Bei Gerüsten Schweißnähte durch betriebsinterne Schlosserei Instandsetzen?

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  • Hallo zusammen!

    Für unsere Kolonnen stehen für einige Arbeiten eigene Gerüste zur Verfügung. Bei einigen wenigen Gerüststützen sehen die Schweißnähte nicht mehr so gut aus. Dürfen diese von einer Fachkraft in der betriebseigenen Schlosserei nachgearbeitet werden, oder verlieren die Teile dann ihre Zulassung? Ich kann keine passende Verordnung/Gesetzestext o.ä. hierzu finden, hat jemand evtl. einen Tipp?

    Danke vorab für eure Hilfe! :doppelthumbsup:

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  • Dürfen diese von einer Fachkraft in der betriebseigenen Schlosserei nachgearbeitet werden, oder verlieren die Teile dann ihre Zulassung? I

    Meines Wissens erlischt die bauaufsichtliche Zulassung mit der Reparatur durch die betriebseigene Schlosserei, sofern diese nicht über die erforderliche Zulassung verfügt.

    Nähere Infos kann Dir mit Sicherheit der Hersteller des Gerüstes geben.

    so aus der "Kalten" würde ich sagen der Schlosser kann es wenn er die Ausbildung/Prüfung/Weiterbildung hat.

    Unsere Schweißer melde ich alle 3 Jahre in einer "Schweißtechnischen Kursstätte" an.

    Als Schweißfachingenieurin möchte ich noch einen generellen Hinweis zur Ausführung von Reparaturarbeiten / Schweißarbeiten geben:

    Es reicht in der Regel nicht aus, dass die Schweißer über eine gültige Schweißerprüfung verfügen.

    Die zuständige Schweißaufsichtsperson muss dem Schweißer eine Schweißanweisung an die Hand geben, der alle Angaben zur Ausführung der Schweißnaht zu entnehmen sind, wie Schweißparameter, Schweißzusätze, Schweißnahtvorbereitung etc.

    Gerade bei Reparaturarbeiten muss vorher von der ausgebildeten Schweißaufsicht (Schweißfachmann oder Schweißfachingenieur) geprüft werden, um welchen Werkstoff es sich handelt und ob und wie dieser überhaupt schweißbar ist.

    Es ist leider ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Schweißer mit einer gültigen Schweißerprüfung in der Lage sind, Schweißarbeiten eigenständig von Anfang bis Ende durchzuführen.

    Mit einer Schweißerprüfung nach ISO 9606 erbringen sie lediglich alle 3 Jahre den Nachweis, dass sie in der Lage sind, einer Schweißanweisung zu folgen und Schweißnähte nach Anweisung im Rahmen des Geltungsbereichs ihrer Prüfung auszuführen.

    Das Knowhow (insbesondere zur schweißtechnischen Werkstoffkunde) besitzt nur eine ausgebildete Schweißaufsichtsperson. Und auch nur diese ist entsprechend ausgebildet, um die Qualität einer Schweißnaht zu beurteilen bzw. das für den Anwendungsfall erforderliche Prüfverfahren (Sichtprüfung, Röntgen Ultraschall oder ähnliches) auszuwählen und zu dokumentieren.

    In etwa vergleichbar mit der Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (Schweißer) und der Elektrofachkraft (Schweißaufsicht).

    Meine Empfehlung an dieser Stelle:

    Die Schweißarbeiten am Gerüst durch eine fachkundige zugelassene Stelle durchführen und nach Ausführung der Schweißarbeiten auch prüfen lassen.

    Alles andere führt - insbesondere im Schadensfall - zu schwerwiegenden Problemen für die betriebseigene Schlosserei und den gesamten Betrieb.

    Liebe Grüße

    Jutta

    Mache die Dinge so einfach wie möglich. Aber nicht einfacher!

    Das Problem zu erkennen, ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.

    Es ist schwieriger, eine vorgefasste Meinung zu zertrümmern als ein Atom.

    Albert Einstein (1879-1955)

    3 Mal editiert, zuletzt von jutta1977 (4. Juni 2021 um 09:24)

  • Meine Empfehlung an dieser Stelle:

    Die Schweißarbeiten am Gerüst durch eine fachkundige zugelassene Stelle durchführen und nach Ausführung der Schweißarbeiten auch prüfen lassen.

    Woran erkenne ich die? Gibt es "Schweißscheine" die genau dieses Aussagen. Darf Gerüste schweißen oder Teile, die einer statischen Belstung ausgesetzt sind?

    Wie verhält sich das bei Auffangwannen? Da hört man ja auch immer wieder: die Wanne schweißt unser Schlosser. Der kann schweißen.....

    Gibt es da eine spezielle WHG Schweißausbildung?

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

  • Vielen Dank für die umfangreiche Ausführung! Ich habe mir gedacht dass es nicht so ganz einfach ist. Ich werde vorschlagen die Schweißarbeiten von einer zugelassenen Stelle durchführen zu lassen oder die Bauteile zu ersetzen, den Ärger und Aufwand erspare ich uns dann besser...

