BA-Befund vs Eindruck des AG

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  • Moin zusammen,

    manchmal kommt die geballte Ladung - ich bräuchte schon wieder Eure Hilfe.

    Folgende Situation: Mitarbeiter beschweren sich beim Chef darüber, dass einer ihrer Kollegen nicht mehr richtig hört. Da die Kollegen alle in gefährlichen Bereichen arbeiten, in denen das Hören von Warnsignalen und die Kommunikation untereinander sehr wichtig ist, wollen sie schon nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.

    Das Unternehmen schickt ihn daraufhin zum Betriebsarzt mit der Bitte ihn speziell auf Gehör zu untersuchen.

    Der BA tut das und schickt das Untersuchungsergebnis (also die Teilnahmebestätigung an der Untersuchung und den nächsten Untersuchungstermin) an den AG. Da auf Grund der ärztlichen Schweigepflicht kein direktes Untersuchungsergebnis mitgeteilt wird, kann das Unternehmen nur ansatzweise aus der Angabe des nächsten Untersuchungstermins rudimentäre Rückschlüsse ziehen.

    Dieser Termin ist in 3 Jahren, also wie bei einem Mitarbeiter, dessen Gehör in Ordnung ist - und damit entsteht ein gewaltiger Widerspruch zu den Informationen, die das Unternehmen hat.

    Frage Nr. 1: Hattet ihr schon solche Fälle und wie seid ihr damit umgegangen?

    Frage Nr. 2: Hat das Unternehmen jetzt genug getan um trotz der unbefriedigenden Situation im Fall eines Unfalls auf der rechtlich sicheren Seite zu stehen?

    Danke im Voraus für Eure Hilfe.

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

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  • Hallo nj1964,

    welche Untersuchung wurde denn durchgeführt? Wurde eine Vorsorge-, oder eine Tauglichkeitsuntersuchung beauftragt? Auf Grund des "Ergebnisses" gehe ich von einer Vorsorgeuntersuchung aus.
    Der Unternehmer hat Kenntnis von der schwerhörigkeit des Mitarbeiters, da reicht imo eine Untersuchung nicht aus.

    Gruß
    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Moin Stephan,

    also die Untersuchung sollte schon eine gründliche Untersuchung des Gehörs beinhalten. Diesen Untersuchungsanlass und die Umstände, die uns zu einer Untersuchung bewogen haben, haben wir dem BA mitgeteilt.

    Der BA hat uns dann das Ergebnis in Form eines Ergebnisses einer Vorsorge mitgeteilt.

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Hi...

    ich frage mich bei solchen Konstellationen immer, liegt das Problem wirklich in der Schwerhörigkeit oder ist das nur vorgeschoben und es gibt da eher zwischenmenschliche Probleme...
    Zwischen Kollegen, die gut miteinander auskommen, tendieren die Kollegen normalerweise eher dazu, das zu kompensieren und den Kollegen irgendwie so zu unterstützen dass er klarkommt.

    in diesem Sinne

    Gruß
    Thorsten

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    Es genügt nicht, unseren Kindern einen besseren Planeten hinterlassen zu wollen.
    Wir müssen auch unserem Planeten bessere Kinder hinterlassen!

  • Moin,

    Der BA tut das und schickt das Untersuchungsergebnis (also die Teilnahmebestätigung an der Untersuchung und den nächsten Untersuchungstermin) an den AG.

    Var. 1: ... das ist nicht ausreichend, denn der BA muss gemäß ArbMedVV Vorschläge machen:

    § 6 Pflichten des Arztes oder der Ärztin

    (4) Der Arzt oder die Ärztin hat die Erkenntnisse arbeitsmedizinischer Vorsorge auszuwerten. Ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für den Beschäftigten oder die Beschäftigte oder andere Beschäftigte nicht ausreichen, so hat der Arzt oder die Ärztin dies dem Arbeitgeber mitzuteilen und Maßnahmen des Arbeitsschutzes vorzuschlagen.

