Schornsteinhöhe bei laborüblicher Abluft und mehr

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  • Guten Morgen,


    wieder einmal ein Thema, dass so gar nicht an mich ran will...

    Folgende Ausgangslage:

    - Wir sind Mieter in einem - ursprünglich als Bürogebäude - konzipierten Komplex und betreiben nun hier Labore, Büros und eine Produktion.

    - Wir haben eine RLT-Anlage, die die Labore und Produktion mit 100% Frischluft versorgt

    - Die Abluft wird mit mehreren Strängen abgeführt, Teilweise sind auch die Abzüge und die Belüftung der Sicherheitsschränke daran angeschlossen.

    - Irgendwann (vor mehr als 15 Jahren) wurde beschlossen, dass wir mit 1,2-dimethoxyethane (EGDME, CAS Nr. 110-71-4) als Lösungsmittelzusatz 96 well Platten beschichten. Und dies in einer Menge, die nicht mehr als laborüblich betrachtet werden kann (12l 50% EGDME-Lösung wird über 1,5 h in Platten verteilt)

    - Er wurden zusätzliche Abluftrohre installiert, die die Abluft der Maschine und Inkubationskisten absaugen und den Unterdruck für das Absaugen der Beschichtungslösung erzeugen/abführen. Diese Abluft wird aber nicht über das Dach abgeführt, sondern an der Hauswand im 1. OG des 3stöckigen Gebäudes. Neben der Auslassöffnung sind die Fluchttüren, um die Gebäudeecke herum befindet sich die Fensterfront (da es Labore und Produktion sind, werden diese nie geöffnet).


    Nun bin ich vor kurzem als SiFa an Bord gekommen und habe den nicht vorhandenen EX-Schutz auf den Tisch gebracht... wir hatten Messwerte, ....uih...

    Bei der ersten Begehung unseres Gutachters zur Erstellung des EX-Schutzkonzeptes wurde der Wandauslass am Gebäude in keinster Weise thematisiert.

    Die anderen Aufgaben (Potentialausgleiche, Ex-Zonenfestlegung etc.) sind wir am Abarbeiten - und davon war eine Aufgabe die Kunststoffrohre ableitend auszuführen, was aufgrund der Rohrführung durch die komplette Produktion und mehrere Räume/Stockwerke nicht umsetzbar war. Alternativ wird ein neuer Abluftstrang geplant, der wie die anderen ebenfalls an der Hauswand münden soll.

    Und nun kommt der Gutachten mit einem 5m Schornstein auf unserem Flachdach... und da fragen sich meine Techniker: Warum jetzt und nicht vorher?


    Ergänzend kommt noch hinzu: Vor der Abluft-Öffnung sind noch Aktivkohlefilter geplant, so dass wir bei gemessenen 800 ppm (max.) bzw. 200 ppm (1 min mittel) Lösungsmittel in der Abluft nach Aktivkohlefilter-Passage stehen.


    Die ECHA gibt einen ppm Umrechnungsfaktor mit 1 ppm = 3,74mg/m3 an... und aus der TA Luft (5.2.5 Organische Stoffe sowie 5.2.7.1.3 Reproduktionstoxische Stoffe) komme ich auf Grenzwerte der Massenkonzentration von 50 mg/m3 bzw. 1mg/m3 ... Zusätzlich stuft die ECHA den Stoff auch als "not relevant" für die Umwelt ein.


    Fragen:

    Wenn ich mit die Werte ansehe frage ich mich, ob die Aktivkohlefilter überhaupt als Maßnahme zum Ziel führen oder ein Nicht-Fachkundiger einfach mal was installiert hat... oder muss ich auch die Zeit betrachten und dann sehen die Werte anders aus? (es wird wöchentlich 1-2 mal für max 4-5 h gearbeitet und Abgas erzeugt...).

    Muss bei reiner Abluft aus Laboren oder Produktionsstätten - und hier betrachte ich nur die Abluft aus üblichen Abzügen und die RLT-Abluft - ein Schornstein immer seine 5 m auf dem Flachdach haben?

