Auszählungswahlvorstände in Corona-Zeiten

ANZEIGE
ANZEIGE
  • Moin,

    im März stehen in Hessen Kommunalwahlen an. Natürlich gilt es in Zeiten der Pandemie den Infektionsschutz zu berücksichtigen. Bei den allgemeinen Wahllokalen funktioniert das sehr gut, das durften wir im November bei zwei Wahlen schon mal testen, und das Hygienekonzept hat sich bewährt. Jetzt stehen wir vor der Herausforderung, ein Hygienekonzept für die Auszählungswahlvorstände zu entwickeln. Auszählungswahlvorstände arbeiten wie folgt:

    Alle Stimmzettel des Wahlsonntages, bei denen nicht nur eine Partei angekreuzt wurde, landen bei den Auszählungswahlvorständen, die ab Montag darauf die Stimmzettel digital erfassen, bei denen kumuliert und panaschiert wurde. Ein Mitglied des Auszählungswahlvorstandes liest den Stimmzettel vor, während ein zweites Mitglied daneben sitzt und mitliest, ob der Ansager korrekt vorliest. Ein weiteres Mitglied erfasst den Stimmzettel digital, während ein weiteres Mitglied zuschaut, ob die Stimmen und Streichungen korrekt eingegeben wurde. Das letzte Mitglied des Auszählungswahlvorstandes überwacht die Auszählung insgesamt. Die Mitglieder des Wahlvorstandes wechseln sich in den jeweiligen Rollen ab.

    Wir haben anhand des Raumvolumens und der Fenstergrößen Lüftungsintervalle und die jeweilige Lüftungsdauer in Abhängigkeit des Deltas zwischen Außen- und Innenraumtemperatur festgelegt. Für die Auszählungswahlvorstände haben wir das Tragen von Typ-1 Masken verpflichtend vorgegeben. Weiterhin fahren wir das große Besteck mit Haushaltsreiniger, Desinfektionsmittel, Handschuhe, Blätterhilfen (die Minikondome für die Finger, damit die Personen beim Blättern nicht die Finger benetzen), Handschuhe, FFP2-Masken usw. auf, damit auch jedem Paranoiker Rechnung tragen. Die Datenerfassung und Datenerfassungskontrolle erfolgt an gegenüberliegenden Schreibtischen, wobei der Kontrolleur über einen zweiten Bildschirm, der an die Datenerfassungsworkstation angeschlossen ist, die Eingabe verfolgen kann. Der Abstand zwischen diesen beiden Personen ist >1,6m. Zwischen diesen beiden steht eine Trennscheibe aus Plexiglas.

    Knackpunkt in dem ganzen Konzept sind der "Ansager", der die Stimmzettel vorliest und dessen Kontrolleur. Der Kontrolleur muss so nah an dem Ansager dran sein, dass er verifizieren kann, dass der Ansager korrekt vom Stimmzettel abliest. Die Stimmzettel gehen von DIN-A4 bis zu DIN-A2 (in jedem Wahlvorstand). Es ist meines Erachtens nicht möglich, zwischen dem Ansager und dem Kontrolleur ebenfalls eine trennende Schutzeinrichtung zu installieren. Diese müsste wieder auf einem Tisch stehen, und selbst wenn der Tisch nur 60cm tief wäre, halte ich es für ausgeschlossen, dass man im Schrägblick durch eine Plexiglasscheibe über eine Entfernung von >60cm verifizieren kann, dass der Stimmzettel korrekt abgelesen wird, da wir hier nicht von Schriftgröße Arial 24 reden und der Wähler mit seinen Kreuzen und Streichungen sein übriges dazu tut, dass das Ablesen und die Kontrolle nicht ganz so einfach ist. Das war schon in nicht-Corona-Zeiten nicht trivial.

    Die Auszählungswahlvorstände nutzen in der Regel Büros und Besprechungszimmer. Damit man sich das Ganze vorstellen kann, hier eine Grafik eines exemplarischen Büros mit ca. 25m²,

    pasted-from-clipboard.png

    Trotz aller Mühen, die wir uns gemacht haben, gibt es Beschäftigte, denen das alles noch nicht ausreicht, aber den umluftunabhängigen Schutzanzug kann man bei den Auszählungswahlvorständen nicht einsetzen. :rolleyes: Für den Ansager und den Kontrolleur sehe ich eigentlich nur die Möglichkeit der Umsetzung der SARS-CoV2-Arbeitsschutzregel.

    Zitat von SARS-CoV2-Arbeitsschuzregel Nr. 4.1 (3)


    Soweit arbeitsbedingt die Abstandsregel nicht eingehalten werden kann und technische Maßnahmen wie Abtrennungen zwischen den Arbeitsplätzen nicht umsetzbar sind, müssen die Beschäftigten mindestens MNB zum gegenseitigen Schutz tragen. Entsprechend der Höhe des Infektionsrisikos, das sich aus der Gefährdungsbeurteilung ergibt, sind filtrierende Halbmasken (mindestens FFP2 oder vergleichbar [6]) als persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Gleiches gilt, wenn in einer unmittelbaren Interaktion einer der Beteiligten keine MNB tragen kann. Die MNB und die filtrierenden Halbmasken sind vom Arbeitgeber bereitzustellen.

