Gefahrstoffe lagern und handhaben, aber NICHT einsetzen....?

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  • Hi all!

    Nach Studium aller einschlägigen Vorschriften bin ich noch zu KEINEM anderen Schluss gekommen, als dass es unerheblich ist, dass mit dem Gefahrstoff gar nicht gearbeitet wird, alle Verordnungen und TRGS gelten....

    Es geht darum: Fremdfirma X lagert den Stoff bei der von mir betreuten Firma "F". Der Stoff ist (sehr) ätzend (basisch) und wassergefährdend. Es handelt sich um ca. 40 - 60l in 5 oder 10 l Kunststoffkanistern.

    Stoff wird im geschlossenen Gebinde bei "F" angeliefert. Mitarbeiter von "F" lagert den Stoff vorschriftsmäßig ein (Hubwagen/Gabelstapler).

    Fremdfirma X kommt, um die bestellte Dienstleistung zu verrichten. Ein Mitarbeiter von "F" stellt den Stoff per Hubwagen oder Gabelstapler zur Verfügung. Firma X geht mit dem Stoff um (Gefährdung von Mitarbeitern der Firma "F" ist ausgeschlossen, Bereich ist geperrt, Maschine ist aus). Wenn Framd-Firma X abreist, lagert Firma "F" den Stoff wieder ein. Das Gebinde ist zu diesem Zeitpunkt wieder verschlossen.

    Dass ich "Maßnahmen bei unbeabsichtigter Freisetzung" inkl. notwendiger PSA, Mittel zur Eindämmung der Ausbreitung und die entsprechende Unterweisung hierzu benötige ist klar.

    Aber den Rest des Klumpatsch? AGW-Einhaltung? PSA bei der "Verwendung" zur Verfügung stellen und schulen? Betriebsanweisung...? Mit den Maßnahmen bei Freisetzung evtl. ja, aber der Rest? Im Endeffekt leistet die Firma "F" nur "innerbetrieblichen Transport" und "Lagerung" - aber der Stoff wird nicht "verwendet"... Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass der Stoff freigesetzt wird, praktisch Null ist. Ein Kunststoffkanister wird normal nicht kaputtgehen, wenn er vom Stapler fällt - da muss schon ein anderer Stapler mit dem ersten Stapler kolidieren, und die Gebinde brutal quetschen, oder ein LKW drüberfahren oder so was...

    Also: tatsächlich das komplette Programm "abspulen", oder gibt es ein Schlupfloch... Kann ich die Sache "einfacher" gestalten...

    FG

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  • Hallo,

    wenn "Deine" Firma "F" tatsächlich die Gebinde nur ins Lager transportiert bzw. vom/zum Einsatzort bringt und ansonsten in fest verschlossenen Gebinden (Verschluss durch Lieferanten der Firma "X" bei Anlieferung oder nach Einsatz durch Fremdfirma "X") lagert, sind für Firma "F" auch nur diese Dinge zu regeln. Der restliche "Klumpatsch" wäre dann Sache der Fremdfima "X".

    Das Alles geht aber wirklich nur, wenn sicher gewährleistet ist, dass sich die beiden Firmen nicht doch irgendwie ins Gehege kommen können und diese Trennung immer aufrecht erhalten werden kann. Auch die Lagerung des Stoffes muss dann m. E. so erfolgen, dass er separat gelagert wird und nicht zusammen mit Stoffen des Firma "F".

    Ziemlich viele "Wenn´s" für meinen Geschmack, aber die meiner Meinung nach einzige Möglichkeit für Deinen angestrebten einfachen Weg.

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Planung bedeutet den Zufall durch den Irrtum zu ersetzen.

  • Hi!

