Unfallstatistik erstellen als Sifa vs Datenschutz

ANZEIGE
ANZEIGE
  • Hallo Ihr Lieben,

    ich habe mich jetzt durch die Suchfunktion gequält, aber leider nichts treffendes gefunden.

    Ich habe eine Frage zum Thema Datenschutz.

    Ich bin innerbetriebliche Fasi und führe als Arbeitsschutzkoordinator in unserem Betrieb eine Unfallstatistik, um Unfallschwerpunkte erkennen zu können.

    Meine Chefin meinte heute, sie wisse gar nicht genau, ob ich mir die BG-Unfallmeldungen zuschicken lassen dürfe, da ja dort auch personenbezogene Daten (Name, Adresse, Wohnort etc.) enthalten sind (die mich natürlich nicht interessieren).

    Gibt es dazu Meinungen/Aussagen/Hilfestellungen?

    Falls Ihr da etwas habt, wäre ich super dankbar.

    LG Ansgar

  • ANZEIGE
  • Schau' mal in Deine Aufgaben als Fasi gem. ASiG / DGUV. Die Aufarbeitung von Unfallereignissen gehört zu Deinen orginären Aufgaben. Um dies tun zu können, benötigst Du selbstverständlich Zugriff auf alle relevanten Infos - dazu gehört auch die Anzeige.

    Du bist also auch aus Datenschutzsicht eine beteiligte Person. Eine entsprechende Verpflichtung zum vertraulichen Umgang hast Du ja wahrscheinlich unterschrieben.

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Moin,

    Auszug aus den Erläuterungen der Unfallkasse Hessen zur Unfallanzeige:

    Wer erhält die Unfallanzeige?

    – Der zuständige Unfallversicherungsträger (UV-Träger).

    – Unterliegt das Unternehmen der allgemeinen Arbeitsschutzaufsicht (bei landwirtschaftlichen Betrieben, nur soweit sie Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer beschäftigen), ist ein Exemplar an die für den Arbeitsschutz zuständige Landesbehörde (z. B. Gewerbeaufsichtsamt, Amt für Arbeitsschutz) zu senden.

    – Unterliegt das Unternehmen der bergbehördlichen Aufsicht, erhält die zuständige untere Bergbehörde ein Exemplar.

    – Ein Exemplar bleibt zur Dokumentation im Unternehmen.

    – Ein Exemplar erhält der Betriebsrat (Personalrat), falls vorhanden.

    Die Unfallanzeige ist vom Betriebsrat (Personalrat) mit zu unterzeichnen.

    Wer ist zu informieren?

    – Versicherte Personen sind auf Ihr Recht hinzuweisen, dass sie eine Kopie der Unfallanzeige verlangen können.

    – Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärztinnen und -ärzte.

    Lesenswert auch hier: https://www.komnet.nrw.de/_sitetools/dialog/24532

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • Die Aufarbeitung von Unfallereignissen gehört zu Deinen orginären Aufgaben. Um dies tun zu können, benötigst Du selbstverständlich Zugriff auf alle relevanten Infos - dazu gehört auch die Anzeige.

    Nein, die vollständige Unfallanzeige gehört nicht dazu, die personenbezogenen Daten sind irrelevant.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Nein, die vollständige Unfallanzeige gehört nicht dazu, die personenbezogenen Daten sind irrelevant.

    * grübel* ... Im Rahmen einer rückschauenden Gefährdungsanalyse wäre der Verunfallte aber mein erster Ansprechpartner, denn der war zum Unfallzeitpunkt definitiv vor Ort.

    Soll man die Dinger dan anonymisiert erhalten, einen Unfallschwerpunkt ausmachen, dann X Unfallanzeigen wieder mit der bitte um vollständige Rücksendung erneut anfordern?!


    (Einmal den Passierschein A38, bitte)

    Liebe Grüße
    Micha


    Glück auf! *S&E*


    Nur Scheiße "passiert". - Unfälle werden verursacht!

  • ANZEIGE
  • Hallo Ihr Lieben,

    vielen Dank für Eure Hinweise, die haben mich schonmal ein Stück weiter gebracht.

    Mit Euren Hinweisen werde ich jetzt weiter recherchieren, bin aber, so glaube ich, auf einem guten Weg.

