Haftung bei Angestellten externer Dienstleistern

ANZEIGE
ANZEIGE
  • Hallo zusammen,

    ich bin neu hier und auch relativ neu bei einem externen Dienstleister für ASi, Brandschutz, Umwelt, ... mit 3 angestellten Sifas plus Chef, einigen Vertragspartnern für die restlichen Bereiche und 1,5 Bürokräften...

    Ich selber bin viel bei Kommunen und Metallbetrieben unterwegs.

    Nachdem ich jetzt ein paar Monate dabei bin, habe ich ersthafte Bedenken rechtlich im Falle eines Unfalls bei unseren Kunden ziemlich am A... zu sein. Die Gefährdungsbeurteilungen die wir machen (sollen) sind vom Umfang grausig unvollständig und es wird auf sämtliche Dokumente (auch wenn die die Damen vom Büro erstellen) mein Name draufgeklatscht.

    Die GBs sind auch nicht im recht etablierten Excel-Querformat sondern basieren wahrscheinlich auf uralten Vorlagen vom WEKA-Verlag (inklusive dazugehörigen unvollständiger Checklisten) und geben garnicht alle nötigen Inhalte her.

    Erinnern häufig an normale Begehungsprotokolle...

    Auch wird im großen Stil Dokumentenmanagement über den ASA gemacht. Mit Dokumentenfreigsbe im ASA und so nem Quatsch. Die üblichen Themen kommen fast immer zu kurz.

    Meine Hauptfrage ist nun: Kann ich für die unvollständigen GBs (auch die meiner Vorgänger) oder die anderen fachlich falschen Inhalte im Falle eines Unfalls privat haftbar gemacht werden, oder schützt mich mein eigenes Angestelltenverhältnis (der Chef steht auch auf allen Dokumenten als Ersteller mit drauf)?

    In meinem Arbeitsvertrag ist das Thema Haftung nicht aufgeführt. Die Versicherungsumfänge des Betriebes kenne ich nicht.

    Hab leider auch eine unangenehm lange Kündigungsfrist von 3 Monaten bis zum Quartalsende.

    Es gab schon ähnliche Fragen hier aber da ist einiges noch für dem Urteil mit der Kartonstanze gepostet worden und ich hätte gerne eine aktuelle Einschätzung. Auch zu den anderen Sachen gerne kommentieren.

    Danke ;)

    Einmal editiert, zuletzt von J.O. (4. August 2023 um 20:40)

  • J.O. 4. August 2023 um 20:39

    Hat den Titel des Themas von „Haftung bei Angestellten externen Dienstleistern“ zu „Haftung bei Angestellten externer Dienstleistern“ geändert.
  • Das hört sich ziemlich halbseiden an...

    Grundsätzlich hat der Kunde die Pflicht die Gefährdungen für seine Beschäftigten zu beurteilen. Das kann er delegieren (intern oder extern), er behält aber auf jeden Fall die Kontrollpflichten.

    Gesetzlich ist die Sifa zwar nicht für die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung verantwortlich, es ist aber durchaus möglich einen externen Dienstleister verantwortlich dafür zu machen, indem man einen Vertrag abschließt.

    D.h im Ernstfall bist nicht nur Du, sondern auch der Kunde im Fokus der Ermittlungen.

    Als externer ist man bei einfacher Fahrlässigkeit auch nicht haftungsbefreit (wie interne Sifas das wären) sonder voll haftbar.

    Normalerweise gibt es eine Haftpflichtversicherung für Dich, die über deinen Arbeitgeber läuft, die hilft die aber bei strafrechtlicher Haftung nicht.


    Für Deine Beratungsleistung haftest du voll.

    Wenn du Aufgaben erfüllst, die in der Verantwortung des Unternehmers liegen, aber an euch delegiert sind, kommt es darauf an, was genau vertraglich vereinbart wurde.

    Es ist schwierig, aufgrund deiner etwas diffusen Beschreibung. die Haftungsrisiken für die Beteiligten einzuschätzen.

    Wer sagt denn, dass ihr Gefährdungsbeurteilungen machen sollt?

    Wie ist das vertraglich geregelt?

    Habt ihr als Sifas hier eine Garantenstellung, z.B. dass ihr in eigener Verantwortung die Gefährdungen am Arbeitsplatz des Kunden beurteilen sollt?

