Toller Satz im Arbeitsvertrag: "Mehrarbeit mit dem Grundgehalt abgegolten"...

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  • ... heißt zu deutsch: Machst Du Überstunden, sind diese bereits mit dem Grundgehalt vergolten. Somit keinen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden. ;(
    Da ich weiß, dass dieser Satz gängige Praxis der Arbeitgeber ist, grade was den Dienstleistungsbereich angeht, wollte ich hier mal eine Hilfestellung geben.

    Dieser Satz ist mit einer Entscheidung vom Bundesarbeitsgericht vom 27.06.2012 für UNWIRKSAM erklärt worden (5 AZR 530/11).
    Dieser Satz verstößt gegen §307 Abs. 3 S.2, Abs. 1 S.2 BGB aufgrund mangelnder Transparenz.

    Vielleicht kann der/ die ein oder andere das ja gebrauchen.

    Gruß

    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"

    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

    3 Mal editiert, zuletzt von Globetrotter (13. Dezember 2012 um 09:09)

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  • Hallo Globetrotter!

    Im übernächsten Leben werde ich Rechtswissenschaftler.
    Ich verstehe sehr gut, was Du uns mitteilst. Leider sind es viel zu wenige (AN) die sich kritisch mit ihrer Situation auseinander setzen.
    Solidarität ist auf AG-Seite viel intensiver als auf der Gegenseite. Warum sind wir nur so dumm, und verraten nicht unser Gehalt?
    Mein Einkommen steht auf einer Tabelle, Centgnau. Ich teile es gerne zusätzlich auf Anfrage mit.

    Gerade die Menschenschützer sollten sich für Offenheit einsetzen.

    Grüße
    Flügelschraube

  • Moin Jens,

    es sind immer zwei Parteien, die einen Vertrag unterschreiben. Hier gilt es genau zu schauen.

    Bei meinem letzten Wechsel (jetzt auch schon 12 J. her) hatte ich den Satz auch. Daraus ergab sich dann eine Diskussion. Ende vom Lied: Arbeitszeit sauber als Zeit definiert, Überstunden auf ein persönliches Konto, etc.
    Nun war ich auch in der Situation und habe NEIN gesagt zu dem Vertrag, weil ich eben noch im Job war und wechseln wollte. Somit hatte ich auch nicht den Zwang alles unterschreiben zu müssen.

    Die Sache mit der Sittenwidrigkeit der Klausel ist mir auch so bekannt. Vielleicht können die Kollegen aus den größeren Firmen einmal den Betriebsrat danach fragen?

    @ Flügelschraube:
    Nirgendwo sonst wird so viel gelogen wie beim Gehalt und bei der beruflichen Stellung. Am Strand ist dein Nachbar links Generaldirektor und der von rechts ist mind. Abteilungsleiter. Und Einkommen? Soviel kann man gar nicht ausgeben. Das ist typisch deutsch.

    .
    .
    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Es geht doch hier nicht darum WIEVIEL man verdient, sondern es geht darum dass man Mehrarbeit für umsonst leistet. Da ist es schlicht weg egal ob ich für 2000 Brutto oder 4000 oder mehr arbeite. Eine Wochenarbeitszeit von mindestens 40 Stunden steht im Vertrag.

    In meinem Fall habe ich als Objektleiterin (Gebäudereinigung) vor 5 Jahren inkl. Teilzeitsifa 2800 Bruto gehabt, plus Firmenfahrzeug mit Privatnutzung (1% Regel) plus Firmenhandy für eine rund um die Uhr Erreichbarkeit. Meine Kunden verteilten sich von Flensburg bis Emden und Bad Gandersheim mit Zwischenstationen (Bremerhaven, Bremen, Delmenhorst, Wilhelmshaven und vielen kleinen Orten entlang der Küste bis Emden und in der andern Richtung Soltau, Hannover, Bückeburg usw.) Wer auf der Landkarte kuckt, das ist ein gewaltiges Dreieck. Sitz der Niederlassung war in HH. Wohnen tu ich im Kreis Pinneberg. Wer den Job eines OL in der Gebäudereinigung kennt der weiss, das ist derjenige der alles abkriegt. Den Zorn des Personals wenn die Leistungen die gefordert werden nicht mehr zu schaffen ist. Den Zorn der Kunden die berechtigt oder unberechtigt Reklamieren was das Zeug hält und den Zorn des Chefs wenn eine Kunde mit Rechnungskürzungen droht. Man ist ständig auf Draht. Man ist ständig erreichbar. Die Reinigungszeiten fangen morgens um 5 bei den einen an und hören abends um 10 irgendwo auf.
    Dass bei dem zu betreuenden Gebiet dann Überstunden entstehen, das sollte wohl einleuchten. 60 - 70 Stunden die Woche sind die Regel. Und da stand dann dieser Satz in meinem Vertrag.
    Normalerweise stünden mir bei 2800 mtl. für Überstunden mindestens 16 Euro zu. Ich hätte also gut und gerne 1300 - 1800 € mehr verdienen müssen. Pustkuchen. Alles schön umsonst gearbeitet. Statt dessen fand sich mein real Stundenlohn auf dem gleichen Niveau einer Reinigungskraft wieder.

    Und Leute die so arbeiten gibt es zuhauf. Es herscht in D gerade was solche Dienstleistungen angeht reges Lohndumping. Die Reinigungskräft sind zum Beispiel tariflich und durch Mindestlohn geschützt was die Höhe des Stundenlohnes angeht. Aber nicht was die Leistung betrifft. Vor 25 Jahren waren Leistungen von 150 m² die Stunde im Durchschnitt noch üblich. Heute sind es 500 - 1000 m² die Stunde im Durchschnitt. Man kalkuliert damit dass die Leute vor Ort sich mit ihren Kunden eher identifizieren als mit ihrem Arbeitgeber und somit schweigend in Mehrarbeit erledigen was sie in der vorgegebenen Zeit nicht schaffen. Und zu 90% funktioniert es auch.
    Den OL schützt kein Tarifvertrag, das war mal. Es herrscht Preiskampf ohne Ende auf diesem Gebiet. Und ausbaden müssen es die, die sich nicht wehren können. Ich hoffe viele ehemalige Berufskollegen bekommen dies mit und fangen an sich zu wehren.

    Ich arbeite jetzt als Vollzeitsifa bei einem Dientsleister im Arbeitssicherheitsmanagement, in dem es mehr als fair zugeht. Neben einem ordentlichen Gehalt bekomme ich auch meine Überstunden bezahlt. Und wenn man besondere Leistungen erbringt wird das auch schon mal mit Prämie belohnt. Da macht das Arbeiten dann aber auch Spass.