Beurteilungsverfahren mechanischer Gefährdungen

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  • Hallo zusammen,

    ich bin neu hier und wollte mal von eurer Schwarmintelligenz profitieren ;)

    (und jetzt ist die Frage hier auch im korrekten Forum gestellt...)

    Ich befinde mich aktuell in der LEK2 und habe die erste Rückmeldung meiner Erfassung und Beurteilung der Gefährdungen von meinem Multiplikator erhalten.

    Ich zähle darin drei unterschiedliche mechanische Gefährdungen auf:

    - kontrolliert bewegte, ungeschützte Maschinenteile

    - unkontrolliert bewegte Teile

    - bewegte Arbeits-, Transportmittel Fahrzeuge

    Bisher haben wir diese Gefährdungen in den Gruppen- und Einzelarbeiten immer mit NOHL bewertet, da aus unseren Unterlagen für besagte Gefährdungen kein anderen Beurteilungsverfahren hervorgeht. Mein Multiplikator meint aber, das ihm Nohl hier nicht genügen würde... Ich finde aber nichts anderes. Aus der TRBS 2111 geht für mich auch kein "Beurteilungsverfahren" hervor.

    Vielleicht hat ja jemand eine Idee!

    Danke schon einmal und auf gute Zusammenarbeit zukünftig :)

    Gruß Jonas

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  • Hallo Jonas,

    mit den bisherigen Informationen kann man nicht viel anfangen, da es auch immer auf die Quelle der Gefährdung ankommt und welche Tätigkeit betrachtet wird.

    Als Beispiel nehmen wir mal "bewegte Arbeits-, Transpormittel Fahrzeuge". Handelt es sich um eine Hubarbeitsbühne gibt es eine DGUV 208-019 "Sicherer Umgang mit fahrbaren Hubarbeitsbühnen" und man kann die qualitativen Vorgaben daraus mit den Gegebenheiten im Betrieb abgleichen. Gibt es hierbei Abweichungen muss ich nicht Nohl anwenden.


    Reihenfolge der Risikobeurteilung

    1.) Beurteilung anhand spezifischer Verfahren

    Beispiel: Lärm

    Messung und Bewertung gemäß LärmVibrationsArbSchV

    2.) Beurteilung orientiert an qualitativen Anforderungen

    Beispiel: Arbeiten auf einer Anlegeleiter

    In der DGUV Vorschrift 38 "Bauarbeiten" gibt es qualitative Vorgaben zum Arbeiten auf Anlegeleitern.

    3.) Beurteilung anhand der Risikomatrix


    Ich hoffe ich konnte zumindest etwas weiterhelfen und vielleicht kannst du uns noch mehr Informationen zukommen lassen, das wir Dir gezielt weiterhelfen können.

    Gruß

    Andreas

    Grüße,

    Andreas

    „Märchen erzählen Kindern nicht, dass Drachen existieren. Denn das wissen Kinder schon. Märchen erzählen den Kindern, dass Drachen getötet werden können." (G.K. Chesterton)

  • Danke erst einmal für deine Rückmeldung.

    Es geht hier um eine ältere Maschine, in die Teile einzulegen sind

    Hier mal die konkreten Fälle:

    Kontrolliert bewegte, ungeschützte Maschinenteile: Die Teile werden in eine Aufnahme eingesetzt, der Maschinentakt wird gestartet und der Rundschalttisch mit der Aufnahme startet.

    Die Gefährdung ist hier: Die Aufnahmen des Rundschalttisches erfasst die Hand der einlegenden Person und zieht diese in die Maschine ein

    unkontrolliert bewegte Teile: Ein Bauteil wird falsch eingelegt, verkantet sich irendwo und fliegt der Person entgegen (sehr unwahrscheinlich, weiß ich...)

    bewegte Arbeits-, Transportmittel Fahrzeuge: Bei der Materialbereitstellung an besagter Maschine, könnte es zu Quetschungen durch die Gitterbox/Ameise kommen.

    Diese alle habe ich mit Nohl bewertet.
    Und, wie gesagt, das genügt meinem Multiplikator nicht...

  • Hallo Jonas

    Ich bin auch kein Freund von NOHL-zu grob und erkläre mal vor Gericht warum du da eine 2 und nicht eine 3 in dem Feld x gemacht hast...

