praktische Anwendung der G25 - Untersuchungsinhalte

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  • Hallo SiFas,

    es gibt im Forum ja schon einige Beiträge zu dem Thema G25 (Vorsorge vs. Eignung usw.).

    Was ich aber aktuell nicht so recht finden konnte, sind ein paar Beispiele, wie eine Anwendung oder Umsetzung in der Praxis erfolgt.

    Konkret geht es mir um den Ablauf einer Beauftragung für einen neu ausgebildeten Staplerfahrer.

    Wann (mit welchen Unterlagen oder Nachweisen) erfolgt diese Beauftragung durch wen?

    Nutzt ihr dafür bei Euch die G25 als Eignungsuntersuchung? Wie ist das rechtlich abgeklärt?

    Weiterhin haben wir bisher für alle im Werk beauftragten Staplerfahrer die G25 regelmäßig als Vorsorge angeboten. Wir wollen dies nun nach Möglichkeit als regelmäßige Eignungsuntersuchung durchführen. Wie handhabt Ihr das Thema für die bereits beauftragten MA?

    Danke schon mal für ein paar Umsetzungsbeispiele. 😉

    Viele Grüße

    EHS Mann

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  • Moin,

    schaust Du hier und hier. Habt Ihr auch schon einen Plan, was Ihr mit den Personen macht, denen keine Eigung bescheinigt wird? :/

    Gruß Frank

    momentan wollen wir die Grundlagen klären, wie wir für uns vorgehen können - daher suche ich ja Praxisbeispiele für die Umsetzung - wir haben also noch keinen Plan. Ich weiß nur, dass es schwer wird im Fall der Fälle alternative Arbeitsplätze im Werk zu finden.

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  • Moin,

    Ihr braucht erst einmal eine rechtliche Grundlage wie z.B. einen entsprechenden Passus im Arbeitsvertrag oder eine Betriebsvereinbarung. Aber bitte unbedingt die Info "Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchungen Tipps für die betriebliche Praxis" der VBG lesen!

    Zitat von VGB

    Eignungsuntersuchungen mit der möglichen Rechtsfolge, Personen aus gesundheitlichen Gründen von bestimmten Berufen und Tätigkeiten vorübergehend oder dauerhaft auszuschließen, bedürfen daher zu ihrer rechtskonformen Anwendung abgesicherter Rechtsgrundlagen.

    Die Vereinbarungen zu Eignungsuntersuchungen können in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen festgelegt werden und sollen aus Sicht der Vertragspartner als arbeitsrechtliche Rechtsgrundlage für die Durchführung von Eignungsuntersuchungen dienen. Sämtliche diesbezüglichen Vertragswerke haben immer den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

    Das ist die erste Hürde, die Ihr nehmen müsst. Ob Eure Vereinbarung dann verhältnismaßig ist, klärt evtl. irgendwann ein Gericht, falls ein Arbeitsgeber klagt. Dazu kommt nach, dass das BMAS und die DGUV unterschiedliche Auffassungen zu regelmäßigen Eignungsuntersuchungen vertreten. Rechtlich ganz dünnes Eis.

    Für alle Beschäftigten eine regelmäßige Eignungsuntersuchung vorzuschreiben halte ich für extrem schwierig, da es an der Verhältnismaßigkeit fehlen dürfte.

    Karl Napp hat Bluthochdruck und Diabetes, fährt Stapler und soll zur G25.

    Erwin Gschaftlhuber ist gesund und fährt bei der Freiwilligen Feuerwehr Feuerwehr die Drehleiter und macht regelmäßig seine Untersuchungen nach der FeV. Der soll dann auch zur G25?

