"Klemmen tut weh, Quetschen zerstört"

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    • Offizieller Beitrag

    Beinaheunfälle – die verdrängte Chance für die Vermeidung schwerer Unfallereignisse

    Eben noch mal gut gegangen. Zwar schmerzen die Finger ein wenig, doch eigentlich ist nichts passiert. Beim Transport einer Kiste die Hand an einem Hindernis geklemmt. Alles heil? Dann weiter, denn der nächste Arbeitsauftrag wartet. In ein paar Stunden ist der Vorfall vergessen, als habe er sich niemals ereignet.
    Alltag in der Arbeitswelt, Beinaheunfälle ereignen sich täglich hunderttausendfach. Die Unfallpyramide macht dies deutlich. Sie setzt Schwere und Häufigkeit eines Ereignisses in ein Verhältnis. Dabei sind tödliche Unfälle die schwerwiegendsten Ereignisse, unsichere Handlungen und Bedingungen bilden die breite Basis der Pyramide. Nach Schätzungen ereignen sich 10.000 bis 70.000 Beinaheunfälle pro tödlichem Unfall.

    Beinaheunfälle sind Warnsignale
    Angesichts ihrer Häufigkeit eignen sich Beinaheunfälle deshalb besonders, um Gefährdungen zu identifizieren, aber auch bewusst zu machen.
    Sie bieten die Chance, einzuschreiten, bevor es zum Unfall kommen kann. Doch sie lassen sich nur schwer erfassen. Nach einem befreienden "Schwein gehabt" wird die Situation verdrängt. Es gilt also, das Potenzial der Beinaheunfälle zu nutzen, um Häufigkeit und Schwere von Unfallereignissen im Betrieb nachhaltig zu verringern. Dazu müssen diese Ereignisse jedoch kommuniziert und bewusst gemacht werden.

    Für ein Unternehmen, das Quetschverletzungen als Unfallschwerpunkt identifiziert hatte, konzipierte das Institut Input die Kampagne Quetsch- Quitt. Ein interaktiv-erlebnisorientierter Ansatz, wie sich Aufmerksamkeit erzielen und der Beinaheunfall thematisieren lässt.

    Eingängiges Motto bleibt hängen
    Das Motto "Klemmen tut weh, Quetschen zerstört" ist eingängig und bleibt haften. Zugleich definiert es griffig und eingängig den Beinaheunfall. Mit zwei Tomaten wird der Unterschied zwischen Beinahe- und tatsächlichem Unfall verbildlicht: bei der geklemmten Tomate ist es „noch einmal gut gegangen“, die andere hingegen ist nicht mehr in den Ursprungszustand zurückzubringen.

    Das Plakat dient als Aufhänger, um Gespräche einzuleiten, die sich auf Beispiele im betrieblichen Alltag beziehen. Beispielsweise bis wann etwas "gut geht", ab wann es dann "ins Auge geht". Dies kann im Rahmen der Sicherheitsunterweisung oder des Sicherheitskurzgespräches geschehen. Durch gezielte Fragen in einen dynamischen Dialog mit den Mitarbeitern treten. Dabei sicherheitsbewusstes Verhalten schaffen und vertiefen, ohne explizit und instruktiv darauf zu verweisen. Konkret bedeutet das:

    Das Plakat gut sichtbar aufhängen.
    Auf die Kolleginnen und Kollegen
    zugehen und mit ihnen diskutieren. Fragen nach kritischen Erlebnissen der letzten Wochen oder ein Blick auf die Hände können eine Menge Informationen bringen: Wer hat einen blauen Fleck an der Hand, einen blutunterlaufenen Fingernagel? Wer hat einen Winkelhaken in der Arbeitskleidung? Alle geschilderten Erlebnisse sind Beinaheunfälle. Sie geben Hinweise auf bislang nicht erkannte Gefährdungen. Um die Wirkung der Kampagne nicht verpuffen zu lassen, müssen die entsprechenden Maßnahmen zeitnah eingeleitet werden. Ansonsten versiegt die Informationsquelle schnell, denn nur gelebte Sicherheitskultur wirkt nachhaltig.
    "Klemmen tut weh, Quetschen zerstört" ist eine einfach zu handhabende Chance, um Mitarbeiter in die Gefährdungsbeurteilung einzubeziehen und für sicherheitsgerechtes Verhalten zu sensibilisieren. Auch zu anderen Arbeitsunfall-Schwerpunktbereichen wurden ähnliche Medien entwickelt. Beinaheunfälle beim Stolpern, Rutschen und Sturzen transportiert man beispielsweise mit dem einleitenden Satz "Wer strauchelt, hat eine Stolperfalle entdeckt"

    Quelle: Dipl.-Ing. Reinhard R. Lenz
    Institut Input, Dortmund

    Alle sagten: Es geht nicht. Da kam einer, der das nicht wusste und tat es einfach.(Goran Kikic)

    Wer nichts weiß, muß alles glauben. (Marie von Ebner-Eschenbach)
    „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
    (Sapere aude)

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