    Gibt es Klauseln, die die Qualität der Dienstleistung konkretisieren (zB. "Der Auftragnehmer haftet für die Richtigkeit der erbrachten Dienstleistung" (oder so)

    Was genau ist die vertraglich vereinbarte Dienstleistung?

    Wie sind die Verantwortlichkeiten zwischen Kunde und Dienstleister abgegrenzt?

    Was passiert, wenn in eurer "Gefährdungsbeurteilung" eine Maßnahme umgesetzt werden muss? Wer ist dafür verantwortlich? Wo kommt das Geld dafür her?

    Fragen über Fragen...

  • Hallo Schmandhoff,

    vielen Dank für deine Einschätzung.

    "Halbseiden" trifft es ganz gut denke ich.

    Mein Problem ist, dass ich weder die Inhalte der Versicherung kenne, noch die Verträge mit dem Kunden. Die werden uns angestellten SiFas nicht gezeigt.

    Da wir gerade bei den Kommunen häufig nichtmal wissen welche Einrichtungen die genau haben (Der ASD der Unfallkasse unterscheidet hier nur so Sachen wie "Bauhof" und "Kinderbetreuung" bei der Erfassung der Betreuungszeiten, geht dabei aber nicht auf die Anzahl der Liegenschaften oder die genauen Tätigkeiten ein), geschweige denn Mitarbeiterzahl und wer überhaupt für welchen Prozess verantwortlich ist bzw. Ansprechpartner.

    Kommunen delegieren auch Pflichten häufig nicht richtig. Bestellurkunden gibt es bei gerade mal ca. 60%. Eine schriftliche Pflichtenübertragung mit entsprechenden Berechtigungen gibt es fast nie und wir werden dann hingeschickt und müssen mit irgendwelchen "Leitern" die GB machen (Bzw. begehen wir und machen die "GB" dann im stillen Kämmerlein und schicken die der Kommune mit nem Unterschriftenfeld für den Bürgermeister. Weder bei unseren "Hardcopys" noch bei den Kommunen hab ich da aber jemals ne Unterschrift neben den draufkopierten von uns gesehen...).

    Der Kunde wünscht sich, dass wir GBs machen, aber wie das vertraglich geregelt ist kann ich, wie gesagt, leider nicht einschätzen. Aufgrund der großen Unkenntnis die wir bei manchem Kunden haben, gehe ich davon aus, dass die Verträge auch "halbseiden" sind, wie du so schön sagtest.

    Zur Umsetzung der Maßnahmen kann ich nur sagen, dass wir den Kunden und seine Strukturen meistens so schlecht kennen, dass beim Verantwortlichen häufig nur steht "Stadt sowieso" oder "Einrichtungsleitung" oder "Brandschutzverantwortlicher"

    Die Vorgaben zu Fristen und wann die Wirksamkeit kontrolliert werden soll kann man sich auch aus dem Hut ziehen. Entweder die machen es sofort oder es steht ewig und keiner fühlt sich verantwortlich.

    Echt alles traurig. Weiß echt nicht was ich machen soll gerade. Der Einzugsbereich und die Kunden sind echt ok aber das was bei uns im Hintergrund läuft ist in meinen Augen "unter aller Sau" und ich hab echt schiss, dass mal was passiert.

    War die Woche auch mal wieder auf einer Kläranlage ohne Ex-Schutz-Dokument, wo in Bereichen mit mindestens Zone 2 selbergebastelte Elektroinstallationen im großen Stil verbaut waren (mit offenen Kabeln und defekter Neonröhre usw.). Und bei dem Rauchverhalten des Mitarbeiters auf der Anlage würde ich nicht ausschließen, dass der in den Rechenraum auch mit Kippe in der Schnauze geht...

    Wenn da einer "Hops geht" sitz ich jetzt wrsl. ziemlich in der Tinte, da ich jetzt nicht mehr behaupten kann, ich kenne die Missstände nicht. Die Stunden beim Kunden sind natürlich auch schon aufgebraucht, wodurch ich dieses Jahr ziemlich sicher nicht mehr da vorbei komme... Von uns gibt's natürlich eine GB für den Bereich. Diese erwähnt die seit bestimmt 20 Jahren vorhandenen Mängel im Ex-Schutz und die wilden Elektroinstallationen nicht mal...