    Prinizipiell finde ich gut die Gefährundgsbeurteilungen so zu erstellen, dass man die Risikofaktoren ins Verhältnis zum Sicherheitswert setzt, die die Risiken minimieren.

    Wenn der Wert Sicherheit > Risiko, dann ok, sonst handlungsbedarf.

    Beispiel: "Einsatz von Brandschutzschalter-Ja oder Nein?":---------------------------

    Für die jeweiligen Räume und Orte sind der Risikowert R und der Sicherheitswert S zu bestimmen.

    Der Risikowert R ergibt sich aus der Gleichung R = RO × P × L.

    Die Faktoren sind Klassifikation (RO), Personenanzahl (P) und vertikale Lage (L) der Räume und Orte.

    Der Sicherheitswert S ergibt sich aus der Gleichung S = Q × ZT × ZBS × ZB × ZO.

    Die Faktoren sind Qualität der Elektroinstallation (Q) sowie Zuschlagsfaktoren für technische (ZT), brandschutztechnische (ZBS), bauliche (ZB) und organisatorische Maßnahmen (ZO) in Räumen und an Orten.

    Der Vergleich von Risiko- und Sicherheitswert verdeutlicht das Brandrisiko. Sofern der Sicherheitswert mindestens so groß wie der Risikowert ist, kann auf AFDDs in den jeweiligen Räumen und Orten verzichtet werden.


    Sind bei einem Faktor mehrere Zeilen zutreffend, dann ist die Zeile mit dem höchsten Zeilenwert (d. h. Faktorwert) auszuwählen.

    Sofern bei einem Faktor für eine Klasse kein spezieller Wert angegeben ist, ist 1,0 als Faktorwert zu wählen.

    ----------------

    hierzu habe ich dann eine Excel-Mappe.

    Blatt 1: Risikofaktoren und Blatt 2 liste ich die Sicherheitswerte auf.

    ...und ich empfehle eine Gefährdungsbeurteilung nicht alleine, sondern mit mind. 1 weiteren Fachmann zu erstellen (glaubhafter).

    Das klingt jetzt erstmal komplizierter als es ist ;)

    „Im Hafen ist ein Schiff sicher, allerdings wurden Schiffe nicht dafür gebaut!“

  • Hallo Jonas,

    hier mal ein paar mögliche "Alternativen", bzw. Gedankenstützen.

    bewegte Arbeits-, Transportmittel Fahrzeuge: Bei der Materialbereitstellung an besagter Maschine, könnte es zu Quetschungen durch die Gitterbox/Ameise kommen.

    Sind hier die Verkehrswege ausreichend gestaltet? Wieso hält sich der Mitarbeiter im "Gefahrenbereich" auf? Hier kannst du die Arbeitsstättenrichtlinie betrachten und mit den Gegenbenheiten im Betrieb vergleichen. Werden alle Vorgaben eingehalten und es besteht trotzdem noch ein Restrisiko, dann schreib das entsprechend in deine Beurteilung rein, dann weiß dein Mediator das du nach Alternativen zur Risikomatrix gesucht hast. Ich vermute das es ihm darum geht. Ansonsten immer den Kontakt mit dem Mediator suchen, falls dieser den Kontakt auch annimmt (leider nicht bei Allen so)...

    Kontrolliert bewegte, ungeschützte Maschinenteile: Die Teile werden in eine Aufnahme eingesetzt, der Maschinentakt wird gestartet und der Rundschalttisch mit der Aufnahme startet.

    Die Gefährdung ist hier: Die Aufnahmen des Rundschalttisches erfasst die Hand der einlegenden Person und zieht diese in die Maschine ein


    unkontrolliert bewegte Teile: Ein Bauteil wird falsch eingelegt, verkantet sich irendwo und fliegt der Person entgegen (sehr unwahrscheinlich, weiß ich...)

    Wie du schon gesagt hast, eine alte Maschine. Es gibt Sicherheitsabstände die eingehalten werden müssen. Nach den Normen müssen entsprechende Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die vermutlich in deinem Fall fehlen. Führe deine Beurteilung etwas länger aus, wie schon Oben geschrieben, und zeige deinem Mediator das zu nur als letztes Mittel zur Risikomatrix gegriffen hast. Da ihr vermutlich kein Maschinenhersteller seid, liegen Dir die Normen auch nicht vor. Von der DGUV gibt es zu Sicherheitsabständen aber einen Flyer, einfach mal nach "DGUV Sicherheitsabstände" suchen.

