Beiträge von Doctor No

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    Moin @Doctor No ,

    der "Umweg" über die DGUV 1 für die Ehrenamtler zur ArbMedVV erscheint mir etwas weit hergeholt. Wenn das tatsächlich die Intention des Gesetzgebers gewesen wäre, würden z.B. folgende Personen in meinen Verantwortungsbereich hinsichtlich der ArbMedVV fallen:

    Hallo Guudsje,

    soweit mir bekannt ist war dies genau eine der Intentionen für die entsprechende Änderung der DGUV Vorschrift 1. Als die ArbMedVV eingeführt wurde haben sämtliche Berufsgenossenschaften die alte BGV A4 (später DGUV Vorschrift 6) nicht zurückgezogen, obwohl Sie für "Beschäftigte" überflüssig war. Dies geschah auch deshalb nicht, weil es in der alten Vorschrift nicht úm "Beschäftigte" sondern um "Versicherte" ging, und die "Ehrenamtler" sonst raus gefallen wären (weiterer Grund waren die CMR Stoffe, die in der ArbMedVV anfangs nicht vorkamen). Erst als die alte Vorschrift angepasst wurde (neue DGUV Vorschrift 1) hat man dann die alte BGV A4/DGUV Vorschrift 6 zurückgezogen.
    In der Anlage 1 der DGUV Vorschrift 1 ist die ArbMedVV auch noch einmal explizit erwähnt.

    Aber man kann das ganze so oder so sehen, wer man sich näher damit beschäftigen will empfehle ich
    http://www.dguv.de/medien/inhalt/…nts/hussing.pdf


    Viele Grüße
    Doctor No

    Moin Mick,

    mir geht es in diesem Thema nur um die ArbMedVV, die sich ja ausdrücklich auf Beschäftigte bezieht. Deswegen auch meine Nachfrage, ob der Gedankengang korrekt ist.

    Gruß Frank

    Aufgrund §13 des JFDG würde ich die FSJ´ler wie klassisch "Beschäftigte" behandeln und die ArbMedVV direkt anwenden. Aber selbst wenn es "Ehrenamtliche" wären würde indirekt die ArbMedVV gelten, allerdings mit Umweg über die DGUV Vorschrift 1 (gültig nicht nur für "Beschäftigte" sondern auch für "Versicherte") welche in § 2 folgenden Passus enthält:

    "... (1) Der Unternehmer hat die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu treffen. Die zu treffenden Maßnahmen sind insbesondere in staatlichen Arbeitsschutzvorschriften (Anlage 1), dieser Unfallverhütungsvorschrift und in weiteren Unfallverhütungsvorschriften näher bestimmt. Die in staatlichem Recht bestimmten Maßnahmen gelten auch zum Schutz von Versicherten, die keine Beschäftigten sind."

    Bei Umgang mit "Biostoffen" würde sogar ohne Umweg über die DGUV Vorschrift 1 die ArbMedVV direkt gelten, da es in § 12 der Biostoffverordnung heißt: " ... Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in der jeweils geltenden Fassung gilt auch für den in § 2 Absatz 9 Satz 2 genannten Personenkreis..."

    Viele Grüße
    Doctor No

    Mit einer Angebotsvorsorge entsprechend der ArbMedVV (also Bildschirmarbeit) mit Ergonomieberatung etc. könnte ich leben. Auch eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung bei Nacht- und Schichtarbeit entsprechend des Arbeitszeitgesetzes könnte ich mir vorstellen (... diese käme vom Charakter her einer Wunschvorsorge nahe, wenngleich es diese Begrifflichkeit im Arbeitszeitgesetz nicht gibt, dort heißt es aber der Arbeitgeber "muss ermöglichen"). Selbst eine allgemeine arbeitsmedizinische Untersuchung entsprechend §11 ArbSchG wäre noch denkbar (z.B. bei erhöhtem Stresslevel/psychisch. Belastung) und würde vom Charakter ebenfalls einer Wunschvorsorge entsprechen (Begrifflichkeit auch hier offiziell nicht definiert).

