Muss ich eine Fremdfirmen-BG ins Haus lassen?

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  • Hi Zusammen!


    Nehmen wir an ich bin Unternehmer, betreibe eine Werkstatt für was auch immer. Neben meinen Mitarbeitern arbeiten noch Fremdfirmenmitarbeiter im Rahmen eines Rahmenvertrages bei mir (nicht AÜG). Diese Fremdfirmenmitarbeiter nutzen also meine Örtlichkeiten/Arbeitsplätze für die von ihnen verrichtete Arbeit.


    Die Fremdfirma ist bei einer anderen BG versichert als ich.


    Nehmen wir weiter an ein MA hat eine Erkrankung, die darauf schliessen lassen könnte es handele sich um eine arbeitsbedingte Erkrankung. Die BG der Fremdfirma meldet sich zur Durchführung einer Arbeitsplatzbegehung zur Klärung der Situation an.


    Frage:
    Muss ich die Mitarbeiter der Fremdfirmen-BG rein lassen? Welche rechtliche Grundlage besteht da?

    „Wenn es Regenschirme gibt, kann man nicht mehr risikofrei leben: Die Gefahr, dass man durch Regen nass wird, wird zum Risiko, das man eingeht, wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Aber wenn man ihn mitnimmt, läuft man das Risiko, ihn irgendwo liegen zu lassen.“
    (Niklas Luhmann in: Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral)

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  • Aus meiner Sicht dürfen die Aufsichtspersonen der Fremd-BG die Räume betreten, da es sich um eine (ausgelagerte) Betriebsstätte der Fremdfirma handelt.


    Zitat von § 19 Abs. 2 SGB VII

    Zur Überwachung der Maßnahmen ... sind die Aufsichtspersonen insbesondere befugt,
    1. zu den Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Betriebsstätten zu betreten, zu besichtigen und zu prüfen,
    ...
    Die Eigentümer und Besitzer der Grundstücke, auf denen der Unternehmer tätig ist, haben das Betreten der Grundstücke zu gestatten.


    Warum willst du denen den Zutritt verweigern wollen? :whistling:

    Beste Grüße,
    Udo


    Sapere aude!
    (Horaz)

  • Naja, handelt es sich tatsächlich um eine Betriebsstätte, wenn die Mitarbeiter der Fremdfirma die Örtlichkeit nur unentgeltlich nutzen dürfen? Ist denn auch die Wohnung von Tante Friedchen eine Betriebsstätte wenn ein Elektriker dort Arbeiten ausführt?


    Ach, meinetwegen könnten die ja ruhig rein. Nur gibt es immer Leute, die um ihr Geld bangen, wenn es heisst es müssen Maßnahmen ergriffen werden und das "nur" weil ein Fremdfirmenmitarbeiter eine möglicherweise durch die vorliegenden Umstände entstandene Krankheit hat. Daß das gleiche Schicksal auch die eigenen Mitarbeiter treffen könnte, wenn dem denn so ist, und dass man dadurch spätere Fälle ggfs verhindern kann wird da oft vergessen / verdrängt. ;)

    „Wenn es Regenschirme gibt, kann man nicht mehr risikofrei leben: Die Gefahr, dass man durch Regen nass wird, wird zum Risiko, das man eingeht, wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Aber wenn man ihn mitnimmt, läuft man das Risiko, ihn irgendwo liegen zu lassen.“
    (Niklas Luhmann in: Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral)

  • Hallo!


    Das ist so für mich nicht nachvollziehbar.


    Wenn Gefährdungen für die Fremdfirmenmitarbeiter bestehen, so bestehen die auch für die eigenen MA und dürften sowieso nicht existent sein.
    Handelt es sich bei den Gefährdungen für die Fremdfirmen um Gefährdungen besonderer Art, so sind diese vom Auftraggeber und vom Auftragnehmer im Vorfeld zu beurteilen und es müssen eben besondere Maßnahmen getroffen werden.


