Betriebsarzt und Impfungen

ANZEIGE
ANZEIGE
  • Hallo Sifa-Welt

    auch ich habe da mal eine Frage:

    Im Zusammenhang mit der neuen ArbMedVV vom 24.12.2008 ist offensichtlich eine schon länger bestehende Problematik in der rechtlichen Einordnung der Durchführung von Impfungen durch den Betriebsarzt wieder in die Diskussion gekommen.

    Insbesondere die Fragestellungen:

    „Ist ein Betriebsarzt überhaupt (nach ASiG und ArbMedVV) ermächtigt und berechtigt Impfungen durchzuführen, oder darf das nur ein niedergelassener Arzt?“

    und

    „Welche rechtlichen Folgen ergeben sich in diesem Fall bei Impfschäden?“

    sind offensichtlich noch nicht endgültig geklärt.

    Ausgangspunkt dieser Fragestellungen ist ein Artikel in der Zeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ Ausgabe 2/09, Seite 123 zu diesem Thema.

    Ist dieses Problem überhaupt schon einmal an Euch herangetragen worden?
    Gibt es da von Euch Erfahrungen, Regelungen, Vereinbarungen mit Bertriebsärzten o.ä. zu diesem Thema?

    PF

    Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen
    (Mark Twain)

  • ANZEIGE
  • Hallo forman,

    ich kenne den Artikel nicht. Daher ist mir nicht klar wo das Problem liegen soll.

    Warum sollte der Betriebsarzt nicht dazu berechtigt sein?

    Die ArbMedVV sagt doch nur:
    Bei biologischen Arbeitsstoffen, die in nachfolgender Tabelle als impfpräventabel gekennzeichnet sind, hat der Arbeitgeber zu veranlassen, dass im Rahmen der Pflichtuntersuchung nach entsprechender ärztlicher Beratung ein Impfangebot unterbreitet wird. Eine Pflichtuntersuchung muss nicht durchgeführt werden, wenn der oder die Beschäftigte bereits über einen ausreichenden Immunschutz gegen diesen biologischen Arbeitsstoff verfügt. Die Ablehnung des Impfangebotes ist allein kein Grund, gesundheitliche Bedenken gegen die Ausübung einer Tätigkeit auszusprechen.

    Zu den Impfschäden: auch ein Betriebsarzt braucht eine Berufshaftpflicht und muss aufklären.

    Bei uns gibt es Aufklärungsbögen und zuerst folgenden Hinweis:
    .....Aufklärung vor Impfungen:

    Vor der Durchführung einer Schutzimpfung hat der Arzt die Pflicht, den Impfling über die zu verhütende Krankheit und die Impfung aufzuklären, damit er/sie über die Teilnahme an der Impfung entscheiden kann. Um eine möglichst umfassende Aufklärung zu gewährleisten, liegen ab sofort schriftliche Aufklärungsbögen zu den einzelnen Impfungen in der Betriebsärztlichen Abteilung aus. Wir bitten Sie, sich diese Informationen vor der Impfung durchzulesen. Bleiben danach noch Fragen, können Sie diese im Gespräch mit einem der Betriebsärzte persönlich klären. Danach bitten wir Sie um eine schriftliche Einwilligung zur Impfung............

    Das ist bei einem niedergelassenen Arzt ja nicht anders.

    Zitat

    Aus einer Info der BauA: Müssen Beschäftigte sich impfen lassen? In Deutschland besteht grundsätzlich keine Impfpflicht. Das Infektionsschutzgesetz sieht nur für besondere Fälle vor, dass Impfungen vorgeschrieben werden können. Die BioStoffV kennt deshalb nur das Impfangebot, das in der Regel im Rahmen einer Pflichtuntersuchung zu unterbreiten ist. Der Beschäftigte kann deshalb - ohne Konsequenzen befürchten zu müssen - das Impfangebot ablehnen. Eine nicht ausreichende Immunität gegenüber einem impfpräventablen biologischen Arbeitsstoff ist alleine kein Grund, gesundheitliche Bedenken auszusprechen.

    Könnstest Du das Problem etwas genauer schildern?

    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

    • Offizieller Beitrag

    Hallo forman,

    deine fragen haben mich auch sehr interessiert und hab diese direkt an unseren BA weiter gegeben :D
    Er war erstmal verwundert über die Fragen und sagte mir, dass natürlich die Betriebsärzte Impfen dürfen, schließlich gehöre das mit zum Präventionsprogramm.
    Für die Allgemeinheit gilt:
    Alle Impfungen die durch das Robert Koch Institut empfohlen werden und Patienten dabei ein Impfschaden erleiden, diese durch das Versorgungsamt gesichert sind.
    Alles weiteren Impfung die für den Betrieb notwendig sind wie z.B. FSME, Hepatitis usw. werden durch die BG’en gesichert.

    Er sagte mir auch das es bei der Ärztekammer ein Schriftstück gibt, wo explizit darauf eingegangen wird das BA auch Impfen dürfen, in der Vergangenheit gab es öfter Diskussionen zu diesem Thema :D

    Ich hoffe das unser BA mir dieses Schriftstück von der Ärztekammer zur Verfügung stellt.

