Gefährdungsbeurteilung, Absturzgefährdung Flachdach

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  • Hallo zusammen,

    ich habe im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung "Absturzgefährdung Flachdach" in ein "Wespennest gestochen". Hintergrund: Wir haben zahlreiche Kliniken welche über Flachdächer verfügen, auf diesen sich auch Anlagen (Lüftung, Klima usw.) befinden. Das Thema Verkehrswege zu den Anlagen (außerhalb des Absturzbereiches) ist klar. In sehr geringen Umfang, teils auch in großen Zeitabständen, sind aber auch Tätigkeiten im Absturzbereich an der Attika (Dacheinläufe, Blitzschutz, Kontrollen) durch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte von Nachunternehmern notwendig. Die Gesetze, sowie staatlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften zu dem Thema sind mir klar und bekannt (Technischen Maßnahmen als Absturzsicherung oder Auffangeinrichtungen, kollektive Maßnahmen). Die technischen Maßnahmen sind bisher kaum vorhanden. Die technischen Führungskräfte sträuben sich etwas die technischen Maßnahmen zu veranlassen, "ist ja viel zu teuer, warum wurde das nicht schon beim Bau veranlasst" bla bla bla.

    Jetzt zu meiner eigentlichen Frage: In der TRBS 2121 ist unter "4 Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz" folgendes geregelt:

    "Sind aufgrund der Eigenart des Arbeitsmittels oder der durchzuführenden Arbeiten Absturzsicherungen oder Auffangeinrichtungen nicht geeignet oder nicht möglich, ist die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz vorzusehen. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz sind z. B. Auffanggurte, Höhensicherungsgeräte und Trägerklemmen".

    Wie würdet ihr das auslegen? Was soll ich unter Eigenart verstehen bzw. es interpretieren? Können geringer Umfang, teils auch in größeren Zeitabständen, oder hohe Kosten für technische Maßnahmen, den Verzicht auf technische Maßnahmen rechtfertigen und deshalb auf PSAgA zurückgegriffen werden? Oder sollte ich dann doch die technischen Maßnahmen, notfalls als temporäre mobile Lösung, fordern?

    LG Marco



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  • Na, wenn ein Geländer an der Absturzkante bei notwendigen Tätigkeiten im Weg ist und die Arbeiten massiv behindert, dann ist das ja wenig sinnvoll. Dort wird man dann möglicherweise PSAgA verwenden. Was aber dabei beachtet werden sollte, die Anschlagpunkte müssen vorhanden sein und diese sind prüfpflichtig. Wenn man das über die Jahre hochrechnet, kann sich durchaus ein im ersten Moment teurer wirkendes Geländer rechnen, sofern es eben aus oben genanntem Grund nicht hinderlich ist. Bei manchem Flachdach könnte man z.B. außen eine Attika entsprechend hoch gestalten und somit auf PSAgA verzichten bei Arbeiten auf dem Dach. Manchmal geht dies allerdings nicht da man z.B. dadurch die zulässige Gebäudehöhe überschreiten würde. Was bei der Verwendung von PSAgA auch gerne "vergessen" wird, ist ein Notfallplan. Wer macht was, wenn jemand abstürzt und nun in der Sicherung hängt?

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Ja von behindern kann man da nicht reden. Ist natürlich klar wenn das Geländer die Arbeit behindert oder verhindert, muss ich es anders lösen. Es ist halt leider sehr schwammig formuliert. Die Probleme mit der PSAgA sind mir klar und bekannt.

  • Ich persönlich bevorzuge technische Lösungen, aber manchmal meinen ja Architekten sie müssen schön und nicht zweckmäßig bauen. Das Resultat kann man an meiner Großbaustelle sehen. Ich war in der Planungsphase noch nicht im Betrieb und habe schon mehrfach meinen Unmut über diese mangelhafte Planungsleistung geäußert. Alle Beteiligten durften sich von unserem Vorstand etwas anhören und inzwischen geht fast nichts mehr ohne Beteiligung der Arbeitssicherheit. Nur wenn etwas schon fast fertig steht, kann man nur noch nachreparieren. Richtig gut wird es da dann nur noch selten.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Es gibt auch mobile Lösungen um den Absturz technisch zu verhindern, die dann an mehreren Stellen verwendet werden können:

    https://simplifiedsafety.de/

    Vielleicht kommt das für dich ja in Frage.?