    Aber eine freiwillige G25-Eignungsuntersuchung ? Was soll das sein ? Wofür soll die gut sein ?

    Entweder man saugt sich eine Rechtsgrundlage für eine G25-Eignungsuntersuchung aus den Fingern (mit allen hier mehrfach diskutierten juristischen Hürden) und die Mitarbeiter müssen Ihre Eignung irgendwie gegenüber dem Dienstherren nachweisen .... oder man lässt es lieber ganz.

    Wenn durch Verabreichung von Medikamenten evtl. eine allergische Reaktion erfolgt und der Patient hierdurch in eine lebensbedrohliche Situation kommt ist das höchst problematisch(Paracetamol oder Aspirinallergie z.B.)

    Ich sprach deshalb ja auch nur von freiverkäuflichen Präparaten - Paracetamol und Aspirin sind nicht freiverkäuflich sondern apothekenpflichtig und dürfen deshalb ohnehin nur von Apothekern vorgehalten und ausgegeben werden (der Betriebsarzt dürfte die Medikamente nicht ausgeben, jedoch direkt am Patienten anwenden). Viele der freiverkäuflichen Produkte sind formal gar keine Heilmittel (Meerwassernasenspray usw.).

    Natürlich können theoretisch auch von freiverkäuflichen Salben allergische Reaktionen hervorgerufen werden, das ist richtig. Das gilt allerdings auch für Hautschutz- und Hautpflegepräparate, kann man ebenfalls allergisch drauf reagieren.

    Kleiner pragmatischer Kompromissvorschlag mit Augenzwinkern: Nehmt die Salbe aus dem Erste Hilfe Kasten raus und verkauft/verschenkt Sie im Werkskiosk/Kantine neben den Schokoriegeln ... dass wäre juristisch dann ganz sauber ;)

    Das sehe ich ein wenig anders, denn die Verabreichung der Brandsalbe wäre für mich eine Heilbehandlung. Wer darf diese durchführen?

    Das sehe ich nicht so. Das Auftragen einer Brandsalbe würde ich als Maßnahme der "Ersten Hilfe" einordnen. Sonst wäre auch das Aufkleben eines Pflasters oder die Wunddesinfektion ebenfalls eine "Heilbehandlung". Hinzu kommt: In den meisten Fällen dürfte eine Selbstbehandlung durch den Verletzen erfolgen, ggf. mit Assistenz des Ersthelfers (z.B. bei schlecht erreichbaren Körperregionen).

    Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der sog "freiverkäuflichen Arzneimittel" i.d.R. gering ist (darf im Supermarkt an Kinder verkauft werden). Ketzerisch könnte man sagen: Alles was sich mit "freiverkäuflichen Arzneimitteln" behandeln kann, hätte vermutlich auch noch Zeit bis zum Feierabend gehabt.

    Ein gewisses juristisches Restrisiko sehe ich bei der Gewährleistung der Produktqualität. Wenn eine freiverkäufliche Salbe/Creme im Betrieb vorgehalten wird, sollte aus meiner Sicht sichergestellt werden, dass diese nicht abgelaufen/verkeimt/biologisch kontaminiert ist. In der Praxis kann man das nur umsetzen, indem ausschließlich Mini-Tuben zum Einmalgebrauch verwendet werden.

    Hallo Stephan,
    tue Dir selbst den gefallen und gewöhne Dir die G-Untersuchungen gleich wieder ab. Das ist Schnee von gestern ! Eine G24-Untersuchung ist so gesehen nie mehr erforderlich.
    Sehr wohl aber eine ArbMedVV Vorsorge bei "Hautbelastung/Feuchtarbeit", ab 4 h tgl. wäre das eine Pflichtvorsorge (Achtung: Pflicht ist nur der Beratungsteil ... der widerwillige Mitarbeiter kann die Hände theoretisch in den Hosentaschen behalten), zu erledigen theoretisch vor Aufnahme der Tätigkeit (in der Praxis meist kurz danach)

    Bzgl. der Vorhaltung von Medikamenten im Betrieb ist unabhängig von den hier bereits geäußerten Bedenken folgendes zu beachten:

    Das sog. Dispensierrecht apothekenpflichtiger Medikamente für Menschen liegt in Deutschland ausschließlich bei den Apothekern. Selbst als Arzt darf ich Medikamente nur anwenden aber nicht dispensieren, d.h. ich darf dem Mitarbeiter die Kopfschmerztablette auf die Zunge legen aber ich - zumindest theoretisch - keine Tablette für später mitgeben.