    Was macht ihr z. B. mit euren Fensterputzern ... einfach putzen lassen?
    Das wäre jetzt so ein Fall der den eigenen MA praktisch nicht betrifft, die Fremdfirmen-MA aber sehr wohl.
    Die Gefährdung durch Absturz ist vorher zu ermitteln und zu beurteilen und Maßnahmen müssen getroffen werden.
    Sicherung gegen Absturz z. B. durch eine Rückhaltesicherung am Türrahmen zu befestigen (unpraktisch und unbeliebt) oder durch ein mobiles und einklemmbares Fensterrahmengeländer.


    Ist denn alles i. O. ... warum sollte dann keine BG der Fremdfirmen einen Besuch abstatten dürfen ... zumal sie das sowieso dürfen?


    Viele Grüße
    Andreas

  • Rahmen eines Rahmenvertrages bei mir (nicht AÜG).


    Hallo Martin ,
    ich nehme an es ist ein Werksvertrag.


    Schau mal in die BGV A1


    § 10 Besichtigung des Unternehmens, Erlass einer Anordnung, Auskunftspflicht
    (1) Der Unternehmer hat der Aufsichtsperson der Berufsgenossenschaft die Besichtigung
    seines Unternehmens zu ermöglichen und sie auf ihr Verlangen zu begleiten oder durch
    einen geeigneten Vertreter begleiten zu lassen.
    (2) Erlässt die Berufsgenossenschaft eine Anordnung und setzt sie hierbei eine Frist,
    innerhalb der die verlangten Maßnahmen zu treffen sind, so hat der Unternehmer nach Ablauf
    der Frist unverzüglich mitzuteilen, ob er die verlangten Maßnahmen getroffen hat.
    (3) Der Unternehmer hat den Aufsichtspersonen der Berufsgenossenschaft auf Verlangen
    die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Er
    hat die Aufsichtspersonen zu unterstützen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich
    ist


    In der BGI 865
    http://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bgi865.pdf


    steht es wie es vernünftig abzulaufen hat.


    Gruß Tanzderhexen

    Gruß tanzderhexen


    "Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden, sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft"
    Werner von Siemens, Zitat von 1880
    „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“
    Aristoteles griech. Philosoph 384 -322 v. Chr.

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  • .

    Naja, handelt es sich tatsächlich um eine Betriebsstätte, wenn die Mitarbeiter der Fremdfirma die Örtlichkeit nur unentgeltlich nutzen dürfen? Ist denn auch die Wohnung von Tante Friedchen eine Betriebsstätte wenn ein Elektriker dort Arbeiten ausführt?


    Der Begriff "Betriebsstätte" ist im SGB nicht definiert. Hilfsweise kann die Definition aus dem Steuerrecht (Abgabenordnung u.a) genommen werden.
    Gemäß § 12 AO ist eine Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung, die der Tätigkeit des Unternehmens dient und über die der Unternehmer Verfügungsgewalt hat. (Sprich: freies Betretungsrecht etc.) Hier einige interessante Ausführungen dazu.


    Der letzte Satz in meinem Zitat oben beschränkt das Betretungsrecht der Aufsichtspersonen NICHT auf Betriebsstätten; jeder Ort, an dem die Mitarbeiter des Unternehmers tätig sind, darf von den Aufsichtspersonen betreten werden. Die Grundrechte nach GG werden, insbesondere bei Gefahr, insoweit eingeschränkt.

    (Keine Rechtsberatung ... Zu den Konsequenzen aus Fehlverhalten und der Auslegung nach aktueller Rechtssprechung fragen Sie den Anwalt Ihres Vertrauens!)
    ^^

    Beste Grüße,
    Udo


    Sapere aude!
    (Horaz)

  • Hi,


    wie gesagt: ich habe nichts dagegen wenn die kommen. Dann wird vielleicht mal umgesetzt, was ich eh schon bemängelt habe. ;)


    Aber dann kann ich dem Unternehmer ja sagen, das er im Prinzip kaum Handhabe hat sich dagegen zu wehren (jaja, ich weiß, warum sollte man auch...ist ja auch meine Meinung aber ich bin ja nicht der Unternehmer). Selbst wenn es möglich wäre sich dagegen zu wehren, dann würden halt die TABs der BGen sich mal unterhalten und der eigene würde sich das mal ansehen...
    Danke euch für eure Ausführungen!