    Es ist wirklich so - Anlieferung ist 1x im Jahr, Einsatz der Stoffe ist nur ein mal im Monat! "Getrennte Lagerung" ist relativ - mal sehen, ob das auch machbar ist. Klar ist, dass die Stoffe NICHT da gelagert sind, wo die anderen, die häufig benötigt werden, auch gelagert sind. Am Lagerort (kleinerer Gefahrstoffcontainer im Hofbereich) ist auch absolut kein innerbetrieblicher Verkehr, außer, wenn Gefahrstoffe in dem betreffenden Container ein- oder auslagert werden. An sich paradiesische Verhältnisse, um den Gefahrstoff komplett zu ignorieren...

    FG

  • ...Aber den Rest des Klumpatsch? AGW-Einhaltung? PSA bei der "Verwendung" zur Verfügung stellen und schulen? Betriebsanweisung...? Mit den Maßnahmen bei Freisetzung evtl. ja, aber der Rest? Im Endeffekt leistet die Firma "F" nur "innerbetrieblichen Transport" und "Lagerung" - aber der Stoff wird nicht "verwendet"... Wobei die Wahrscheinlichkeit, dass der Stoff freigesetzt wird, praktisch Null ist. Ein Kunststoffkanister wird normal nicht kaputtgehen, wenn er vom Stapler fällt - da muss schon ein anderer Stapler mit dem ersten Stapler kolidieren, und die Gebinde brutal quetschen, oder ein LKW drüberfahren oder so was...

    Also: tatsächlich das komplette Programm "abspulen", oder gibt es ein Schlupfloch... Kann ich die Sache "einfacher" gestalten...


    Ein Blick in die Gefahrstoffverordnung genügt, schau mal unter §15.
    Weiterhin teile ich Deine Auffassung nicht, dass ein Kunststoffkanister bei Transport mit dem Stapler nicht kaputt gehen kann. Es wäre nicht das erste mal, dass so ein Kanister von Staplerzinken aufgespießt oder zerquetscht wurde. Herunterfallen als Schadensursache kannst Du auch nur bis zur Prüffallhöhe weitgehend ausschließen und diese kann relativ niedrig sein. Das kann man über die Prüfnummer der Verpackung herausbekommen, sofern es sich um eine Gefahrgutverpackung handelt.
    Ich würde das ganze Programm abarbeiten, wobei für Euch ja "nur" die Lagerhaltung und der innerbetriebliche Transport anfällt, den Rest kann die Fremdfirma erledigen. Das ganze wird natürlich auch koordiniert.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Hi!

    Nun ja - im Gefahrstoffschrank könnte die Verpackung aufgespießt werden, wenn der Staplerfahrer in die falsche Richtung Vollgas gibt, oder beim Abladen des LKW. Da es sich um gefahrgut handelt, ist davon auszugehen, dass auch andere Gefahrstoffe im LKW sind. Wenn "mein" Staplerfahrer schlecht gelaunt ist, kann er ja auch mal ANDERE Gefahrstoffe anspießen... Dafür habe ich KEINEN Notfallplan, keine betriebsanweisung - NICHTS...

    Beim Transport kann das eher nicht passieren, es sei denn, zwei Stapler prallen frontal zusammen. Da liegt der Gefahrstoff ja auf dem Zinken, auf dem er transportiert wird (Palette, mit Folie umwickelt). Beim Auslagern kann der Behälter nur aufgespießt werden, wenn der Gabelstaplerfahrer ohne Sinn und verstand auf den Schrank zufährt. Dies kann er natürlich auch dann tun, wenn die Tür geschlossen ist - sie hält KEINEM Zinken stand, wenn der Stapler Vollgas drauf zufährt. Dafür muss der Staplerfahrer aber auch nicht wissen, was im Schrank gelagert ist... Wenn man solche Kamikazefahrer im Betrieb hat, ist natürlich auch ein Gastank in Gefahr, den eine andere von mir betreute Firma im Hof stehen hat....

