Sicherheitsdatenblätter an Kunden weitergeben

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  • Hallo zusammen,

    ich habe folgendes Problem:
    Ich betreue eine Firma, die mit Büromaterial handelt. Einige wenige Artikel sind mit einem Gefahrstoffzeichen versehen (z.B. Tipp-Ex und solche Kleinigkeiten). Wenn die diese Artikel verkaufen, müssen dann immer automatisch auch Sicherheitsdatenblätter mitgeschickt werden?
    Die Sachen werden überwiegend an andere Firmen geschickt, also Büro's etc. Sind diese dann als Endverbreucher zu bezeichnen? Da arbeiten ja auch wieder Mitarbeiter die damit umgehen. Ihr versteht was ich meine?

    Jeder den ich frage sagt mir, dass sei Quatsch immer die Datenblätter der Lieferung beizulegen. Aber niemand kann mir sagen wo das rechtlich geregelt ist. In der Gefahrstoffverrodnung finde ich ich nix dazu.

    Und dann noch eine Frage: was versteht man in diesem Zusammenhang unter "Erstlieferung"? Wenn ich als Lieferrant einem Kunden das Produkt zum ersten Mal liefere? So habe ich es verstanden.
    Ein Mitarbeiter der BG sagte mir jetzt, dass man darunter nur die erste "Inverkehrbringung" meint. Also wenn der Hersteller das an den ersten Zwischenhändeler liefert. Kann das stimmen?

    Kann mir jemand helfen?
    Viele Grüße
    Lars

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  • Hallo bullirider,

    ich hoffe ich kann dir helfen und beleuchte das mal aus verschiedenen Seiten.
    Hoffentlich nicht zu viele Antworten

    Wenn es sich bei dem Abnehmer um einen berufsmäßigen Verwender so verwendet man Sicherheitsdatenblätter. Sollten es private Endverbraucher sein (im Recht auch natürliche Person genannt)


    In Deutschland bilden
    die Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV)
    die Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
    die gesetzliche Grundlage für die Kennzeichnung und Verpackung von Gefahrstoffen und Zubereitungen aus Gefahrstoffen bzw. deren Abgabe an private und gewerbliche Endverbraucher.

    Die Sicherheitsmaßnahmen beim Transport regelt die Gefahrgutverordnung (GGVSE/ ADR/ RID).

    1. Chemikalien-Verbotsverordnung
    Diese Verordnung regelt die Abgabe von Gefahrstoffen und gefährlichen Zubereitungen:

    § 3 Informations- und Aufzeichnungspflicht bei der Abgabe an Dritte
    Unter diese Vorschrift fallen Stoffe und Zubereitungen, die nach der GefStoffV mit folgenden Gefahrensymbolen zu kennzeichnen sind:
    T(giftig)
    T+(sehr giftig)
    O(brandfördernd)
    F+(hochentzündlich)
    Xn(gesundheitsschädlich) in Verbindung mit
    R 40(Verdacht auf krebserzeugende Wirkung),
    R 62(kann möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen),
    R 63(kann das Kind im Mutterleib möglicherweise schädigen),
    R 68(Irreversibler Schaden möglich)

    Die Abgabe dieser Substanzen ist erlaubt, wenn:

    erstens: der Erwerber bekannt ist (Name, Anschrift), oder sich entsprechend ausgewiesen hat ,
    zweitens dem Abgebenden bekannt ist oder er sich durch den Erwerber hat bestätigen lassen, dass dieser als Endabnehmer diese Stoffe und Zubereitungen in erlaubter Weise verwenden will und dass keine Anhaltspunkte für eine unerlaubte Weiterveräußerung oder Verwendung bestehen (für die Abgabe an Handelsgewerbetreibende gelten weitergehende Vorschriften),
    drittens das Alter mindestens 18 Jahre alt ist (Privater Endverbraucher)
    viertens für ein Begasungsmittel die vorgeschriebene Erlaubnis oder der Befähigungsschein vorliegt,
    fünftens der Abgebende den Erwerber über Gefahren, Vorsichtsmaßnahmen beim bestimmungsgemäßen Gebrauch und für den Fall des unvorhergesehenen Verschüttens oder Freisetzens sowie über die ordnungsgemäße Entsorgung unterrichtet hat (Informationspflicht). Erläuterungen zur Informationspflicht: Dabei ist besonders wichtig, dass für den letztgenannten Punkt die kommentarlose Übergabe eines Sicherheitsdatenblattes an einen privaten Endverbraucher nicht ausreicht.

