Beiträge von Kalima

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    hast Du etwas mit den Infos anfangen können, oder bist Du an anderer Stelle fündig geworden? Wie bist Du weiter vorgegangen? Was ist aus der Alligatorschere geworden?

    Ja, vielen Dank, die Info´s haben weitergeholfen. Als Generalist, der branchenübergreifend arbeitet, habe ich nicht immer alles in dieser fachlichen Tiefe gleich zur Hand.

    Ich habe eine Gefährdungsbeurteilung für das Arbeitssystem (also die Schere und Umgebung wo sie eingesetzt wird) mit dem Kunden aufgebaut Diese enthält T-O-P-Schutzziele, und darauf basierende abgeleitete T-O-P Maßnahmen, als Vorschläge. Als erste Orga-Maßnahme habe ich eine umfassende Betriebsanweisung geschrieben und zur Verfügung gestellt.

    Was aus der Schere geworden ist, sehe ich dann im Herbst, wenn ich den Kunden wieder besuche.

    Vielen Dank an alle!
    K.

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    Hallo Kollegen,
    bei einem Kunden (Recycling-Branche) fand ich eine ohne jegliche Schutzvorrichtung betriebene sog. "Alligatorschere", auch Krokodilschere genannt.

    Im Betrieb ganz ähnlich dieser:
    https://www.youtube.com/watch?v=labpen2Zdfw

    Nur völlig ohne jede Schutzvorrichtung, also weder ein richtiger Auflagetisch noch Schutzkorb. Lediglich ein kleiner Niederhalter, der aber das Schneidgut nicht ausreichend sicher arretiert, sodaß das von Hand zuugeführte und gehaltene Schneidgut bei jedem ausgeführten Schnitt mit erheblichem Moment nach oben ruckt.

    Der Antrieb ist ein Elektromotor, die Kraftumsetzung für den Schneidhub erfolgt hydraulisch. Inbetriebsetzung des Motors erfolgt mit Kippschalter "ein-aus", Auslösung des Scheidvorgangs per Fußschalter über Hydraulikventil-Schalter. Am Schaltkasten ist ein Not-Aus-Schlagschalter.

    Klar: Das geht so nicht!

    Ich gehe als Zielzustand von

    a) Technisch: einem adäquat langen Zuführtisch aus, sowie einem nach hinten, seitlich und vorne (in Zuführrichtung) voll umschließenden Schutzkorb. je nach Dimensionierung des Korbs zusätzlich eine Zweihandschaltung, weiterhin ergänzenden

    b) Orga-Maßnahmen: Absperren und Zutrittsbeschränkung seitlich und hinter der Maschine.

    Leider finde ich nichts auf den relevanten Websites, weder bei BAUA noch den unterschiedlichen BG´en, etc., wie hier ein Schutzkonzept aussehen sollte, quasi als "Futter" für die Schutzzielsetzung und vor allem für die Maßnahmendefinition in der Gefährdungsbeurteilung des Arbeitssystems.

    Frage: Hat jemand sowas schon gesehen und bewertet? Wo gibt es Vorgaben, BGI´en oder Normen für derlei Maschinen?

    Danke für Eure Hinweise!

    Angenehmes Wochenende,

    K.

    P.S.: Inzwischen bin ich bei den Herstellern solcher Maschinen und sehe mir die Schutzkörbe an, finde jedoch weiterhin keine Hinweise auf Normen oder andere Vorgaben. Kann es sein, daß diese Art Maschinen von den Herstellern mit eigenen, d.h. frei definierten Sicherheitskonzepten konstruiert werden?

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    Schön, dass doch Bewegung in die Sache kommt. Jetzt würde ich vorschlagen evt. gemeinsam mit dem Hersteller ein Konzept zu erarbeiten, wie die Anlage in einen Sicheren Zustand nach dem heutigen Stand der Technik gebracht wird und wie man weitere Manipulationen verhindert.