    Unkritisch ist das Thema "Medikamente im Betrieb" bei nicht apothekenpfl. Präparaten, eine Brandsalbe von Rossmann&Co im Verbandskasten ist also unkritisch.

    Hallo Waldmann,
    solche Kopfgeldjäger rufen bei mir ca. alle zwei Wochen an ... meistens vollkommen planlos ... schlecht informiert ... und mit "bla, bla" - Textbausteinen im Anschreiben. Und spätestens bei den Gehaltsvorstellungen ist der Ofen dann leider schnell aus.

    Um es einmal auf den Punkt zu bringen: Warum soll ich als Betriebsarzt eines Unternehmens deutlich weniger Einkommen erhalten als andere Dienstleister wie beispielsweise Juristen oder Steuerberater. Für die Tatsache, dass sich viele SiFas weit unter Wert verkaufen kann ich nichts.
    Wenn ich studierter Sicherheitsingenieur wäre würde ich für unter 100 Euro/Stunde nicht ins Auto steigen !

    Bei den erwähnten BA-Zentren landen dann leider gehäuft diejenigen, welche entweder keine Ahnung haben oder welche um 12.00 Uhr zu Hause sein wollen/müssen (Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel) und bei denen der Ehepartner das Einkommen sichert.

    Hallo Lenny,
    wenn das Unternehmen keinen Betriebsarzt benennen kann muss man davon ausgehen das es auch keinen bestellt hat. Das Problem:

    Bei dringlichen Problemen muss das Unternehmen erst einmal jemanden finden, der Lust und Zeit hat die Kohlen für das Unternehmen aus dem Feuer zu holen. Warum sollte ich als Betriebsarzt das tun, habe doch genug mit meinen Vertragskunden zu tun. Wenn dann nach achtwöchiger Suche tatsächlich ein Betriebsarzt gefunden wurde und dieser die ArbMedVV und die AMR 3.1 gelesen hat, dann muss er oder sie sich vor jeglicher Untersuchung oder Beratung erst einmal betriebliche Kenntnisse (z.B. durch eine Begehung) verschaffen, weil sonst ein fachlich falsches Handeln vorliegt (keine Blutentnahmen ohne dass diese fachlich begründet werden können, keine sinnlosen Röntgenaufnahmen, keine Beratungen ohne Kenntnis der Arbeitsplatzverhältnisse). Außerdem kann ein nicht bestellter Betriebsarzt bestenfalls für Vorsorgeuntersuchungen auf eine amtliche Gebührenordnung zurückgreifen. Für übrige Beratungsleistungen ist ohnehin zunächst eine vertragliche Vereinbarung nötig, denn sonst hat man als Betriebsarzt gar keine Abrechnungsgrundlage.

    Bei Betriebsbegehungen durch die staatlichen Arbeitsschutzbehörden zeigt sich immer wieder, dass Betriebe im "Unternehmermodell" Ihren Pflichten im Arbeitsschutz nur unzureichend nachkommen (dies gilt auch für die Betreuung durch SiFas, welche viele Kleinbetriebe ebenfalls nicht für notwendig halten).