    Und nun: Bei unserer lösungsmittelhaltigen Abluft nach Aktivkohlefilter-Passage handelt es sich ja wirklich um Prozessabluft... auch wenn dies vorher nicht betrachtet wurde: Wie seht es hier mit der Zulässigkeit der Wandführung und dem nachträglichen Schornstein und hat der Gutachter - auch wenn er in der ersten Runde dies nicht thematisiert hatte - recht?


    Vielleicht hat sich einer aus der Community auch schon mit so einem Thema befassen müssen und kann mir einen Tipp geben.

    Beste Grüße aus Mainz


    E.weline



    Versicherung der Unsicherheit ist Sicherheit.

    Hanspeter Rigs (*1955), Dr. phil., deutscher Philosoph und Aphoristiker


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  • Hi E-weline,

    zur Frage der Techniker

    und da fragen sich meine Techniker: Warum jetzt und nicht vorher?

    finde ich, es ist müssig die Vergangenheit zu prüfen. Kostet viel Zeit, kann zwar Licht ins Dunkel bringen, deckt aber seltens aktuell gültige Vorgaben/Gesetze ab. Nach dem Motto: "Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit". Wenn also der Gutachter begründen kann, woher der 5m Schornstein kommt, ist´s halt so. Das würde ich allerdings gegenchecken.


    Bei der Aktivkohle sollte unbedingt eine Anreicherung und der Sauerstoffgehalt betrachtet werden. So Dinger fangen auch auch genre mal von selbst an abzufackeln. Unsere sind bei entsprechender Beaufschlagung meist mit Stickstoff gespült und der Sauerstoffgehalt wird überwacht. Sind allerdings keine Laboranlagen. Aber da werde ich mal in unserem Labor nachschauen, wie dort die Abluft "gereinigt" wird.:/

    Gruß

    Peter

    Keine Demonstration verändert die Welt.

    Es ist die unpopuläre und stille Eigenverantwortung im Handeln jedes Einzelnen, die eine Wandlung in Bewegung setzt.:evil::saint:

  • Da gilt wohl wieder "Nichts währt so lange, wie ein Provisorium" .

    Bei solchen schleichend erweiterten Produktionen ist "damals" in der Regel vergessen worden, bei den Behörden einen entsprechenden Nutzungsänderungsantrag zu stellen. Das würde zumindest erklären, dass man sich den Schornstein nicht erklären kann.

    Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst - Albrecht Müller

  • Ein paar Anmerkungen:

    Die 5m über Dach ist eigentlich gängige Praxis für schadstoffhaltige Abluft.


    Sind die 800 ppm nach dem Aktivkohlefilter oder ist das der Gehalt der sich maximal im Abgasstrom findet?

    Wenn es nach dem Filter ist, reicht das nicht aus oder der Filter ist gesättigt.

    Wenn es vor dem Filter ist, ist ein EX-Schutz nicht erforderlich, da nur 5% der UEG erreicht wird.


    Übliche Laborabluft dürfte nicht nachgereinigt werden, da die Schadstoffkonzentration durch den großen Volumenstrom stark verdünnt ist.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Sind die 800 ppm nach dem Aktivkohlefilter oder ist das der Gehalt der sich maximal im Abgasstrom findet?

    Wenn es nach dem Filter ist, reicht das nicht aus oder der Filter ist gesättigt.

    Wenn es vor dem Filter ist, ist ein EX-Schutz nicht erforderlich, da nur 5% der UEG erreicht wird.

    Die 800 ppm sind nach Aktivkohlefilter gemessen worden - als max. Wert. Der Mittelwert pro min liegt bei etwas mehr als 200 ppm.

    Wir sind in die Thematik mit 14.000 ppm in der nicht abgedichteten und nicht abgesaugten Kiste (sollte ja eine schön gesättigte Atmosphäre sein=O) gestartet. Als das feststand, kam 1.) die Dauerbelüftung beim Bestücken der Kiste, der eigentlichen 40 min. Inkubation und dem anschließenden Ausräumen der Kiste und 2.) der Aktivkohlefilter ins Spiel.

