehr ungewöhnlich. Betriebsanweisungen kenne ich nur für ein bestimmtes Gerät, eine bestimmte Tätigkeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz, nicht für einen einzelnen Gefährdungsfaktor.


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    Hat von euch schon einmal jemand sowas gemacht? Ich habe dazu bisher nichts gefunden...

    Ja, habe ich. Oft ist wenig Konkretes über psychische Gefährdungen zu erkennen. Dort wo Erkenntnisse vorliegen, muss man die Gefährdung nennen.
    Aus der Gefährdungsbeurteilung heraus können dann, Betriebsanweisungen und Unterweisungen entstehen.

    Grüße
    Flügelschraube

  • Ich denke nicht, das sich das Problemfeld "psychische Belastungen" so einfach über eine schlichte Betriebsanweisung abhandeln lässt.
    Psychische Belastungen werden von den Betroffenen sehr individuell empfunden, was den Einen zu Höchstleistungen anspornt, lässt einen Anderen verzweifeln.
    Insbesondere spielen die Vorgesetzten und deren Einstellung und Verhalten eine sehr wesentliche Rolle ... ("schlechte Manager" - PsyBlog - leider in Englisch).
    Wer Angst vor Vorgesetzten hat, dem hilft eine BA auch nicht aus dem Dilemma ... ganz im Gegenteil.

    Die vorgestellte BA enthält aus meiner Sicht alles Dinge, die in einer qualifizierten Unternehmenskultur - dem Umgang mit Mitarbeitern und Vorgesetzten - selbstverständlich sind und in "guten" Betrieben mit "gelebter Kultur" in COC (Code of Conduct, Verhaltensregeln) zusammengefasst sind.

    BAs haben zudem den Nachteil, das sie selten gelesen werden - weitaus wichtiger finde ich persönlich die (freiwillige) Schulung der Mitarbeiter und der Vorgesetzten : Entspannungstraining, Gesprächstraining, Verhaltenstraining, ... Wenn über die GBU Gefährdungen ermittelt werden, sollte meines Erachtens zunächst am "Kopf" - also den Vorgesetzten angesetzt werden, nicht am Mitarbeiter.

    Beste Grüße,
    Udo

    Sapere aude!
    (Horaz)

  • Hallo Flügelschraube,

    sorry, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe: die Betriebsanweisungen sollen nicht als Ersatz für eine Gefährdungsbeurteilung der psychischen Belastungen dienen, sondern vielmehr die Schlüsse daraus in ein unterweisbares Format bringen. Ich hätte den Thread besser "Unterweisungen für psychische Belastungen" genannt, das wäre näher dran.

    Diskutieren wollte ich die Frage, was bei psychischen Belastungen vor allem bei "Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln" und "Verhalten bei Störungen" stehen sollte. Also wie Arbeitnehmer sich durch präventives Verhalten selbst davor bewahren können, an psychischen Belastungen zu erkranken und wie sie mit Störungen umgehen können.

    Ich halte es für notwendig diesen Weg einzuschlagen, da die Diskussion um das Thema oft damit endet, dass alle mit dem Finger auf die Geschäftsführung zeigen. Zwar kann man zumindest in meiner Arbeitsstelle damit wenig falsch machen, aber ich hätte gerne am anderen Ende der Kette mündige Arbeitnehmer, die sich selbst ernst nehmen und ihre direkten Vorgesetzten auch in die Pflicht nehmen, statt immer nur zu kuschen und darauf zu warten, dass "da oben endlich mal was passiert". Zumindest ein paar...

    @Safety-Officer: Danke für den Hinweis mit dem COC, das kannte ich noch nicht. Ich würde uns aber auch nicht zu den Unternehmen zählen, die bewusst eine Unternehmenskultur vertreten.


    Gruß,

    "Willen braucht man. Und Zigaretten." (Helmut Schmidt)

  • Der Gedanke an die Eigenverantwortung finde ich gut.
    Eine BA Psychische Belastungen wird für mein empfinden leider sehr schnell statisch und jeder liest das heraus was er lesen möchte. Ich sehe die Psychischen Belastungen eher als einen dynamischen Prozess. Es ist eher eine ganzheitliche Sicht auf das "Arbeitsgeschehen" und den einzelnen arbeitsbezogenen Prozessen.