    Vielleicht sollte man den Berufgenissenschaften mal vorschlagen, dass sich die Betriebe auch nur bei Bedarf (z.B. nach einem entschädigungspflichten Arbeitsunfall) eine Berufsgenossenschaft Ihrer Wahl aus dem Telefonbuch heraussuchen sollen ;)

    Die großen überbetrieblichen Dienste und die Fluktuation ... ich will es mal so ausdrücken:
    Als erfahrener Vollzeit-Betriebsarzt gibt es im Grunde keinen Grund länger als notwendig bei solch einem Dienst zu arbeiten. Die Bezahlung ist im Vergleich zur selbstständigen Tätigkeit oder zur Tätigkeit als Werksarzt im Großbetrieb eher unterdurchschnittlich, die Fahrtätigkeit überdurchschnittlich und die Kundenstruktur oftmals schwierig (unmotivierte Kleinstkunden). Deshalb machen sich die guten Betriebsärzte früher oder später dort vom Acker (außer evtl. die Teilzeitkräfte).
    Außerdem tummeln sich immer mehr Anbieter am Markt (gerne auch aus dem Bereich Arbeitssicherheit kommend) die meinen, Sie könnten arbeitsmedizinische Grundbetreuung mit sehr wenig oder sogar ganz ohne Ärzte anbieten.

    @ sifafettie - Nur interessehalber: Warum findet man auf der von Ihnen erwähnten Website betriebsmedizin-deutschland keine Namen und Gesichter fest angestellter Betriebsärzte ? Wer ist dort der leitende Arzt ? Welche Qualifikationen haben die Ärzte ?

    Was kann man als überregionales Unternehmen machen:
    Man könnte für die verschiedene Standorte verschiedene niedergelassene Arbeitsmediziner bestellen. Einer dieser niedergelassenen Ärzte könnte zusätzlich die ärztliche Koordination übernehmen, sozusagen als "leitender Betriebsarzt".

    Alternativ könnte man es auch so organisieren, dass ein Betriebsarzt zweimal pro Jahr eine Art Deutschland-Tour durchführt an allen Standorten die ASA-Sitzungen, Begehungen, Gefährdungsbeurteilungen etc. etc. stattfinden. Kostet natürlich ein paar Euro - Flüge, Hotelzimmer etc.

    Hallo Holger_13,
    wenn die sog. G26.3 als Vorsorgeuntersuchung gemäß ArbMedVV durchgeführt wird (also nicht G26.3 sondern "Arbeitsmedizinische Vorsorge bei Verwendung von Atemschutzgeräten der Klasse III") ist in der ArbMedVV festgelegt, dass mindestens eine Beratung stattzufinden hat. Soweit erforderlich findet zusätzlich eine körperliche Untersuchung statt. Den Umfang der körperlichen Untersuchung legt der Arzt anhand seiner Fachexpertise fest. Der DGUV-Grundsatz G26.3 stellt diesbzgl. so etwas wie eine Handlungshilfe dar, von welcher der Arzt aber abweichen kann oder aufgrund des ärztlichen Berufsrechtes sogar abweichen muss. Sollte der Arzt beispielsweise zu der Erkenntnis kommen, dass bestimmte Röntgenuntersuchungen oder Blutentnahmen medizinisch sinnbefreit sind, dann wäre es Körperverletzung diese trotzdem durchzuführen.
    Konkret zu Deiner Frage: Ja, im Grundsatz G26.3 wird eine Blutentnahme mit den üblichen Routineparametern empfohlen. Außerdem Lungenfunktionsprüfung, EKG, Belastungs-EKG, z.T. Röntgen, Hörtest, Sehtest, körperl. Untersuchung/Anamnese)

    Wird die G26.3 dagegen als Eignungsuntersuchung durchgeführt bewegen wir uns (leider) im ziemlich rechtsfreien Raum. Eigentlich kann jeder machen was er will, es kommt darauf an was ich als Arzt am Ende bescheinige. Dadurch wird dann auch der Untersuchungsumfang definiert.
    Nenne ich die Untersuchung "G26.3" (dann sollte auch der G26.3 drin sein) oder nenne ich Sie "Eignungsuntersuchung in Anlehnung an den G26.3" (G26.3 mit kleinen Abweichungen) oder nenne ich Sie "Eignungsuntersuchung gemäß den internen Kriterien der Betriebsfeuerwehr Entenhausen" oder "Eignungsuntersuchung gemäß UVV Feuerwehren/FwDV 7" (verweist auf den Grundsatz G26) etc.

