Zulässige einwirkende Kraft auf Körperteile

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  • Hallo Sifas,


    ich bin auf der Suche nach (Grenz-)Werten für zulässige mechanisch einwirkende Kräfte auf Menschen. ;(


    Z.B. gibt es in der EN1010-5 Abschnitt 5.3.4.2 die Aussage: Die Einzugstellen zwischen Faltriemen und Niederhalterollen müssen gesichert sein durch: ...Niederhalterollen, die mindestens 25 mm ausweichen können bei einer Anpresskraft von höchstens 70 N...


    Nach meinem Verständnis ist es somit zulässig, dass eine Kraft von 70 N auf einen Finger wirkt, der unter die Niederhalterolle gerät. Die Rolle weicht dann 25 mm unter 70 N aus und die ganze Hand rutscht durch. :huh:


    Mit dieser Argumentation möchte unsere Entwicklungsabteilung eine Halteklappe konstruieren, die, wenn sie denn einen Finger "erwischt", diesen nicht "quetscht" und der Finger herausgezogen werden kann. :cursing:
    Das Brisante daran ist, dass der Betreiber unserer Maschine dies nicht akzeptiert; unsere Entwicklungsabteilung sich aber auf stur stellt. Und ich darf nun als Schlichter fungieren.


    Und um die Frage vorweg zu nehmen: Wir sind Eigentümer der Maschine - der Betreiber ist Besitzer der Maschine. Das ist in unserem Industriebereich so üblich und zu allem Überfluß "reisen" die Maschinen in ihrem Leben auch noch quer durch die Welt - von einem Besitzer zum nächsten. Und irgendwann ist sie dann bei uns zurück und wird verschrottet - oder auf ein anderes Produkt umgebaut.
    Gruß, Niko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -

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  • Hallo Niko.


    Ja ja. Das kenn ich leider auch. Nur ist bei mir die Konstellation etwas anders :cursing:
    Hat der Kunde eine besondere Spezifikation oder besondere Schutzmaßnahmen gefordert? Oder steht da der Satz drin (falls überhaupt), dass "alle geltenden Vorschriften der Arbeits- und Betriebssicherheit zu beachten sind."?
    Je nachdem, wie der Kunde argumentiert, würde ich (wenn vorhanden) mal mit unserem Kollegen Kontakt aufnehmen. So unter Euch. Da lässt sich sicherlich vieles klären.
    Lass die anderen mal außen vor. Schmeiß denen ein paar Sandkastenförmchen hin und sag, dass die spielen gehen sollen :pop3:
    Der Spruch kam zwar nie besonders gut an .... aaaaaber das Ergebnis ;)
    Ich bin echt entsetzt, wenn ich Maschinenbauings. vor mir habe, die KEINE AHNUNG von der Maschinenrichtlinie, geschweige denn, von der BetrSichV oder BGR 500 haben.... HALLO???? ?(?(:cursing::cursing:


    Das ist meine Erfahrung und solange sich da im Studium nix ändert... wirst Du immer Spielkameraden für den Sandkasten finden... und zwar so viele, dass Du Dir aus allen Bereichen einen aussuchen kannst :thumbup:


    Gruß


    Jens

    "... das kannste schon so machen aber dann ist es halt kacke!"


    "Wenn das die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!" (Rockband Haudegen)

  • Hallo Niko,
    ich habe hier den VDMA-Entwurf von 2013 zu Steuerungen; interessant für dich sind am Ende unter Nr. 5 die Zitate aus bestehenen Normen
    zu ungefährlichen Energiegrößen, u. a. auch kinetische Energien. Bei Einwirkung von Normalkräften ist dann stets die Flächenpressung zu berücksichtigen.
    Wenn diese auch eingehalten wird - ist die einwirkende Energie nicht gefahrbringend - also sicher.

  • Hallo,


    VDMA-Entwurf von 2013 zu Steuerungen; interessant für dich sind am Ende unter Nr. 5

    Superklasse! :thumbup: Genau das habe ich gesucht. Jetzt brauche ich nur noch die englische Übersetzung, wobei der Entwurf seit November 2013 als technische Regel des VDMA vorliegt. :thumbup:



    Hat der Kunde eine besondere Spezifikation oder besondere Schutzmaßnahmen gefordert? Oder steht da der Satz drin (falls überhaupt), dass "alle geltenden Vorschriften der Arbeits- und Betriebssicherheit zu beachten sind."?