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  • Woran erkenne ich die? Gibt es "Schweißscheine" die genau dieses Aussagen. Darf Gerüste schweißen oder Teile, die einer statischen Belstung ausgesetzt sind?

    Wie verhält sich das bei Auffangwannen? Da hört man ja auch immer wieder: die Wanne schweißt unser Schlosser. Der kann schweißen.....

    Gibt es da eine spezielle WHG Schweißausbildung?

    Bei meiner Antwort muss ich etwas ausholen:

    Für die Ausführung von Schweißarbeiten im gesetzlich geregelten Bereich, z.B.

    • Stahl- und Metallbauten
    • Tankbauten
    • Dampfkesseln und Druckbehältern
    • Hochbauten
    • Brückenbauten
    • Wasserbauten
    • Schiffbauten
    • etc.

    ist der Einsatz geprüfter Schweißer durch die entsprechenden Anwendungsregelwerke (z.B. DIN EN 1090 für Stahl- und Metallbauten, wie Geländer, Treppen, Balkone...) von der für das Anwendungsgebiet zuständigen Stelle zwingend vorgeschrieben.

    Im "nicht geregelten Bereich" wird durch die Forderungen der Produkthaftung ausreichend qualifiziertes Personal, d.h. geprüfte Schweißer, vorausgesetzt.

    Schweißerprüfungen werden abhängig von den Schweißaufgaben des Schweißers in der Fertigung nach den Vorgaben der international gültigen Norm DIN EN ISO 9606 (Teil 1 für Stähle, Teil 2 für Aluminium) abgenommen und bescheinigt, die sogenannte Schweißer-Prüfungsbescheinigung - unabhängig vom Anwendungsbereich, in dem der Schweißer eingesetzt wird. Vorgängernorm der DIN EN ISO 9606 war bis Ende 2013 die DIN 287.

    Die Auswahl einer Schweißerprüfung ist abhängig von den Schweißaufgaben des Schweißers in der Fertigung und von verschiedenen Faktoren abhängig:

    • Schweißprozess
    • Produktform
    • Nahtart
    • Schweißzusatzwerkstoff
    • Materialabmessungen
    • Schweißposition
    • Schweißnahteinzelheiten

    Die schwierigste Schweißaufgabe ist bei der Auswahl zu Grunde zu legen, da leichter auszuführende Schweißaufgaben im Geltungsbereich der Prüfung eingeschlossen sind. Die Handfertigkeit, die hierfür vom Schweißer gefordert wird, ist unabhängig vom Anwendungsbereich und daher ist für verschiedene Bereiche keine spezielle vorherige Ausbildung des Schweißers erforderlich.

    Detaillierte Infos können den beigefügten Dateien entnommen werden.

    Einer Schweißer-Prüfungsbescheinigung kann neben den Angaben zum Prüfstück und dem dazugehörigen Geltungsbereich auch die Vorschrift/Prüfnorm sowie die Gültigkeitsdauer entnommen werden. Beispiele sind über die Bildersuche bei verschiedenen Suchmaschinen zu finden.

    Eine Angabe, in welchem Anwendungsbereich (Metallbau, Schiffbau etc.) geschweißt wird, kann der Bescheinigung im Normalfall nicht entnommen werden, da für alle Bereiche mit Ausnahme Druckgeräte* unter folgenden Bedingungen, zulässig:

    Im gesetzlich geregelten Bereich ist es oftmals nicht ausreichend, wenn geprüfte Schweißer eingesetzt werden, sondern der gesamte Betrieb muss einen Nachweis über eine Zertifizierung erbringen, dass er die Anforderungen der entsprechenden Anwendungsnorm erfüllt.

    Als Beispiel:

    Für die Ausführung von Stahltragwerken im bauaufsichtlichen Bereich (Balkone, Treppen, Geländer etc.) muss der ausführende Betrieb über eine Zertifizierung der werkseigenen Produktionskontrolle nach DIN EN 1090 verfügen und geprüfte Schweißer sowie eine Schweißaufsicht (Schweißfachmann oder Schweißfachingenieur in Abhängigkeit von der Ausführungsklasse) einsetzen.

    Kommen wir nun zu den Auffangwannen im Bereich WHG.

    Beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) finden sich hier Infos sowie eine Auflistung zugelassener Betriebe:

    https://www.dibt.de/de/bauprodukte…ngen-aus-metall

    Der auf dieser Seite veröffentlichten Richtlinie über die "Anforderungen an Auffangwannen aus Stahl mit einem Rauminhalt bis 1000 Liter (StawaR)" können unter Absatz 2.2 die Anforderungen an den Hersteller (Zertifizierung des Betriebs und Schweißerprüfungen**) entnommen werden.

