Krankentransport und die Weigerung des Mitarbeiters

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  • Seit kurzer Zeit wird bei uns das Thema Krankentransport diskutiert. Und zwar aus dem einen Grund: Was ist, wenn ein Mitarbeiter sich nicht transportieren lassen will? Ist es für die Führungskraft rechtlich abgesichert, wenn man sich folgendes unterschreiben lässt: "Ich erkläre hiermit, dass ich den Unfalltransport mit dem Taxi oder dem Rettungswagen ablehne und auf eigene Verantwortung anderweitig transportiert werde oder mit meinem Fahrzeug selbst zur Behandlung fahre. Ich wurde in diesem Zusammenhang darüber belehrt, dass während des Transportes infolge der Verletzung bzw. sonstiger Umstände erhöhtes Risiko für Leib und Leben besteht und negative Folgen bzgl. des Heilungsprozesses nicht auszuschließen sind." Kann man dies so stehen lassen oder hat jemand eine Idee zur rechtssicheren Formulierung? [*]

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  • Moin,
    mit Deiner Frage

    Seit kurzer Zeit wird bei uns das Thema Krankentransport diskutiert. ... Kann man dies so stehen lassen oder hat jemand eine Idee zur rechtssicheren Formulierung?

    hast Du eines der kniffligsten Probleme angesprochen.
    Da ich selbst mit dieser Fragestellung konfrontiert war, habe ich mit Rechtsabteilungen von verschiedenen Berufsgenossenschaften und Verbänden sowie Vertretern von Gewerbeaufsichtsämtern gesprochen.
    Fazit: Es gibt keine verbindliche Rechtsgrundlage und damit kein Patentrezept.

    Euer Text ist gut - aber vor Gericht muss das nicht Bestand haben ... es kann argumentiert werden, dass die Fürsorgepflicht über die Belehrung hinausgeht.
    In anderem Fall kann ein Gericht befinden, dass bei anderen Lösungen (d.h. Zwang, sich per Rettungswagen transportieren zu lassen) sogar Nötigung vorliegt.
    "Auf hoher See und vor Gericht ..."

    Wenn Dein Unternehmen einen Betriebsrat hat, dann rate ich, mit dessen Zustimmung in eine vorhandene Betriebsvereinbarung einen Passus aufzunehmen, der z. B. besagt: "krankenbedingte Transporte finden ausschließlich mit Rettungswagen statt" ... oder halt eine andere Variante ("Taxi und Anweisung an den Taxifahrer, dafür zu sorgen, dass die Person die Arztpraxistüre oder Wohnungstüre durchschreitet.").

    Ohne Betriebsrat würde ich trotzdem eine vergleichbare Lösung definieren.
    Aus folgendem Grund:

    Du lässt einen Mitarbeiter, dem nicht wohl ist, nach seiner Unterschrift unter Euren Text mit seinem Auto heim oder zum Arzt fahren.
    Unterwegs kollabiert er kurz vor einem Zebrastreifen, über den gerade Kindergarten-Kinder laufen ...
    Was für ein Gefühl hättest Du?

    Alternative: Ein Ersthelfer des Unternehmens fährt den Mitarbeiter heim (hierbei sind bei einem Unfall beide Mitarbeiter über die BG versichert, während bei einer Heimfahrt desjenigen, dem nicht gut ist, der Versicherungsschutz auf dem Spiel steht, wegen "Vorsatz" ...)

    Ich setze in "meinen" Unternehmen auf Unterweisung der Mitarbeiter, in denen ich solche Sachverhalte seit einem entsprechenden unangenehmen Vorfall klar mache.
    Spätestens beim geschilderten Versicherungsrisiko werden dann einige Leute etwas vorsichtiger ...

    Vielleicht ist das auch für Dein Unternehmen eine praktikable Lösung.

    Und: Der eine Fall, wo wir gedanklich nicht gerüstet waren und einen Mitarbeiter nach der Unterschrift unter einen vergleichbaren Text heimfahren ließen, führte letztlich zu einer Kündigung des heimfahrenden Mitarbeiters ... die Vokabeln "Nötigung" und "versuchte Freiheitsberaubung" konnten wir nicht durchgehen lassen - das wäre eine schlechte Signalwirkung gewesen ...

    "Mit zunehmendem Abstand zum Problem wächst die Toleranz." (Simone Solga)
    "Toleranz ist das unbehagliche Gefühl, der andere könnte am Ende doch recht haben." (Robert Lee Frost)
    "Geben Sie mir sechs Zeilen von der Hand des ehrenwertesten Mannes - und ich werde etwas darin finden, um ihn zu hängen." (Kardinal Richelieu)
    "Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" (Antoine de Saint-Exupéry)

    "Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage?" (Edward Morgan Forster)

  • Hallo,

    bei uns ist das ganz klar durch einen Aushang geregelt. Bei kleineren Verletzungen wird der Verletzte mit einem Taxi und einem Ersthelfer (wenn der verletzte kollabieren sollte) ins Krankenhaus transportiert, bei grösseren Unfällen der Klino gerufen (siehe Anhang). So gibt es seitdem keine Diskussionen mehr.

