Vorsorgeuntersuchungen + Arbeitszeit

ANZEIGE
Werbung auf Sifaboard
  • Hallo zusammen,
    hab schon mal die "Suche" bemüht und verschiedenes zu diesem Thema gefunden, aber das trifft es nicht so wirklich...


    Wie würdet ihr damit umgehen, wenn in euerm Unternehmen festgelegt werden würde (natürlich ohne vorher mit Sifa zu sprechen ), dass Pflichtuntersuchungen zukünftig nur noch außerhalb der Arbeitszeit wahrgenommen werden. Ich weiß, was das Arbeitsschutzgesetz sowie BGV A1 etc. dazu sagen - keine Kosten für den AN. Die Fahrtkosten werden erstattet, um den Termin wahrzunehmen...
    Hat jemand eine zündende Idee zur Gegenargumentation?


    Viele Grüße
    Martina111

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

  • ANZEIGE
  • Hallo Martina,


    Pflichtuntersuchungen und auch Unterweisungen werden gerne außerhalb der geregelten Arbeitszeiten durchgeführt um Betriebsabläufe nicht zu stören.
    Hat der Arbeitgeber einen gesetzlichen Anspruch darauf ?
    Ich denke nicht.
    Neben dem Fahrgeld müßte ja auch auf jeden Fall die Zeit bezahlt werden, die der Arbeitnehmer dafür aufwendet, denn es sind ja Pflichtuntersuchungen, also vom Gesetzgeber aufgrund der Arbeit gefordert.
    Somit müßte die Zeit wie Überstunden gerechnet werden.
    Dann stellt sich die Frage ob es sich noch lohnt oder ob man die Untersuchungen nicht auch im Betrieb günstiger organisieren könnte.


    Gruß Tommy

  • Hallo :)
    also grundsätzlich bin ich schon der Meinung, dass diese Zeiten, Arbeitszeiten sind. Immerhin handelt es sich um Pflichtuntersuchungen. Ich kenne aus meinem Kundenkreis auch keinen, der das anders sieht. Was ich allerdings immer wieder empfehle, die Untersuchungen in der Freizeit zu machen. Diese Zeit wird dann als Überstunden nach gebucht. Der Grund. Der Arbeitgeber ist dann damit zufrieden, weil der Arbeitsablauf nicht gestört wird. der Arbeitnehmer ist zufrieden, weil er sich die Zeit selbst einteilen kann. Ich denke das muss man von Fall zu Fall sehen.

    LG
    Michael Kasper


    _______________________________________________________
    Nicht jeder der viel redet, sagt auch viel !

  • Eigentlich sollte der SiFa egal sein, wann die Untersuchungen gemacht, solange sie gemacht werden. Die Frage sollte eher an den Betriebsrat (wenn vorhanden) gehen.... ?(

    "Sei achtsam auf dem Weg zur Schicht, auf der Strasse schläft man nicht!"

    "Wenn es einen Weg gibt, es besser zu machen: finde ihn." Thomas Alva Edison (1847-1931)

  • Als guter Berater meines Chefs, ist das schon irgendwie auch mein Sache....
    ..... das kann man so und so sehen, klar....

    LG
    Michael Kasper


    _______________________________________________________
    Nicht jeder der viel redet, sagt auch viel !

  • ANZEIGE
  • Hallo Ihr Lieben,
    vielen Dank für Eure schnellen Antworten.
    Da ich es genau wie Micha sehe, ist es für mich ein Problem. Schleicht sich durch solche unüberlegten Festlegungen erst ein bestimmter Frustfaktor ein, leidet maßgeblich die Motivation und damit Einsicht, Umsicht etc. Letztlich zahlt der Unternehmer da nur drauf.
    Leider ist dem derzeit nicht so, dass diese Zeit als Arbeitszeit/ Überstunden etc. abgegolten werden. Es wird in unglaublicherweise argumentiert, dass der AN ja nicht beschäftigt werden darf, wenn er diese Untersuchung nicht hat. Da er das aber möchte, muss er sich schon untersuchen lassen - zu den festgelegten Bedingungen - er kanns ja auch lassen... :112:


    Ich sehe das genau umgekehrt. Der AG kann bestimmte Arbeiten nicht ausführen lassen, wenn er nicht bestimmte Untersuchungen hat durchführen lassen. Also können diese Tätigkeiten nicht ausgeführt werden. Möchte er die Durchführungen ist es sein Part. Unfassbar, darüber überhaupt diskutieren zu müssen.
    Naja, nun suche ich halt nach einer rechtlich fundierten Gegenargumentation. Vielleicht fällt ja noch jemandem was zündendes ein. Ich danke euch erstmal.
    Viele Grüße
    Martina

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    hab da noch was gefunden...