    Statt MNB stellen wir Typ-1 Masken bereit. Zusätzlich liegen in den Räumen noch FFP2-Masken für die, die sie tragen wollen. Ich wüsste jetzt nicht, was wir noch für die Mitglieder der Auszählungswahlvorstände machen sollten, aber vielleicht hat ja einer von Euch noch eine zündende Idee. Ich bin für jeden Vorschlag dankbar, der eventuell das Schutzniveau noch ein Level höher heben könnte, kann aber auch prima damit leben, wenn die Aussage kommt: "Mehr geht nicht". Man muss auch immer mal daran denken, dass die Menschen in der Pflege von Covid-19 Patienten außer der PSA keine weiteren Schutzmaßnahmen haben (Abstand, trennende Schutzeinrichtung etc.), wenn sie nicht bereits geimpft sind. Zur Veranschaulichung das Ganze nochmals in 3D.

    Gruß Frank

    pasted-from-clipboard.png

  • ANZEIGE
  • Hallo Frank,

    Ich finde es ist ein gutes und durchdachtes Konzept. Wie wäre es zusätzlich mit dem Angebot von Schnelltests? Auch wenn die Sicherheit dadurch nur bedingt erhöht wird, kann es ein besseres Gefühl für die Beteiligten geben.

    Gruß

    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Moin Stephan,

    Danke für den Hinweis. Auch wenn es nur eine Momentaufnahme ist, kann man damit zumindest das Sicherheitsempfinden deutlich erhöhen. Vieles wirkt ja momentan über den Kopf. ;)

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Hallo,

    und was ist mit den Wahlbeobachtern von Parteien/

    Kandidaten und ggfs. auch von Wahlberechtigten?

    Was für Schutzmaßnahmen gibt es da?

    Schließlich darf an der Auszählung, ohne die Notwendigkeit

    der vorherigen Anmeldung, jeder Kandidat/Wahlberechtigte

    teilnehmen.

    Gruß

    Simon Schmeisser

    Durch einen guten vorbeugenden Brandschutz und entsprechende Brandschutzaufklärung kann davon ausgegangen werden, dass mehr Menschenleben und Sachwerte bewahrt werden können, als durch alle Einsatzleistungen und Bemühungen im Ernstfall zusammen. Simon Schmeisser These "VB-ein Weg aus der Feuerwehrkrise" Fachzeitschrift Feuerwehr 2010

  • Moin,

    für diesen Personenkreis können wir keine Schutzmaßnahmen festlegen. Selbst wenn ein Coronaleugner die Auszählung ohne Maske verfolgen möchte, sind die Wahlvorstände nicht befugt, die Einhaltung der Corona-Verordnungen durchzusetzen. Die Wahlvorstände können nur das Hausrecht ausüben, wenn die Wahlhandlung bzw. Auszählung gestört wird. Da in diesen Räumen nach der geltenden Verordnung aber Maskenpflicht besteht, werden die Beschäftigten in diesen Fällen die Kollegen des Bereichs Sicherheit und Ordnung hinzuziehen, um die Regelungen der Coronaverordnungen durchzusetzen. In der Hinterhand haben die Mitglieder der Auszählungswahlvorstände, wenn solche Spaßvögel kommen und meinen, sie müssten ihre Grundrechte dadurch zur Schau stellen, dass sie Husten simulieren und ohne Maske quer durch die Räume laufen. Das hatten wir bei den Wahlen im November aber Gott sei Dank nicht. Die Leute waren sehr vernünftig, und wer ohne Maske im Wahllokal war, bei dem hat man auf den ersten Blick gesehen, warum er keine Maske tragen kann.

    Mehr geht nicht.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • ANZEIGE
    • Offizieller Beitrag

    Meine Idee wäre noch den Wahlzettel zu filmen und bei dem Mitleser auf einen Bildschrim zu zeigen.

    Also ein Gestell auf dem eine Webcam senkrecht die Tischplatte filmt und der Wahlzettel

    wird während des Ablesens darunter platziert.

    Somit könnten beide weit auseinader sitzen und die Kontrolle wäre gewährleistet!?

    Ist natürlich Aufwand, ist das Blatt jedesmal scharf zu sehen, muss der Zettel wärend

    dem Vorlesen ggf. hin und her geschoben werden (DINA4 bis 2), die Zeit pro gelesenen Wahlzettel steigt,...

    Du hats nach Ideen verlangt, ob das Umzusetzten ist - keine Ahnung :/

    Chris

    preview

  • Hi,

    zu Chris Vorschlag: corona-bedingt habe ich mich mit dem Thema Zettel / Buchseiten abfilmen für Online-Schulungen beschäftigt.

