Übergang von Selbstbestimmtheit zur Arbeitgeberpflicht - Wie sage ichs dem Vorgesetzten?

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  • Ich glaube, Du machst Dir das Leben ier unnötig schwer (oder habe ich das Problem nicht verstanden?).

    Hallo Regelwerk,

    ich fürchte tatsächlich zweiteres. ^^

    Das Verhalten und Mitwirken der Mitarbeiter ist noch nicht das Thema. Das kriegen wir hin, wenn wir mal die GBU BdA, passende PSA und Betriebsanweisungen haben. Dann können wir zusammen mit dem Betriebsarzt aufklären, unterweisen und Sonnenschutzcreme und Zeckenzangen verteilen. Das wird schon. Und bei solchen Themen rechne ich mit wenigstens mildem Interesse.

    Die Frage ist aber erstmal, wie man dem Arbeitgeber (Vorstand, Geschäftsführer, Eigentümer usw.) auf verträgliche Weise vermittelt, daß er weitreichende Verantwortung für Mitarbeiter hat, und dabei eine deutlich wahrgenommene Diskrepanz zwischen "Du mußt das machen!!!" in der Arbeitszeit und "Da hast Du Dich rauszuhalten!" in der Freizeit besteht. (Ausnahmen bestätigen die Regel)

    Ziel ist, nicht einfach Paragraphen aufzuzählen, sondern das vernünftig rüberzubringen.

    Da arbeite ich gerade für mich dran. Immerhin habe ich das Problem nachher in mehreren Arbeitssystemen.

    PS: Das "Akzeptiert" bei Arbeitsschutzzielen als gegeben anzunehmen, sehe ich als Trugschluß - egal, wie oft das bei der BG aufgeschrieben wird.

    Gruß

    Thilo

    "...denn bei mir liegen Sie richtig!"

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  • Thilo,

    Grundsätzlich ist allerdings der "Da hast Du Dich rauszuhalten - Ansatz" schon der richtige.

    Als verantwortungsvoller AG mit Wissensvorsprüngen z.B. in Sicherheit- und Gesundheitsschutz kann ich natürlich versuchen, auf meine Beschäftigten Einfluß zu nehmen. Wenn ich es schaffe, Bewußtsein zu schaffen und zu ändern gelingt mir das auch, aber...

    ausser der moralischen Verpflichtung sind meiner Verantwortung dem Privatleben meiner Beschäftigten gegenüber sehr enge Grenzen gesetzt - zurecht!

    Worauf möchtest Du denn tatsächlich hinaus?!?!

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Worauf möchtest Du denn tatsächlich hinaus?!?!

    Auf die ursprüngliche Frage:

    Wie kann ich dem Arbeitgeber annahmeverträglich* vermitteln, daß es Dinge gibt, bei denen der Arbeitgeber durch den gesetzlichen Arbeitsschutz handeln muß?

    (An sich eine definierte Kernkompetenz der Sifa, an der ich gerade arbeite, weil mein Weg nicht funktioniert.)

    Das betrifft z. B. Sonnenschutz bei der Arbeit, Unterweisungen zu Zecken (FSME, Borreliose) bei Arbeit im Grünen, Unterweisungen zu Fahrten mit dem Dienst-Pkw, Gefahrstoffzeugs beim Umgang mit Putz- und Reinigungsmitteln und und und.

    Alles Dinge, die im Privatleben unreglementiert sind, im gewerblichen/beruflichen Umfeld abhängig von der Exposition aber völlig anders aussehen können.

    Das oben schon mal angesprochene "aber das steht doch in Paragraph sowieso" hilft hier nicht dabei, das Thema konstruktiv zu vermitteln.


    * : Ich hasse dieses Wort, hier paßt es aber ausnahmsweise mal einigermaßen.

    Gruß

    Thilo

    "...denn bei mir liegen Sie richtig!"

  • Aaaaahh! Dann war ich in der falschen Richtung unterwegs - boing!!!

    Ein Ansatz ist sicher der, genau das anzusprechen: " Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps!"

    Dies betrifft Rechte und Pflichten beider Seiten.

    Ich hab' immer gerne mal gefragt: "Warum dürfen die Gärtner kein Bier trinken, wenn sie den Rasen vor dem Verwaltungsgebäude mähen - zu Hause gönnst Du Dir das im Sommer doch auch!?!?"

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Warum solllte eine Sifa die oberste Leitung überzeugen müssen (oder wollen)?

    Die oberste Leitung betreibt Arbeitsschutz

    a.) um Haftungsrisiken abzuwenden

    b.) um Gesundheit und well-being der MA zu fördern

    c.) um Unternehmenspolitik (z.B. ESG) umzusetzen

    d.) um zertifiziert zu werden

    Meistens sind AG extrinsisch motiviert (a, d und eingeschränkt c) , manchmal aber auch intrinsisch (b).