    Dass der Aktivkohlefilter sich so schnell sättigen kann, wurde seitens der Herstellerfirma verneint. Zumindest hat es die Technik so dargestellt...

    Mit der Messung war für uns bestätigt, dass wir unterhalb der explosiven Atmosphäre bleiben und das wir die Geruchsemmission drücken...

    Die Techniker haben mir auch gesagt, dass sie die Aktivkohle nach jeder Produktion auswechseln - eben weil die Brandgefahr minimiert werden sollte.

    Ein paar Anmerkungen:

    Die 5m über Dach ist eigentlich gängige Praxis für schadstoffhaltige Abluft.


    Übliche Laborabluft dürfte nicht nachgereinigt werden, da die Schadstoffkonzentration durch den großen Volumenstrom stark verdünnt ist.

    Üblich... bedeutet: Ich gehe mit laborüblichen Mengen an Chemikalien und im Abzug um?

    Was aber, wenn die Kollegen nicht im Abzug, sondern ausgestattet mit Atemschutz frei auf der Laborbank hantieren? Habe ich so noch nicht beobachtet, aber könnte passieren (größerer Platzbedarf etc). Reicht der Volumenstrom noch immer aus, um das so stark zu verdünnen.


    Jetzt auch mal ganz basal gefragt: Bei Abwässern ist ein Verdünnen nicht zulässig... gilt das bei der Gefahrstoffkonzentration in der Abluft nicht auch?


    Und noch zum Labor-Abzug: Was gilt hier? Wir haben einen Laborabzug, der direkt über das Dach abgibt und mehrere Abzüge, die über die RLT Anlage an Abluft angeschlossen sind. Kann ich davon ausgehen, dass in beiden Versionen (es gibt da ein Positionspapier der BG RCI, dass einen Prüfgaswert von 0,65 ppm am Abzug vorgibt, bei dem ein Abzug ordnungsgemäß funktioniert) der Volumenstrom zum Verdünnen ausreichend ist?

    Bei letzteren würde ich auch hier den hohen Volumenstrom geltend machen, da in irgendeinem Strang alle Leitungen zusammengeführt werden. Aber produziert der separat geführte Abzug auch so hohe Volumenströme? Als Anhaltspunkt hätte ich die 0,65 ppm Prüfgas im Abstand x vor dem Frontschieber - meine Überlegung zielt dann darauf, dass ich die auch im Inneren und in den Leitungen hätte. Also alles gut...?


    Kann ich den Herren hier mit auf den Weg geben, dass jedes mal, wenn wir die in der TA Luft genannten Grenzwerte nicht einhalten können wir von schadstoffhaltiger Abluft sprechen und sie um die 5 m nicht herum kommen? Sie könnten dann wählen zwischen Schornstein oder Reduzieren der Schadstoffe mittels Filter, Wäscher...


    Noch mal zu der seitlichen Wandausführung: Mein Techniker (bin ja froh, dass er kritisch hinterfragt...) stellt in den Raum, dass wir da ja nicht übers Dach abführen, sondern seitlich an der Hauswand... und ob da nicht 10 m vom Boden aus auch genügen würden... Oder muss ich ihm mit den ungünstigen Strömungsverhältnissen an der Hauswand kommen?

    Er bezieht sich da auf die Seite 34 der DGUV I 209-046. Und auch auf Schutzleitfaden pc-271 des EMKG... und zwar auf folgende Aussage:

    "h = 5 m über Firsthöhe der Wohngebäude in 50 m Umkreis, jedoch min. 10 m über der Erde"

    Wohngebäude habe wir in dem Umkreis nicht... reine Bürogebäude.

    Warum ich ;(... Das wird hier schon seit mehreren Jahren/Jahrzehnten so gemacht und wurde vor mir noch nie thematisiert?

    Beste Grüße aus Mainz


    E.weline



    Versicherung der Unsicherheit ist Sicherheit.

