Beiträge von StB

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    Aus meiner Sicht ist das einfach zu beantworten:

    Kristalliner (auch kryptokristalliner) Quarz ist in jedem Fall in relevanten Mengen in Beton (und Mörtel, Kalksandsteinen usw.) enthalten. Üblicher Bausand besteht aus bis zu 100% Quarz, viele übliche Gesteinszuschläge enthalten relevante Quarzmengen (z.B. Quarzit, Feuerstein u.a. bis 100%, Granit 20-40%). Quarz ist aus Festigkeitsgründen ein gewünschter Bestandteil des Betons, "Quarzsand" und "Quarzkies" enthalten nach Norm mind. 50% Quarz. Die Gesteinskörnungen machen wiederum 70-80% des Betons aus (neben Zement und Wasser).

    Ich berate bisher so, dass bei jedem Bohrloch in eine normale Mauer oder Decke eine relevante Belastung durch kristalline SiO2-Stäube zu erwarten ist.

    Die BG Bau schreibt (hier) : "In der Bauwirtschaft tritt bei sehr vielen Tätigkeiten Staub auf. In der Regel handelt es sich dabei um mineralischen Mischstaub, z.B. aus Sand, Kalk, Gips, Zement oder Beton. Dieser Mischstaub enthält erfahrungsgemäß auch Quarzfeinstaub. Der Quarzanteil im Feinstaub kann sehr unterschiedlich sein und ist u.a. vom zu bearbeitenden Material abhängig."

    Im Zweifelsfall ließe sich der Anteil kristalliner SiO2-Phasen im Staub durch eine röntgendiffraktometrische Phasenanalyse leicht feststellen.

    Viele Grüße, Stephan

    Dipl.-Mineraloge und Betriebsarzt

    Moin,

    noch eine kurze Ergänzung aus arbeitsmedizinischer Sicht:

    Die ASR 3.5 schreibt: "Wird die Lufttemperatur im Raum von +35 °C überschritten, so ist der Raum für die Zeit der Überschreitung ohne ... Maßnahmen ... wie bei Hitzearbeit, nicht als Arbeitsraum geeignet."

    Wir sollten nicht vergessen, dass es tatsächlich Hitzearbeitsplätze gibt, an denen Temperaturen > 35°C nicht vermeidbar sind. Das betrifft in erster Linie Gießereien, Stahlwerke, Walzwerke, Glasherstellung u.ä.

    Nach meine Einschätzung kann gibt es aber auch im Küchenbereich einzelne Arbeitsplätze (großflächige Herde, Kippbratpfannen usw.), die aufgrund von Temperatur, Strahlungswärme und Luftfeuchtigkeit als "Hitzearbeitsplätze" eingeordnet werden müssen. Mit geeigneten Maßnahmen (wie Entwärmungsphasen u.a.) darf da natürlich gearbeitet werden. (Dann mit arbeitsmedizinische Pflichtvorsorge wegen extremer HItzebelastung, vgl. ArbMedVV Anhang Teil 3 Abs. (1) Nr. 1.)

    Sehr hilfreich finde ich hier die BG-Information 579, auch zu Wärme-Physiologie, Klimafaktoren usw.

    Viele Grüße

    Stephan

    Mich auch.

    Wie unterscheidet sich diese Gefährdungsbeurteilung von der, die ihr nach ArbSchG (und GefStoffV, BioStoffV usw.) sowieso vorliegen habt?

    ArbMedVV sagt: "Vor Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge muss er oder sie [der Arzt/die Ärztin] sich die notwendigen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse verschaffen." Das macht euer Betriebsarzt also. Aber warum gebt ihr ihm nicht einfach eure sowieso vorhandene GBU?

    Als Hilfe gibt es hier die AMR 3.1, darin sind die für den BA erforderlichen Informationen aufgelistet (mit Beispieltabelle). Ist das evtl. das, was du da vorliegen hast? Dann wäre euer BA vorbildlich.

    Viele Grüße

    Siehe da, dem Arzt fehlt also die Rechtsgrundlage.

    Aber diese Dinge hatten wir ja schon in einem anderen Beitrag.

    Stop, falsch! Wir sind bei Vorsorge. Die Rechtsgrundlage dafür ist vollständig gegeben! ArbMedVV §6: "Vor Durchführung körperlicher oder klinischer Untersuchungen hat der Arzt oder die Ärztin deren Erforderlichkeit nach pflichtgemäßem ärztlichen Ermessen zu prüfen ..." - d.h. (allein) der Arzt entscheidet, welche Untersuchungen erforderlich sind. 8) -- Dass die Untersuchungen für den Beschäftigten freiwillig sind, steht (hoffentlich) außer Frage.