    Ich würde noch einmal dem BA reden.

    Var. 2: statt Vorsorge(untersuchung) sollte die Untersuchung als "Eignungsuntersuchung" deklariert werden. :whistling:
    In solch einem Fall muss der BA das Untersuchungsergebnis mitteilen.

    Auch bei dieser Variante ist ein ausführliches Gespräch mit dem BA erforderlich.

    (jaja, ich verstehe die nun folgenden Rechtsbedenken - aber mit dem vorliegenden Ergebnis tut sich das Unternehmen keinen Gefallen ...)

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
    "Geben Sie mir sechs Zeilen von der Hand des ehrenwertesten Mannes - und ich werde etwas darin finden, um ihn zu hängen." (Kardinal Richelieu)
    "Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

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  • Dazu mal eine Erfahrung, die ich vor ein paar Jahren machen durfte:

    Da gab es große Probleme mit einem Mitarbeiter, der über Monate immer reizbarer, cholerischer und aggressiver geworden war. Mit ihm wollte kaum einer mehr arbeiten. Nicht nur der Betriebsfrieden war gestört, auch die Arbeitsleistung der gesamten Abteilung litt darunter. Die Ursache der Probleme waren die offensichtliche Schwerhörigkeit. Der Mitarbeiter verweigerte aber über einen sehr langen Zeitraum, sich um seine Schwerhörigkeit zu kümmern. Er behauptete, mit Hörgeräten nicht klarzukommen.

    In zahlreichen Gesprächen wurde nach dem Prinzip "steter Tropfen höhlt den Stein" das tatsächliche Problem offengelegt: Der Mann hatte seine von der Krankenkasse bezahlten Hörgeräte vor längerer Zeit verloren und hatte schlicht kein Geld für Ersatzgeräte, die er selber zahlen mußte. Nachdem er in den Monaten zuvor schon mehrere Abmahnungen wegen verschiedener Vorfälle erhalten hatte, wurde bei nächster Gelegenheit seitens der Geschäftsführung reagiert: Er wurde vor die Wahl gestellt: Kündigung oder Arbeitgeberkredit. Der Mitarbeiter wählte widerwillig den Kredit und der Arbeitgeber finanzierte mit einem zinslosen Darlehen hochwertige Hörgeräte zu einem vierstelligen Preis.

    Der Erfolg dieser Lösung war durchschlagend: Der Mann war wie ausgewechselt. Binnen kürzester Zeit waren seine Reizbarkeit und seine Aggressivität komplett weg, da er nun wieder jedem Gespräch folgen konnte. Die Arbeit klappte wieder im Team und die Arbeitsleistung war wieder in Ordnung. Der Mitarbeiter, mit dem zuletzt niemand etwas zu tun haben wollte, war sehr schnell wieder voll integriert und ein geschätzter Kollege.

    Man kann es so platt sagen: Der Mann mußte zu seinem Glück gezwungen werden! Er war sehr dankbar für die Hilfe, die ihm den Job und vor allem auch seine Lebensqualität gerettet hat. Da waren die Raten für den Kredit auch nicht mehr schlimm; er sagte mir selber als die Hörgeräte noch recht neu waren dazu, dass er freiwillig auch die doppelten Raten bezahlen würde, für ihn würde sich jeder Cent lohnen.

    Naürlich wird sich jeder Fall anders darstellen, aber ich denke, dass es darauf ankommt, dem schwerhörigen Mitarbeiter deutlich zu machen, dass er sowohl im Beruf, als auch im Privatleben stark profitieren kann, wenn er sich um sein Gehör bzw. Hörhilfen kümmert. Das ist ganz sicher nicht leicht und erfordert mehr Fingerspitzengefühl und Einsatz als Gesetze oder Verordnungen. Aber es kann sich für alle Beteiligten sehr lohnen.


    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.