    Bei Vorsorgeuntersuchungen nach § 11 des Arbeitsschutzgesetzes gibt es keine ausdrückliche Regelung darüber, ob der Arbeitgeber die Untersuchung während der Arbeitszeit ermöglichen muss (anders: § 43 Jugendarbeitsschutzgesetz). Aus der Nichtregelung folgt zunächst, dass ein Verweis auf die Durchführung der Untersuchung in der Freizeit nach öffentlichem Recht nicht ausdrücklich verboten ist. Auch Sinn und Zweck des § 11 gebieten es nicht zwingend, dass die Untersuchung während der Arbeitszeit stattfinden muss. Die Frage, ob die Beschäftigten zur Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung nach § 11 auf die Freizeit verwiesen werden können, ist im Einzelfall nach den für das konkrete Arbeitsverhältnis maßgebenden Grundsätzen des Arbeitsrechts zu entscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Interesse des Arbeitgebers, Lohnkosten dadurch einzusparen, dass Vorsorgeuntersuchungen nicht während der Arbeitszeit stattfinden, grundsätzlich berechtigt. Vorsorgeuntersuchungen dienen nicht überwiegend dem Interesse des Arbeitgebers, sondern dem des Arbeitnehmers, nämlich dem individuellen Schutz seiner Gesundheit. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig, dass in jedem Falle ein Verweis auf die Freizeit zur Durchführung der Untersuchung zulässig ist. Auch hier sind entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers denkbar, die im Rahmen der Fürsorgepflicht vom Arbeitgeber beachtet werden müssen.




    Sofern der Betriebsarzt die Untersuchung durchführen soll, ist ferner zu beachten, dass eine Untersuchung nach § 11 Arbeitsschutzgesetz zugleich eine Untersuchung sein kann, die der Betriebsarzt in Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz durchführt. Bei Untersuchungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz ist § 2 Abs. 2 Arbeitssicherheitsgesetz zu beachten. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber den Betriebsarzt bei seiner Aufgabenerfüllung zu unterstützen. Ein genereller Verweis von Untersuchungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz auf die Freizeit könnte dazu führen, dass Arbeitnehmer zu solchen Untersuchungen nicht bereit wären und der Betriebsarzt folglich seine Aufgaben nicht erfüllen könnte. Eine generelle Anweisung des Betriebsarztes, freiwillige Untersuchungen nach dem Arbeitssicherheitsgesetz nur außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen, würde daher wohl gegen das Gebot des § 2 Abs. 2 Arbeitssicherheitsgesetz verstoßen. Auch nach dem IAO-Abkommen Nr. 161, das die Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1994 ratifiziert hat (BGBl. I S. 1189), muss die Überwachung der Gesundheit durch betriebsärztliche Dienste gemäß Artikel 12 des Abkommens „möglichst“ während der Arbeitszeit erfolgen....


    herbert

  • Hallo Herbert,
    vielen Dank! Das Abkommen muss ich mal suchen, vielleicht ist das eine Idee.
    Habe auch schon versucht, meine Argumentation begünstigende Entscheidungen des Arbeitsgerichtes zu finden. Für den öffentlichen Dienst gibt es hierzu verschiedenes - aber nicht wirklich dienlich, da kein ÖD. Die Variante, dass Unterstützung des BA bei seinen Aufgaben, habe ich auch schon eruiert, da aber Arbeitszeit AN nachts, BA eigentlich tags - aber sehr flexibel - und auch nachts arbeitet, wird dieser in der Wahrnehmung seiner Aufgaben dadurch nicht wirklich behindert...( X(schade eigentlich)
    Nicht wirklich "förderlich" ist, dass auf diesem Breitengrad auch keiner den Aufstand probt und da nicht hingeht. Die Leute sind froh, dass sie Arbeit haben.
    Das ist auch eine Sache, die ich ohne große Wellen, in einer treffsicheren Aktion direkt mit dem leitenden GF unter vier Augen diskutieren und argumentieren möchte - soweit ich ein schlagendes Argument finde.
    Unglaublich!, kann doch nicht sein... :13:


    LG Martina

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

  • Hallo zusammen,


    @ herbert: komme hier irgendwie nicht weiter. - BGBl. I S. 1189 was genau ist das, was da veröffentlicht wurde? Das taucht beim Googeln immer auf - aber kann ich das am Stück irgendwo nachlesen?


    Hat sonst noch jemand ein schlagendes Argument?
    Vorab vielen Dank für eure Mühen.


    Viele Grüße
    Martina

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

    Einmal editiert, zuletzt von Martina111 ()

  • ANZEIGE
  • Hallo,


    also, das Abkommen Nr. 161 sagt im Artikel 12:


    Die Überwachung der Gesundheit der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Arbeit darf keinerlei Verdienstausfall für sie zur Folge haben; sie muß unentgeltlich sein und nach Möglichkeit während der Arbeitszeit stattfinden.