    Ich hoffe damit deutlich weitergeholfen zu haben.

    Gruß,

    Andreas

    Grüße,

    Andreas

    „Märchen erzählen Kindern nicht, dass Drachen existieren. Denn das wissen Kinder schon. Märchen erzählen den Kindern, dass Drachen getötet werden können." (G.K. Chesterton)

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  • Hallo frscholz,

    Im Prinzip nutzt du hierbei auch nur eine persönliche Einschätzung (auch wenn es ein zusätzlicher Fachmann ist) und verkomplizierst das Ganze mit Formeln. Da kann ich auch einfach zur Risikomatrix greifen. Eventuell verstehe ich aber das System auch ganz einfach nicht.

    Es ist auch bei der Risikomatrix anzugeben, warum ich mich für was entschieden habe. Ich muss bei der Beurteilung auch klar definieren, warum ich mich für die angegebene Eintrittswahrscheinlichkeit entschieden habe und wie ich auf die Schadensschwere komme.

    Gruß,

    Andreas

    Grüße,

    Andreas

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  • Mestragon

    Diese alle habe ich mit Nohl bewertet.
    Und, wie gesagt, das genügt meinem Multiplikator nicht...

    Mein Multiplikator meint aber, das ihm Nohl hier nicht genügen würde...

    Ich habe JonAs so verstanden:

    Sein Problem ist, dass Nohl nicht genügt und daher eine genauere Aufschlüsselung gewünscht ist.

    (und ich verstehe prinzipiell nicht, dass wenn man hier einem Fragesteller antwortet, sich dann jeder berufen fühlt diese Antworten zu bewerten)

    Im Prinzip hast Du es richtig erkannt:

    Es ist auch "nur" eine Bewertungsmatrix...halt umfangreicher.

    ...aber ehe das nun in eine Diskussion zwischen uns führt:

    Wenn es JonAs hilft, wenn auch nur als Inspiration, wird er es nutzen...sonst überliest er es einfach...alles gut;-)

    „Im Hafen ist ein Schiff sicher, allerdings wurden Schiffe nicht dafür gebaut!“

  • Hallo Jonas,

    das Einzige was aus meiner Sicht hierbei in der Gefährdungsbeurteilung bewertet werden muss ist dein 3. Punkt "Bei der Materialbereitstellung an besagter Maschine, könnte es zu Quetschungen durch die Gitterbox/Ameise kommen". Hierbei geht es wie bereits von anderen Kollegen beschrieben um die Beurteilung des Arbeitsplatz. Die anderen beiden Punkte betreffen die Maschinensicherheit! Bei einer alten Maschine (ggf. sogar ohne CE) muss zunächst der Stand der Technik überprüft werden. Hilfreich ist hierbei eine entsprechende Maschinenprüfung durch eine befähigte Person. Der Mängelbericht zeigt dann, was an der Maschine an Sicherheitsfunktionen nachgerüstet werden muss. Hier greift auf jeden Fall die Maschinenrichtlinie mit ihren anhängigen Normen wie z.B. die EN 12100 "Sicherheit von Maschinen". Da wird man mit einer Gefährdungsbeurteilung im Sinne der BetrSichV nicht weit kommen. Maßnahmen könnte z.B. ein zusätzliches Gitter sein, das herausgeschleuderte Teile abhält und eine Zweihandbedienung, damit der Bediener die Finger weg hat, wenn der Tisch dreht.

    Was man also dann doch noch in die Gefährdungsbeurteilung aufnehmen muss, ist die Wiederkehrende Prüfung nach BetrSichV min. alle 4 Jahre (Abhängig von dem Wartungsintervall und der Nutzung der Maschine)

    2 Mal editiert, zuletzt von Kugelblitz66 (1. September 2023 um 13:04)

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  • Also euch allen erst einmal herzlichen Dank für den ganzen Input.
    Da sind gute Aspekte bei, die ich mal für mich mitnehmen werde.

    Nach längerer Rücksprache mit meinem Multiplikator genügte ihm Nohl nicht, sonder er möchte ein qualitatives Beurteilungsverfahren mit einem Anforderungskatalog und darauf basierender anschließender Bewertung haben.

    Das habe ich ihm exemplarisch einmal vorgelegt und er war zufrieden.

    So haben wir das leider im Kurs (Sem) nie gelernt.