Thema: Beratung zur Inbetriebnahme einer neuen Abfüllanlage ( Pharmazeutische Industrie)

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  • Hallo Menschenschützer,

    ich stehe wie der Ochs vorm Berg mit diesem Thema, ich arbeite nicht in diesem Betrieb und habe sowieso wenig Praxiserfahrung als FASI.
    Das Problem ist, dass ich zwar das Praktikum dort gemacht habe aber diese Abfüllanlage befindet sich noch im Aufbau. Es gibt keine Tätigkeitsbeschreibungen der MA, es wird ein ganz neues System - sterile Abfüllung. Ich habe zwar jede Menge Unterlagen und es wurden auch schon objektbezogenene Gefährdungsbeurteilungen gemacht.

    Bei einer ersten Begehung haben sich 37! Gefährdungen ergeben. Ich habe mir vor allem den Einsatz der PSA vorgenommen. Nur dass die PSA letztendlich einen Produktschutz darstellt. Ist es dann überhaupt noch eine PSA oder nicht sogar ein Arbeitsmittel?
    Ach, mir rauscht im Moment der Schädel :do: und ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Das ganze wird eher eine theoretische Angelegenheit, eigentlich ja ganz im Sinne der Aufgabe, oder? Der FASI vor Ort ist ein alter Hase, sehr hilfsbereit und erfahren aber er hat seine ganz eigene Herangehensweise und war oft nicht anwesend, also habe ich mich selbst im Betrieb (ca. 450 MA) auf die Socken gemacht um Informationen zu bekommen. Theorie und Praxis, sag ich da nur.. Oder, ich sehe das zu kompliziert.

    Bin etwas ratlos.. Liebe Grüße Ulrike

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  • Hi Ulrike,

    das kenne ich. Also erstmal: tief durchatmen und locker bleiben.

    Ich kenne leider keine Abfüllmaschine im Pillenbereich, aber, "meine" sind größer und ich habe eine Menge davon. Damit du eine Vorstellung hast: es kommen Beutel raus in der Größe von 5 bis 80 Litern Inhalt.
    Doch jetzt mal los.
    Du hast viele Gefährdungen gefunden. Das ist doch schon einmal etwas. Wie sieht es mit dem Grundlegenden aus: Der Hersteller hat ein CE-Kennzeichen angebracht? Du hast eine Bedienungsanleitung? Anderes schriftliches Material? Super. Hat der Hersteller eventuell schon eine fertige Gefährdungsbeurteilung?

    Grundsätzlich:
    das Maschinchen bekommt INPUT, also Rohmaterial und Verpackungsmaterial. Hier aus der Sicht des Bedieners rangehen. Was muß der da machen? Kann der sich die Finger klemmen, sich verbrennen, sich schneiden, irgendwo eingreifen und sich die Hand abreißen? Der Hersteller verlangt zur Bedienung diverse Handgriffe. Hier könnten die Gefahren lauern.
    Das Maschinchen hat OUTPUT. Genauso sehen. Der Mitarbeiter muß bei Störungen eingreifen. Er muß auf ein anderes Produkt umrüsten. Er muß Verschleißteile wechseln.
    Die Maschine steht im Verbund mit anderen Maschinen da? Also Verkettung von Not-Aus und Störungen? Gibt es Berührungen mit Gabelstaplern oder Mitgängern?
    Druckluft vorhanden? Beleuchtung? Lärm? Physische Faktoren? Und ... und ... und.

    Ein komplexes Thema. Leider kenne ich deine Problematik nicht persönlich. Vielleicht nimmst du meine Themen auf und setzt viele kleine Steinchen dann hintereinander. Jedes Steinchen hat eine Gefährdung oder nicht?

    Wenn ich den Ablauf einer Maschine nicht verstehe, dann hole ich mir "den" Bediener und lasse ihn erklären. Wenn ich meine das verstanden zu haben, wiederhole ich dem Bediener das. Und wenn der jetzt sagt: Jo, dann habe ich es auch geschnallt. Ich will damit sagen, dass du wissen mußt, was in dem Ding abgeht. Alles andere wäre blanke Theorie und bringt nichts.

    Ich finde, der Einsatz von PSA an einer Maschine sollte das letzte sein. Erst irgendwie die Gefährdungen abstellen.


    Kopf hoch.

    Weitere Rückfragen gerne,

    der Waldmann.

    .
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    .
    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Liebe Ulrike,
    Glückwunsch zum Thema. Für die Anwendung der Ausbildungsinhalte zum Nachweis Deiner Befähigung als zukünftige Sifa ist es wesentlich leichter, ein Thema zu haben, das völlig neu ist. Denn das bietet die Chance für ein ehrliches, strukturiertes Vorgehen nach "Lehrbuch".