    IAO-Abkommen


    IAO (internationale Arbeitsorganisation) = ILO (international labour organization)


    Dieses Abkommen wurde, wie Herbert schon schrieb, 1994 von der Bundesrepublik ratifiziert.


    Hier gibt es eine Liste der von Deutschland ratifizierten Abkommen.


    Die Angabe BGBL. I S. 1189, die überall auftaucht ist etwas ungenau. BGBL I ist das Bundesgesetzblatt Teil 1 und dann Seite 1189. Leider fehlt immer die Angabe welche Ausgabe gemeint ist. 1994 gab es vom BGBL I 94 Ausgaben, die müsste man durchschauen um die Richtige zu finden.


    Da aber Deutschland das Abkommen 161 der IAO im Wortlaut ratifiziert hat ist das wohl nicht unbedingt nötig.


    Grüße
    awen

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hallo awen,
    danke. Werde mich nachher nochmal auf die Suche danach machen.
    Vielen Dank!


    LG Martina

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

  • Das wäre doch ein Link für unser Linkliste


    Wie ging das noch gleich ?(

    Fettflecken werden wie neu, wenn man sie täglich mit Butter bestreicht...

    • Offizieller Beitrag

    hallo harmi,


    kannst du gerne tun :D


    oben auf linkliste klicken und den rest siehe beigefügtes bild.

  • ANZEIGE
  • Hallo an alle,
    danke für eure Antworten.


    awen und herbert: das Abkommen ist wohl die Lösung; vielen Dank an euch. Werde nächste Woche versuchen, mal die "Argumenten - Schmiede" anzuwerfen.


    Mal sehen wie weit ich damit komme...
    Viele Grüße
    Martina

    Die Kunst ist, einmal mehr aufzustehen, als man umgeworfen wird. (W. Churchill)
    ----------------------------------------
    Das Schwierige am Diskutieren ist nicht, den eigenen Standpunkt zu verteidigen, sondern ihn zu kennen.
    Andre' Maurois

  • Hallo zusammen,


    ...bin etwas verwirrt und würde gerne um eine Klarstellung bitten:


    Reden wir über Pflichtuntersuchungen oder Vorsorgeuntersuchungen?!?!


    Bei Pflichtuntersuchungen stehen sowohl AG als auch AN in der Pflicht und die Frage nach vollständiger Abgeltung, incl. anfallenden Lohnkosten, tellt sich vielleicht nicht so sehr.


    Bei Vorsorgeuntersuchungen, die nicht unbedingt verpflichtend sind (s. Stellungnahme Herbert ("...dienen nicht überwiegend dem Interesse des AG..."] sieht die Welt vielleicht etwas anders aus.


    Also, worum geht's denn hier?!


    In diesem Sinne
    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • ANZEIGE
  • Also Martina schrieb von "Pflichtuntersuchungen"
    Wieso stellt sich die Frage dann nicht mehr?

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

  • Hallo Martina111,


    schau doch mal in die brandneue ArbMedVV - Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge vom 18.12.2008.


    Im §3 geht es um die allgemeinen Pflichten des Arbeitgebers, im Absatz 3 steht dort explizit: "Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sollen während der Arbeitszeit stattfinden."


    Es wird bei dieser Aussage nicht zwischen Angebots- und Pflichtuntersuchungen unterschieden, sondern es ist von allen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen die Rede.
    Klar ist ein "sollen" kein "müssen", aber ich denke die Intention des Gesetzgebers ist eindeutig - eben solche Fälle wie den von Dir geschilderten zu vermeiden. Um ein "sollen" zu umgehen sind aus meiner Sicht schon andere Gründe nötig als die (meiner Ansicht nach ethisch verwerfliche) Aussage, dass die AN ja froh sein sollen Arbeit zu haben.


    Gruß, oytun9899

    Einmal editiert, zuletzt von oytun9899 ()

  • und zu guter letzt noch ein BAG-Urteil


    BAG, 20.04.1983, 5 AZR 624/80
    Anspruch auf Vergütung oder Aufwendungsersatz für die wegen einer außerhalb der Arbeitszeit erfolgten Unterziehung einer Vorsorgeuntersuchung verbrauchten Zeit - Anordnung der Untersuchung nach einer Unfallverhütungsvorschrift - Rechtmäßigkeit der Annahme einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht für die Unterziehung einer Vorsorgeuntersuchung - Auslegung der Aufforderung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer zur Teilnahme an Vorsorgeuntersuchung als Direktionsrecht - Anspruch auf Lohnfortzahlung für eine außerhalb der Arbeitzeit erfolgten Vorsorgeuntersuchung
    Gericht: BAG
    Datum: 20.04.1983
    Aktenzeichen: 5 AZR 624/80


    in diesem Urteil hat der Kläger (AN) kein Recht bekommen. Das heißt ,er hat keinen Anspruch auf Lohnzahlung bez. der Untersuchung !

    Einmal editiert, zuletzt von Werner S. ()