    Vielleicht hilft bei der Chefin ja auch noch der Hinweis auf die Datenschutzerklärung, die wir bei uns im Betrieb unterschrieben haben.

    Habt vielen Dank.

    LG Ansgar

  • * grübel* ... Im Rahmen einer rückschauenden Gefährdungsanalyse wäre der Verunfallte aber mein erster Ansprechpartner, denn der war zum Unfallzeitpunkt definitiv vor Ort.



    (Einmal den Passierschein A38, bitte)

    So habe ich das zu Beginn des letzten Jahrzehnts in der Ausbildung vermittelt bekommen.

    Gerade die Beschreibung des Unfallhergangs ist in den Unfallmeldungen häufig sehr kurz gehalten, so dass eine Befragung des Verunfallten für eine vernünftige Unfallanalye notwendig ist.

    Gefahrbringende aber vor allem begünstigende Bedingungen lassen sich aus der Meldung selten ableiten.

    Insgesamt denke ich nicht, dass sich durch die DSGVO hier praktisch viel geändert hat. Der Verunfallte müsste nur darauf hingewiesen werden, dass der Bericht der Sifa zugeleitet wird und wie und wann die Daten gelöscht werden. Damit sollte absolute Rechtssicherheit bestehen.

    Das kann auch ein Bestandteil der regelmäßigen Datenschutzunterweisung sein.

    Die Statistik selbt sollte auf jeden Fall anonym abgebildet werden.

    Ggf. kommt auch die BG auf die Sifa zu, wenn sie Handlungsbedarf sieht. Und das ist in den Fällen, die ich diesbezüglich erlebt habe nie anonym geschehen.

    lg

    Hardy

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

    Einmal editiert, zuletzt von elschwoabos (24. Januar 2020 um 07:54)

  • Wer immer sich mit Blick auf den Datenschutz das Leben schwer machen möchte soll das halt tun!

    Auch wenn es keine Verpflichtung gibt, der SiFa die Anzeige in Kopie zu überlassen, ist hier im Sinne einer erfolgreichen und sinnvollen Aufarbeitung Teamarbeit und damit der Austausch von Informationen gefragt.

    Dateschutzrechtliche Sachfragen kann ich nötigenfalls mit meinem Datenschutzbeauftragten klären.

    Da ich zentrale Kontaktperson für die BG RCI in unserem Hause bin, läuft die Anzeige eh über mich...

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Ich bekomme bei uns auch die Kopien, und da hat niemand Bauchschmerzen damit. Oft haben die Betroffenen auch eine Idee, was man besser machen könnte, um zukünftige Unfälle zu verhindern. Dazu muss man aber die betroffenen kennen.

    Gruß Frank

    Ich stelle die Schuhe nur hin. Ich ziehe sie niemandem an.

  • ANZEIGE
  • wäre der Verunfallte aber mein erster Ansprechpartner, denn der war zum Unfallzeitpunkt definitiv vor Ort

    Klar ist das der Ansprechpartner, aber hast Du Dir mal die Daten angesehen, die in einer Unfallanzeige stehen?

    Ist für die Sifa die Adresse, Krankenkasse, Geburtsdatum des Verunfallten relevant? Möchtest Du womöglich auch den D-Arzt-Bericht?

    Ich empfehle einen Blick in die Datenschutzgrundverordnung.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Klar ist das der Ansprechpartner, aber hast Du Dir mal die Daten angesehen, die in einer Unfallanzeige stehen?

    Ist für die Sifa die Adresse, Krankenkasse, Geburtsdatum des Verunfallten relevant? Möchtest Du womöglich auch den D-Arzt-Bericht?

    Ich empfehle einen Blick in die Datenschutzgrundverordnung.

    Ja Axel,

    danke für Deine Empfehlung. Aber wie bereits erwähnt - WIR haben die Sache hier entsprechend geregelt und auch wenn Du es nicht glauben magst: Ich DARF das gem. unserer Organisation! Alles ist gut so wie es ist!

    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • Ist für die Sifa die Adresse, Krankenkasse, Geburtsdatum des Verunfallten relevant? Möchtest Du womöglich auch den D-Arzt-Bericht?

    Ich empfehle einen Blick in die Datenschutzgrundverordnung.

    Alles Haarspalterei. Wenn ich eine Unfalluntersuchung mache brauche ich die genaue Schilderung aus der Unfallanzeige. Wenn dort oben genannte Daten mit drauf stehen ist das halt so.