    Und in welcher AMR steht dann dazu was mit Seh- und Hörtest?

    Für die meisten Anlässe gibt's keine AMR. Hier entscheidet der Arzt selbst, was er für indiziert hält - in Abstimmung mit der Gefährdungsbeurteilung. Er darf sich dabei aber durchaus an den alten G-Grundsätzen orientieren. Und für Atemschutzgeräteträger im Rettungsdienst oder in vergleichbaren Situationen sind hier tatsächlich Sehtest (für räumliche Orientierung, Wahrnehmung von Gefahren, Anzeigen usw.) und Hörtest (Warnsignale, Verständigung) auch im Sinne der Vorsorge relevant. (Der Bademeister oder Lackierer mit Vollmaske kriegt bei mir nicht zwingend Hör- oder Sehtest.)

    Viele Grüße!

    Selbst wenn ein Betreuer für Gesundheitsfragen bestellt ist,

    darf der zu Betreuende noch selbst alles entscheiden. Erst wenn er "Einwilligungsunfähig" ist, tritt der Betreuer zwangsweise dazu. Generell ist eine "Entmündigung", wie sie bis 1992 bei Bestellung eines Betreuers der Fall war, heute nicht mehr möglich. Es sei denn, es ist in dem einen oder anderen Bereich der Fall, das abzusehen ist, das sich der zu Betreuende kurz oder lang selbst schädigt. (Lebenshilfe.de/BdB) Wie auch immer: Nach allem was ich in den letzten Tagen gelernt habe: Ein zu betreuender Mensch entscheidet selbst, was ein Arzt mit ihm macht oder nicht!

    Woher hast du das? Aus meiner Sicht stimmt das so nicht. Die Unfähigkeit zu eigenen Entscheidungen bzw. zur Einwilligung ist i.d.R. Voraussetzung für die Einrichtung einer Betreuung. Der Betreute soll und darf sich natürlich zu med. Behandlungen äußern, er entscheidet "im Rahmen seiner Fähigkeiten" mit. Bei fehlender oder eingeschränkter Urteilsfähigkeit entscheidet aber letztendlich der Betreuer bzw. das Betreuungsgericht. (Typische Fälle für Betreuung sind z.B. Demenz oder schwere Intelligenzminderungen.) Die Betreuung ist das, was früher die "Entmündigung" war.

    (Meine Quelle: Ich habe in meiner Psychiatriezeit bis 2013 (vor Arbeitsmedizin) selbst psychiatrische Gutachten zur Einrichtung einer Betreuung erstellt und mit den Amtsrichtern "verhandelt", und hatte im klinischen Alltag regelmäßig Kontakt mit betreuten Patienten und deren Betreuern. Für Feinheiten s. BGB §§ 1901 ff.)

    Zur Ausgangsfrage: Entscheidend ist letztlich die Urteilsfähigkeit des Mitarbeiters (nach Einschätzung des Arztes) und die Schwere des "Eingriffs". Wenn der Mitarbeiter überhaupt nicht versteht, worum es geht, dann sollte der Betreuer hinzugezogen werden. Dann wird er aber auch (hoffentlich) keinen Stapler fahren.

    Viele Grüße!

    Kurze medizinische Antwort:

    Als Autoimmunerkrankung hat die Sarkoidose nach aktuellem medizinischen Wissensstand ihre Ursache im Immunsystem, d.h. keine "Verursachung" durch äußere Einflüsse, damit kann sie aus meiner Sicht keine Berufskrankheit sein.

    Es scheint aber häufig vorzukommen, dass eine Berylliose (BK 1110) irrtümlich als Sarkoidose diagnostiziert wird. Bei beruflichem Kontakt mit Beryllium lohnt sich möglicherweise eine Überprüfung.

    Und es können neben der Sarkoidose evtl. Erkrankungen der Haut oder Lunge vorliegen, die als Berufskrankheit anerkannt werden können (z.B. BK 4301, 4201, 1315). Falls entsprechende berufliche Belastungen vorkamen (organische Stäube, Isocyanate ...), könnte sich eine BK-Anzeige lohnen.

    Das ist eine Frage, die im Einzelfall ein Arbeitsmediziner oder der behandelnde Arzt beantworten können sollte.

    Viele Grüße

    Stephan

    (Betriebsarzt)


    Arbeitsdruck:
    Keine Info. Wenn man vor Ort fragt sind alle immer gehetzt.

    [...]


    Aus Gesichtspunkt des Betriebes haben wir alles getan damit so etwas nichtpassiert.

    Alles getan? Was sagt eure Gefährdungsbeurteilung zur psychischen Belastung, insbesondere Zeitdruck? Welche Maßnahmen habt ihr veranlasst, um Stress und Zeitdruck zu reduzieren?

