CE-Zertifizierung notwendig?

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  • hallo,

    folgendes problem: in einem wasserwerk wird eine sog. "erstfiltratrückführung" gebaut, bestehend aus rohrleitungen, schiebern, pumpen und einer steuerung. vereinfacht gesagt pumpt die anlage wasser von einem becken in ein anderes. die anlage erstreckt sich über eine länge von ca. 70 metern. die entwicklung wurde im betrieb durchgeführt, zusammengebaut wird das ganze durch ein fachunternehmen.

    nun stellt sie die frage ob die anlage gem. MaschRL ce-zertifiziert werden muss. ich sage ganz klar: nein, da es sich nicht um eine maschine i. s. der MaschRL handelt und in der geltenden fassung dere MaschRL druckbehälter ausgenommen sind. weiterhin haben die beschäftigten auch keinen direkten kontakt zu der anlage. wie gesagt, im grunde sind es in einem stollen verlegte rohre und pumpen, die steuerung läuft elektronisch über die leitwarte.

    was meint ihr?

    grüsse

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  • Hallo blacksock,

    ein Konformitätsverfahren halte ich für zwingend notwendig. Dafür ist der Hersteller oder Inverkehrbringer der Anlage zuständig.
    Im Minimum ist zu betrachten:

    1. Maschinenrichtlinie:
    Alte Richtlinie 98/37/EG bis 29.12.2009: "Maschine"
    eine Gesamtheit von miteinander verbundenen Teilen oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines beweglich ist, sowie gegebenenfalls von Betätigungsgeräten, Steuer- und Energiekreisen usw., die für eine bestimmte Anwendung, wie die Verarbeitung, die Behandlung, die Fortbewegung und die Aufbereitung eines Werkstoffes zusammengefügt sind,

    -> Schieber und Pumpe betrachte ich als Maschine

    Neue Richtlinie 2006/42/EG ab 29.12.2009:"Maschine"
    eine mit einem anderen Antriebssystem als der unmittelbar eingesetzten menschlichen oder tierischen Kraft ausgestattete oder dafür vorgesehene Gesamtheit miteinander verbundener Teile oder Vorrichtungen, von denen mindestens eines bzw. eine beweglich ist und die für eine bestimmte Anwendung zusammengefügt sind;

    -> Pumpe und evtl. Schieber betrachte ich als Maschine

    Weiterhin ist es nach meinem Verständnis der Maschinenrichtlinie nicht relevant, ob es sich bei der Maschine um permanente Arbeitsplätze oder Bedientätigkeiten handelt. Instandhaltung wird immer notwendig sein. Und im Sinne der MaschRL sind die Mensch-Maschine-Schnittstelle zu betrachten, die es immer gibt.

    Und wenn die Anlage als Druckgerät angesehen wird, so muss auch hier ein Konformitätsverfahren durchgeführt werden:
    Richtlinie 97/23/EG Druckgeräte
    ...
    Artikel 10 Konformitätsbewertung
    (1) 1.1. Der Hersteller von Druckgeräten muß jedes Gerät vor dem Inverkehrbringen nach Maßgabe dieses Artikels einem der in Anhang III beschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren unterziehen
    ...



    2. Niederspannungsrichtlinie 2006/95/EG:

    Als elektrische Betriebsmittel im Sinne dieser Richtlinie gelten elektrische Betriebsmittel zur Verwendung bei einer Nennspannung zwischen 50 und 1 000 V für Wechselstrom und zwischen 75 und 1 500 V für Gleichstrom mit Ausnahme der Betriebsmittel und Bereiche, die in Anhang II aufgeführt sind.
    ...
    Artikel 8
    Vor dem Inverkehrbringen müssen die elektrischen Betriebsmittel mit der in Artikel 10 vorgesehenen CE-Kennzeichnung versehen werden, die anzeigt, dass sie den Bestimmungen dieser Richtlinie einschließlich den Konformitätsbewertungsverfahren gemäß Anhang IV entsprechen.
    ...

