TRGS 520 – verschiedene Interpretationen

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  • Hallo zusammen,

    in meinem Praktikum der Sifa-Ausbildung befinde ich mich gerade in einer intensiven Diskussion mit verschiedenen Leuten. Es geht im Zusammenhang mit einer geplanten Schadstoffsammelstelle nach Anforderungen aus der TRGS 520 um die Voraussetzungen, die eine dort unter 5.2 als „Fachkraft“ bezeichnete Person erfüllen muss.

    5.2 Fachkräfte
    (1) Fachkräfte im Sinne dieser TRGS sind fachkundige Personen nach Gefahrstoffverordnung. Sie müssen über eine chemiespezifische Fachausbildung (z. B. Chemielaborant, chemisch-technischer Assistent, Chemiemeister, Fachkraft für Kreislauf- und Abfallwirtschaft) verfügen und durch einschlägige Erfahrung und fachliche Weiterbildung qualifiziert sein.
    (2) Sie müssen darüber hinaus über die erforderlichen Kenntnisse zum Erkennen der Gefahren und der notwendigen Schutzmaßnahmen beim Umgang mit gefährlichen Abfällen verfügen. Die Kenntnisse können durch eine erfolgreiche Teilnahme an einem Lehrgang entsprechend Anlage 3 nachgewiesen werden. Der Lehrgang ersetzt nicht nach dem Gefahrgutrecht vorgeschriebene Schulungen z. B. für Gefahrgutbeauftragte oder Fahrzeugführer.
    (3) Die Fachkräfte müssen zusätzlich ausgebildete Ersthelfer und nach Kapitel 1.3 ADR geschult sein. Sie müssen in die Annahmebedingungen der übernehmenden Entsorgungsanlagen eingewiesen sein. Auch die jeweils anderen Personen müssen als Ersthelfer ausgebildet sein, um in einer Unfallsituation gegenseitige Erste Hilfe zu gewährleisten.“

    Meine Interpretation ist, dass eine „Fachkraft“ nach Satz (1) eine chemiespezifische Ausbildung und einschlägige Erfahrung und Weiterbildung und nach Satz (2) die erforderlichen Kenntnisse und nach Satz (3) ausgebildeter Ersthelfer und geschult nach ADR Kapitel 1.3 sein muss. Andere Standpunkte meinen, die Sätze (1) und (2) seien alternativ zu verstehen.
    Verschiedene Meinungen gibt es auch darüber, wie eine Prüfung nach § 5 ChemVerbotsV in diesem Zusammenhang zu sehen ist: Ist sie eine chemiespezifische Ausbildung gemäß Satz (1) oder eine Nachweis der erforderlichen Kenntnisse nach Satz (2) oder keines von beidem. Ich würde die Prüfung nach § 5 ChemVerbotsV als den in Satz (2) genannten Nachweis einstufen.

    Wie seht ihr das, wie schätzt ihr diese Texte ein? Bin gespannt und freue mich über eine rege Diskussion. :)

    VG

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  • Du siehst das richtig. Es gibt kein "entweder" "oder".

    "Sei achtsam auf dem Weg zur Schicht, auf der Strasse schläft man nicht!"

    "Wenn es einen Weg gibt, es besser zu machen: finde ihn." Thomas Alva Edison (1847-1931)

  • Erst einmal eine wichtige Frage vorab. Soll die Schadstoffsammelstelle Stoffe von anderen sammeln, oder nur innerbetrieblich? Wenn letzteres zutrifft, gilt die TRGS 520 nicht.
    Sollte es sich um eine Sammelstelle für Dritte handeln, gelten für mich die erwähnten Sätze 1 und 2 additiv, also beides muss eingehalten werden.
    Die Sachkunde nach ChemVerbV könnte man als ausreichende chemisch Vorbildung betrachten, sofern es sich um die umfangreiche und nicht um die eingeschränkte Sachkunde z.B. nur für Pflanzenschutzmittel handelt. Da die ChemVerbV in der Regel den Bereich Abfall nicht umfasst, ist dies für mich keine Alternative zum Kurs nach Anlage 3.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Soll die Schadstoffsammelstelle Stoffe von anderen sammeln, oder nur innerbetrieblich? Wenn letzteres zutrifft, gilt die TRGS 520 nicht.