    Guten Morgen Kollegen,
    hier der aktuelle Sachstand:

    Der Unternehmer hat den mit Nachdruck kommunizierten Hinweis auf die Manipulationen eingesehen, und reagiert in dem Sinne, daß er alle Beschäftigten dahingehend schriftlich unterwiesen hat. Der Unterweisungsnachweis mit allen Unterschriften liegt mir vor. Insofern konnte hier eine Reaktion erzwungen werden, die auch etwas bewirkt hat. Damit ist die Gefahr im Verzug erstmal gebannt, die "Kuh vorläufig vom Eis". Die Gewerbeaufsicht bleibt somit erstmal draußen.
    Der Sachverhalt stellt sich inzwischen etwas klarer dar:

    • Das Sicherheitskonzept sah ursprünglich Fahren von Hand auf Sicht, ausschließlich im Tippbetrieb (sog. "Totmannschaltung") vor. Inzwischen wurde die Steuerung von S5 auf S7 erneuert, die Software aber unverändert übernommen. Soweit eine schriftliche Stellungnahme des Steuerungs- und Anlagenbauers.
    • Alle in der Anlage vorgefundenen optoelektronische Signalgeber als Sicherungselemente sind vom Unternehmer nachträglich verbaut, aber nie in Kraft gesetzt worden! Das ist kurios, aber erstmal sekundär in der Betrachtung. Immerhin spricht das für den Unternehmer, daß er "was machen will" und auch investiert! Nur leider sind diese Investitionen bisher nicht wirksam.

    Im Zentrum steht nun die Frage: Wie sollte bei dieser Art von "kollaborierender Robotik" ein aktuelles Schutzkonzept aussehen? Fahren von Hand auf Sicht ist für mich "gefühlt" nicht mehr zeitgemäß. Die Tatsache, daß von den Steuerständen teilweise die Sicht in die Anlage versperrt ist, wäre in der Gefährdungsbeurteilung nach MaschRiLi entsprechend zu bewerten.

    Meine aktuellen Fragen, wo finde ich weitere klare Antworten:

    • Ist bei einer kollaborierenden Robotik eine Sicherheits-SPS (SSPS) zur Einbindung der optoelektronischen Signalgeber als Sicherungselemente erforderlich, und wenn ja, worauf gründet sich dies? (Normen, Regelwerke, etc. hier blicke ich noch nicht ausreichend durch), und
    • Kann jemand einen Hinweis auf ein Beispiel einer Gefährdungsbeurteilung nach MaschRili geben?

    Damit wäre mir, und dem Unternehmer, sehr geholfen.

    Vielen Dank.
    K.

    P.S.: Hier war - und ist weiterhin - wirklich Ausdauer und Fingerspitzengefühl in der Kommunikation gefordert, um eine funktionierende Balance zwischen Nachdrücklichkeit und Dringlichkeit mit der Rolle des Dienstleisters zu verbinden. Ich denke, nur so konnte die Eskalation verhindert werden. Der Geschäftsführer ist Gründer und seit 40 Jahren alleiniger Gesellschafter. Ich sehe mich mit unklaren und uneindeutigen Zuständigkeiten und Kompetenzen konfrontiert (Überschneidungen und Ignoranz, d.h. nicht sehen- bzw nicht-wissen-wollen, etc.). Insofern wird das Organisationsversagen DAS Rahmen-Thema des ganzen weiteren Verfahrens auf der Sachebene sein. Ich bin sehr froh, daß ich hier im Laufe des Lebens einige Methoden- und Kommunikations-Kompetenzen erworben habe. SiFa zu sein, ist für mich eine Schnittmenge aus Ingenieur, Rechtsberater und psychologischem Organisationsberater.

    Aber das können wir gerne an anderer Stelle vertiefen.

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    Zahlreiche Telefonate, Faxe und Mails später:
    Inzwischen liegen mir einige Unterlagen und Erklärungen vor.

    • Ein aktueller Unterweisungsnachweis, womit das Unternehmen das ausdrückliche Verbot jedweder Manipulation an Steuerungen, insbesondere Totmannschaltungen, anweist, alle betreffenden MA haben das unterschrieben.
    • Eine Stellungnahme des Teamleiters des Unternehmens, dass Anfang des Jahres die Steuerung von S5 auf S7 erneuert hat, die besagt, die bestehende Software wurde aus der alten S5 übernommen. Damit ist das ursprüngliche Sicherheitskonzept "Fahren auf Sicht von Hand" ebenfalls übernommen worden.
    • Eine Erklärung mit Unterschrift und Firmenstempel, daß der Betreiber die Anlage im gegenwärtigen Zustand - nach Entfernen und Unterbinden weiterer Manipulationen! - für sicher hält und entgegen meinem Rat auf eigenes Haftungsrisiko weiter betreibt.