    Ziel des Praktikums ist, mittels LEK 2 nachzuweisen, dass Du die Ausbildungsinhalte verstanden, den Handlungszyklus anwenden und verschriftlichen kannst. Ziel ist nicht, die Arbeitwelt aus den Angeln zu hebeln. Auch im Arbeitssystem Abfüllanlage "wird nur mit Wasser gekocht".

    Vorschlag
    Wie wäre es denn, über die Empfehlungen von Waldmann hinaus, einen Tag an der Maschine richtig zu arbeiten /zu hospitieren?
    Danach priorisierst Du die Gefährdungen nochmal mit neuem Blick.
    Ich stimme zu: PSA muss an letzter Stelle kommen - das wäre zu einfach, nur hierauf den Blick zu werfen.

    Also, ran an die Anlage.

    Hildegard Schmidt

    Ergonomiecampus

  • Hallo Hildegard,

    Wie wäre es denn, über die Empfehlungen von Waldmann hinaus, einen Tag an der Maschine richtig zu arbeiten /zu hospitieren?
    Danach priorisierst Du die Gefährdungen nochmal mit neuem Blick.
    Ich stimme zu: PSA muss an letzter Stelle kommen - das wäre zu einfach, nur hierauf den Blick zu werfen.

    Das nehme ich als SiFa-Azubi als Lob.

    Danke.


    der Waldmann

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    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)

  • Hallo Hildegard und Waldmann,

    vielen Dank für Eure Vorschläge und Unterstützung.

    Zur Erklärung, es sollen sterile, chemische Flüssigkeiten abgefüllt werden. In unterschiedlichen Flaschengrößen. Die Maschine entspricht dem Stand der Technik und hat auf jeden Fall ein CE - Zeichen. Ich muss nur die Unterlagen studieren, Plichten- und Lastenheft. Alles da, zum Glück..davon abgesehen werde ich mir all Eure Tipps aber zu Herzen nehmen, das ist schon mal sicher.

    Hospitieren geht leider nicht, weil die Maschine noch im Aufbau ist. Es wurden schon Wasserläufe durchgeführt. Das ganze Drumherum, angerenzende Arbeitssysteme und Raumtechnik, alles im Aufbau. Ebenso die Personalplanung, da wird es mein Job sein, festzustellen ob Frauen, die üblicherweise in diesem Betrieb solche Maschinen bedienen, überhaupt geeignet sind. Von wegen Lastenhandhabung. Da kann ich was tun, das ist schon mal super. Ich habe probeweise einen Sack mit zu befüllenden Flaschen angehoben, wiegt ca. 5kg..wieviel Hebungen pro Schicht muss ich noch ausrechnen.

    Mit MA kann ich nicht sprechen weil noch niemand dran arbeitet aber ich werde mich informieren wann die Anlage betriebsbereit ist, könnte aber noch Monate dauern. Dann soll der Bericht schon fertig sein.

    Die PSA muss aus wegen des Produktschutzes getragen werden. Die MA werden alle komplett verhüllt sein, weil das Produkt nicht verunreinigt werden darf. Da gilt es, die für die MA am besten geeignete auszusuchen. PSA, im eigentlichen Sinne, kann man das dann ja gar nicht nennen. Produktschutzausrüstung schon eher.

    Zu allem Überfluß habe ich auch noch einen neuen Job angefangen und bin in der Einarbeitungsphase, so dass ich momentan den Kopf sowas von voll habe. Aber richtig, ruhig durchatmen..das wird schon werden.

    Schön, einen Schritt vor den anderen. Bin heilfroh hier bei Euch zu sein...Das hilft ungemein..

    Vielen Dank und bis bald.. :gg:

    :81: as soon as possible..Ulrike

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  • Hallo Ulrike,

    kannst du eventuell Kontakt zum Hersteller aufbauen?
    Auch wenn euer Maschinchen ein Einzelstück ist, im Kern besteht es aus Bausteinen, die der Hersteller IMMER verwendet. Vielleicht gibt es irgendwo in deinem Umfeld Referenzanlagen und du könntest einmal schnuppern gehen?

    Was ich jedoch nicht nachvollziehen kann ist die Zeit für den Aufbau. Monate. Davon träume ich. Immer wenn ich etwas neues bekomme steht ein straffer Zeitrahmen und hier wird dann innerhalb von Tagen alles aufgebaut und in Betrieb genommen. Die fertige Maschine sehe ich live schon beim Hersteller. Dort kann ich den Entstehungsprozeß begleiten und mache die Abnahme unter normalen Bedingungen.

    Mach dir nicht soviel Streß. Versuche nicht alles perfekt zu machen. Das geht einfach nicht. Nimm dir Zeit für dich und deine Lieben und tanke deinen persönlichen Akku auf.

    Also, Kopf hoch und viel Erfolg. Das wird.

    Der Waldmann

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    ... viele Grüße vom Waldmann.


    "Et kütt, wie et kütt."
    (kölsche Zuversicht)