    Wem es nicht passt, der soll alle nichtrelevanten Daten halt ausblenden lassen.

    Bisher in meiner gesamten HSE Zeit kein Streitpunktthema. Viel Wirbel für quasi nix.

    Kann mit Daten zu Geburtstag, Krankenkasse....etc eh nix damit anfangen. Wie gesagt wem es nicht passt soll sich an eine andere Stelle wenden.

    Gruß Martin

  • Wir haben Betriebe, da wird das Unfallgeschehen tatsächlich auch nach

    - Azubi ja / nein

    - Dauer der Betriebszugehörigkeit

    - Altersgruppe (z.B. zwischen 45 und 50)

    - Unfallzeit (z.B. zwischen 11 und 12 Uhr oder Frühschicht)

    - Unfalltag (z.B. Montag)

    anonym ausgewertet. Da finden Angaben wie das Geburtsdatum tatsächlich Verwendung bei der Auswertung. Hier muss der Betrieb halt intern regeln, wie ausführlich die eigene Unfallstatistik geführt werden soll.

    Den Namen und den Unfallhergang sowie Namen von Augenzeugen braucht die Sifa auf jeden Fall. Bei Unklarheiten ist der Ansprechpartner der Verunfallte selbst (sofern er noch Auskunft erteilen kann). Die zweite Wahl sind dann die Augenzeugen des Geschehens (und je nach Unfallhergang empfiehlt es sich, hier auch mal nachzuhaken, wie sie mit dem Erlebten umgehen können).

    Theoretisch sind ein paar personenbezogene Daten drin, die geschwärzt gehören (Wohnort, Krankenkasse). Praktisch wird das bisher als vernachlässigbar gehandhabt und der Einfachheit halber die Unfallanzeige in Originalform an die vorab festgelegten Stellen verteilt (mir ist auch noch kein Fall bekannt, wo dies von einer aufsichtsführenden Stelle bemängelt wurde). Wichtig ist aus datenschutztrechtlicher Sicht, dass klar festgelegt ist, wer die Meldung bekommt, wie die Meldungen abgelegt und nach welcher Frist sie wie vernichtet werden (die Unfallanzeige gehört ins Verzeichnis zur Datenverarbeitung). Des Weiteren ist der Betroffene darüber zu informieren, wie mit den Daten (der Unfallanzeige) verfahren wird.

  • ANZEIGE
  • Am besten mal Kontakt zu eurem Datenschutzbeauftragten oder einem Anwalt für Datenschutz aufnehmen.

    So etwas sollte geregelt sein, sonst gibt es unter Umständen Probleme mit der DSGVO...

    Aus meiner Erfahrung als DSB sollte es sicherlich möglich sein, aber wie gesagt es muss geregelt werden...

  • Alles Haarspalterei. Wenn ich eine Unfalluntersuchung mache brauche ich die genaue Schilderung aus der Unfallanzeige. Wenn dort oben genannte Daten mit drauf stehen ist das halt so.

    Wem es nicht passt, der soll alle nichtrelevanten Daten halt ausblenden lassen.

    Bisher in meiner gesamten HSE Zeit kein Streitpunktthema. Viel Wirbel für quasi nix.

    Kann mit Daten zu Geburtstag, Krankenkasse....etc eh nix damit anfangen. Wie gesagt wem es nicht passt soll sich an eine andere Stelle wenden.

    Gruß Martin

    Das ist falsch. Wenn Du das Geburtsdatum kennst, kannst Du ihm zum passenden Termin Deine Aufwartung mit einem Sträußchen machen!

    :P:saint:8)

    lg

    Hardy, i hanns ämole wiädr id vrheba kenna.

    Multiple exclamation marks are true sign of a diseased mind.
    (Terry Pratchett)
    Too old to die young (Grachmusikoff)

  • Am besten mal Kontakt zu eurem Datenschutzbeauftragten oder einem Anwalt für Datenschutz aufnehmen.

    So etwas sollte geregelt sein, sonst gibt es unter Umständen Probleme mit der DSGVO...

    Aus meiner Erfahrung als DSB sollte es sicherlich möglich sein, aber wie gesagt es muss geregelt werden...