    Zu 1: Erstmal soweit, so gut.
    Zu 2: Ob das Konzept für kollaborierende Robotik nach heutigem Stand der Technik noch ausreicht, muß eine Gefährdungsbeurteilung ergeben (ich denke vorläufig, eher nicht, will aber hier nicht vorgreifen). Die vorgefundenen optoelektronischen Sicherheitseinrichtungen (Lichtschranken, Optoscanner etc.) wurden auf eigene Initiative des Unternehmens nachgerüstet, waren aber bisher nie in Betrieb! Daraus schließe ich, die wollen was verbessern. Warum das nicht erfolgte und wirksam umgesetzt wurde, ist eine andere Frage.
    ZU 3: Am Mittwoch findet ein Treffen vor Ort mit der GF und den weiteren in den Vorgang Involvierten statt, die wollen Lösungen. Da wird sich vermutlich einiges klären. Meine Vermutung: Unklare und uneindeutige Organisation, unklare Kommunikation. Das wird zur Sprache kommen, und in der GB abgebildet werden ("sonstige Gefährdungen" und "Psychische Belastungen").

    Immerhin konnte hier durch klare und eindeutige, dabei sachliche Kommunikation überhaupt eine Reaktion der GF erzwungen werden - vorläufig ohne weitere Eskalation, das ist schonmal gut. Das Beratungs-Mandat wurde im Zuge der Diskussion beiderseits zur Disposition gestellt. Manchmal muß man halt was riskieren.

    Alles Weitere sehen wir dann am Mittwoch.

    Vielen Dank nochmals für die vielen Antworten! :thumbup:

    K.

    ..und wenn das durch ist: :138:


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    Märchenstunde oder was? Wer kauft eine teure Anlage, mit welcher schnell etwas produziert werden kann, manipuliert sämtliche Sicherheitseinrichtungen um dann die Anlage im Tipp-Betrieb zu betreiben?

    Moin Tiefflieger,
    die Anlage lief mit SPS seit den 90ern. Was da genau der Grund für den derzeitigen Zustand ist, ist mir unklar. Vermutlich vertragliche Unklarheiten oder schlechte Kommunikation mit dem Lieferanten oder so´n Mist. Ist aber auch nebensächlich, der Zustand ist unhaltbar und muß geändert werden!

    Ich hätte die Anlage sofort außer Betrieb setzen lassen, ob der Geschäftsführer jetzt Zeit und Lust hat oder nicht.
    Meldung an BG oder Gewerbeaufsicht? Nach welcher Rechtsgrundlage? Du bist nicht die Hilfspolizei. Die Meldung würde ich nur machen, wenn die Geschäftsführung nicht kooperativ ist. Gleichzeitig wäre dies meine letzte Minute SiFa für diesen Betrieb.

    Ich bin externe Sifa, und als Berater in der Firma. Habe also keinerlei Weisungs- oder sonstige Befugnisse. Was die SiFa generell nicht hat.

    Wenn der GF nicht einsichtig ist und selber handelt, geht Außerbetriebsetzung nur über die Behörden und die BG.

    Oder übersehe ich da einen Weg? Dann würde mich das sehr interessieren!


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    Sorry, aber etwas über eine GB legalisieren, was offensichtlich nicht in Ordnung ist, damit dann der Betrieb SO weitergehen kann: NO-GO. :thumbdown:

    Moin Waldmann,
    danke für die klare Stellungnahme.

    So ist nicht mein Standpunkt. Wenn der GF nicht zeitnah reagiert, gebe ich das ab. Die GefBeurt. soll die Grundlage liefern, auf der die SPS dann vom Lieferanten / Hersteller neu aufgebaut und in Betrieb genommen werden kann.

    Für mich sind die zentralen Fragen:

    • Ist eine Sicherheits-SPS (SSPS) erforderlich (ich vermute ja, habe aber die entsprechende Norm oder Regelwerk noch nicht gefunden, um das belegen zu können), und
    • welche technischen Normen sollte die Steuerung sonst noch vorrangig erfüllen?

    Damit meine ich jetzt nicht die VDI etc. daß die Anlage elektrotechnisch sicher sein muß ist ja selbstverständliche Voraussetzung.

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    Hallo Kolleginnen und Kollegen,
    anlaßbezogen bin ich heute mit zwei konkreten Fragen neu hier im Forum. Da ich als freiberufliche SiFa tätig bin, bitte ich um Verständnis für die anonyme Darstellung des Falles aus vertraglichen Gründen.