    Hallo "Wahljapaner" ;) @AxelS ...da es um eine innerbetriebliche Schadstoffsammelstelle geht (mit über 1200 verschiedenen Chemikalien und Gefahrstoffen und daraus resultierenden Abfällen, dazu auch noch teilweise zweckgerichtet freigegebene aus Strahlenschutzbereichen), würde die TRGS 520 zunächst mal nicht zutreffen.
    Aber die Entscheidungsträger in den Reihen des Arbeitgebers haben beschlossen, dass die Schadstoffsammelstelle den Anforderungen gemäß TRGS 520 genügen soll. Was ja grundsätzlich sehr positiv zu bewerten ist. Ich vermute, die Beteiligten aus der Arbeitssicherheit haben da gute Überzeugungsarbeit geleistet.

    Vielen Dank @AxelS für Deine differenzierten Hinweise, auch im Hinblick auf die Sachkunde nach ChemVerbotsV (oder ChemVerbV? - sind beide Abkürzungen offiziell?).

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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  • Unter den gegebenen Voraussetzungen würde ich die TRGS 520 als Orientierung verwenden, aber auf einige Dinge verzichten. Die ChemVerbotsV (das ist wohl die offizielle Abkürzung) ist meiner Meinung nach verzichtbar. Die anliefernden Bereiche haben die von den Stoffen ausgehenden Gefahren mitzuteilen und die Gebinde entsprechend zu kennzeichnen. Spezialitäten aus Strahlenschutzbereichen, auch wenn entsprechend abgeklungen, werden von den wenigsten Altchemikalienentsorgern angenommen.
    Relevant dürfte auch sein, ob per Übernahmescheinverfahren, also Sammelentsorgung, oder Begleitscheinverfahren gearbeitet werden soll. Beim Begleitscheinverfahren ist man ja sofort im elektronischen Nachweissystem mit entsprechenden Kosten, die auch je beteiligter Person steigen. Je nach Gefahrenmoment wird das Zwischenlager möglicherweise genehmigungspflichtig, ist es noch größer kommt man in den Störfallbereich.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Was das Anliefern der Schadstoffe angeht, ist das auch bisher schon genau so geregelt, wie Du es skizziert hast @AxelS ...und in der neuen Schadstoffsammelstelle wird das auch so beibehalten. Das mit den zweckgerichtet freigegebenen Abfällen ist keinerlei Problem, weil das ja auch schon viele Jahre so läuft. Da gibt es einen entsprechend kompetenten Entsorger, der die fachgerechte Entsorgung übernimmt.
    Die Begriffe Übernahmescheinverfahren und Begleitscheinverfahren kannte ich noch nicht. Aus Deinen Zeilen würde ich schlussfolgern, dass in dem mich betreffenden Fall mittels Übernahmeschein entsorgt wird, denn es findet eine Sammelentsorgung statt. Der Entsorger schaut sich alles an, was gemäß Lagerklassen abzuholen ist, bringt die benötigten Sammelgebinde mit und dann werden die Kleingebinde entsprechend Gefahrgutvorschriften in die Sammelgebinde transferiert. Nach den Infos, die ich aus den Planungsunterlagen und Protokollen entnommen habe, ist das Zwischenlager nach Prüfung weder genehmigungspflichtig noch im Störfallbereich.
    Ich soll mich auch weniger mit diesen Inhalten beschäftigen, sondern meine Praktikumsaufgabe ist die vorausschauende, ablauforientierte Gefährdungsermittlung. Mit der komme ich soweit recht gut klar. Und sozusagen als "Zugabe" passe ich die BA für die zukünftige Schadstoffsammelstelle an. Und in dem Zusammenhang kam es zu den Diskussionen über die Qualifikationen des Personals, die in der "alten" schon enthalten waren und in die angepasste auch wieder hinein sollen.