    Hanspeter Rigs (*1955), Dr. phil., deutscher Philosoph und Aphoristiker


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  • Dass der Aktivkohlefilter sich so schnell sättigen kann, wurde seitens der Herstellerfirma verneint.

    Er muss nicht gesättigt sein, vielleicht ist auch die "Kontaktzeit" einfach zu gering. Wenn mit hohem Volumenstrom durch den Filter geblasen wird, kann es eben vorkommen, dass die Aktivkohle überhaupt nicht in der Lage ist das Lösemittel weitgehend vollständig an sich zu binden, da dieses durch den Luftstrom weiter befördert wird.

    Wir sind in die Thematik mit 14.000 ppm in der nicht abgedichteten und nicht abgesaugten Kiste (sollte ja eine schön gesättigte Atmosphäre sein =O ) gestartet.

    14000ppm wären grob 52g/m³ somit noch knapp unterhalb der UEG. Da könnte man technisch durchaus etwas konstruieren, dass man im Abluftkanal unter die UEG kommt, ohne größere EX-Schutz Maßnahmen ergreifen zu müssen. Ich könnte mir da z.B. einen Frischluft Bypass an der Absaugstelle vorstellen.

    Was aber, wenn die Kollegen nicht im Abzug, sondern ausgestattet mit Atemschutz frei auf der Laborbank hantieren?

    Dann hat der Vorgesetzte bzw. Arbeitgeber das STOP Prinzip nicht verstanden bzw. umgesetzt.

    (es gibt da ein Positionspapier der BG RCI, dass einen Prüfgaswert von 0,65 ppm am Abzug vorgibt, bei dem ein Abzug ordnungsgemäß funktioniert)

    Bei alten Abzügen gab es die Faustregel 400m³/h pro laufendem Meter Frontschieberbreite. Bei neueren Abzügen gilt diese Regel nicht mehr, da kommt es auf Herstellerangaben an und die Prüfnorm hat da das Ausbruchsverhalten und Störverhalten festgelegt. Somit ist zunächst erforderlich zu ermitteln, welcher Volumenstrom hier am Abzug anliegt. Das müsste der Hersteller mitteilen können.

    Aber produziert der separat geführte Abzug auch so hohe Volumenströme?

    Eigentlich hat jeder Abzug einen eigenen Lüfter verbaut, der dafür sorgt dass der Volumenstrom entsprechend eingehalten wird. Problematisch wird es dann bei der weiteren Leitungsführung. Treten dort Verengungen oder Abzweigungen mit weiteren Einleitungen auf, kann dies zu erhöhtem Staudruck führen, was dann den Volumenstrom abfallen lässt. Ein guter Lüftungsbauer bekommt dies aber umgesetzt, dass dadurch keine Probleme entstehen dürften.

    wenn wir die in der TA Luft genannten Grenzwerte nicht einhalten können wir von schadstoffhaltiger Abluft sprechen

    Dann darfst Du eigentlich nicht ableiten, da Grenzwertüberschreitung.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Noch mal zu der seitlichen Wandausführung: Mein Techniker (bin ja froh, dass er kritisch hinterfragt...) stellt in den Raum, dass wir da ja nicht übers Dach abführen, sondern seitlich an der Hauswand... und ob da nicht 10 m vom Boden aus auch genügen würden... Oder muss ich ihm mit den ungünstigen Strömungsverhältnissen an der Hauswand kommen?

    Er bezieht sich da auf die Seite 34 der DGUV I 209-046. Und auch auf Schutzleitfaden pc-271 des EMKG... und zwar auf folgende Aussage:

    "h = 5 m über Firsthöhe der Wohngebäude in 50 m Umkreis, jedoch min. 10 m über der Erde"

    Hallo,

    die 10 m über der Erde wenn Dein First nur 3m hoch ist, dann würde 3m+5m=8m zu niedrig sein.

    Also mindestens 10m über der Erde und 5m über dem first.

    Gruß,

    Carsteb