    Der private Endverbraucher sollte anhand des Sicherheitsdatenblattes über die wichtigsten Gefahren, Vorsichtsmaßnahmen und die Entsorgung beraten werden.
    Für das erarbeiten der wichtigsten Gefahrenhinweise geht der Gesetzgeber geht davon aus, dass der private Endverbraucher mit dem kompletten Studium des Sicherheitsdatenblattes überfordert ist.

    Bei privaten Endverbrauchern muss ein Abgabebuch geführt werden.

    § 4 Selbstbedienungsverbot und Versandhandel
    Die in § 3 der ChemVerbotsV aufgeführten gefährlichen Stoffe und Zubereitungen dürfen im Einzelhandel nicht in Selbstbedienung angeboten werden.
    Im Versandhandel dürfen Stoffe und Zubereitungen mit T oder T+ nicht an private Endverbraucher abgegeben werden.

    § 5 Sachkunde
    Nicht jedermann darf Gefahrstoffe abgeben. Um eine fundierte Beratung bezüglich der Gefahren im Umgang mit solchen Substanzen sicherzustellen, fordert der Gesetzgeber entsprechende Sachkunde.

    Die erforderliche Sachkunde für die Abgabe von Gefahrstoffen besitzen: approbierte Apotheker / Apothekerinnen PTAs, Apothekerassistenten und Pharmazieingenieure - Drogisten mit entsprechender Prüfung - Personen mit Sachkundenachweis - Geprüfte Schädlingsbekämpfer / Schädlingsbekämpferinnen (anerkannter Abschluss)

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    Wichtige Punkte der Gefahrtoffverordnung

    2.1 Kennzeichnung von Gefahrstoffen und gefährlichen Zubereitungen (EG-Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG)
    Auf der Verpackung muss der Name des Stoffes, Name und vollständige Anschrift mit Telefonnummer des Inverkehrbringers, die entsprechenden Gefahrensymbole, die Gefahrenhinweise (R-Sätze) und Sicherheitsratschläge (S-Sätze), die EG-Nummer und gegebenenfalls der Begriff "EG-Kennzeichnung" angebracht werden.

    Zum Schutz privater Endverbraucher wird eine weitergehende Kennzeichnung gefordert: S 1/2"Unter Verschluss und für Kinder unzugänglich aufbewahren." undS 45"Bei Unwohlsein oder Unfall sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen)." oderS 46"Bei Verschlucken sofort ärztlichen Rat einholen und Verpackung oder Etikett vorzeigen."

    2.2 Keine Hinweise auf besondere Gefahren

    a) Gefahrstoffe (EG-Richtlinie 67/548/EWG, Artikel 23):
    Kennzeichnung von Stoffen
    brandfördernd
    leichtentzündlich
    entzündlich
    reizend
    ist es nicht notwendig, auf die besonderen Gefahren hinzuweisen und Sicherheitsratschläge zu erteilen, wenn die Verpackung nicht mehr als 125 ml enthält.

    Dies gilt auch für gesundheitsschädliche Stoffe in der gleichen Menge, wenn sie nicht für jedermann erhältlich sind (Packungsgrößen für Endverbraucher).


    b) gefährliche Zubereitungen (EG-Richtlinie 1999/45/EG, Artikel 10, 4) -
    Die Angabe der R- und S-Sätze ist nicht erforderlich bei Kennzeichnung
    F, O, Xi (sofern nicht mit R41) und N;- Angabe der R-Sätze,
    R10 (Entzündlich),
    R52 (Schädlich für Wasserorganismen)
    R53 (Kann in Gewässern längerfristig schädliche Wirkungen haben) Diesen R-Sätze sind keine Gefahrensymbole zugeordnet. Bei GHS ändert sich das vielleicht.

