Unterweisung von "Spezialisten"

ANZEIGE
Werbung auf Sifaboard
  • Hallo, liebe SiFa-Kollegen und Kolleginnen,


    mich würde einmal interessieren, wie ihr über folgende Problematik der Unterweisung denkt und wie ihr so etwas handhabt:


    Wie und wer unterweist einen Mitarbeiter (einmal jährlich gem. ArbSchG inkl. Dokumentation der Unterweisung) der Spezialist auf seinem Gebiet ist ?


    Fall1:

    Eine Firma hat eine kleine mechanische Werkstatt mit Drehbank, nagelneuer CNC-Fräse, Bohrmaschine, Schweißarbeitsplatz, usw. In dieser Werkstatt arbeitet seit über 20 Jahren ein einziger Mitarbeiter, der "seine" Maschinen in- und auswendig kennt, u.a. auch durch Herstellerschulungen (CNC-Fräse) und so weiter. Es kennt sich keine weitere Person mit den Maschinen aus.

    In dieser Werkstatt wird nicht produziert im herkömmlöichen Sinne, sondern sie dient lediglich des Prototypenbaus und der Nacharbeit und Sonderfertigung von Einzelteilen

    Disziplinarisch ist der Mitarbeiter dem Leiter der Abteilung Arbeitsvorbereitung (AV) unterstellt, welcher wiederum dem Produktionsleiter unterstellt ist, der direkt dem Vorstand unterstellt ist. Pflichtenübertragungen vom Vorstand an den Produktionsleiter und weiter an den Leiter der AV liegen vor.

    Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen wurden im Zusammenarbeit SiFa und Mitarbeiter durch die SiFa erstellt.

    Doch wer unterweist in so einem Fall den Mitarbeiter ? Theoretisch der Vorgesetzte, also der Leiter der AV, doch der kennt sich mit den Maschinen nicht aus und ist daher fachlich nicht für die Unterweisung geeignet.


    Fall 2:

    In der Entwicklungsabteilung existiert ein LASER-Testraum mit Klasse-4-Laser, in dem Versuche zur Entwicklung neuer Technologien vorgenommen werden. Dieser Laser-Testraum wird von einem promovierten Entwicklungsingenieur betrieben, der auch eine Ausbildung zum Laserschutzbeauftragten hat. Der Testraum wurde von ihm selbst konzipiert mit allen erdenklichen Sicherheitsvorrichtungen.

    Dieser "Dr." ist dem Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung (F&E)-Abteilung unterstellt und hat keine Vorgesetztenfunktion.

    Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen wurden im Zusammenarbeit SiFa und promovierten Entwicklungsingenieur durch die SiFa erstellt.

    Doch wer unterweist in so einem Fall den "Dr." einmal jährlich gem. ArbSchG ? Theoretisch natürlich wieder der Vorgesetzte, also der Leiter der F&E, doch der kennt sich weder mit den Gefährdungen der Versuche noch mit dem Laser bzw. der Laserstrahlung aus und ist daher fachlich eigentlich nicht für eine Unterweisung geeignet.



    Natürlich kann der Vorgesetzte jetzt die Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen vorlegen und vorlesen, die der "Spezialist" ja im Prinzip selber erstellt hat, nur um die jährliche Unterschrift für die Unterweisung zu bekommen . Aber macht so etwas wirklich Sinn

    ?


    Wie handhabt ihr so etwas ? Wer unterweist solche absoluten "Spezialisten" in ihrem Gebiet ? Ist es wirklich erforderlich so einen "Spezialisten" zu unterweisen (ggf. mit Rechtsgrundlagen für Ausnahmen ?) ?



    Ich freue mich auf eure Meinungen und Erfahrungen zu diesem Thema.......


    Gruß

    Ralf

  • ANZEIGE
  • Moin.


    Die Pflicht zur Unterweisung bleibt bestehen, auch wenn es bei so weit gebildeten Profis unsinnig oder gar peinlich erscheint. Ich halte es auch für bedenklich, dass die jeweiligen Vorgesetzten so wenig von den Tätigkeiten wissen. Zumindest die Gefährdungen und die Sicherheitsmaßnahmen sollten die Vorgesetzten kennen, da sie das ja auch verantworten und vertreten müssen.


    In so einem Fall würde ich die Unterweisung nicht als Frontalunterricht durchführen, sondern eher wie Sicherheitskurzgespäche, an denen der Beschäftigte, die Sifa und der Vorgesetzte teilnehmen. Irgendetwas, was noch zu verbessern ist kommt bestimmt dabei heraus. Gleichzeitig bringen sich alle auf einen Stand hinsichtlich der Maßnahmen im Arbeitsschutz.

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.

  • Hallo,

    ich sehe die Lösung auch in einer Art Sicherheitskurzgespräch, wie von caterpillar vorgeschlagen.