    Schwieriges Thema und bislang rechtlich noch nicht eindeutig geklärt.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

    Einmal editiert, zuletzt von Guudsje (12. Dezember 2022 um 14:56)

  • Hallo,

    ich möchte auch hier nochmals auf das Papier vom BMAS aus dem Okt. 2018 "zum Thema Eignungsuntersuchung" verweisen. zum-thema-eignungsuntersuchungen(1).pdf

    Persönlich finde ich es schwer Eignungsuntersuchungen im bestehenden Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Inbesondere da das Vorrangprinzip des staatlichen Rechts greift. Und somit für die Arbeitgeber bei Einhaltung dieses eine Vermutungswirkung auslöst. Solange ein Gericht mit einem Urteil da nicht gegen wiedersprochen hat, gilt für mich dass eine Eignungsfestellung im bestehenden Beschäftigungsverhältnis ohne Anlass nicht durchführbar ist.

    Gruß

    Mattes

  • Hallo,

    ich möchte auch hier nochmals auf das Papier vom BMAS aus dem Okt. 2018 "zum Thema Eignungsuntersuchung" verweisen. zum-thema-eignungsuntersuchungen(1).pdf

    Persönlich finde ich es schwer Eignungsuntersuchungen im bestehenden Beschäftigungsverhältnis zu begründen. Inbesondere da das Vorrangprinzip des staatlichen Rechts greift. Und somit für die Arbeitgeber bei Einhaltung dieses eine Vermutungswirkung auslöst. Solange ein Gericht mit einem Urteil da nicht gegen wiedersprochen hat, gilt für mich dass eine Eignungsfestellung im bestehenden Beschäftigungsverhältnis ohne Anlass nicht durchführbar ist.

    Gruß

    Mattes

    Das sehe ich auch so

    "Es gibt keine Trottel - nur Menschen, die wenig Glück beim Denken haben"

    ©sinngemäß nach Bruno Jonas, Kabarettist, Oktober 2016

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  • Moin,

    in dem von Awen verlinkten Bericht, ist ein Bereich sehr gut dargestellt:

    Zitat

    Bevor routinemäßige Eignungsuntersuchungen gefordert werden, ist auf der betrieblichen Ebene also zu prüfen und zu klären, ob es taugliche alternative Möglichkeiten der Feststellung der gesundheitlichen Eignung gibt, die die (Grund)Rechte der betroffenen Beschäftigten weniger einschneidend beeinträchtigen. Es ist vor diesem Hintergrund vorschnell, die Feststellung der gesundheitlichen Eignung für Arbeitstätigkeiten als primär arbeitsmedizinische Aufgabe zu verstehen. Neben ärztlichen Untersuchungen gibt es weitere Methoden und Möglichkeiten, die gesundheitliche Eignung für Arbeitstätigkeiten festzustellen.

    So gehört es zur „Führungsaufgabe Arbeitsschutz“, im Rahmen der Aufsichtsführung die Ausführung gefährlicher Arbeiten besonders genau im Blick zu behalten und Auffälligkeiten konsequent nachzugehen. Belastbare Hinweise zur Eignung lassen sich zudem durch praktische Übungen der gefährlichen Tätigkeiten gewinnen. Diese können und sollten auch Bestandteil von Unterweisungen (§ 12 ArbSchG) sein, in denen selbstverständlich die Bedeutung gesundheitlicher Eignung für sicheres Arbeiten, Warnsignale für gesundheitliche Eignungsprobleme oder auch Mitwirkungspflichten der Beschäftigten bei unmittelbarer erheblicher Gefahr (§ 16 Abs. 1 ArbSchG) als Themen aufgegriffen werden können.

    Sind mildere Mittel zur Eignungsfeststellung verfügbar, sind diese zu nutzen. Bei der Bewertung der Erforderlichkeit von Eignungsuntersuchungen dürften zunehmend die Möglichkeiten von Assistenzsystemen im Rahmen der Implementierung von Technologien „Künstlicher Intelligenz“ einzubeziehen sein (z.B. Stichwort „G 25 Untersuchung“: Assistenzsysteme bei Fahrtätigkeiten).

    Damit ist meines Erachtens alles gesagt.

