PCB-Skandal in Hafen Dortmund hat landesweite Konsequenzen - Arbeitsschutz- und Umweltverwaltung werden ausgebaut

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  • Dortmund. Der PCB-Skandal bei Envio
    hat landesweite Konsequenzen. Bei der Vorstellung mehrerer Gutachten
    kündigte die Landesregierung am Montag in Dortmund verstärkte Kontrollen
    und eine Aufstockung des Personals an.

    Die
    NRW-Landesregierung zieht aus dem PCB-Skandal bei Envio im Dortmunder
    Hafen Konsequenzen und stärkt den Schutzauftrag des Staates. „Dieser
    Fall ist einer der größten Skandale der letzten zehn Jahre – wir setzen
    alles daran, so etwas künftig zu verhindern“, betonten Arbeitsminister
    Guntram Schneider (SPD) und Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) am
    Montag (11. April 2011) in Dortmund bei der Vorstellung einer
    Gesamtbeurteilung und zweier Gutachten zum PCB-Skandal.

    Arbeitsschutz- und Umweltverwaltung werden ausgebaut
    Minister
    Remmel: „Für mich ist es unfassbar, mit welcher Skrupellosigkeit Envio
    Vorschriften und Auflagen missachtet, die Gesundheit seiner Mitarbeiter
    aufs Spiel gesetzt und eine Verseuchung von Mensch und Umwelt in Kauf
    genommen hat.“
    Für eine Optimierung der Arbeitsschutz- und
    Umweltverwaltung haben die Minister Schneider und Remmel weitere
    Schritte eingeleitet. Die wichtigsten Maßnahmen sind:

    • Mehr
      Personal in der Überwachung: Im Arbeitsschutz sollen 60 zuletzt
      unbesetzte Stellen wieder besetzt werden. Im Umweltbereich sollen rund
      300 zusätzliche Stellen schnellstmöglich realisiert werden.
    • Beschwerdemanagement:
      Arbeitsministerium und Bezirksregierungen erarbeiten ein
      landeseinheitliches Beschwerdemanagement, mit dem alle
      Arbeitnehmer-Beschwerden geprüft werden. Es soll bis September 2011
      verbindlich in NRW eingeführt werden und umfasst unangemeldete
      Überprüfungen, die Beteiligung des Gewerbearztes, die Einbindung der
      Arbeitnehmervertretungen sowie die Wahrung der Anonymität des
      Beschwerdeführers.
    • Umwelt-Überwachung: Die Umwelt-Überwachung
      wird verstärkt und nach risikobasierten Kriterien fachübergreifend
      geplant und durchgeführt. Ein Erlass an die Umweltschutzbehörden ist
      bereits am 3. Januar 2011 versandt worden. Die Umsetzung wird in
      Dienstbesprechungen konkretisiert und begleitet.
    • Arbeitsschutz-Überwachungen:
      Arbeitsministerium und Bezirksregierungen erarbeiten ein
      landeseinheitliches Konzept für Arbeitsschutz-Überwachungen ab Anfang
      2012. Zudem kontrollieren mobile Einsatztrupps der
      Arbeitsschutzverwaltung Arbeitsbereiche, die mit einem hohen
      Gesundheitsrisiko für die Beschäftigten verbunden sind. Auch sollen die
      Prüfmethoden sowie die Kommunikation zwischen den Behörden verbessert
      werden.
    • Kontrolle über Abfallströme: Die Verzahnung der Daten
      über Abfallströme und Entsorgungsanlagen wird verbessert. Ziel ist,
      Abfallentsorgungsanlagen, die nicht ordnungsgemäß arbeiten, frühzeitig
      zu erkennen und einzuschreiten.
    • Schlagkräftige Regelungen: Bei
      der Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und der
      Entsorgungsfachbetriebeverordnung muss die Wirksamkeit der Regelungen
      für Betriebe verbessert werden. Die Überwachungsbehörden sollen die
      Möglichkeit erhalten, Zertifikate von privaten
      Zertifizierungsunternehmen zu entziehen, wenn ein Betrieb nicht
      ordnungsgemäß arbeitet. Zudem müssen die Informationswege zwischen
      technischen Überwachungsorganisationen (TÜV oder DEKRA) und Behörden
      verbindlicher werden.
    • Schon jetzt wird ein
      Schwerpunkt-Überwachungsprogramm bei Anlagen, die mit PCB-haltigen
      Abfällen umgehen, durchgeführt. Es überprüft die Einhaltung der
      Anforderungen des Immissionsschutzes, der Abfallwirtschaft und des
      Arbeitsschutzes.
    • Umweltverwaltung: Schaffung einer schlagkräftigen und eigenständigen Umweltverwaltung.

    Es gebe einen Schutzauftrag des Staates für seine Bürger, betonten beide
    Minister in Dortmund einhellig. „Anlassunabhängige Überwachungen beim
    Arbeitsschutz fanden in den vergangenen Jahren mangels Personal kaum
    noch statt – deshalb werden wir die Arbeitsschutzverwaltung wieder
    handlungsfähig machen. Die zuletzt praktizierte Philosophie ‚Privat vor
    Staat’ war unverantwortlich“, sagte Schneider.
    Land räumt Defizite in der Überwachung ein
    „Der
    Envio-Skandal zeigt in erschreckender Art und Weise, welche Folgen
    Defizite in der Überwachung haben können. In den letzten Jahren ist ein
    unverantwortlicher Kahlschlag bei der Umweltverwaltung betrieben worden.
    Unser Ziel muss deshalb eine deutliche organisatorische und personelle
    Stärkung der Umweltverwaltung sein“, erklärte Umweltminister Remmel.
    Zuvor
    hatten die beiden Minister bei einem Gespräch mit den Vertretern des
    Runden Tisches zu dem PCB-Skandal in Dortmund ihre Gesamtbewertung unter
    Einbeziehung von zwei Prognos-Gutachten erläutert. Danach ist klar:

    • Die
      Belastungen der Arbeitnehmer und der Umwelt wurden entscheidend durch
      die unzulässige Betriebsweise von Envio und den unsachgemäßen Umgang mit
      PCB verursacht wurden.
    • Schwachstellen im behördlichen Vollzug
      und in der Behördenstruktur haben dazu beigetragen haben, dass
      gravierende Verstöße gegen Schutz- und Vorsorgepflichten erst
      festgestellt wurden, nachdem bereits erhebliche Belastungen eingetreten
      waren.
    • Es gibt Defizite bei der personellen Ausstattung der Umwelt- und der Arbeitsschutzverwaltung.

    Gutachten, Abschlussbericht und Bericht an den Landtag stehen hier als Download zur Verfügung.
    Das
    Dortmunder Unternehmen Envio, das PCB-haltige Transformatoren und
    Kondensatoren entsorgt hatte, steht im Verdacht, verseuchtes Material
    als gereinigt deklariert und verbreitet zu haben. So wurden im Blut von
    Envio-Mitarbeitern zum Teil deutlich erhöhte PCB-Werte gemessen. PCB
    (Polychlorierte Biphenyle) besitzen ähnliche Eigenschaften wie Dioxine.
    Sie sind giftig und gelten als krebserregend.
    Der Betrieb im
    Dortmunder Hafen wurde Ende Mai 2010 auf Anordnung der Bezirksregierung
    Arnsberg stillgelegt, nachdem er als Hauptverursacher der PCB-Belastung
    in weiten Teilen des Hafens und angrenzender Kleingartenanlagen
    ausgemacht worden war. Das Unternehmen meldete für Teile seines
    Geschäftsbetriebs Insolvenz an.
    Quelle: WAZ

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