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  • In unserem Unternehmen ist der Arbeits und Gesundheitsschutz fest in den Unternehmensleitlinien verankert und spiegelt hier auch die Firmenphilosophie. Eine BA für die psychischen Belstungen ist hier Futter für den Betriebsrat,der mir mit diesem Thema schon seit langem in den Ohren liegt. Das Ergebniss meiner GB reicht ihnen nicht.Nein eine BA muss her., deshalb hier schon mal ein großes DANKE für die Vorarbeit.Ansonsten teile ich die Meinung mit Safety officer und Flügelschraube über den Sinn zu dieser BA ?(
    Gruß Martin

  • Die BA beinhaltet viele gute Ansätze und richtige Sätze. Jedoch denke ich auch, dass eine BA die falsche Methode ist, um etwas zu bewegen. Das ist eher ein "safety by paper"-Ansatz, der Futter für alle Jammerer sein wird und bei den eigentlichen Problemverursachern versagen wird. Die GBU der psych. Belastungen führe ich schon länger branchenspezifisch durch. Sollte ich bei Betriebsbegehungen und Gesprächen vor Ort Anhaltspunkte finden, würde ich eine Analyse anhand der verfügbaren Handlungshilfen vorschlagen. Meiner Meinung nach ist das ein sehr, sehr sensibles Thema. So werden viele probleme entweder durch "problematisches Führungsverhalten" oft der mittleren Ebene oder durch Mitarbeiterinnen untereinander (Stutenbissigkeit) verursacht. Mein erster Hinweis auf Prpbleme ist imemr das Thema "Zugluft". das ist für mich der Ausruck eines tieferliegenden Problems, ohne die physikalisch existierende Zugluft geringschätzen zu wollen.

  • Hallo FalcoCGN!

    Die Sache mit der Zugluft begegnet mir erstmalig. Interessanter Aspekt. Vermutlich ist dies in bestimmten Großraumbüros ein Phänomen?
    In Betreiben, die ich nur acht Stunden im Jahr sehe, ist es mir noch nicht gelungen, zu einer akzeptablen Beurteilung der psychischen Belastung zu kommen.

    Überhaupt scheint es mir das Problem zu sein, derartige Belastungen, nicht personalisiert, anzusprechen. Sofort drohen Repressionen.
    Sensibel scheint mir eine Verschlüsselung für "Angstbesetzt" zu sein?

    Grüße
    Flügelschraube

    PS
    Du hast eine PN

  • Hallo Leute,

    vielen Dank für die vielen Rückmeldungen, gerade für die kritischen. Mir persönlich ist dadurch bewusst geworden, dass ich mit den Betriebsanweisungen sehr vorsichtig sein muss, damit mein Geschäftsführer nicht einfach die Hände in den Schoß legen und "fertig" rufen kann. Zumindest i
    n meinem Fall ist es sinnvoll, wenn ich mit der Veröffentlichung warte, bis der Steuerungskreis (der noch nicht gebildet ist) dies als Maßnahme beschließt.

    In der Zwischenzeit möchte ich euch die restlichen 3 BAs nicht vorenthalten. Außerdem habe ich noch den Fragebogen (Quelle: Selbsteinschätzungsbogen der Evangelische Fachstelle für Arbeits- und Gesundheitsschutz) auf dem die BAs aufgebaut sind und ein von mir erstelltes Excel-Auswertungstool (Psych-o-meter) mit angehangen. Letzteres ist zur Auswertung von 30 Probanden gedacht, kann aber beliebig verändert werden.

    ACHTUNG: Beim Starten des Psych-o-meters wird Excel möglicher Weise vor der Aktivierung eines Makros warnen. Das ist aber ganz harmlos und sorgt lediglich bei jedem Arbeitsschritt für eine automatische Anpassung der Zeilenhöhe (Private Sub Worksheet_SelectionChange(ByVal Target As Range) / ActiveSheet.Rows.AutoFit / End Sub). Das Ganze funktioniert aber auch ohne dieses Markro und generell ohne Programmierkenntnisse. Nur müsst ihr dann per Hand die Zeilenhöhen anpassen, wenn ihr Zeilen filtert oder sortiert.

    Soweit erstmal von meiner Seite. Sprengt euch heute Abend nichts weg, was ihr noch braucht...



    Gruß,


    Schweinchen Schlau

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