    Ansonsten: für 5- 10 l Gebinde fährt kein Stapler los - das wird per Hubwagen bzw. per Ameise erledigt. Die Fallhöhe ist bei korrektem Einsatz des Staplers "bodenfrei", die Prüffallhöhe ist somit kaum zu überschreiten. Eingelagert wird manuell - im Container ist kein Platz für Paletten. Die Schränke/Container sind Mannshoch, eingelagert wird auf Knöchelhöhe, max. zwei "Schichten". Dort sind Auffangwannen in der Größe, dass die gesamte Menge aufgefangen werden kann (Umwelt-Auflage ISO).

    Koordiniert nach BGV A1 wird vom Vorgesetzten (Prozessleiter), der den Dienstleister in Anspruch nimmt. Den Gefahrstoff selbst zur Verfügung zu stellen IST das Ergebnis der Koordination (damit die Fremdfirma nicht im Betrieb rumfährt).

    Aber wie ich sehe, komme ich wirklich nicht drumrum, alle Dokumente anzufertigen, als würde man mit dem Stoff selbst umgehen...

    FG.

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  • ...Wenn "mein" Staplerfahrer schlecht gelaunt ist, kann er ja auch mal ANDERE Gefahrstoffe anspießen... Dafür habe ich KEINEN Notfallplan, keine betriebsanweisung - NICHTS...


    Gerade diese Situation ist immer wieder Bestandteil von simulierten Unfallsituationen mit Staplern, dürfte somit nichts ungewöhnliches sein.

    ...Beim Transport kann das eher nicht passieren, es sei denn, zwei Stapler prallen frontal zusammen.


    Das haben wir lange Zeit auch gedacht, bei unseren "Muli", die bauartbedingt <6 km/h schnell sind. Bis zu dem Tag, an dem dann der unwahrscheinliche Fall eingetreten ist. Die Fahrzeuge sind nicht zusammen gestoßen, sondern konnten noch rechtzeitig anhalten. Leider hat dabei einer seine Ladung verloren und ein giftiges Gas hat sich als Reaktionsprodukt der beschädigten Ladung gebildet. Ergebnis 40 Verletzte.

    ...Dafür muss der Staplerfahrer aber auch nicht wissen, was im Schrank gelagert ist...

    Wenn er dort was ein oder auslagert, dann schon.

    ...Wenn man solche Kamikazefahrer im Betrieb hat, ist natürlich auch ein Gastank in Gefahr, den eine andere von mir betreute Firma im Hof stehen hat....


    Ein Gastank neben einem Verkehrsweg ohne Anfahrschutz stellt für mich schon eine nicht unbedingt zu tolerierende Gefahrenerhöhung dar.

    ...Ansonsten: für 5- 10 l Gebinde fährt kein Stapler los - das wird per Hubwagen bzw. per Ameise erledigt. Die Fallhöhe ist bei korrektem Einsatz des Staplers "bodenfrei", die Prüffallhöhe ist somit kaum zu überschreiten.


    Du hattest in Deinem Ursprungsbeitrag selbst von einem Stapler geschrieben. Ich kann nur einschätzen, was ich hier lesen kann, was Du mir nicht mitteilst kann ich nur erahnen, aber eben nicht wissen. Die Prüffallhöhe könnte z.B. beim Entladevorgang vom Lkw überschritten werden, wenn man sich so manche Ladekünstler ansieht.
    Die Tätigkeit ist in §2 GefStoffV definiert "(5) Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbetriebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten."
    Und dann greifen schon die Grundpflichten nach §7. Natürlich könnte man jetzt in Richtung geringe Menge und geringe Gefährdung abzielen, aber das dürfte zu kurz greifen. Auch der Havariefall außerhalb der gesicherten Lagereinrichtung wird leider oft vergessen. Ich würde mir zumindest Gedanken darüber machen, wie z.B. mit einem beschädigten Behälter umzugehen ist und welche Schutzmaßnahmen hier sinnvoll durchzuführen sind.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.