    Schöne Grüße nach Fernost :)

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

  • Läuft somit ähnlich wie bei uns. Sammelentsorgung geht oft, aber bei gefährlichen Abfällen, also den Stoffen mit einem * in der Abfallschlüsselnummer (ASN) ist die Grenze bei 20 t/Jahr. Wird diese bei einer Fraktion überschritten, muss man das elektronische Nachweisverfahren verwenden. Bei gängigen Laborchemikalien bekommt man da in der Regel keine Probleme, finden aber Sanierungen statt, könnten z.B. Asbest und Asphalt zur Mengenüberschreitung führen.
    Genehmigungspflicht kann aus dem Wasserrecht kommen. In vielen Bundesländern existiert für ein Lager über 1t bzw. 1 m³ eingelagerter wassergefährdender Stoffe zumindest eine Anzeigepflicht. Existiert in dem Bereich ein Ablauf mit Ölabscheider ist dieser in der Regel auch anzeigepflichtig. Vorgaben an die Löschwasserrückhaltung gibt es daneben auch noch.
    Alles Vorgaben, die Dich und Deine Gefährdungsbeurteilung nicht direkt tangieren, aber die Gefährdungsbeurteilung muss auch den Havariefall berücksichtigen und da kommen dann die Rahmenbedingungen zum tragen. Ich gehe davon aus, diese Bedingungen wurden bei der Planung berücksichtigt. Nachkontrolle ist trotzdem sinnvoll. Bei uns wurde z.B. ein Lösemittellager schön in Ex-Ausführung gebaut mit allen möglichen Dingen ausgerüstet und dann dummerweise die Abluft an die "normale" Abluft angeschlossen, also ohne Ex-Schutz. => Raum für den geplanten Zweck nicht verwendbar.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Wow, mir scheint, ich habe da mit Dir einen echten Experten an der Hand, @AxelS :)

    Die Grenze 20 t/a wird in keinem Fall erreicht, auch nicht bei * in ASN. Die Chemikalien sind teilweise schon recht speziell und es sind sehr viele ganz verschiedene. Das geführte Kataster hat deutlich über 1000 Einträge. Werde wohl in der Gefährdungsbeurteilung die Risiken der jeweiligen Lagerklasse zusammenfassend betrachten.

    Die wasserrechtlich notwendige Anzeige wegen der wassergefährdenden Stoffe für diese Sammelstelle ist erfolgt, die Dokumente habe ich gesehen. Ablauf mit Ölabscheider ist nicht vorgesehen. Löschwasserrückhalte-Richtlinie muss nicht angewendet werden, weil ausschließlich ABC-Pulver als Löschmittel geplant ist. Entsprechende Dokumente der Betriebsfeuerwehr und sonstiger zuständiger Stellen habe ich gesehen. Wobei... was ist eigentlich im Brandfall, wenn die Feuerwehr kommt und einen größeren Brand mit Wasser löschen würde? Muss ich das auch als "möglich" mit in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigen? Ach nee, eigentlich nicht, weil das ja nicht zu den Arbeitsabläufen innerhalb der Schadstoffsammelstelle gehört, die die dort tätigen Mitarbeiter durchführen.

    Autsch, das ist aber echt Mist, wenn die ganze schöne Ex-Ausführung des Lösemittellagers wirkungslos gemacht wurde, nur weil die Abluft an die "normale" angeschlossen wurde. Ein Punkt, den ich in die Wirkungskontrolle mit aufnehmen werde.

    Drücke Dir (euch) die Daumen für weniger Regen und keine Taifune. Sayonara :)

    "Kleine Taten, die man ausführt, sind besser als große, die man plant." (Georges Marshall)

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