    ;) Wir schreiben in den Mietvertrag, dass der Mieter (Betreiber) für die Einhaltung der lokalen (nationalen) und der einschlägigen Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften verantwortlich ist. 8)
    Wir garantieren dem Mieter die Einhaltung der Vorschriften für Bau und Ausrüstung.
    Nun hat einer der Mieter eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und fordert eine Nachrüstung der Maschine. Und unsere Entwicklungsabteilung steht auf dem Standpunkt, dass es für die Nachrüstung keine Notwendigkeit und behördliche Forderung gibt. ;(
    Zur Info noch: Die Maschine wurde in Frankreich gebaut, steht derzeit in England und verarbeitet Teile aus Deutschland, Österreich und USA. :pop2:


    Je nachdem, wie der Kunde argumentiert, würde ich (wenn vorhanden) mal mit unserem Kollegen Kontakt aufnehmen. So unter Euch. Da lässt sich sicherlich vieles klären.

    Auf der Ebene gibt es keine Probleme. Wir (Sicherheitsfuzzis) sind uns einig, dass nachgerüstet werden sollte. Aber das kann eigentlich nur unsere Entwicklungsabteilung, und die wollen nicht. :cursing:
    Jetzt ist das Thema in der Rechtsabteilung unserer Zentrale gelandet und die wollen von mir eine Stellungnahme. :44:


    Schmeiß denen ein paar Sandkastenförmchen hin und sag, dass die spielen gehen sollen

    :Lach: Die machen sich aber gegenseitig immer die Burgen kaputt und kloppen sich. :bö:
    :300:


    Gruß, Niko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -

    3 Mal editiert, zuletzt von Niko ()

  • ...Wir garantieren dem Mieter die Einhaltung der Vorschriften für Bau und Ausrüstung.
    Nun hat einer der Mieter eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und fordert eine Nachrüstung der Maschine. Und unsere Entwicklungsabteilung steht auf dem Standpunkt, dass es für die Nachrüstung keine Notwendigkeit und behördliche Forderung gibt. ;(
    ...Wir (Sicherheitsfuzzis) sind uns einig, dass nachgerüstet werden sollte. Aber das kann eigentlich nur unsere Entwicklungsabteilung, und die wollen nicht. :cursing:
    ...


    Die Gefährdungsbeurteilung wurde doch aufgrund gesetzlicher Vorgabe durchgeführt, somit ist für mich die Rechtsgrundlage durchaus gegeben.
    Der Entwicklungsabteilung würde ich mal das Produkthaftungsgesetz in die Hand drücken.
    Auch ein Blick in das Produktsicherheitsgesetz kann hilfreich sein.
    Als Kunde würde ich mich an die zuständige Marktüberwachungsbehörde wenden und diese möge dann die Konformität der Anlage überprüfen. Sollten sich da Mängel ergeben könnte es für den Inverkehrbringer teuer werden.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

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  • Hallo tiefflieger,

    Die Gefährdungsbeurteilung wurde doch aufgrund gesetzlicher Vorgabe durchgeführt, somit ist für mich die Rechtsgrundlage durchaus gegeben.

    Die Gefährdungsbeurteilung wurde anhand der EN12100 durchgeführt. Das sagt aber noch nichts über die Notwendigkeit von Maßnahmen, geschweige denn über die Rechtsgrundlagen für Maßnahmen.


    Der Entwicklungsabteilung würde ich mal das Produkthaftungsgesetz in die Hand drücken. Auch ein Blick in das Produktsicherheitsgesetz kann hilfreich sein.

    Und? Alles schon passiert und das hilft nicht wirklich weiter.
    Über die Interpretation von Gesetzen und Vorschriften kann man lange streiten. Deswegen ist das Thema ja auch bei unserer obersten Rechtsabteilung gelandet.


    Als Kunde würde ich mich an die zuständige Marktüberwachungsbehörde wenden und diese möge dann die Konformität der Anlage überprüfen. Sollten sich da Mängel ergeben könnte es für den Inverkehrbringer teuer werden.