    Gesetzlich gesehen ist das TOP-Prinzip immer umzusetzen, also de PSAgA immer die letzte Wahl (der Wartungsaufwand übersteigt da schnell mal die Anschaffungskosten für ein Geländer wie AxelS schon geschrieben hat)

    Krieg ist Verbrechen!

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  • Wie würdet ihr das auslegen? Was soll ich unter Eigenart verstehen bzw. es interpretieren? Können geringer Umfang, teils auch in größeren Zeitabständen, oder hohe Kosten für technische Maßnahmen, den Verzicht auf technische Maßnahmen rechtfertigen und deshalb auf PSAgA zurückgegriffen werden? Oder sollte ich dann doch die technischen Maßnahmen, notfalls als temporäre mobile Lösung, fordern?

    Hallo Marco,

    ich gehe davon aus, dass du mit deiner Frage auf den Begriff „Eigenart“ abstellst. Zweifelsohne eine nicht leicht zu beantwortende Frage, aber höchst relevant. Der Begriff ist u. a. Ausdruck der dem AG zugestandenen und zu verantwortenden Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

    Eigenart bezeichnet eine Gemengelage, die durch ihre Spezifität verständigerweise bestimmt ist. Die Begriffe „Spezifität“ oder „spezifisch“ beschreiben wiederum die Eigenschaft von Gegebenheiten, Verfahren, Maßnahmen etc., die sich aus der typischen Eigenschaft einer Sache oder einer Person ergeben und für diese Sache kennzeichnend sind − die Gegebenheit oder der Umstand wäre also arteigen, ggf. sogar als Alleinstellungsmerkmal auszuweisen. D. h. in deinem Fall, du kannst solange von der techn. Maßnahme Abstand nehmen, wie es für z. B. Flachdächer typisch wäre und du auf andere Weise den Arbeitsschutz gewährleisten kannst. Finanzielle Aspekte spielen im Übrigen erst einmal keine wesentliche Rolle. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die techn. Lösung zumutbar ist und das Unternehmen nicht in Schieflage bringen würde.

    Eine klare Abgrenzung lässt sich nicht festmachen. Folglich wirst du abwägen müssen. A. m. S. erfüllt der von dir vorgetragene Sachverhalt nicht das Kriterium der Spezifität, sodass eine techn. Lösung zu priorisieren wäre.

    VG

  • Na, wenn ein Geländer an der Absturzkante bei notwendigen Tätigkeiten im Weg ist und die Arbeiten massiv behindert, dann ist das ja wenig sinnvoll. Dort wird man dann möglicherweise PSAgA verwenden. Was aber dabei beachtet werden sollte, die Anschlagpunkte müssen vorhanden sein und diese sind prüfpflichtig. Wenn man das über die Jahre hochrechnet, kann sich durchaus ein im ersten Moment teurer wirkendes Geländer rechnen, sofern es eben aus oben genanntem Grund nicht hinderlich ist. Bei manchem Flachdach könnte man z.B. außen eine Attika entsprechend hoch gestalten und somit auf PSAgA verzichten bei Arbeiten auf dem Dach. Manchmal geht dies allerdings nicht da man z.B. dadurch die zulässige Gebäudehöhe überschreiten würde. Was bei der Verwendung von PSAgA auch gerne "vergessen" wird, ist ein Notfallplan. Wer macht was, wenn jemand abstürzt und nun in der Sicherung hängt?

    Hallo AxelS,

    danke für deine Antwort und Einschätzung. Wenn die Arbeiten durch die technische Lösung natürlich massiv erschwert bzw. sogar verhindert wird, ist mir das natürlich auch klar.

    Einmal editiert, zuletzt von M. Wagner (26. Juli 2021 um 09:13)

  • Ich persönlich bevorzuge technische Lösungen, aber manchmal meinen ja Architekten sie müssen schön und nicht zweckmäßig bauen. Das Resultat kann man an meiner Großbaustelle sehen. Ich war in der Planungsphase noch nicht im Betrieb und habe schon mehrfach meinen Unmut über diese mangelhafte Planungsleistung geäußert. Alle Beteiligten durften sich von unserem Vorstand etwas anhören und inzwischen geht fast nichts mehr ohne Beteiligung der Arbeitssicherheit. Nur wenn etwas schon fast fertig steht, kann man nur noch nachreparieren. Richtig gut wird es da dann nur noch selten.

    Hallo AxelS,

    danke für deinen Beitrag, ja leider ist das häufig so.

    Einmal editiert, zuletzt von M. Wagner (26. Juli 2021 um 09:14)

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  • Es gibt auch mobile Lösungen um den Absturz technisch zu verhindern, die dann an mehreren Stellen verwendet werden können:

    https://simplifiedsafety.de/

    Vielleicht kommt das für dich ja in Frage.?

    Gesetzlich gesehen ist das TOP-Prinzip immer umzusetzen, also de PSAgA immer die letzte Wahl (der Wartungsaufwand übersteigt da schnell mal die Anschaffungskosten für ein Geländer wie AxelS schon geschrieben hat)

    Hallo TiTo,

    ja die habe ich schon gesehen, finde ich eigentlich auch eine gute Sache. Ich werde die Führungskräfte halt überzeugen müssen. Den Kampf um die finanziellen Mittel müssen sie dann selbst auskämpfen.

    Einmal editiert, zuletzt von M. Wagner (26. Juli 2021 um 09:15)

  • Hallo Marco,

    ich gehe davon aus, dass du mit deiner Frage auf den Begriff „Eigenart“ abstellst. Zweifelsohne eine nicht leicht zu beantwortende Frage, aber höchst relevant. Der Begriff ist u. a. Ausdruck der dem AG zugestandenen und zu verantwortenden Gestaltungsfreiheit bei der Festlegung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes.

    Eigenart bezeichnet eine Gemengelage, die durch ihre Spezifität verständigerweise bestimmt ist. Die Begriffe „Spezifität“ oder „spezifisch“ beschreiben wiederum die Eigenschaft von Gegebenheiten, Verfahren, Maßnahmen etc., die sich aus der typischen Eigenschaft einer Sache oder einer Person ergeben und für diese Sache kennzeichnend sind − die Gegebenheit oder der Umstand wäre also arteigen, ggf. sogar als Alleinstellungsmerkmal auszuweisen. D. h. in deinem Fall, du kannst solange von der techn. Maßnahme Abstand nehmen, wie es für z. B. Flachdächer typisch wäre und du auf andere Weise den Arbeitsschutz gewährleisten kannst. Finanzielle Aspekte spielen im Übrigen erst einmal keine wesentliche Rolle. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die techn. Lösung zumutbar ist und das Unternehmen nicht in Schieflage bringen würde.

    Eine klare Abgrenzung lässt sich nicht festmachen. Folglich wirst du abwägen müssen. A. m. S. erfüllt der von dir vorgetragene Sachverhalt nicht das Kriterium der Spezifität, sodass eine techn. Lösung zu priorisieren wäre.

    VG

    Hallo Snooze,

    genau das ist der Punkt, "Eigenart". Wie ich solche Begriffe liebe. Aber deine Erklärung ist natürlich argumentativ sehr gut. Vielen Dank für deine Einschätzung und Erklärung. Das finanzielle Gründe zurücktreten müssen, ist mir schon bewusst, außer sie würden den Ruin bedeuten. Ich werde also weiter auf die technische Lösung drängen.