Arbeitsunfall endet mit Deal vor Gericht

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  • Halo zusammen,

    folgender Bericht stand bei uns heute in der Zeitung.

    Lokales13.01.2015 (Aktualisiert 19:37 Uhr)


    Nina Merkle
    Liebherr-Prozess endet mit Geldzahlung

    Wer Schuld an dem tragischen Unfall trägt, lässt sich nicht einwandfrei klärenGegen drei Führungskräfte von Liebherr ist in Ehingen verhandelt worden.

    Archiv </ADDRESS>
    Ehingen sz Bei einem tragischen Arbeitsunfall ist Ende Januar 2013 ein Angestellter der Firma Liebherr Ehingen ums Leben gekommen. Am Dienstag nun versuchte Richter Wolfgang Lampa beim Amtsgericht Ehingen zu klären, warum es zu dem Arbeitsunfall kam und wer daran eine Mitschuld trägt. Angeklagt waren drei führende Mitarbeiter der Firma.

    Doch um die Familie finanziell unterstützen zu können, einigten sich Anklage, Verteidigung und der Anwalt der Ehefrau, die als Nebenklägerin auftrat, auf einen juristischen Deal. Liebherr Ehingen wird der Familie einen fünfstelligen Betrag überweisen. Die drei Angeklagten müssen je 4000 Euro an die Staatskasse zahlen, dann wird das Verfahren gegen sie eingestellt. Der Deal, das machte Richter Lampa deutlich, sei die einzige Möglichkeit für die Familie, durch Liebherr finanziell unterstützt zu werden.


    Während der Spätschicht am 30. Januar vor zwei Jahren war der Mitarbeiter zwischen den Bohrer und ein Werkstück gekommen. Die Verletzungen am Brustkorb und an der Hüfte waren so schwer, dass der Familienvater noch an der Unfallstelle verstarb. Warum der Verunglückte genau an dieser Stelle stand und sich überhaupt verbotener Weise beim Werkstück und nicht in der sicheren Bedienkabine befand, konnte auch während der Verhandlung am Dienstag nicht geklärt werden.


    Laut Anklage ist die Praxis, die Sicherheitsmechanismen der Maschine zu manipulieren, bekannt gewesen. „Dadurch war der Unfall vorhersehbar und gilt daher als fahrlässige Tötung“, sagte die Staatsanwältin Ayfer Kaplan-Pirl. Doch dass diese Manipulation der Sicherheitsschranken gängig gewesen sei, dementierten die drei führenden Mitarbeiter. „Die Sicherheitsmechanismen an dieser Maschine wurde nicht dauerhaft manipuliert, sondern von einigen Mitarbeitern mit einem Metallstift manuell überbrückt“, erklärte einer der Führungskräfte. Dies sei aber geschehen, ohne dass die Vorgesetzten davon Kenntnis gehabt hätten. Insgesamt vier Manipulationen – zwei vor und zwei nach dem Unfall in Ehingen – waren von den Führungskräften entdeckt worden. Mündlich seien die Betroffenen damals abgemahnt worden.


    Ohne unsachgemäße Überbrückung nicht funktioniert

    Um im Inneren der Maschine, direkt am Werkstück nahe am Bohrer arbeiten zu können, hat wohl im Januar 2013 auch der tödlich Verunglückte die Maschine mit einem Metallstück manipuliert, mutmaßte Gutachter Roland Gaus, der vom Gericht als Sachverständiger hinzugezogen worden war. Denn, das machte der Sachverständige klar, in der in dieser Nacht eingestellten Betriebsart hätte die Maschine ohne die unsachgemäße Überbrückung nicht funktioniert. Auch machten die Angeklagten klar, dass eine Akkordprämie für die besagte Unglücksmaschine schon lange vor dem Unfall abgeschafft worden sei. So stand der Verunglückte mutmaßlich nicht aus Zeitgründen an dem Unfallort. Auch habe er dem Werkstück zugewandt innerhalb der Maschine gearbeitet und habe kein Werkzeug in der Hand gehabt, um den Bohrer zu wechseln, erklärte einer der Angeklagten. So sei auch ein Werkzeugwechsel keine Erklärung für das Unglück. Allerdings räumten alle drei auch ein, dass bei dem getöteten Mitarbeiter niemals einer dieser Metallstifte gesehen worden sei und er stets als vorsichtiger und verantwortungsvoller Arbeiter agiert habe.


    Hauptsächlich Einzelstücke werden mit dieser Maschine gebohrt, erklärte einer der beschuldigten Führungskräfte. Doch auch von der Sicherheitskabine aus, so versicherten sie, könnte man das Werkstück bei jedem Arbeitsschritt gut sehen. Deswegen sei es unverständlich, warum einige Mitarbeiter nicht in der Kabine stünden, während gebohrt wird.


    „Aber es muss doch einen Sinn geben, warum die Mitarbeiter die Sicherheitsmaßnahmen überbrückten“, fragte der Anwalt der Ehefrau, Süleyman Pozan. Einzig die Tatsache, dass einige Mitarbeiter es früher gewohnt waren, ohne die Sicherheitskabine zu arbeiten, sprach laut Ingo Hoffmann, Anwalt eines der Angeklagten für die Tatsache, dass dies geschehen sei.


    Nach einer kurzen Prozessunterbrechung schlugen die Anwälte der Angeklagten und der Anwalt von Liebherr Ehingen, Hans-Peter Wientges, vor, das Verfahren mit einem Deal zu verkürzen und damit auch der Familie des Verunglückten zu helfen. Denn selbst wenn den Beschuldigten eine Mitschuld an dem Unglück nachgewiesen werden könnte, würde die Strafe zugunsten der Staatskasse und nicht der Familie gehen, erklärte Richter Lampa. „Dieses Verfahren kratzt an allen und der Familie soll eine entsprechende Zahlung zukommen“, sagte Ingo Hoffmann.