    Wenn alles andere (rutschiger Boden, falsche Schuhe usw.) ausgeschlossen sind, bleibt immer noch der psychische Druck. Als Arbeitsmediziner sehe ich hier dann tatsächlich fehlende Aufmerksamkeit und Konzentration als eine (bzw. die) wesentliche Unfallursache. Arbeit unter Zeitdruck ist eigentlich immer mit erhöhter Unfallhäufigkeit verbunden. Hier wäre ein (der) Ansatzpunkt für Maßnahmen. (Dass das in der Praxis "schwierig" ist, ist mir völlig klar!)

    Und das bedeutet für dich dass sie automatisch verboten ist? Da hätte ich gerne eine Rechtsquelle zu.


    Hier wäre die Rechtsquelle (das gleiche stand sinngemäß auch schon früher im BDSG):

    VERORDNUNG (EU) 2016/679
    Artikel 9 Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten
    (1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.

    Das heißt, das Erheben/Speichern usw. der gesundheitlichen Eignung ist verboten (sofern es nicht durch eine andere Rechtsgrundlage ausdrücklich erlaubt ist). Diese andere Rechtsgrundlage fehlt für allgemeine Eignungsuntersuchungen. (Ärzte dürfen das nach §22(1)1.b BDSG, Arbeitgeber nicht.)

    Viele Grüße
    Stephan

    D.H. es gibt einen offiziellen Rahmen z.B.: Produktion 3 jährlich, Verwaltung 5 jährlich. Keine weitergehenden kostenpflichtigen Untersuchungen, keine Impfungen. Innerhalb dieser Zeitspannen machen sich die Mitarbeiter selbst den Termin mit der Disposition des BA.

    Dieser "offizielle Rahmen" sollte aber schon mit der Gesetzeslage im Einklang sein. Das ist hier nicht so ganz der Fall. Der Arbeitgeber muss Angebotsvorsorge "regelmäßig" anbieten, d.h. mindestens alle drei Jahre (die Fristen ergeben sich aus der AMR 2.1). Impfungen sind Bestandteil der Vorsorge, müssen also ggf. vom Arbeitgeber bezahlt werden, auch bei Angebotsvorsorge. Das gleiche gilt für weitergehende Untersuchungen: die ggf. erforderliche augenärztliche Untersuchung bei Bildschirmarbeit steht ausdrücklich in der ArbMedVV ("Erweist sich auf Grund der Angebotsvorsorge eine augenärztliche Untersuchung als erforderlich, so ist diese zu ermöglichen." ArbmedVV Anhang Teil 4 (2) 1.)

    Weitere nützliche Informationen über das "Angebot von arbeitsmedizinischer Vorsorge" stehen in der AMR 5.1 (einschließlich Musteranschreiben).

    Das beantwortet nicht die eigentliche Frage, erschien mir aus betriebsärztlicher Sicht aber nochmal erwähnenswert. :saint:

    Wer wie die Termine vereinbart, ist nicht weiter geregelt. Bei unseren Betrieben gibt es verschiedene Möglichkeiten, entweder Sammeltermine mit Listen zum Eintragen im Betrieb, oder Vereinbarung von individuellen Terminen über die Personalabteilung oder direkt mit uns als betriebsärztlichem Dienst.

    AMR 2.1
    AMR 5.1

    Viele Grüße
    Stephan

    Moin,

    wenn ich das richtig sehe, stammt die etwas künstliche Unterscheidung zwischen "Belastung" und "Beanspruchung" aus der ISO 10075-1. Das heißt, die offizielle Übersetzung der Begriffe sollte sich in der englischen Ausgabe dieser Norm finden. In der Zusammenfassung auf https://sifaboard.de/www.iso.org steht: "In this document, mental workload is regarded as an umbrella or generic term, referring to all the concepts and constructs mentioned in the document and does not have a specified or standardized meaning of its own within the document. This is consistent with the use of the term in ergonomics and its applications, where it can refer to mental stress, mental strain and their effects, i.e. both to the causes and the effects. In this document, the term mental workload will thus not be treated as a technical term but only as a reference to the domain of mental workload."

    Ich vermute mal, dass mental stress und mental strain die englischen Entsprechungen von (psychischer) Belastung und Beanspruchung sind. Die offizielle Definition sollte jedenfalls im Volltext der Norm stehen. Hat da jemand Zugriff?

    (Analog zum technischen Spannungs-Dehnungs-Diagramm = stress-strain curve finde ich diese englische Begriffswahl im übrigen sehr gut nachvollziehbar und wesentlich passender als die deutsche.)

    Viele Grüße, Stephan

    (Kurzvorstellung: unregelmäßig mitlesender Besucher, Betriebsarzt)