    Als Betriebsarzt kann ich dazu folgendes beisteuern: Der Betriebsarzt sollte in meinen Augen eigentlich immer bei der Gefährdungsbeurteilung beteiligt werden. Je nach Thema kann die Beteiligung unterschiedlich intensiv ausfallen. Beispielsweise sind die reinen Unfallgefährdungen und die elektrische Sicherheit in meinen Augen schon recht gut bei der SiFa aufgehoben, während ich bei den Themen Gefahrstoffe, Ergonomie oder psych. Gefährdung unbedingt beteiligt werden möchte.
    In meinen Augen kommt es nicht so sehr darauf an, welche Profession bestimmte Dinge besser oder schlechter kann, sondern es kommt auf die unterschiedlichen Betrachtungsweisen an. Hierbei stelle ich in der Praxis immer wieder große Unterschiede fest. Mein Eindruck ist beispielsweise, dass sich viele SiFas (natürlich nicht alle !) gerne an BG-Empfehlungen/Vorschriften festbeißen, während der Betriebsarzt eher das Individuum im Blick hat.

    Kleines Beispiel aus der Praxis:
    Ein Mitarbeiter hat seinen Schreibtisch so positioniert, dass er seitlich aus dem Fenster einen schönen Blick auf eine Parkanlage hat. Leider ist bei dieser Schreibtischanordnung aufgrund der baulichen Gegebenheiten die von der BG empfohlene Bewegungsfläche nach hinten ca. 5 cm zu klein. Abhilfe könnte nur ein wandständiges Aufstellen des Tisches mit Blick auf eine hässliche Waschbetonwand schaffen.

    Einschätzung SiFa: 5 cm fehlen ... das geht gar nicht ... Tisch muss unbedingt umgestellt werden
    Einschätzung BA: 5 cm fehlen ... macht nichts ... Blick in den Park ist für psych. Gesundheit viel besser als auf die hässliche Wand

    In der Praxis habe ich auch schon häufig die Beobachtung gemacht, dass SiFas grundsätzlich nur eine geringe Gefährdung sehen, sobald Grenzwerte (Staub, Lärm, Gefahrstoffe etc.) eingehalten werden, während Betriebsärzte - mit Blick auf das Individuum - auch bei eingehaltenen Grenzwerten im Einzelfall oder für bestimmte Personengruppen durchaus Gefährdungen ausmachen können. Beispielsweise sollte man in einer Arbeitsumgebung, in welcher der Staubgrenzwert nur knapp eingehalten keine Asthmatiker ohne besondere Schutzmaßnahmen arbeiten lassen.


    ... natürlich gibt es Betriebsärzte, die von nix eine Ahnung haben und nur - oftmals nutzlose - Untersuchungen runterspulen. Ich bin darüber selbst einerseits immer wieder erschrocken, andererseits aber auch verärgert, weil solche Kollegen den ganzen Berufsstand in Verruf bringen. Ich kann nur hoffen, dass solche Kollegen langsam weniger werden. Sie sind häufig ein Relikt aus Zeiten, in denen man die Fachkunde im Schnellverfahren oder autodidaktisch erwerben konnte. Umso mehr sorgt es mich, dass Planungen für eine neue "kleine Fachkunde" bei der Ärztekammer bestehen.

    Hallo,

    bei uns gehen alle mit Höhenarbeit regelmäßig zur G41 .....
    und ich finde es gut das es so ist ....dabei hat sich ein Mitarbeiter geoutet ....er hat Höhenangst..

    Nur zur Klarstellung: Die G41 bezieht sich eigentlich nicht auf "Höhentauglichkeit" sondern auf "Absturzgefährdung" - ein kleiner aber feiner Unterschied. "Absturzgefährdung" kann auch auf Höhe Null bestehen (z.B. bei offenen Baugruben oder Kanaldeckeln), umgekehrt gibt es Höhenarbeitsplätze ohne jegliches Absturzrisiko.