    Einmal editiert, zuletzt von J.O. (5. August 2023 um 09:28)

  • Das hört sich nach so einem großen Chaos an und so vielen ungeklärten Verantwortlichkeiten dass im Ernsfall entweder der Bürgermeister alleine dran ist oder niemand....

    Wie bei der Love Parade in Duisburg, da haben auch soviele Leute alle ein bisschen Sch..sse gebaut, dass hinterher niemand genügend verantwortlich war um tatsächlich einzufahren - und das bei immerhin 21 Toten und knapp 700 Verletzten...

    Für Dich ist wichtig, dass Du Deine Beobachtungen und Maßnahmenempfehlungen z.B. in der Kläranlage dokumentierst und an deine Ansprechpartner übermittelst , dass Du wenn Du irgendwelche Formblätter ("Gefährdungsbeurteilungen" ) ausfüllst dies nach bestem Wissen und Gewissen machst und immer alles an den Kunden meldest am Besten an deinen Ansprechpartner vor Ort und an den Auftraggeber (Bürgermeister).

    Hinterlasse eine Spur aus Papier! (oder PDFs)

    Dann solltest Du weitgehend aus der Haftungsnummer raus sein und Du kannst im Ernstfall belegen, dass Du Deinen Job solide gemacht hast und nicht fahrlässig warst.

    Was die Anderen machen oder nicht machen kann Dir dann egal sein...

    Trotzdem: Such DIr 'nen anderen Arbeitgeber Dein jetziger scheint nicht wirklich seriös zu sein.

  • D.h im Ernstfall bist nicht nur Du, sondern auch der Kunde im Fokus der Ermittlungen.

    Als externer ist man bei einfacher Fahrlässigkeit auch nicht haftungsbefreit (wie interne Sifas das wären) sonder voll haftbar.

    Wobei da die einzelne Sifa nicht in der Haftung steht sondern der Arbeitgeber der Sifa. Falls dich das ein wenig beruhigt...

  • Da wir gerade bei den Kommunen häufig nichtmal wissen welche Einrichtungen die genau haben (Der ASD der Unfallkasse unterscheidet hier nur so Sachen wie "Bauhof" und "Kinderbetreuung" bei der Erfassung der Betreuungszeiten, geht dabei aber nicht auf die Anzahl der Liegenschaften oder die genauen Tätigkeiten ein), geschweige denn Mitarbeiterzahl und wer überhaupt für welchen Prozess verantwortlich ist bzw. Ansprechpartner.

    So, wie ich es verstanden habe, muss jeder Arbeitsplatz mehr oder weniger einzeln beurteilt werden.
    Es reicht also nicht, BDA oder GBU für "eine Kita" oder "einen Bauhof" zu schreiben und per Mail zu verteilen. Manche Arbeitsbedingungen oder Gefährdungen können eben nur vor Ort ermittelt und beurteilt werden.
    Eine Heidenarbeit, die nie zu Ende geht, weil man ja immer wieder überprüft, nachschärft, verbessert und sich die persönlichen Belastungsgrenzen von Mitarbeiter zu Mitarbeiter unterscheidet.

  • Ich klinke mich hier mal ein. Da ich zum 01.01. auch als externe SiFa tätig werde, möchte ich hier einmal mein Senf dazugeben.

    1. In der Haftung ist immer der Betreiber. Du kannst nur Haftbar gemacht werden, wenn du nachweislich falsch berätst.

    Dazu gibt es ein Gerichtsurteil. Siehe Link: https://www.sifa-sibe.de/fachbeitraege/…keine%20Haftung.

    Ist zwar etwas älter, aber ändert nichts am Sachverhalt.

    2. Was steht im Vertrag, welche Aufgaben sollt ihr übernehmen? Immer bei der Abstimmung dabei sein, dann weiß du auch welche Aufgaben du übernehmen sollst.

    3. Erkannte Mängel immer schriftlich erfassen und an die Verantwortlich weiterleiten + BR / Personalrat.

    4. Lege dir immer eine Kopie von deinem Schriftverkehr an, in dem du auf Mängel oder anderes hinweist. Wer schreibt, der bleibt.

    5. Hast du deine Einwilligung geben, das deine Signatur von Dritten verwendet werden darf? Wenn nicht, ist das Dokumentenfälschung und strafbar.

    Mehr fällt mir gerade nicht ein.