    Keine Wiedergutmachung, sondern Hilfe

    Zudem müsse man, so hart es klinge, nun auch von einem Mitverschulden des Getöteten ausgehen, ergänzte der Richter. So solle nun der Familie zwar keine Wiedergutmachung, aber immerhin eine finanzielle Unterstützung zukommen.


    Lange beriet sich Süleyman Pozan mit der Familie des Verstorbenen. Mit verheulten Augen kamen alle zurück in den Sitzungssaal. „Der Schmerz des Verlustes überwiegt alles. Doch ich konnte der Ehefrau erklären, dass das Schmerzensgeld eine gute Möglichkeit ist, das Verfahren abzuschließen“, erklärte der Anwalt.


    Damit auch die Beschuldigten künftig vehementer unterbinden, dass Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden, forderte die Staatsanwältin, dass zusätzlich jeder der drei Angeklagten 4000 Euro an die Staatskasse zahlt. Dann wird das Verfahren gegen die drei eingestellt.


    Mit oberschwäbischen Sicherheitsgrüßen

    Ritschi

    Ich denke, also bin ich. Und ab jetzt Frührentner.|?

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  • Für mich sieht dies nach Schutzbehauptungen der Führungskräfte aus.Ich zieh mir die Hose auch nicht mit der Beißzange an. Glaube nicht, das die von der gängigen Überbrückungen der Schutzvorrichtung nichts wussten,sondern dies stillschweigend duldeten.-ist bisher nix passiert und wird auch in Zukunft schon nix passieren-
    Stellt sich die Frage da einige Mitarbeiter schon deshalb abgemahnt wurden, warum keine andere oder zusätzliche Lösung eingebracht wurde.Da schon eine Abmahnung erfolgte,wußten Sie also von den Manipulationen
    Gruß Martin

  • Zitat

    Der Deal, das machte Richter Lampa deutlich, sei die einzige Möglichkeit für die Familie, durch Liebherr finanziell unterstützt zu werden.


    Ich bin kein Jurist und die Sache klingt auch komisch für mich, aber wenn ein Richter so etwas von sich gibt, dann finde ich persönlich, ist doch da was im Busch. Da wurde irgendwas hinter den Türen abgesprochen. Entweder steht mir ein Schmerzensgeld oder ein Schadensersatz zu oder nicht und das kann nicht davon abhängen ob es einen Deal gibt.

    Na ja man kann diesen Sachverhalt mal zur Kenntnis nehmen, wobei ich persönlich auch den Passus

    Zitat

    Zudem müsse man, so hart es klinge, nun auch von einem Mitverschulden des Getöteten ausgehen, ergänzte der Richter.


    Echt hart finde! Dann kann ich fast immer sagen, Mitarbeiter ist unterwiesen und wenn er eigenemächtig Schutzeinrichtungen außer Kraft setzt ist er Schuld. Dann bin ich als Führungskraft immer fein raus.

    :49:

    :bremse:

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  • ...Entweder steht mir ein Schmerzensgeld oder ein Schadensersatz zu oder nicht und das kann nicht davon abhängen ob es einen Deal gibt.


    Ich bin auch kein Jurist, aber Schmerzensgeld ist bei Arbeitsunfällen in der Regel ausgeschlossen. Schadensersatz eine Sache des Zivilrechts und hier ging es um einen Strafrechtsprozess.

    ...Dann kann ich fast immer sagen, Mitarbeiter ist unterwiesen und wenn er eigenemächtig Schutzeinrichtungen außer Kraft setzt ist er Schuld.


    Das ist ganz klar die Rechtslage, siehe SGB VII §21, Absatz 3. Wer gegen diese gesetzliche Vorgabe verstößt muss damit rechnen, dass sein zivilrechtlicher Anspruch erlischt oder gemindert wird und genau darauf hat der Richter hingewiesen. Meiner Meinung nach hat er hier eben aufgezeigt, dass nach seiner Einschätzung der Sachlage die Chancen in einem Zivilprozess für die Familie recht gering sind. Gleichzeitig hat er auch akzeptiert, dass wohl das Verschulden der 3 Angeklagten als relativ gering anzusehen ist, so dass er dem "Deal" zustimmen konnte.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • „Die Sicherheitsmechanismen an dieser Maschine wurde nicht dauerhaft manipuliert, sondern von einigen Mitarbeitern mit einem Metallstift manuell überbrückt“


    Ich hab jetzt den Satz dreimal gelesen und weiß nicht so genau ob ich jetzt heulen oder laut lachen soll. "nicht dauerhaft manipuliert" nur halt mal kurz "überbrückt". Ist ja auch nicht sooooo arg schlimm, wenn ichs pro Schicht nur ein, zwei, drei Mal überbrücke. Kommt in den Besten Familien vor..... Ist ja auch nicht so schlimm. Wie siehts dann aus, wenn ich zu Anfang der Schicht überbrücke, und die Überbrückung am Ende wieder löse? Ich hab einmal überbrückt, ist ja aber nicht dauerhaft.
    Gehts eigentlich noch?
    Und "mündlich" abgemahnt = nicht abgemahnt, da ich es nicht beweisen kann wann, wie und was abgemahnt wurde.

    Mike

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    Irgendwann gehe ich zur BG und lasse mir den Arbeitsschutz als Berufskrankheit anerkennen...

    Wisst ihr was das Schlimmste ist? Wenn nicht.. .klickt hier ....

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    Mike