    Das Beispiel mit der Höhenangst zeigt aber auch die Vorteile einer betriebsärztlichen Untersuchung. Im Grunde hätte der Mitarbeiter ja auch ohne Arzt seinem Chef sagen können, dass er Höhenangst hat. Hat er aber anscheinend nicht und erst beim Arzt hat er sich dann dem Arzt anvertraut. Das erlebe ich bei der betriebsärztlichen Tätigkeit tatsächlich häufiger.

    Es gibt Diskussionen, welche hier einfach immer wieder aufkommen - das Thema "Eignungsuntersuchungen" ist eines davon.

    Wenn wir die Haltung der DGUV und die Haltung des BMAS als Grundlage nehmen, dann scheint Einigkeit darüber zu herrschen, das Eignungsüberprüfungen bei Aufnahme einer Tätigkeit legitim sind. Ebenfalls scheint Einigkeit zu herrschen, das bei "berechtigten Zweifeln" an der Eignung eine entsprechende Untersuchung verhältnismäßig ist.

    Routinemäßige Wiederholungsuntersuchungen während einer fortlaufenden Beschäftigung ohne Änderung der Gefährdung haben dagegen keine Rechtsgrundlage. Abweichend vom BMAS ist die DGUV laut deren Informationsbroschüre aber der Meinung, dass bei entsprechender Gefährdung (Gefährdungsbeurteilung) eine Rechtsgrundlage durch eine arbeitsvertragliche Regelung geschaffen werden kann.

    Schuster bleib bei Deinen Leisten: Es ist nicht die Aufgabe von mir und meinen Betriebsarztkollegen und auch nicht die Aufgabe der Sicherheitsfachkräfte hier Rechtsberatung zu geben. Man kann im Betrieb auf den o.g. Sachverhalt und Konflikt hinweisen, und dann ist das ein Thema für den Hausjuristen und nach dessen Beratung muss das Unternehmen dann eine Entscheidung treffen. Diese Entscheidung darf nur das Binnenverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln, Sie kann nicht die ärztliche Schweigepflicht außer Kraft setzten (G41-Bescheinigung geht nur an den Beschäftigten, wie der Arbeitgeber dieser habhaft wird muss er selbst regeln).

    ... freiwillig ist natürlich alles möglich. Aber die Einsicht eines Mitarbeiters welcher freiwillig an einer G41-Untersuchung teilgenommen und diese dann nicht bestanden hat dürfte begrenzt sein, gerade weil die Gefahr ggf. heruntergespielt wird (... nur selten auf dem Dach, nur ganz ohne Absturzsicherung usw.)

    Die Frage ist eigentlich recht simpel zu beantworten:

    Was sind Berufskrankheiten ? Alle Erkrankungen die in der "Liste der Berufskrankheiten" gelistet sind. Kommt "Burnout" dort vor ? Nein

    (es gibt noch die "Quasi Berufskrankheiten" gemäß § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) .... da spielt "Burnout" aber derzeit auch keine Rolle)


    Was sind Arbeitsunfälle ? Ereignisse am Arbeitsplatz, die sich innerhalb einer Arbeitsschicht ereignet haben. Entsteht ein "Burnout" Syndrom innerhalb einer Arbeitsschicht ? Nein

    (anderes sähe es z.B. bei posttraumatischen Belastungsstörungen nach traumatischen Erlebnissen am Arbeitsplatz aus)

    Was bleibt ? Die "berufsbedingten Erkrankungen", dazu könnte ein "Burnout Syndrom" möglicherweise dazugehören. Werden "berufsbedingte Erkrankungen" von der BG entschädigt ? Nein (trotzdem sollte im Betrieb versuchen diese im Sinne des Präventionsgedanken zu vermeiden .... die psychische Gefährdungsbeurteilung wäre hierzu geeignet)

    Viele Grüße
    Doctor No

    Also ich schicke meine MA nicht an zwei Terminen zum gleichen Arzt, nur weil einmal "Vorsorge" und einmal "Eignung" drauf steht.