    Das wäre auch meine Empfehlung als internerer DSB und Ansprechpartner AS im Betrieb. Die Rechtsgrundlage der Verarbeitung für das Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten wäre hier Akt.6 (1) c) und d) der DSGVO.

  • Hier mal die Einschätzung einer Kanzlei

    https://www.brandi.net/fileadmin/user…letter_0219.pdf

    "Was ist bei Arbeitsunfällen hinsichtlich der Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu beachten?


    Im Rahmen der Dokumentation und Regulierung von Arbeitsunfällen ist zu beachten, dass regelmäßig personenbezogene Daten verarbeitet werden, die als Gesundheitsdaten einem besonderen datenschutzrechtlichen Schutz gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO unterliegen. Vor diesem Hintergrund müssen neben den allgemeinen Rechtsgrundlagen auch die zusätzlichen Anforderungen gem. Art. 9 Abs. 2 DSGVO erfüllt sein, weil andernfalls die Verarbeitung von Gesundheitsdaten verboten ist. Erforderlich ist danach die Datenverarbeitung aufgrund einer Einwilligung zum Schutz von Leben und Gesundheit des Betroffenen sowie zur Erfüllung sozialrechtlicher Pflichten.
    Dabei ist darauf zu achten, dass die Gesundheitsdaten nur solchen Personen zugänglich gemacht werden dürfen, die diese zwingend benötigen. Bei Arbeitsunfällen dürfte eine detaillierte Meldung an die Geschäftsführung, die Sicherheitsfachkraft, den Betriebsarzt sowie den zuständigen Mitarbeiter im Personalwesen vertretbar sein, da diese Personen im Rahmen ihrer Funktion tatsächlich über sämtliche Informationen zu einem Unfall verfügen müssen. Bezüglich anderer Personen im Unternehmen kann wohl zunächst bezweifelt werden, ob diese wirklich alle Informationen einschließlich der betroffenen Personen und der konkreten Verletzungen („rechter Zeigefinger gebrochen“) benötigen. "

    Gruß tanzderhexen

    "Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden, sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft"
    Werner von Siemens, Zitat von 1880
    „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“
    Aristoteles griech. Philosoph 384 -322 v. Chr.

  • ANZEIGE
  • Vielen Dank,

    das ist doch mal ne fundierte Aussage, mit der man zumindest arbeiten kann.

    Ich für meinen Teil werde für unser Unternehmen einen Ablauf "Meldepflichtige Unfälle" erstellen und auch den Abreissblock "Unfallanzeige/Verbandbuch" überarbeiten und einen entsprechenden Passus mit aufnehmen.

    Vielen Dank für Eure Hilfe

    LG Ansgar

  • Ich beziehe mich auf die ursprüngliche Frage, ob es zulässig sei, dass die FASi die BG-Unfallmeldungen erhalten darf. In meiner Antwort beziehe ich mich auf die Unfallanzeige der BGW, heruntergeladen aus dem Internet.

    Diese ist aus Sicht des Datenschutzes als problematisch anzusehen.

    Das Gebot der Datenminimierung (d.h., dass nur die Daten verarbeitet werden dürfen, die für die Erfüllung des Zwecks unbedingt erforderlich sind) wird hier verletzt. Der Fehler liegt darin, dass die Unfallanzeige der BGW Daten für verschiedene Zwecke und für verschiedene Empfänger auf einem Bogen erfasst . Damit wird ein weiterer Grundsatz der DS-GVO verletzt, nämlich der der Datentrennung.

    Beide Grundsätze fordern in ihrem Zusammenwirken, dass jeder nur die Daten verarbeiten darf, die er für seinen Zweck unbedingt benötigt. Ob es für die Unfallstatistik notwendig ist, die Anschrift zu kennen oder zu wissen, ob ein verunfallter Mitarbeiter mit dem Unternehmer verheiratet ist, in eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt oder verwandt ist, dürfte für die Unfallstatistik unerheblich sein.

    Eine Lösung sollte sein, dass jeder Empfänger von Daten nur die Informationen erhält, die für ihn notwendig sind. Dazu sollten die Bögen unterschiedlich vollständig ausgefüllt werden. Felder, die für den Empfänger unerheblich sind, bleiben leer.

    Bei einer EDV-Lösung würde das über die Datenbankeinstellungen (Zugriffsrechte) geregelt.

    VG

    Norbert