    G25??? Im begründeten Einzefall ja, in der Regel eher nein.

    Es sei denn, die Arbeitsplätze wären so speziell, dass eine regelmäßige G25 erforderlich, angemessen und verhältnismäßig ist. Bei einem Staplerfahrer eher nein. Beim einem Mensch, der im Hamurger Hafen in 30m Höhe Container über Menschen und Fahrzeuge hievt, sieht das schon wieder anders aus.

    Als SiFa würde ich von dieser Frage die Finger lassen. Der Gesetzgeber positioniert sich seit Jahren nicht eindeutig, so dass es immer ein Ritt auf der Rasierklinge ist. Eher ein Thema für Juristen und Mediziner.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Auch auf die Gefahr einer erneuten Grundsatzdiskussion...erfordert das Thema eine insgesamte Aufarbeitung seit August diesen Jahres -- die alten G-Grundsätze sind nun endgültig abgelöst (auch die G25) und praktisch alle Schriften die darauf noch Bezug nehmen (...viele...) können hinsichtlich Stand der Technik in Zweifel gezogen werden.

    Weiterhin haben wir bisher für alle im Werk beauftragten Staplerfahrer die G25 regelmäßig als Vorsorge angeboten.

    So haben das viele bisher irgendwie gemacht, ist aber in sich nicht korrekt. Die alte G25 war seit spätestens 2014 ausschließlich zur Eignungsfeststellung gedacht und eine solche kann man nicht anbieten.

    Wir wollen dies nun nach Möglichkeit als regelmäßige Eignungsuntersuchung durchführen.

    Hier ist die Frage nach der Rechtsgrundlage. Üblicherweise wird das mit der DGUV Vorschrift 70 begründet, nach der nur "geeignete Personen" zu beauftragen sind. Das kann der Arbeitgeber kaum einschätzen, schickt also die betreffenden Personen zum Betriebsarzt und der orientiert sich an der G25. Die es jetzt definitiv nicht mehr gibt. Theoretisch.

    Jetzt aber Achtung:

    Die neuen DGUV Empfehlungen sagen unmissverständlich, dass Unfallverhütungsvorschriften, in denen gefordert wird, dass Versicherte "geeignet" sein müssen, keine Rechtsgrundlage für Eignungsbeurteilungen bilden (Neue blaue Bibel, S. 19).

    Auch bei uns im Haus ist das grad ein viel diskutiertes Thema, auf Input und gelungene Lösungen bin ich gespannt (hier geht's mehr um Höhentauglichkeit und Schneepflug, der aber die FeV als Rechtsgrundlage hat).

    Wenn der Kaiser nackt aussieht, dann ist der Kaiser auch nackt.

  • Hallo,

    genau weil das Thema so vielfältig ist, bin ich ja auf der Suche nach Erfahrungen und praktischen Umsetzungen. Bei uns wird sich wohl die Personalabteilung federführend darum kümmern, aber ich werde da bestimmt "beratend" tätig sein.

    Viele Grüße

    EHS Mann

  • Moin,

    die Erfahrungen und praktischen Umsetzungen werden Dir leider nicht weiterhelfen, da es eben rechtlich noch nicht abschließend geklärt ist. In der alten BGI 5137 (DGUV-I 250-009) findest Du Hinweise für eine entsprechende Betriebsvereinbarung. Die kannst Du nehmen und eine Betriebsvereinbarung aufsetzen. Aber die DGUV-I 250-009 wurde zurückgezogen, warum wohl? :/

    Leztzendlich müsst Ihr für Euch erst einmal entscheiden, ob Ihr so etwas umsetzen wollt. Meine Meinung ist klar: So lange es nicht eindeutig geregelt ist, lasse ich die Finger von so einer Grauzone.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

    2 Mal editiert, zuletzt von Guudsje (12. Dezember 2022 um 16:32)

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  • Bewusst provokative Aussage:

    "Derzeit sind regelmäßige Eignungsforderungen für Staplerfahrer unzulässig."