    2.3 Verpackung (EG-Richtlinien 67/548/EWG, Art. 22 und 1999/45/EG, Art. 9)

    Die Verpackung eines gefährliche Stoffes oder einer gefährlichen Zubereitung muss dicht und sicher sein.
    Die oder der Behälter

    - darf erstens durch Form oder Bezeichnung keine Verwechslung des Inhalts mit Lebensmitteln, Futtermitteln, Arzneimitteln oder Kosmetika ermöglichen. Form oder graphische Dekoration der Behälter dürfen weder die aktive Neugierde von Kindern wecken oder fördern, noch beim Verbraucher zu Verwechslungen führen.

    - darf zweitens für einen mit T+, T oder C gekennzeichneten Inhalt müssen mit kindergesicherten Verschlüssen und einem ertastbaren Warnzeichen versehen sein.

    - darf drittens für einen mit Xn, F+ oder F gekennzeichneten Inhalt müssen mit einem ertastbaren Warnzeichen versehen sein.

    2.4 Wenn kein SDB mitausgeliefert wer den muss.
    Falls die Übermittlung eines Sicherheitsdatenblatts nicht erforderlich ist, ergeben sich die Informationspflichten aus Artikel 32 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006.
    Artikel 32 Informationspflicht wenn kein SDB mitgliefert werden muss
    Direkt EU
    ------------------------------------------------------------------------------------------------

    3 Der Transport von Gefahrstoffen

    Für den Transport gilt nicht mehr die GefStoffV, sondern die Gefahrgutverordnung (GGVSE) bzw. Abkommen auf internationaler Ebene (ADR/RID). Die Auswirkungen betreffen die:

    3.1 Behälter: Abgesehen von stoffspezifischen Freigrenzen (liegen unter 1 Liter) werden baumustergeprüfte Gebinde oder Umverpackungen vorgeschrieben

    3.2 Kennzeichnung:
    UN-Nummer inklusive rautenförmiges Gefahrensymbol mit ADR-Klasse.

    Sind erforderlichen Gefahrensymbole von GefStoffV und GGVSE gleich kann man nur nach GGVSE kennzeichnen.

    -------------------------------------------------------------------------------------------------------

    Weitere Quellen:
    TÜV Nord Umweltschutz
    Antwort zur deiner Frage findest du auch im Forum für Umweltrecht

    Recherche zum Thema SDB bei Komnet
    Komnet Rechereche SDB

    Ähnliche Frage eines Pharmaproduzenten bei Komnet
    Pharma fragt ähnlich

    Interessantes für eure Kunden
    Komnet Nebeninfos: Muss ich denn Gefahrstoff überhaupt in den Gefahrstoffkataster aufnehmen

    Vielleicht liefert ihr aber auch Dinge aus die keine Kennzeichnung haben aber doch ein SDB mit verschickt werden muss?
    KOmnet: Muss auch bei Nicht Gefahrstoffen ein SDB ausgeliefert werden?


    So fertig :D
    Gruß RaBau

    Fremde Meinungen sind zu akzeptieren meine Antwort auf "du" oder "sie". Ich möchte geduzt werden.
    Ich schreibe weiter alles mit DU (siehe Forumsregel). Die die kein Du haben wollen, machen gedanklich immer aus dem Du ein Sie.
    Gruß RaBau

    Nur Pessimisten schmieden das Eisen, solange es heiß ist. Optimisten vertrauen darauf, dass es nicht erkaltet. (Zitat von Peter Bamm)

    7 Mal editiert, zuletzt von RaBau (1. März 2009 um 23:08)

  • WOW!!!!

    Vielen Dank für die mehr als ausführlichen Informationen. Das ist ja der Hammer! Ich versuche jetzt seit mehreren Tagen etwas zu diesem Thema herauszufinden. Wie gesagt, auch die Aufsichtspersonen verschiedener BG's konnten mir keine konkreten Antworten geben.

    Vielen, vielen Dank!!!

    Beste Grüße
    Lars

  • Hallo bullrider,

    soweit ich das verstehe, ist die Firma con reach betroffen, was die Lieferung der Sicherheitsdatenblätter betrifft. Hierfür gibt es auf http://www.reach-helpdesk.de passende Antworten zu nahezu allen Fragen. Deine Frage wird hier behandelt

    http://www.reach-helpdesk.de/nn_81816/de/FA…html?__nnn=true

    Ich hoff, ich konnte helfen

    Sven Sicher