    Es handelt sich um eine langsam um Längs- und Querachsen horizontal verfahrende Anlage, mit großem Massentransport. Sogenannte kollaborierende Roboter. Die Anlage arbeitet also begleitend zum Menschen, und kann technisch nicht vom Menschen getrennt werden. Bei Erfassen eines Menschen wären schwerste bis tödliche Verletzungen durch Scheren oder Quetschen zu erwarten. Es sind Lichtschranken und Opto-Sensoren ("Scanner") verbaut, die über die SPS die Anlage sicher stillsetzen sollen, wenn ein Mensch in den Gefahrenbereich gerät.

    Bei einer Betriebsbegehung wird festgestellt:

    • Das ursprünglich vorhandene technische Schutzkonzept ist mit der SPS vollständig außer Funktion gesetzt, d. h. alle abschaltenden Signalgeber und Sicherheitsvorrichtungen sind unwirksam, dies ist offenbar schon länger so.
    • Die Anlage wird seither ausschließlich im Tipp-Betrieb
      von Hand und „auf Sicht“ gefahren - dies bei teilweiser Uneinsehbarkeit von den Steuerständen aus.
    • An Handsteuerständen wurden Sicherheitsschaltungn ("Totmannschaltung") manipuliert!

    Da die Anlage wegen Schichtende während der Zeit der Beobachtung grade stillgesetzt wurde (es handelt sich um einen Betrieb mit Einschichtbetrieb), und der Geschäftsführer für ein Gespräch zum Sachverhalt nicht erreichbar war, wurde eine kurze Frist (Stunden) bis zur Mitteilung über die vorgefundene Manipulation an die zuständige BG und Gewerbeaufsicht gestellt. Daraufhin wurde mir vom Geschäftsführer als von ihm beauftragter SiFa die Entfernung der Manipulationen und die nachhaltige Unterbindung weiterer Manipulationen schriftlich zugesagt. Von einer Mitteilung an BG und Gewerbeaufsicht wird daher vorerst für den Zeitraum einer Woche abgesehen.

    Meiner Einschätzung nach muß nun schnellstmöglich eine Gefährdungsbeurteilung für den betreffenden Anlagenteil gemacht werden. Hierauf basierend dann das Konzept für die Wiederinbetriebnahme bzw. Erneuerung der SPS.

    Bisher habe ich zum Thema gefunden:

    • Der Anlagenbetreiber muss eine Gefährdungsbeurteilung für die Arbeitsmittel erstellen. Grundlage hierzu ist die TRBS 1111, die die Anforderungen aus § 5 ArbSchG und § 3 BetrSichV konkretisiert. Ziel hieraus ist es, die noch vorhandenen Gefährdungen für den Mitarbeiter zu ermitteln. Die Anforderungen der TRBS gehen aber über die der EN ISO 14121 hinaus, da hier das gesamte Arbeitssystem beurteilt werden muss. Bei der TRBS müssen auch Psychische Gefährdungen (z.B. Stress), "Sonstige" Gefährdungen ( z.B. durch andere Menschen) sowie die Arbeitsumgebung (Klima, Beleuchtung, ...) mit betrachtet werden.
    • BG/BGIA-Empfehlungen für die Gefährdungsbeurteilung nach Maschinenrichtlinie - Gestaltung von Arbeitsplätzen mit kollaborierenden Robotern
    • GBU = Gefährdungsbeurteilung = Betreiber
    • RBU = Risikobeurteilung = Hersteller
    • SSPS = Sicherheits-SPS: ???
    • DIN EN ISO 10218-2: ???
    • AKTUELL gilt: EN ISO 12100:2010 "Sicherheit von Maschinen - Allgemeine Gestaltungsleitsätze - Risikobeurteilung und Risikominderung"
    • Risikobeurteilung nach EN ISO 14121-1 (bis 2013), aufgegangen in EN ISO 12100:2010

    Meine Fragen dazu:

    • Welche Normen und technischen Regelwerke wären hier für das Konzept der SPS und der Schutzeinrichtungen relevant und zu berücksichtigen?
    • Ist eine Sicherheits-SPS (SSPS) erforderlich?

    Letzteres vermute ich, finde jedoch bisher nicht den eindeutigen Hinweis.

    Die Sache beschäftigt mich ununterbrochen seit Mittwoch Abend.
    Hier muß dringend etwas geschehen. Ein Bußgeld durch die BG wäre für den Unternehmer noch verschmerzbar, aber eine Stillegung durch die Gewerbeaufsicht würde ich gern verhindert sehen.

    Vielen Dank für Eure Hilfe zu den beiden Fragen!
    K.

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