    Begründung:

    - keine Rechtsgrundlage

    - DGUV Vorschrift 68 und 70 siehe Post 11

    - für den Erwerb der Befähigung keine medizin. nachgewiesene Eignung erforderlich

    Aber:

    - Eignungsvorbehalt im Arbeitsvertrag möglich (eben um den Job zu bekommen, danach aber keine Untersuchungen mehr) EDIT: begründet in Anhang 1 Kap. 1.9 Pkt. a) BetrSichV

    - Nachweis der Eignung bei begründetem Zweifel (Torkeln, Geruch, nickt immer mal ein etc.)

    Freue mich auf Richtigstellungen --- bis Mittwoch Mittag; danach ist dazu große Besprechungsrunde.

    EDIT:

    diesen Monat ganz frischer DGUV Grundsatz 308-001 Qualifizierung und Beauftragung der Fahrerinnen und Fahrer von Flurförderzeugen außer geländegängigen Teleskopstaplern sagt unter 2.1:

    "Körperliche Eignung

    Sie wird zweckmäßigerweise durch eine ärztliche Untersuchung festgestellt. Insbesondere wird Wert gelegt auf ausreichende Sehschärfe, seitliches Gesichtsfeld, räumliches Sehen, Hörvermögen, Beweglichkeit der Gliedmaßen, gute Reaktionsfähigkeit. Zur Beurteilung der körperlichen Eignung kann eine Untersuchung nach den DGUV Empfehlungen für arbeitsmedizinische Beratungen und Untersuchungen Kapitel 2.2 DGUV Empfehlungen zur Eignungsbeurteilung wichtige Anhaltspunkte geben."

    => aus meiner Sicht auch nur eine einmalige Sache vor Beauftragung und keine Grundlage für eine regelmäßige Eignungsprüfung.


    Wenn der Kaiser nackt aussieht, dann ist der Kaiser auch nackt.

    2 Mal editiert, zuletzt von CarstenM (13. Dezember 2022 um 11:32)

  • Hallo,

    danke erst mal für die vielen Grundlagenhinweise und Sicht auf die rechtliche Darstellung.

    Gibt es auch noch praktische Beispiele, wie ein Staplerfahrer (möglichst rechtssicher) beauftragt wird? Wie handhabt ihr das aktuell?

    Gruss

    EHS Mann

  • Wenn ein Staplerfahrer bei uns seine Qualifikation nachgewiesen hat, wird er in eine sogenannte Authorisierungsliste (Excel) aufgenommen, wo auch die Staplertypen gelistet sind, welche er fahren darf. Diese Liste unterschreibt dann unser Geschäftsführer und gilt somit als Fahrauftrag.

    Die formale Beauftragung hängen wir einmalig vorne dran und bei dem Feld "Name" schreibe ich siehe Authorisierungsliste.

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  • Wenn er eine gültige Staplererlaubnis hat wird er bei uns intern nochmals geschult (Theorie & Praxis) und dann in die Liste zur Untersuchung beim Betriebsarzt mit aufgenommen. Dieser macht dann die G25 zeitnah.

  • das ist genau die Frage: wie weist er seine Eignung / Qualifikation nach?

    Moin,

    kommt auf die Anforderungen an. Wenn wir von einem geräumigen Außengelände reden, auf dem Palettenware von A nach B verbracht wird, sieht das anders aus, als wenn in einem Hochregallager zentimetergenaues Platzieren der Ware erforderlich ist.

    Bei dem einen genügt es vielleicht, wenn er einen Parcours fahren und seine Ware in einem gekennzeichneten Bereich abstellen/stapeln kann. Bei den anderen ist die Arbeitsaufgabe vielleicht so diffizil, dass er mit seinem Stapler zehn Sektgläser stapeln muss, um seine Eignung zu beweisen.

    Oder geht es Dir primär um die körperliche Eignung?

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.