Sicherheitseinrichtung-Lichtschranke ausgebaut 2013

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    siehe nachstehendes Urteil LG Osnabrück BGH muss prüfen

    Ich hatte schon den Hinweis veröffentlicht: Wer Sicherheitseinrichtungen mainpuliert oder ausser Kraft setzt, erfüllt den Straftatbestand

    Geschützte Grüße
    Thomas

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  • Landgericht Osnabrück, Urteil vom 20.09.2013 - 10 KLs 16/13


    Urteil Arbeitsschutz: Sicherheitsvorrichtung an Schleifmaschine ausgebaut


    Auf Weisung eines Geschäftsführers wurde die Lichtschranke einer Schleifmaschine ausgebaut, um die Produktivität zu erhöhen. Die fehlende Sicherheitsvorkehrung hätte einen tödlichen Arbeitsunfall verhindert - beide Geschäftführer wurden nun verurteilt.

    Das Urteil

    Zwei Geschäftsführer wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Freiheitsstrafen von 6 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Gegen sie wurde zudem jeweils eine Geldauflage i.H.v. 100.000,- € verhängt.

    Gegen den dritten, lediglich für den Vertrieb verantwortlichen Geschäftsführer wurde wegen eines Verstoßes gegen § 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes ein Bußgeld i.H.v. 10.000,- € verhängt, weil er seine Aufsichtspflicht als Mitbetriebsinhaber verletzt habe.

    Lichtschranke ausgebaut

    Nach der umfangreichen Beweisaufnahme ist die Kammer davon überzeugt, dass auf Weisung des jüngeren Geschäftsführers die ursprünglich an der Glasschleifmaschine angebrachte Lichtschranke ausgebaut wurde, um die Produktivität zu erhöhen. Bei Auslösen der Lichtschranke wurde nämlich das verarbeitete hochwertige Glas beschädigt. Die ausgebaute Sicherheitsvorkehrung, die den Schleifvorgang unterbricht, sobald eine Person in den Arbeitsbereich gelangt, hätte den tödlichen Arbeitsunfall verhindert.

    Deswegen starb im Juli 2010 ein 19-jähriger Auszubildender aus Lingen/ Ems, als er sich bei der Arbeit mit dem Oberkörper in die Maschine beugte und dabei von der Maschine tödlich eingeklemmt worden ist. Der ältere Geschäftsführer hatte den Ausbildungsvertrag unterschrieben und sei daher für das Wohl des Auszubildenden verantwortlich. Dem sei er nicht ausreichend nachgekommen.

    Der mitangeklagte Produktionsleiter wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, weil er für die Einteilung des Auszubildenden verantwortlich gewesen sei und von dem sicherheitswidrigen Zustand der Maschine Kenntnis gehabt habe. Die Verhängung einer Geldstrafe gegen ihn hat sich die Kammer vorbehalten. Der Instandhaltungsleiter, der die Lichtschranke ausgebaut haben soll, wurde zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40,- € verurteilt.

    Gericht:
    Landgericht Osnabrück, Urteil vom 20.09.2013 - 10 KLs 16/13
    LG Osnabrück, PM Nr. 45/13
    Rechtsindex - Recht & Urteil


    Entscheidungshinweis:

    02.10.2013: Revision eingelegt

    Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Daher wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe das Urteil auf etwaige Rechtsfehler überprüfen, sobald die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Die Verteidiger der drei Geschäftsführer und des Instandhaltungsleiters haben Revision eingelegt. Sie hatten in ihren Plädoyers Freispruch gefordert. Die Staatsanwaltschaft hat bezüglich des Produktionsleiters, des Instandhaltungsleiters, des Gewerbeaufsichtsamtsmitarbeiters und des Geschäftsführers Heinrich R. Revision eingelegt, weil sie sich für höhere Strafen ausgesprochen hatte.


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    Dieses Urteil wurde am 23. September 2013 eingetragen und wurde 3419 mal gelesen

  • Tach.

    Alles supi und hilfreich. Das ist aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Der Fall ist für die Beschuldigten noch lange nicht ausgestanden. Mich würde noch interessieren, was im zivilen Strafrecht so unter dem Strich rauskommt. Weiterhin, wie entsprechende BG und RP ihre Ordnungsgelder zusätzlich verhängen.

    Gruß

    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"

    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

  • Hi,

    genau diese Problematik wird im "schwarzen Freitag" sehr gut dargestellt. Der Film der Schweizer-Kollegen ist hier schon mehrfach erwähnt worden.

    Ich war einige Jahrzehnte im Instandsetzungsbereich von verschiedenen Industrieunternehmen tätig. Da findet man solche Aktionen immer wieder. Wichtig ist dann bei Erkennen ein "No-Go" auszusprechen.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

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  • Hallo!

    Gerne würde ich etwas zu Prozessen bzw. Urteilen sagen.

    Wir unterscheiden zwischen Zivilrecht (Wiedergutmachung / Schadensersatz) und Strafrecht (Bestrafung von Bösewichten), beides wird in der Regel entkoppelt verhandelt und entschieden.

    In Prozessen kommt es häufig zur Nichtakzeptanz von Urteilen:
    Berufung - Der dargestellte Sachverhalt entspricht nicht der Vorstellung von Verteidigung oder Staatsanwaltschaft. Es wird im Prinzip neu verhandelt mit neuer Beweisaufnahme.
    Revision - Das Urteil entspricht nicht den üblichen Maßstäben oder wurde auf Grund von falschen Gesetzesinterpretationen gefällt. (Der Sachverhalt ist dabei unbestritten)

    Ein juristisches Tauziehen wird in der Regel in zwei Instanzen durchgeführt. Beispiel: Prozess vor dem Amtsgericht; Revision vor dem Landgericht.
    Eine Klage von finanziell "Gut gestellten" durch alle Instanzen, heißt in aller Regel "zwei Instanzenebenen".

    Leider bin ich kein Jurist, und kann nur Schulwissen weiter geben. Trotzdem hoffe ich etwas zur Klärung, gerade vom Begriff Revision, beitragen zu können.

    Für die, die sowieso alles wissen:
    Dieser Beitrag ist nicht für Euch. Dass es Sprungrevisionen, Wiederaufnahmeverfahren usw. gibt ist mir bekannt; scheint mir aber nicht elementar wichtig.

    Grüße
    Flügelschraube