    Alle sagten: Es geht nicht. Da kam einer, der das nicht wusste und tat es einfach.(Goran Kikic)

    Wer nichts weiß, muß alles glauben. (Marie von Ebner-Eschenbach)
    „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
    (Sapere aude)

  • awen
    der Sachverhalt der Notwendigkeit einer Impfung an sich, ist in diesem Zusammenhang erst einmal unbestritten und nicht Gegenstand der Diskussion. Hier geht es offensichtlich darum, dass der Betriebsarzt den Impfvorgang als solchen gar nicht durchführen dürfen sollen, können, ....

    toni:
    "... in der Vergangenheit gab es öfter Diskussionen zu diesem Thema ..."
    Genau!
    Und das neue ArbMedVV hat dazu wiederum keine Regelungen gefunden, das diese Diskussion nun endlich erledigt wäre.

    In dem von mir erwähnten Artikel (habe im Moment leider keine online-Version oder Link davon) werden folgende Thesen vertreten:

    - Das ASiG (§3 Abs 1 Satz 2) ist die Zielvorgabe für den Betriebsarzt: Diese besteht in der Beratungs- und Untersuchungspflicht. Eine ausdrückliche Regelung zum Thema Impfen zugunsten des Betriebsarztes ist darin nicht enthalten!

    - Die neue ArbMedVV hätte keine neue weitere Differenzierung zum Aufgabenbereich des Betriebsarztes vorgenommen. Im weiteren berücksichtigen die §§ 3 Abs. 2 Satz 1 und 2, 2 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs 3 Satz 1 ArbMedVV für den Betriebsarzt ausschließlich eine beratende Funktion, aber keine rechtfertigende Indikatorstellung, um Impfungen selber durchzuführen.

    - Impfungen würden typische Leistungen von niedergelassenen Ärzten sein, Betriebsärzte hätten im Normalfall keine Zulassung als Kassenarzt (außer er betreibt nebenher noch eine eigene Praxis)

    - Auch in der BioStoffV ist nicht geregelt, dass der Betriebsarzt die Impfungen vornehmen kann.

    - Kommt es bei eine betriebsärztlich vorgenommenen Impfung zu Komplikationen, muss der Kassenarzt (nicht der Betriebsarzt) die Behandlung vornehmen und den resultierenden Impfschaden der Krankenkasse melden. Angeblich (nach dem Artikel) wäre in diesem Fall nicht geklärt, wer die Kosten der Behandlung zu tragen hätte.

    Im Ergebnis dieses Artikels wird Unternehmen geraten, die vorgegebenen Aufgabenbereiche des Betriebsarztes genau einzuhalten, um haftungsrechtliche Schwierigkeiten zu vermeiden.
    Der impfende Betriebsarzt würde sich in einer juristisch bedenklichen Lage befinden, da er für diesen Fall keine Ermächtigungsgrundlage hätte.

    Ich halte diesen Artikel für polemisch und in der Sache wenig hilfreich, da das alte Problem nur wieder "aufgewärmt" wird und keine praktikable Lösung für alle Seiten aufzeigt.

    PF

    Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen
    (Mark Twain)

  • ANZEIGE
  • Zitat

    Original von forman
    awen
    der Sachverhalt der Notwendigkeit einer Impfung an sich, ist in diesem Zusammenhang erst einmal unbestritten und nicht Gegenstand der Diskussion. Hier geht es offensichtlich darum, dass der Betriebsarzt den Impfvorgang als solchen gar nicht durchführen dürfen sollen, können, ....
    PF

    Ich hatte das auch so verstanden, dass nur die Zuständigkeit des Betriebsarztes angezweifelt wird.

    Also haftungsrechlich hab ich keine Ahnung, aber da haben toni und sturm ja was gesagt.

    Meines Erachtens dürfen Betriebsärzte impfen, weil z.B. Hepatitis Impfungen eindeutig der Prävention dienen und Prävention gehört ja nun mal zu den Aufgaben des BA

    Grüße
    Awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hallo awen,

    sowohl ich, als offensichtlich viele andere, einschließlich Betriebsärzte, auch sehen das genauso.
    Dennoch denke ich, gibt es hier einen unbefriedigenden rechtlichen Spielraum, der möglicherweise für Betroffene unangenehme Folgen haben könnte.

    Im Netz habe ich zum Thema noch ein paar andere Links hierzu gefunden:

    http://www.gesundheitsamt-bw.de/servlet/PB/men…ml?ROOT=1133583

    http://www.vdbw.de/de/arbeitsmedizin/impfungen.php

    http://www.vdbw.de/de/aktuelles/n…riebsaerzte.pdf

    http://www.baua.de/nn_41416/de/Th…html?__nnn=true

    http://www.vdbw-online.de/de/aktuelles/archiv/2006_01_10.php

    PF

    Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen
    (Mark Twain)

    • Offizieller Beitrag

    hallo forman,

    ich habe den artikel von meine betriebsarzt bekommen, auf der letzten seite unter fazit ist es zusammen gefasst.

  • Hallo Toni

    diesen Artikel hatte ich auch schon gesehen (siehe meine Linkliste im Artikel oben)
    Der ist aber noch von 2006 (!).

    Der von mir zitierte Artikel ist vom Febr. 2009 und im Zusammenhang mit der In-Kraft-Setzung der neuen ArbMedVV erschienen.
    Meine Betriebsärztin kannte den auch noch nicht. Sie hat erst mal den Kopf geschüttelt und will sich noch mal in ihren Fachkreisen beraten.

    Peter

    Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen
    (Mark Twain)

  • ANZEIGE