    Das machen die meisten so. Man muss sich halt nur über die Konsequenzen klar sein:

    Bei Eignungsuntersuchungen besteht naturgemäß kein Vertrauensverhältnis zum Untersuchen. Um die Eignung zu erhalten wird gelogen dass sich die Balken biegen. Insbesondere werden Vorerkrankungen und die Einnahme von Medikamenten verschwiegen.

    Bei der Vorsorge ist dagegen ein vertrauliches Arzt-Patientenverhältnis wichtig, damit der Mitarbeiter von der Vorsorge profitiert. Der Mitarbeiter ist bei der Vorsorge gut beraten dem Arzt die Wahrheit zu sagen. Unter Umständen kann es sonst sogar zu einem Schaden kommen. Wenn ich beispielsweise eine Impfung durchführe, dann wäre es als Arzt schon ganz nett vorher von den diversen Allergien des Mitarbeiters und der Einnahme von Blutverdünnern zu erfahren, aber der hat im Anamnesebogen (aus Angst vor fehlender Eignung) bei Allergien und Medikamenten "nein" angekreuzt.

    Auch umgekehrt kann es Probleme geben. Was ist denn z.B., wenn jemand die Eignungsuntersuchung (ohne Blutentnahme) eigentlich bestanden hätte, aber bei der Vorsorgeuntersuchung (mit Blutentnahme) kommt dann doch der Alkoholismus raus. Sag ich da als Arzt "Jetzt weiß ich, dass Sie ein Säufer sind - aber eigentlich dürfte ich es gar nicht wissen - hier ist Ihre Fahreignung" ?

    Wenn man Vorsorge- und Eignungsuntersuchungen kombiniert sollte das Unternehmen die Mitarbeiter auf diesen Sachverhalt (Benachteiligung des Mitarbeiters) zumindest hinweisen.

    Viele Grüße
    Doctor No

    kann ich im Rahmen einer Vorsorge sowohl eine Pflicht- als auch eine Angebotsvorsorge für einen Beschäftigten durchführen?

    Wenn Du Facharzt f. Arbeitsmedizin oder Betriebsarzt bist solltest Du dies zumindest können ;)

    Die ArbMedVV verbietet die gemeinsame Durchführung von Angebots- und Pflichtvorsorgen nicht.

    Anders sieht es aus mit der gleichzeitigen Durchführung von Vorsorgen und Eignungsuntersuchungen, hier ist die gemeinsame Durchführung zwar auch nicht explizit verboten aber zumindest sehr unerwünscht (nur wenn es die betrieblichen Erfordernisse nicht anders möglich machen).

    Der Arbeitgeber hat sowohl die Angebots- als auch die Pflichtvorsorge zu bezahlen (die BG ist nur im Ausnahmefall Kostenträger, z.B. bei nachgehenden Untersuchungen nach Aufgabe der Tätigkeit)

    Viele Grüße
    Doctor No

    Moin,

    @Dr. No: Da möchte ich nochmals nachhaken.
    Es geht mir um den Satz: "Den Umfang der Vorsorgen sollte der Arzt festlegen (...), nicht der Betrieb oder die SiFa."
    Bedeutet "Umfang der Vorsorge" dass der Arzt auf Grund des Anamnesegespräches entscheidet wie tief er bei den vom Unternehmen bestellten Vorsorgen (mehr geht immer) den MA dann noch untersucht (das ist ok), oder heißt das, locker formuliert, dass der Betriebsarzt allein im Anamnesegespräch mit dem zur Vorsorge geschickte Mitarbeiter festlegt welche und wie viele Vorsorgen er dem MA angedeihen lässt - da wäre ich dann aber bei Mick.
    Das Unternehmen hat in seiner GFB festgelegt, welche Vorsorgen es für den Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz für notwendig erachtet - und wird möglicherweise in einem Audit überprüft, ob es dem auch nachkommt.
    Also muss doch das Unternehmen die entsprechenden Vorsorgen bei seinem Betriebsarzt bestellen - und auch dokumentiert bekommen, dass die bestellte Vorsorge - in welcher Untersuchungstiefe auch immer (Schweigepflicht) auch durchgeführt wurde.