    "Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu Handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der Edelste, zweitens durch Nachahmen, das ist der Leichteste, und drittens durch Erfahrung, das ist der Bitterste."

    (Konfuzius, 551 v.Ch.- 479 v.Chr.)

  • Du kannst nur Haftbar gemacht werden, wenn du nachweislich falsch berätst.

    Auch für fehlende Beratung kann man in Haftung geraten. Wenn ich im obigen Beispiel lese, dass da anscheinend Ex-Zonen existieren, ohne entsprechende Schutzmaßnahmen, dann kann man schon erwarten, dass eine SiFa hier entsprechende Hinweise gibt. Auch wenn die Betriebsstruktur, und somit Verantwortlichkeit, nicht bekannt ist, muss diese eingefordert werden, wie kann man sonst den Verantwortlichen entsprechend beraten?

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Wobei da die einzelne Sifa nicht in der Haftung steht sondern der Arbeitgeber der Sifa. Falls dich das ein wenig beruhigt...

    Ich dachte bisher, dass der Arbeitgeber der Sifa nicht für die Falschberatung seines Mitarbeiters einstehen muss, da der Arbeitgeber ja die Fachkunde der Sifa als Dienstleistung an den Kunden verkauft, welche i. d. R. unstrittig ist. Eine Falschberatung liegt aber ausschließlich bei der Sifa selbst, weswegen sich die diesbezüglichen Urteile stets auf die einzelne Sifa beziehen und nicht auf deren Arbeitgeber - oder liege ich hier völlig falsch?

    Ich lasse mich hierzu gerne eines Besseren belehren :78:

  • Kann hierzu jemand Hilfestellung geben?

    Ich dachte bisher, dass der Arbeitgeber der Sifa nicht für die Falschberatung seines Mitarbeiters einstehen muss, da der Arbeitgeber ja die Fachkunde der Sifa als Dienstleistung an den Kunden verkauft, welche i. d. R. unstrittig ist. Eine Falschberatung liegt aber ausschließlich bei der Sifa selbst, weswegen sich die diesbezüglichen Urteile stets auf die einzelne Sifa beziehen und nicht auf deren Arbeitgeber - oder liege ich hier völlig falsch?

    Ich lasse mich hierzu gerne eines Besseren belehren :78:

  • hmm. Kann also nur heißen, weiter so wie bisher: Mach alles nach gesunden Menschenverstand, dokumentiere das Wichtigste, verlasse dich auf die Erfahrung und auf das Wissen der Aus- und stetigen Weiterbildung.

    Ich für mich habe ja stets ein gutes Gefühl - aber man lässt sich auf Grund diverser Meldungen / Urteile auch schnell verunsichern.

    Einen schönen Restsonntag :):37:

  • hmm. Kann also nur heißen, weiter so wie bisher: Mach alles nach gesunden Menschenverstand, dokumentiere das Wichtigste, verlasse dich auf die Erfahrung und auf das Wissen der Aus- und stetigen Weiterbildung.

    Ich für mich habe ja stets ein gutes Gefühl - aber man lässt sich auf Grund diverser Meldungen / Urteile auch schnell verunsichern.

    Einen schönen Restsonntag :):37:

    ..........und schließe eine entsprechende Versicherung ab.

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

  • Ich dachte bisher, dass der Arbeitgeber der Sifa nicht für die Falschberatung seines Mitarbeiters einstehen muss, da der Arbeitgeber ja die Fachkunde der Sifa als Dienstleistung an den Kunden verkauft, welche i. d. R. unstrittig ist. Eine Falschberatung liegt aber ausschließlich bei der Sifa selbst, weswegen sich die diesbezüglichen Urteile stets auf die einzelne Sifa beziehen und nicht auf deren Arbeitgeber - oder liege ich hier völlig falsch?

    Ich lasse mich hierzu gerne eines Besseren belehren :78:

    Moin, klar bei den Urteilen liest man ja meistens über das Strafrecht, da steht der Arbeitgeber logischerweise nicht für die Sifa grade. Bei Schadensersatz versteh ich nicht, warum die Abgrenzung eine andere sein soll als bei allen anderen Berufen. Beim Elektriker wird auch die Fachkunde verkauft, der Unternehmer wird da persönlich auch nichts verkabeln und ist trotzdem dem Kunden gegenüber schadenserstatzpflichtig wenn was schief läuft.

    Gruß

    Moritz