    Für Reparaturenarbeiten gilt der nachfolgend zitierte Satz 4 Absatz 4.2 Unterhalt, Wartung:

    (4) Ist die Auffangwanne nach einer Beschädigung, die die Funktionsfähigkeit der Wanne wesentlich beeinträchtigt hat, wieder instandgesetzt worden, so ist sie erneut einer Dichtheitsprüfung zu unterziehen. Instandsetzung und Dichtheitsprüfung müssen entweder durch den Hersteller oder durch einen Fachbetrieb gemäß § 3 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen vom 31. März 2010 (BGBl. I S. 377), der die Anforderungen gemäß Abschnitt 2.2.1 erfüllt, durchgeführt werden.


    *Ausnahme Druckgeräte:

    Bei der Herstellung von Druckgeräten nach Druckgeräterichtlinie bzw. AD2000 Regelwerk ist zusätzlich zur DIN EN ISO 9606 noch das AD 2000 Merkblatt HP3 zu beachten, die eine Zertifizierung des Schweißers erfordert und die Bescheinigung trägt dann die Überschrift Schweißer-Prüfungsbescheinigung/Zertifikat. Ebenso ist unter Vorschrift/Prüfnorm zusätzlich zur ISO 9606 noch AD 2000 HP 3 angegeben.

    ** da die Richtlinie aus dem Jahr 2011 ist, wird hier noch die damals gültige Norm für Schweißerprüfungen DIN EN 287-1 (jetzt ISO 9606-1) aufgeführt.

  • Jutta,

    Herzlichen Dank für die umfassenden Erläuterungen zum Thema. |?

    Themenunabhängig sei gesagt: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal beim Fachmann nachfragen."

    Ich habe mir in meiner Karriere immer zu eigen gemacht, nicht alles alles wissen zu können und auch nicht zu wollen. Schliesslich bin ich als Sifa weder Schweissfachingenieur, noch Elektrofachkraft.

    Dies ist, und das möchte ich an dieser Stelle mal loswerden, ein kleiner Kritikpunkt an diesem Forum, in dem ich schon lang und sehr gerne tätig bin. Anstatt im Kreis der wirklichen Fachleute, auch wenn es die hier durchaus gibt, nachzufragen, wenden sich viele Kolleginnen und Kollegen ausschliesslich an ihr Sifakollegium.

    Hey, jede Führungskraft im Unternehmen hat die sicherheitstechnischè Verantwortung für ihren Bereich. Wenn also der, z.B. Leitende Instandhalter nicht weiss, ob sein MA das Gerüst oder die WHG Wanne schweissen darf - dann sollte er sich schlau machen und diese Verantwortung nicht auf die Sifa abwälzen. Eine solche Verfahrensweise hilft übrigens auch, die Sicherheitskultur im Unternehmen zu entwickeln.

    So, gehörte jetzt vielleicht nicht ganz zur Fragestellung, war mir aber ein Bedürfnis. Nix für ungut...

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Liebe Jutta,

    das war ja eine Unterweisung. Recht herzlichen Dank. Das werde ich mir gleich digital abspeichern.

    Ich schulde dir einen kleinen Imbiss. Bis bald einmal.

    :gr::62:

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

  • Hallo Jutta!

    Vielen dank für die Mühe, mit so viel Expertise und vor allem Arbeit mit der Antwort habe ich nicht gerechnet. Ich hoffe es ist ok wenn ich mir den Text abspeichere, hier werde ich bei Nachfragen bestimmt noch die ein oder andere Eingebung finden. :15:

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  • Liebe Jutta,

    das war ja eine Unterweisung. Recht herzlichen Dank. Das werde ich mir gleich digital abspeichern.

    Ich schulde dir einen kleinen Imbiss. Bis bald einmal.

    :gr::62:

    Hallo Jutta!

    Vielen dank für die Mühe, mit so viel Expertise und vor allem Arbeit mit der Antwort habe ich nicht gerechnet. Ich hoffe es ist ok wenn ich mir den Text abspeichere, hier werde ich bei Nachfragen bestimmt noch die ein oder andere Eingebung finden. :15:

    Nichts zu danken...

    ...ich arbeite in einer Schweißtechnischen Bildungseinrichtung und bin auch zugelassene Prüferin für Schweißerprüfungen.

    Daher ist es mir ein persönliches Anliegen zum Thema Schweißerprüfungen umfassend zu informieren. Gerne könnt ihr den Text abspeichern.

    Falls noch Fragen bestehen, dann einfach melden.

    Mit Sicherheit bin ich demnächst auch auf Unterstützung angewiesen - ich absolviere demnächst die LEK 2.

    Liebe Grüße

    Jutta

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  • Mit Sicherheit bin ich demnächst auch auf Unterstützung angewiesen - ich absolviere demnächst die LEK 2.

    Ein Klaks für dich.

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    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

  • War im komplett falschen Thread. Regelrecht verklickt ||

    nix verstehn in Athen:wacko:

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    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

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    Ich habe meine Antwort auf Deine Escape-Room-Frage versehentlich hier reinkopiert und abgeschickt und habe das Desaster erst bemerkt, als es zu spät war. Man kann ja einen Beitrag nicht löschen, also habe ich den Text geändert und die Antwort an der richtigen Stelle eingetragen. Alt werden ist schlimm ...

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.