    3. EMV-Richtlinie 2004/108/EG

    Gegenstand dieser Richtlinie ist die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln. Sie soll das Funktionieren des Binnenmarkts für Betriebsmittel dadurch gewährleisten, dass ein angemessenes Niveau der elektromagnetischen Verträglichkeit festgelegt wird.


    ----------------------
    Und dann gibt es noch das Interpretationspapier des BMAS zu "Gesamtheit von Maschinen". Bei einer funktionalen, steuerungstechnischen und sicherheitstechnischen Verknüpfung von Maschinen ist immer auch ein Konformitätsverfahren für die Gesamtmaschine durchzuführen.


    Ich stelle mir bei dieser Problematik immer folgende Fragen:
    - Was ändert sich an der Anlage durch das Konformitätsverfahren?
    - Welche Verbesserungen im Arbeitsschutz sind durch das Konformitätsverfahren zu erwarten und möglich?
    - Welches Risiko birgt ein fehlendes Konformitätsverfahren?
    Danach die Gefährdungen beurteilen und gemeinsam mit dem Betreiber die Maßnahmen festlegen. (Und wir haben uns schon im Einzelfall bewußt darauf verständigt, kein Konformitätsverfahren für verkettete Maschinen durchzuführen).

    Manchmal war es auch schon hilfreich ( ;-)) ), die Aufsichtsperson hinzu zu ziehen. Da gibt es dann sehr amüsante und witzige Diskussionen...
    Gruß, Niko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -

    6 Mal editiert, zuletzt von Niko (16. Juli 2009 um 10:39)

  • hallo,

    und erst einmal danke für deinen ausführlichen beitrag. ich bin in der zwischenzeit ja auch nicht untätig geblieben und habe u. a.mit der BGETE telefoniert: nach auskunft der präventionsabteilung ist eine ce-zertifizierung nicht notwendig, da es sich bei der "anlage" nicht um eine maschine i. s. der maschrl handelt. natürlich dürfen nur ce-gekennzeihnete bauteile verbaut werden, ebenso muss eine entsprechende dokumentation vorliegen bzw. erstellt werden, aber ein komplettes ce-verfahren ist nicht notwendig.

    warum auch? da lässt ein unternehmen rohrleitungen mit pumpen und schiebern in einen stollen zusammenbauen. selbstverständlich muss für diese arbeiten eine gefährdungsbeurteilung vorliegen. aber was soll eine ce-zertifizierung für vorteile für den arbeitsschutz bringen? in diesem fall imho keine.

    im anhang mal einige ausschnitte aus der erläuterung der maschrl.

    für weitere meinungen bin ich aber nach wie vor dankbar, die angelegenheit ist nämlich noch nicht ausgestanden.

    grüsse

  • Hallo,

    gut, dass sich das so schnell geklärt und gelöst hat.
    Ich würde hierfür auch kein Konformitätsverfahren durchführen. Das ist reiner Formalismus. Wenn die Gewerbeaufsicht (BG, RP) dies später anfordern sollte, hat man immer noch Zeit, aktiv zu werden.
    Und die Maßnahmen im Arbeitsschutz sind durch die GefBeUrt festgelegt.

    Aber ich muss nochmal darauf hinweissen, dass auch die Aussage der BG ETE sich nur auf die Maschinenrichtlinie bezieht. Es gibt jedoch weitere Richtlinien, die ein Konformitätsverfahren verlangen:
    - Druckgeräterichtlinie
    - Niederspannungsrichtlinie
    - EMV-Richtlinie
    - u.a. ?

    Weiterhin musste das Erläuterungspapier der BG zum Jahresende aktualisiert werden. In der neuen MaschRL gibt es wichtige Änderungen, insb. bei der Herstellererklärung.
    Die BAuA macht hierzu gute Seminare.

    Gruß, Niko.

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