    Meine Erfahrungswerte: vergiss die Webcam, du brauchst eine gute (!) Dokumentenkamera, die das nötige Format abfilmen kann (kleiner bis mittlerer dreistelliger Invest je Kamera plus Empfangsgerät, auf dem die Software zur Kamera läuft) und automatisch den Zettel fokussiert (damit er lesbar wird, ohne dass jedes mal jemand Hand an der Kamera oder am PC anlegen und nachjustieren muss).

    Die Dokumentenkamera braucht einen geeigneten Aufstellort. Zugluft (Lüftungsmaßnahmen) kann verhindern, dass Zettel ruhig liegen bleiben. Das größte Problem für ein vernünftiges Bild ist jedoch die Beleuchtung. Schattenwurf stört die Bildqualität, direkte Beleuchtung kann zu Blendeffekten auf dem Zettel führen, integrierte Lampen in den Kameras sind alleine oftmals zu schwach für eine gute Bildqualität. Die Raumbeleuchtung muss am Aufstellort zur Kamera passen für eine gute Bildqualität (Schattenwurf und Blendeffekte können zu unlesbaren Stellen bei der Übertragung führen).

    Mit dem Kabel der Dokumentenkamera zum PC allein lassen sich die 1,5 m Abstand vermutlich nicht einhalten. Evtl. gibt es längere Datenkabel oder Verlängerungskabel (mit dieser Fragestellung habe ich mich noch nicht befasst), ansonsten bräuchte es trotzdem eine bauliche Abtrennung oder ein zweites Empfangsgerät, auf welches das Bild des ersten Geräts übertragen wird (z.B. via Videokonferenz oder Teamviewer).

    schöne Grüße

  • Ich greife den Vorschlag von Chris auf und erweitere ihn um ein zweites Anzeigegerät, z.B. Beamer, mit dem das Bild an eine Wand projeziert wird.
    Man könnte den Beamer auch alleiniges Gerät nutzen, dann müssten die Tische lediglich zur Wand hin gedreht werden.

    So würde es für alle im Raum befindlichen transparent, denn der Wahlbeobachter kann aufgrund der Entfernung ja nicht wirklich etwas sehen.
    Man stelle sich einfach nur vor, Erfasser und Erfassungskontrolleur "wären sich einig"...

    Eine solche transparenz hat es bisher warscheinlich bei keiner Wahl gegeben. Ihr könntet Trendsetter werden!

    Nachtrag;
    Die Anmerkung von MrH ist sicherlich gerechtfertigt aber Ihr werdet da ja sicherlich einen technsichen Probelauf durchführen.
    Wenn eine gute/sehr gute webcam nicht ausreicht und/oder die Anschaffungskosten abschrecken, wäre zu prüfen, ob es Leihgeräte gibt.

    Oder einfach mal den lokalen Fotografen fragen, ob es Digitalkameras gibt, die man manuell fokusieren kann und ein fortlaufendes Bild liefern.
    Wenn er sowas besitzt dann ihn um (vergütete) Ausleihe bitten.

    Liebe Grüße
    Micha


    Glück auf! *S&E*


    Nur Scheiße "passiert". - Unfälle werden verursacht!

    2 Mal editiert, zuletzt von Micha_K (31. Januar 2021 um 10:21) aus folgendem Grund: Ergänzung

  • ANZEIGE
  • Ich hab erst am Wochenende eine nette Bachelorarbeit zu Remote-Audits mit AR/VR-Brillen lesen dürfen.

    Da werden dann die Dokuemte mit der AR Brille abgelesen. Somit sieht man dann auch noch das was der Brillenträger sieht.

    War auch relativ scharf das Bild. Aber ob das jetzt die Lösung ist?

  • Da fällt mir die Mikrofiche-Technik aus der Bibliothek ein. Eventuell hat eure Stadt noch so Dinger im Keller ;)

    Alternativ fällt es Dir als ITler sicher nicht schwer sowas hinzubekommen

    Gruß

    Stephan

    Respekt, Verständnis, Akzeptanz, Wertschätzung und Mitgefühl

  • Da fällt mir die Mikrofiche-Technik aus der Bibliothek ein. Eventuell hat eure Stadt noch so Dinger im Keller ;)

    Alternativ fällt es Dir als ITler sicher nicht schwer sowas hinzubekommen

    Gruß

    Stephan

    Meinst Du eventuell mit Auflichtprojektoren? - Die Wahlzettel werden wohl nicht erst gemicroficht... (oder microgeficht?!)

    Tolle Idee! - Analog, fester Fokus und durch den Wandwurf "transparente" Auszählung. (Wer will kann ja mitschreiben ;) )

    Liebe Grüße
    Micha


    Glück auf! *S&E*


    Nur Scheiße "passiert". - Unfälle werden verursacht!

    Einmal editiert, zuletzt von Micha_K (2. Februar 2021 um 23:25)