    Gruß aus dem Norden

    nj 1964

    Ich habe mich da etwas unklar ausgedrückt. Der Umfang der Vorsorge (also welche Vorsorgen durchzuführen sind) ergibt sich aus der Gefährdungsbeurteilung (also letztendlich Unternehmerentscheidung), bei den Wunschvorsorgen kommt dann ggf. noch die Befindlichkeit des Mitarbeiters dazu (z.B. Wunschvorsorge "Lärm", wenn die untere Auslöseschwelle knapp verfehlt wird).
    Der Arzt legt den Inhalt der jeweiligen Vorsorge fest. Damit er das tun kann benötigt er Informationen über den Arbeitsplatz und Information vom Patienten.
    Beispiel: Patient wird zur Vorsorge "leichter Atemschutz" einbestellt. Da muss ich als Arzt wissen, ob der Mitarbeiter einmal pro Woche für eine Viertelstunde eine Staubmaske trägt oder ob der damit acht Stunden täglich schwere körperliche Arbeit verrichtet und zusätzlich Asthmatiker ist. Im ersten Fall wird man bei einem beschwerdefreien Patienten ohne Vorerkrankungen eher nur ein Beratungsgespräch führen, während man im zweiten Fall die im G-Grundsatz vorgeschlagenen körperlichen Untersuchungen möglicherweise sogar ausweiten wird. So sollte es zumindest sein .... die Praxis sieht leider vielerorts anders aus.

    Da Du ja über die Gefährdungsbeureilungen die jeweiligen Themen, die Untersucht werden müssen kennst, kannst du Dir Angebote einholen. Es besteht bei den großen Anbietern die möglichkeit die Mitarbieter zu Untersuchungsterminen in die Filialen hinzuschicken oder an festen Terminen an einem Standort die BA's einzuladen.

    Man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Es geht nicht mehr um Untersuchungen, sondern um Vorsorge. Eine Vorsorge kann auch ausschließlich aus einer ärztlichen Beratung bestehen. Den Umfang der Vorsorge sollte der Arztindividuell festlegen (im Dialog mit dem Patienten), nicht der Betrieb oder die SiFa. Dies ist im übrigen auch gar nicht zulässig, da Ärzte bei der Ausübung Ihrer Fachkunde berufsrechtlich keine Weisungen von Nicht-Ärzten annehmen dürfen. Wenn der Arzt beispielsweise eine Röntgenuntersuchung durchführt die medizinisch nicht indiziert ist begeht er Körperverletzung. Dem Arzt sind deshalb gemäß AMR 3.1. die erforderlichen betrieblichen Informationen zur Verfügung zu stellen, ggf. muss er sich auch einen persönlichen Eindruck verschafft haben.

    Mir ist selbst klar, dass die gelebte Praxis häufig anders aussieht, aber langsam sollte ein Umdenken stattfinden. Die G-Grundsätze sind im Grunde Geschichte (auch wenn es die DGUV nicht wahrhaben will). Sie haben weder eine rechtliche Grundlage, noch erfüllen Sie auch nur annähernd die Kriterien einer wissenschaftlichen Leitlinie wie beispielsweise die AWMF Leitlinien, noch haben sie juristisch gesehen "Vermutungswirkung" (wie beispielsweise die AMR), noch lassen sich durch Sie Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit das Patienten rechtfertigen.

    Danke euch.

    Zwischenzeitlich habe ich einen Preis von ca. 80-90 Euro plus für eine komplette G25 gefunden. Bei einer entsprechende Menge gibt's dann noch einen Rabatt.

    ... und dass ist der Grund warum immer weniger Kollegen in die Arbeitsmedizin gehen. Bei solchen Preisen ist das Fachgebiet im Vergleich zu allen anderen medizinischen Disziplinen nicht mehr attraktiv.