    Eine GF die nur Haftungsrisiken abwenden will und dabei "ressourcenschonend" handelt wird kein Interesse daran haben ihre MA anzuhalten tatsächlich Sonnencreme zu benutzen oder sich gegen FSME impfen zu lassen. Sie stellt Sonnencreme zur Verfügung und macht ein Impfangebot. Damit ist das Haftungsrisiko weitestgehend abgewendet und ob die MA das nutzen ist dann nicht mehr relevant.

    Die etwas abgezockteren AG machen kein Impfangebot und stellen keine Sonnencreme zur Verfügung und können trotzdem davon ausgehen, dass das keine Konsequenzen für sie haben wird. Weil: es wird nicht kontrolliert und die Wahrscheinlichkeit, dass eine Regressforderung der BG bei einer FSME kommt oder Hautkrebs als BK anerkannt wird, sind nahe Null, das Haftungsrisiko ist minimal.

    Was will ich da als Sifa daran ändern? Ich kläre den AG (dokumentiert) über seine Pflichten auf und das war's dann. Ich habe meinen Job gemacht und bin frei gemeldet.

    Wie soll ich ihn dazu bringen, dass er Arbeitsschutz nach b.) betreibt, wenn er das nicht selber will?

    Die einzige Chance für eine Bewusstseinsänderung beim AG wäre, dass viele MA mit FSME oder starkem Sonnenbrand ausfallen und das Geschäftsergebnis in Gefahr gerät - das passiert aber in der Praxis nicht.

    Eine Chance für eine Bewegung in die gewünschte Richtung bietet c.), das setzt aber voraus, dass z.B. eine Holding ihren Tochtergesellschaften sagt, dass ESG und damit indirekt auch die Gesundheit der Mitarbeiter neben dem Umsatz ein gleichwertiges Unternehmensziel ist.

    Bei einer GF nach b.) renne ich vermutlich offene Türen ein und brauche niemanden zu überzeugen.

    Also: die Handlunbgsmöglichkeiten als Sifa sind begrenzt und es ist m.E. auch nicht Aufgabe der Sifa, widerspenstige GF in eine bestimmte Richtung zu zwingen.

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  • Auf die ursprüngliche Frage:

    Wie kann ich dem Arbeitgeber annahmeverträglich* vermitteln, daß es Dinge gibt, bei denen der Arbeitgeber durch den gesetzlichen Arbeitsschutz handeln muß?

    (An sich eine definierte Kernkompetenz der Sifa, an der ich gerade arbeite, weil mein Weg nicht funktioniert.)

    Wenn der Arbeitgeber Deines von Dir betreuten Betriebs offenbar solche Verständnisschwierigkeiten hat, solltest Du dir das maximal bis zum nächsten Kündigungstermin Deines Vertrages ansehen und dann die Betreuung kündigen.

  • Bei einer GF nach b.) renne ich vermutlich offene Türen ein und brauche niemanden zu überzeugen.

    Wir sind bei b), allerdings noch mit dem Problem, daß Unternehmensgründer keine Pflichtveranstaltungen zum Arbeitsschutz besuchen müssen. Insofern sehe ich mich hier bis zu einem gewissen Grad in der konstruktiven Aufklärung.

    Wenn der Arbeitgeber Deines von Dir betreuten Betriebs offenbar solche Verständnisschwierigkeiten hat, solltest Du dir das maximal bis zum nächsten Kündigungstermin Deines Vertrages ansehen und dann die Betreuung kündigen.

    Sehe ich an sich auch so, allerdings ist bei uns das Potential da. Es braucht aber eine didaktisch sorgfältige Aufbereitung, um nicht gleich mit Paragraphen abzuschrecken. Ziel ist immer noch der Schutz der Mitarbeiter, und da muß ich als (bald-)Sifa auch mal die Zähne zusammenbeißen und mich auf die Zielgruppe einlassen. (Auf Baustellen ist das einfacher. Da entfällt die Höflichkeit schneller, weil die Zielgruppe robuster ist. ;) )

    Spätestens bei der Frage der Bestellung ist dann aber tatsächlich ein Entscheidungspunkt.

    Gruß

    Thilo

    "...denn bei mir liegen Sie richtig!"

  • Was will ich da als Sifa daran ändern? Ich kläre den AG (dokumentiert) über seine Pflichten auf und das war's dann. Ich habe meinen Job gemacht und bin frei gemeldet.

    Nimm mir doch nicht meinen Idealismus. ;)

    Selbst die BG fängt langsam an, mal zuzuhören. :D

    Gruß

    Thilo

    "...denn bei mir liegen Sie richtig!"