    Gruß Frank

  • Kleinere Verletzungen = Schnittwunde am Finger, Prellung,etc.. - Transportfähig durch Taxi
    Brüche, Bewusslosigkeit,Quetschungen,etc.. = nicht Transportfähig durch Taxi, Krankenwagen-Notruf

    Hierbei muss man natürlich schnell und je nach Fall entscheiden, es kann natürlich auch sehr stark blutende Schnittwunde sein - das soll dann der jeweilige Vorgesetzte oder Ersthelfer für den Bereich entscheiden, man kann es nicht an Standards fest machen.

    Wichtig hierbei war uns, dass der Mitarbeiter nicht selbst mit dem Privatwagen zum Arzt oder ins Krankenhaus fährt (Gründe leuchten ein).

    Vor einer Woche hatten wir erst den Fall, dass eine Auszubildende bei der Hitze einfach umgefallen ist. Sie wurde zum Arzt transportiert und nach Behandlung wieder in die Firma zurück. Das Angebot, von unserem Fahrer nach Hause gebracht zu werden, lehnte sie kategorisch ab, sie wollte selbst fahren. Ich wurde angerufen und habe sie mir angesehen - sie war bleich und zitterte. Da habe ich ganz klar entschieden, dass sie nicht allein fährt, sondern gefahren wird. Da hätte auch eine Einverständniserklärung "Auf eigene Verantwortung" unser Gewissen nicht beruhigt.

    Wie gesagt, dass muss kurzfristig und je nach Fall entschieden werden.

    "Manche Leute wollen immer glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben."
    Heinz Erhard

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  • Danke für die Info, Ich frage nur weil die "Eine" oder "Andere" Firma/Behörden in meinem Bereich die gleichen Sorgen haben.
    Bei einigen Behörden hat ein Infobrief ihrer Unfallkasse für Verwirrung gesorgt, in dem die Empfehlung gegeben wurde ein Taxi anzurufen, anstatt eines Rettungswagens (Kostengründe). Nun hatten die Ersthelfer sorge das Sie eventuell für Kosten aufkommen müssen wenn Sie einen RTW bestellen.


    In der vorletzten Zeile darauf der Hinweis gegeben, das im Zweifelsfall,
    immer der Rettungsdienst zu informieren ist

    Natürlich muss kein Ersthelfer für die Kosten aufkommen!!!!!

    Ich sag es den Leuten schon seit 20 Jahren,das dieses nicht MÖGLICH ist!!! Kein Ersthelfer braucht für die Kosten aufkommen, selbst wenn es ein Fehleinsatz ist. 8o
    .

    Aber dein Indikations-Katalog kommt da ja schon sehr auf den Punkt!

    Gruß
    Wolfgang

  • Ach hatte Ich vergessen:

    In den betreffenden Behörden/Ämtern ist es per Anweisung untersagt, Verletzte mit einem Privat-PKW zu transportieren. Ohne "Wenn" und "Aber".

  • Hallo zusammen,
    is zwar verdammt lang her bei mir (Rettungsdienst), aber ihr solltet immer auf der sicheren Seite sein -- Rettungswagen.
    Bei der schönen Abstufung Taxi--RTW, was ist mit einem Schock, der sich eventuell erst auf der Fahrt mit dem Taxi richtig bemerkbar macht.

    Ansonsten hat unser Marderhunter vollkommen recht, bei einer Fehlalarmierung braucht niemand für die Kosten eines RTW Einsatzes aufzukommen.
    Anders ist es allerdings bei den allzeit beliebten Alarmierungen der Feuerwehr aus Jux und Dollerei.

    Es grüßt der alte Löschknecht Dental 8):D

    Ergänzung:
    Einschätzung vor Ort

    Unterliegt dem Ersthelfer, zur not Vorgesetzte hinzuziehen im öffentlichen Bereich die Pol.
    War in der chem. Industrie tätig, dort sind wir selbst nachts für mikroskopisch feststellbare Schnittwunden rausgefahren.
    andernfalls könnte es als unterlassene Hilfeleistung ausgelegt werden.

    Deine Freiheit hört dort auf, wo die des anderen anfängt.

  • Ich denke mal, es ist auch immer eine gewisse Gradwanderung. Ausrutscher nach oben oder nach unten werden sich nie vermeiden lassen.


    So genug getratscht, nu werde Ich ma Essen kochen, sonst jibbet Zoff mit der Chefin! ;)

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  • Bei der schönen Abstufung Taxi--RTW, was ist mit einem Schock, der sich eventuell erst auf der Fahrt mit dem Taxi richtig bemerkbar macht.


