Hallo,
es geht hier nicht um Meinungen, sondern um die Rechtslage.
Ferner waren Ihre Ausführungen bezüglich der Gewerbesteuerpflicht so nicht ganz konkret, weil wenn man sowas
schreibt dann bitte mit dem Zusatz "es kommt drauf an" (siehe mein Beispiel Rechtsanwalt/Gründung GmbH)
Und sorry, dass Einkommenssteuergesetz ist genauso wie die diversen Einkommenssteuerrichtlininen oder die
Finanzrechtsprechung zur Freiberuflichkeit, für die Gewerbeordnung relativ unerheblich.
Siehe dazu auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 15.10.1997 (AZ: 7 L 4558/ 96)
"Dieser Gewerbebegriff ist mit dem des Steuerrechts nicht identisch. Während letzterer die Aufgabe hat, den
Steuergegenstand abzugrenzen, knüpft der Gewerbebegriff der Gewerbeordnung an die Erfordernisse der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung an, zu deren Wahrung er eingesetzt wird. ..."
Und auch das Arbeitssicherheitsgesetz hebelt die Gewerbeordnung nicht aus, da siehe Anwendungsbereich der
Gewerbeordnung. Und wenn Sie nur mal die Ausführungen vom Positionspapier mit der Gewerbeordnung und der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes vergleichen, dann werden Sie diese Abweichungen aufgrund der
unterschiedlichen Definition feststellen.
Freie Berufe im Sinne des Gewerberechts sind freie wissenschaftliche, künstlerische und schriftstellerische Tätigkeit
höherer Art sowie persönliche Dienstleistungen höherer Art, die eine höhere Bildung erfordern.
Und wenn Sie jetzt das Positionspapier im Bezug auf die höhere Bildung nehmen, so liegt diese eindeutig bei einem Meister
oder Techniker im Sinne des Gewerberechts nicht vor. Somit dürfte diese wenn überhaupt bei einem vorhandenen
Ingenieurstudium zu bejahen sein. Damit ist es aber nach der Gewerbeordnung nicht getan, da es auch auf die tatsächliche
Tätigkeit/Tätigkeiten ankommt. Wenn Sie jetzt den Nachweis führen das ihre Tätigkeit immer eine Dienstleistung höhrer
Art ist, dann fallen sie nicht unter die Gewerbeordnung. Ich bezweifel aber, dass man aus Tätigkeiten wie Unterweisungen,
Gefährdungsbeurteilungen eine Dienstleistung höherer Art konstruieren kann.
Und Nein, dass ist NICHT abwertend gemeint und ist auch nicht unerheblich, siehe nachfolgendes Beispiel im Bezug
auf Tätigkeiten:
Wenn ein Architekt neben der Planung von Gebäuden, auch die wirtschaftliche Baubetreuung ausführt, kann dieses zu einer
Anzeigepflicht gemäß Gewerbeordnung führen. Insbesondere wenn die wirtschaftliche Baubetreuung ein Ausmaß annimmt
der über eine gewerbliche Nebentätigeit oder Annex (10%) hinausgeht. Nachzulesen z.B. für Baden- Württemberg
unter §2.2. Allgemeine Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministerium zur Durchführung der Gewerbeordnung.
Und nochmals zum VDSI Positionspapier, auch die Ausführungen zu Kammermitgliedschaften (z.B. Industrie- und Handelskammer)
sind nicht ganz richtig. Die Kammerzugehörigkeit ergibt sich nicht aus der gewerberechtlichen Einstufung, sondern
aus der steuerrechtlichen Einstufung. Siehe dazu Beispielhaft das IHK- Gesetz:
§ 2 Abs. 1 IHKG:
"Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen,
Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im
Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige)."
Und da sind wir wieder bei meinem Rechtsanwalt/GmbH- Beispiel. Dieser würde aufgrund der steuerrechtlichen Einstufung als
Gewerbe, auch nach § 2 Abs. 1 IHKG herangezogen werden. Auch wenn er formal nach Gewerbeordnung ein Freiberufler ist.
Wenn Sie als Freiberufler anerkannt wurden, dann ist das schön. Wobei der Freiberufler- Status auch jederzeit
wieder aberkannt werden kann, dies ist sogar rückwirkend möglich. Dies nur als allgemeine Information, um auch mal die Bedeutung von
falschen Einstufungen deutlich zu machen. Man sollte daher nicht die Rechtslage aus dem Auge verlieren, da diese Rechtsgrundlage
dieses keineswegs ohne weiteres hergibt. Und auch das VDSI- Positionspapier ist schön und gut, es hat aber keine Rechtskraft noch
entspricht es vollumfänglich der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte oder der Gewerbeordnung. Im übrigen kenne ich auch genug
Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Architekten und Sachverständige. Und keineswegs sind alle davon "reine" (steuer- und gewerberechtlich
gesehen) Freiberufler. Zum Beispiel weil sie Leistungen anbieten, die als Gewerbe eingestuft wurden.
Gruß
Simon Schmeisser