    Auch die Marktüberwachung würde vor dem gleichen Problem stehen. Das hilft weder dem Kunden noch dem Hersteller weiter.
    Zur Konformität der Anlage habe ich keine Bedenken, es ist ja nicht die erste und einzige Maschine, die wir in Verkehr gebracht haben.
    Nebenbei würde mich interessieren, ob du es schon einmal erlebt hast, dass die Marktaufsicht eine Konformitätsüberprüfung im Sonder-Maschinenbau durchgeführt hat?



    Vielleicht versuche ich mein Problem mal anders zu beschreiben:
    - Eine nach UL/ANSI/CE-konforme Maschine wurde in Verkehr gebracht.
    - An dieser Maschine wurde eine Risikobeurteilung nach EN12100 durch den Betreiber durchgeführt.
    - Der Durchführende der Risikobeurteilung schlägt eine weitere technische Risikominderungsmaßnahme vor.
    - Der Hersteller lehnt die technische Maßnahme ab mit der Begründung, dass die Maschine den gültigen Vorschriften entspricht und wenn überhaupt, aufgrund der Kräfte an der Maschine, nur geringe Verletzungen zustande kommen könnten.


    Gruß, Niko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -

  • Hallo Niko,


    nach meiner Auffassung helfen die Grenzwerte nur bedingt.

    Zitat von Niko

    ...Nach meinem Verständnis ist es somit zulässig, dass eine Kraft von 70 N auf einen Finger wirkt, der unter die Niederhalterolle gerät...

    Ja, ist so zulässig. Aber: Der Grundsatz der EN 12100 die Gefahr an der Quelle zu beseitigen ist nicht eingehalten! Inhärente Sicherheit ist da das Schlagwort. Ob das bei der Maschine von euch nicht möglich ist kann ich nicht beurteilen, laut Betreiber ist es aber möglich!? Erst wenn die Beseitigung der Gefahr nicht möglich ist greift Punkt 2 der Grundsätze: Ergreifen der notwendigen Schutzmaßnahmen gegen Risiken, die sich nicht beseitigen lassen . Und der ist ja augenscheinlich erfüllt.


    Alternativ: Warum nicht dem Betreiber erlauben die Maschine in Absprache "nachzurüsten", bzw. anbieten für ein 'kleines' Entgeld die gewünschte Nachrüstung anzubringen?


    Ich drücke Dir die Daumen, dass Du Deiner ungewollten Rolle als Schlichter gerecht wirst und eine für alle akzeptable Regelung findest! :thumbup:


    Gruß
    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Hallo bauco,


    nach meiner Auffassung helfen die Grenzwerte nur bedingt.

    Sie helfen bei der Frage, ob es eine formale Verpflichtung zur Nachrüstung gibt. :huh:


    Der Grundsatz der EN 12100 die Gefahr an der Quelle zu beseitigen ist nicht eingehalten!

    Widerspruch! Siehe deinen nächsten Punkt.


    Ob das bei der Maschine von euch nicht möglich ist kann ich nicht beurteilen...

    Eben. :D Und alle Beteiligten sind sich einig, dass das Risiko durch eine inhärent sichere Konstruktion nicht beseitigt werden kann.


    ... laut Betreiber ist es aber möglich!?

    Nein. Da sind wir uns mit dem Betreiber einig. Die Beteiligten sind sich über die "notwendigen Schutzmaßnahmen" nicht einig.


    Alternativ: Warum nicht dem Betreiber erlauben die Maschine in Absprache "nachzurüsten", bzw. anbieten für ein 'kleines' Entgeld die gewünschte Nachrüstung anzubringen?

    Das wird mein Vorschlag werden. Dazu gibt es aber noch einige wichtige Fragen zu klären:


    - Gibt es eine formale Verpflichtung zur Nachrüstung oder bleibt es bei dem Punkt, dass sich Hersteller und Betreiber über die Gefährdungsbeurteilung einigen müssen?


    - Ist das Nachrüsten eine wesentliche Änderung?


    - Müssen wir dann alle am Markt befindlichen Maschinen nachrüsten?


    - Wie kann eine Nachrüstung gestaltet werden, die von den Maschinenbedienern nicht gleich wieder demontiert wird?


    - gemäß Mietvertrag darf der Betreiber keine technischen Änderungen an der "Kern-"Maschine vornehmen. Wer führt dann die Änderungen durch?


    Und, wohl die wesentliche Frage:
    - Wer bezahlt die Nachrüstung?


    Gruß, NIko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -