Sifa Tipp "Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen"

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    • Offizieller Beitrag

    Der Geschäftsführer der TÜV Saarland GmbH, Franz Swoboda, nimmt Stellung zum Thema Gefährdungsbeurteilungen

    SIFATipp:Was können Sie einleitend zum Thema Gefährdungsbeurteilungen sagen?

    Franz Swoboda: Die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen ist eine der zentralen Forderungen der Betriebssicherheitsverordnung (Betr- SichV). Sie zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Regelwerk. Es ist eine der harten Forderungen, die der Unternehmer umzusetzen hat. Es besteht eine direkte Beziehung zum § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) – Beurteilung der Arbeitsbedingungen – und zur Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).

    SIFATipp: Welcher Unterschied besteht zwischen Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 ArbSchG und der Gefährdungsbeurteilung nach § 3 BetrSichV?

    Swoboda: Ich möchte es nicht als Unterschied bezeichnen, sondern Wechselwirkung nennen. Ich versuche es einmal vereinfacht darzustellen: Unter Beurteilung der Arbeitsbedingungen versteht man die Ermittlung der Gefährdungen, die sich bei Ausübung der Tätigkeit durch die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes, der am Arbeitsplatz eingesetzten technischen Einrichtung und der verwendeten Stoffe ergibt. Unter Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV versteht man die Ermittlung der Gefahren, die mit der Benutzung des Arbeitsmittels selbst verbunden sind.

    SIFATipp: Können Sie das anhand von Beispielen erläutern?

    Swoboda: Nach ArbSchG sind die technischen, organisatorischen und personenbedingten Gefährdungen zu ermitteln. Eine Gefährdung kann u.a. dadurch entstehen, dass ein Mitarbeiter nicht über die geforderte Qualifikation zur Ausübung einer Tätigkeit verfügt; denken Sie z.B. an die Benutzung eines Gabelstaplers oder eines Hallenkranes durch nicht qualifizierte Personen.

    SIFATipp: Und ein Beispiel nach Betr-SichV?

    Swoboda: Bei der Gefährdungsbeurteilung nach BetrSichV möchte ich das Problem am Beispiel eines Winkelschleifers beschreiben. So könnte z.B. bei der Benutzung dieses Arbeitsmittels durch Verkanten die Scheibe bersten, des weiteren entsteht eine Gefährdung durch Funkenflug und durch heiße Teile. Eine elektrische Gefährdung ist nicht auszuschließen, die Lärmentwicklung bei der Anwendung ist beachtlich und die Vibration sollte man ebenfalls nicht unterschätzen.

    SIFATipp: Können Sie den verwendeten Begriff Wechselwirkung näher erläutern?

    Swoboda: Gerne. Stellen Sie sich vor, der vorgenannte Winkelschleifer wird im Freien verwendet. Es sind außer dem Benutzer keine weiteren Personen anwesend und im Umfeld der Arbeitsstelle sind keine brennbaren Stoffe vorhanden. Dann bleibt es ausschließlich bei den schon beschriebenen Gefährdungen, die vom Arbeitsmittel ausgehen. Die Situation ändert sich schlagartig, wenn das Arbeitsmittel z.B. in der Produktionshalle oder im Lager eines Unternehmens eingesetzt wird. Hier entsteht durch Einsatz des Arbeitsmittels eine zusätzliche Gefährdung durch Wechselwirkung mit dem Umfeld.

    SIFATipp: Und was bedeutet das?

    Swoboda: Durch Funkenflug entsteht eine erhöhte Brandgefahr oder Verletzungsgefahr für anwesende Personen. Es müssen also Maßnahmen eingeleitet werden, die nicht zum Standard des Arbeitsplatzes gehören und die bei der Benutzung des Arbeitsmittels nicht grundsätzlich gefordert werden.

    SIFATipp: Was wäre in diesem Falle zu tun?

    Swoboda: Zuerst ist Funkenflug zu vermeiden. Wenn es dennoch zu Funkenflug kommt, ist das Umfeld durch eine Trennwand aus nicht brennbarem Material zu sichern. Dann sind an der Arbeitsstelle die leicht entzündlichen Materialien zu entfernen. Ist dies nicht möglich, sind Maßnahmen gegen Entstehungsbrände einzuleiten z.B. Bereitstellung von Feuerlöschern oder einer Brandwache. Die UVV BGV A1 fordert im § 22.2, dass der Unternehmer eine genügend große Anzahl von Mitarbeitern für diese Aufgabe zu qualifizieren hat.

    IFATipp: Aus den zwei Beispielen entnehme ich, dass die Maßnahmen, die gegen Gefährdung eingeleitet werden müssen, ganz schön aufwändig sein können.

    Swoboda: Das kommt auf die Situation an. Stellen Sie sich vor, dass das vorgenannte Beispiel nicht in Produktions- oder Lagerbereichen – sondern dass die Arbeiten in explosionsgefährdeten Bereichen eines Unternehmens durchgeführt werden müssten.

    IFATipp: Und wie ist es mit den dadurch entstehenden Kosten?

    Swoboda: Der Gesetzgeber hat zuerst nur die Gesundheit der Beschaftigten im Focus und dann erst die Kosten und die zeitlichen Aufwendungen und das ist gut so.

    SIFATipp: Und was konnen Sie abschliesend zum Thema Gefährdungsbeurteilungen sagen?

    Swoboda: Bei der BetrSichV handelt es sich um eine gesetzliche Vorgabe. Der Unternehmer ist also gut beraten, die Gefährdungsbeurteilung als ein effektives Instrument zur Erhöhung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes in seinem Unternehmen einzusetzen. Er sollte eine Person benennen, die sich für eine bestimmte Zeit ausschließlich mit dieser Aufgabenstellung befasst. Bei der Auswahl dieser Person sollte die Sicherheitsfachkraft des Betriebes mit eingebunden werden.

    SIFATipp: Herr Swoboda, ich bedanke mich für das Gespräch.

    Verantwortlich für den Inhalt: Franz Swoboda, TÜV Saarland GmbH


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