    Martin

    „Wenn es Regenschirme gibt, kann man nicht mehr risikofrei leben: Die Gefahr, dass man durch Regen nass wird, wird zum Risiko, das man eingeht, wenn man den Regenschirm nicht mitnimmt. Aber wenn man ihn mitnimmt, läuft man das Risiko, ihn irgendwo liegen zu lassen.“
    (Niklas Luhmann in: Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral)

  • Aber dann kann ich dem Unternehmer ja sagen, das er im Prinzip kaum Handhabe hat sich dagegen zu wehren


    Hallo,


    wie oben schon genannt, ist Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht jederzeit der Zutritt zu Grundstücken und Gebäuden zu gewähren.
    Aufsichtspersonen der Gewerbeaufsicht können sich durch ihre Dienstausweise legitimieren. Sollte ihnen der Zutritt verwehrt werden, so können sie hoheitliche Maßnahmen (Polizei, Kripo, etc.) einleiten...


    Zur Gewerbeaufsicht zählen im Arbeitsschutz die staatlichen Stellen und ALLE BGen. Es kann auch jeder Berechtigte einer beliebigen BG auf Zutritt bestehen. Die Aufsicht weiß ja nicht, und kann auch nicht wissen, welche Arbeitnehmer vor Ort sind und wie die tatsächlich angetroffene Verantwortung geregelt ist.


    Als Einschränkung, die sich in der Praxis bewährt hat, kann verlangt werden, dass der Zutritt von Aufsichtspersonen nur in Begleitung erfolgt. Nur ortskundige und verantwortliche Mitarbeiter kennen die Gefahrenlage und die Gegebenheiten vor Ort. Und darauf nehmen Aufsichtspersonen üblicherweise Rücksicht.
    Ausser sie kommen gleich mit dem SEK, MEK,... :D


    Gruß, Niko.

    - Bei Gefahr im Verzug ist körperliche Abwesenheit besser als Geistesgegenwart -

    • Offizieller Beitrag

    Selbst wenn es möglich wäre sich dagegen zu wehren, dann würden halt die TABs der BGen sich mal unterhalten und der eigene würde sich das mal ansehen...


    Hallo MartinP,


    ... genau das wäre jetz mein erster gedanke zu deiner frage gewesen. Lass doch ruhig den "fremden" TAB kommen (dass er das darf haben ja andere vor mir schon dargelegt) aber hole dir auch deinen eigenen mit dazu und ihr könnt dann zu dritt einen gemeinsamen eindruck von den arbeitsplätzen entwickeln.




    peter

    Es kommt nicht darauf an, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. (Werner-von-Siemens zugeschrieben)

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  • Zur Gewerbeaufsicht zählen im Arbeitsschutz die staatlichen Stellen und ALLE BGen. Es kann auch jeder Berechtigte einer beliebigen BG auf Zutritt bestehen. Die Aufsicht weiß ja nicht, und kann auch nicht wissen, welche Arbeitnehmer vor Ort sind und wie die tatsächlich angetroffene Verantwortung geregelt ist.


    Gewerbeaufsicht und BGen haben unterschiedliche Rechtsgrundlagen, deshalb bitte nicht in einen Topf werfen.
    In diesem Fall ergibt sich das "Betretungsrecht" der staatlichen Überwachungsstellen aus § 22 ArbSchG, das "Betretungsrecht" der Aufsichtspersonen der BGen aus § 19 SGB VII, also unterschiedliche Rechtsgrundlagen, auch wenn die Konsequenz am Ende die Gleiche ist.
    Unser Dualismus im Arbeitsschutz ist schon was Feines ... :D

    Beste Grüße,
    Udo


    Sapere aude!
    (Horaz)