    ...daher soll ja ein Ersthelfer im Taxi mitfahren, damit er sofort reagieren kann!Beide sollten hinten sitzen und den Taxifahrer nicht stören! :thumbup:

    "Manche Leute wollen immer glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben."
    Heinz Erhard

  • Oh
    Sorry Franky, da kann ich nicht mitlaufen. Der Ersthelfer hat im Taxi kaum ein Chance den Schock zu bekämpfen.
    ER kann nur etwas beruhigend einwirken.
    Der Transport sollte hier echt im RTW erfolgen um eine Behandlung bereits vor dem Transport zu ermöglichen und eine entsprechende Lagerung des Pat. sicher zu stellen.

    LG Dental :D8)

    Deine Freiheit hört dort auf, wo die des anderen anfängt.

  • :moin:

    Erst mal allen vielen Dank für die wirklich guten Antworten. Ich meine, dass wir damit unserem Ziel einen guten Schritt näher gekommen sind. Als erstes bleibt festzuhalten, dass unsere Regelung gar nicht so schlecht ist. Rettungswagen hin oder her. Wir holen nicht in jedem Fall gleich den RTW, auch wenn einige Sanitäter oder Ausbilder beim DRK o.a. es so favorisieren. Wir haben nun eine Entscheidungsmatrix RTW/Taxi, die allen unseren Mitarbeiter helfen soll die richtige Wahl zu treffen. Mit dem Taxi einen Leichtverletzten zu transportieren, ist kein großer zusätzlicher Aufwand und es entlastet unsere Mitarbeiter, die eventuell den Krankentransport mit Firmen-PKW hätten ausführen müssen. Durch den Taxitransport ist zudem gewährleistet, dass bei Problemen während der Fahrt jederzeit über Funk Hilfe jeglicher Art geordert werden kann. Auch ein finanzieller Aspekt ist darin verborgen. Auch unsere BG begrüßt diese Vorgehensweise (RTW ist teurer als Taxi). Die verunfallten/erkrankten Mitarbeiter müssen für den Taxitransport auch nicht bezahlen. Die von uns beauftragte Taxizentrale (Verbund mehrerer Taxiunternehmen) rechnet mit uns quartalsweise ab. Diese Rechnung geben wir in Form einer Sammelrechnung an die BG weiter, so dass wir von der BG einen Gesamtbetrag für das jeweilige Quartal überwiesen bekommen. Die Situation, dass sich ein Mitarbeiter dagegen wehrt, dass er transportiert werden soll und lieber selber fahren will, haben wir damit geregelt, dass es ab sofort einen internen Aushang gibt, der dieses Anliegen verbietet. Dies wurde mit den Verantwortlichen im Betrieb und mit dem Betriebsrat gemeinsam abgestimmt. Alles in allem ist dies jetzt ein rundum schlüssiges Verfahren, welches sich in der Praxis sehr gut umsetzen lässt. Nochmals ein dickes Dankeschön für alle Beiträge. :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:

  • Hallo Ihr,

    dieses Thema kommt an unseren Ersthelfer- Regelterminen jedesmal hoch. Erst gestern wieder.....

    Wir haben vor 2 Jahren festgelegt, wie ein Krankentransport zu erfolgen hat. Generell ist der RTW oder der KTW zu holen, bei "kleineren" Verletzungen wie Schnittwunden oder Quetschungen in Begleitung eines Ersthelfers mit dem Taxi. Da wir in einem Touri- Gebiet leben, kann es in den Sommermonaten dauern, bis ein Taxi verfügbar ist. Für einen solchen Fall und nur als allerletzte Möglichkeit mit dem Privat PKW + zusätzlichen Ersthelfer. Allerdings kommt hier die Frage auf....wer zahlt, wenn der private Krankentransport aus welchen Gründen auch immer verunfallt....?

    Meine Ersthelfer tun sich sehr schwer mit unserer Regelung. Sie sehen es als verantwortungslos, wegen einer "minimalen" Verletzung den Rettungsdienst zu rufen. Ein anderer Mensch der eventuell 5 min später einen Herzinfarkt hat benötigt, benötigt den RTW dringender wie der der sich in den Finger geschnitten hat. Die Argumentation kann ich ein Stück weit verstehen...

    Grüßle vom sonnigen Bodensee

    Elke

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
    (Kurt Tucholsky)

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  • Hallo an alle.

    Ich weiß nicht, was Ihr alle habt. Bei uns geht alles nur mit Krankenwagen, da gibts kein wenn und kein aber. egal ob Schnittverletzung, oder der Kopf unterm Arm. ich lass mich da auf keine Diskussion ein.
    Elke: wenn ein Krkw einen mit Herzinfarkt transportiert und 5 Minuten später hat ein anderer einen Herzinfarkt, dann wirft man den ersten raus? :whistling: .

    Da kann man bestimmt lange darüber Diskutieren und jeder hat eine andere Meinung dazu. Jeder muß für sich und seinen Betrieb das Beste herausfinden.

    Mit oberschwäbischen Sicherheitsgrüßen
    Ritschi

    Ich denke, also bin ich. Und ab jetzt Frührentner.|?