    Wichtig ist, dass sich die Vorgesetzten davon überzeugen, dass die die notwendigen Schutzmaßnahmen zum einen festgelegt wurden und zum anderen in der täglichen Praxis auch tatsächlich umgesetzt werden.


    Es geht nicht darum, irgendwo einen noch größeren Spezialisten zu finden, der dem Spezialisten noch etwas Neues erklären kann.


    Wenn es dann noch eine kurze Dokumentation des Sicherheitskurzgesprächs gibt, ist aus meiner Sicht alles in Ordnung.

  • Guten Morgen

    ist doch ähnlich wie bei mir. Wer bitte soll mich hier bei uns in der Arbeitssicherheit unterweisen?

    Ich unterweise mich selbst in dem ich Weiter/Fortbildungskurse, Onlineschulungen....etc. mit Teilnahmebestätigungen zum Nachweis belege.

    Zurück zu dem Experten. Sicherlich die Fachkompetenz bei der Maschine, aber kennt er auch die Gefährdungen die zusätzlich auftreten können ? Umgebungsbedingungen, Wirkung z.B. der Emulsion bei der CNC Fräse auf die Haut....blablabla. Gibt sicherlich noch mehr auch beim Laser.

    Hier hilft die Fachkraft für Arbeitssicherheit sicher besser als der Mitarbeiter als Experte für die Bedienung weiter.

    Gruß Martin

  • Der "Unterweisende" muss fachlich nicht immer schlauer sein, als der "Unterwiesene". Wie oben bereits angesprochen, kann man sich im Rahmen eines Gespräches auch gegenseitig "auf Stand" bringen. So kann der Vorgesetzte beispielsweise einfach auch mal nachfragen, wie den der MA mit seiner Anlage und seinen Tätigkeiten klarkommt, ob er besondere oder zusätzliche Risiken sieht und ob er entsprechende Vorgaben kennt. Ich würde mir sowas von dem Betroffenen gerne mal erläutern lassen.

    Mit meiner "Fachkometenz" traue ich mir durchaus zu zu beurteilen, ob der MA fit ist.


    Genauso gehe ich bei der Erstellung einer GB für einen solchen Bereich vor. Federführend ist der Betroffenen und mit im Boot sind der Vorgesetzte und die SiFa.


    Last but not least hat der Vorgesetzte mit Unternehmerpflichten immer und zu jeder Zeit Überwachungs- und Kontrollpflichten. Auch hier können Situationen immer wieder Anlass zu sicherheitsrelevanten Gesprächen geben, die, wenn ich es geschickt anstelle, auch formale Anforderungen an Unterweisungen erfüllen.


    In diesem Sinne

    Der Michael

    "You'll Clean That Up Before You Leave..." (Culture/ROU/Gangster Class)

  • ANZEIGE
  • Ich stimme caterpillar teilweise zu, die Sicherheitskurzgespräche bringen da vieleicht das meiste, aber die jährliche Unterweisung muss ja noch mehr Enthalten (z.B. Pflichten der Arbeitnehmer, Pflichten des Arbeitgebers, Unterstützungspflicht, usw.), das muss natürlich auch einmal im Jahr mit in einer Unterweisung geschehen und auch dokumentiert werden.


    Gruß Bernd

    Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.

  • Ich würde neben allgemeinen Themen die der Vorgesetzte unterweisen muss die GBU zur Hand nehmen und somit mit dem Praktiker vor Ort durchgehen. Das führt dann dazu, dass die GBU auch gleich aktualisiert wird und noch einmal die Gefährdungen in Erinnerung gebracht werden.

    Zur besseren Lesbarkeit verwende ich in meinen Beiträgen das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

  • Hallo,

    ich unterweise jedes Jahr einen Lagermeister, der seit 20 Jahren Gabelstapler fährt, selber ausbildet und etliche Kollegen führt. Ich selber würde einen Gabelstapler keine 20 m Unfallfrei vorwärts bewegen. Als SiFa sehe ich meine Aufgabe, ihn an die wichtigen Punkte, die ich als Sifa mir angelesen habe und die er irgendwann mal gelernt hat, zu ERINNERN. Letztlich ist eine Jahresunterweisung ja in aller Regel nicht mehr als an eine Erinnerung: So hast Du das mal gelernt...und so mußt Du das auch weiterhin machen. zB: Fahr das Teil nur, wenn es in einwandfreiem Zustand ist......lass die Zinken unter, wenn Du mit Last fährst usw

    Wir alle wissen, das mit der wachsender Routine nicht unbedingt die Sorgfalt im Umgang mit Arbeitsmitteln wächst. Das alles in den schon zitierten Gesprächen ist ein wichtiger Info-Austausch für beide Parteien und eine sinnvolle "Unterweisung"

  • Letztlich ist eine Jahresunterweisung ja in aller Regel nicht mehr als an eine Erinnerung:

    und gut geeignet zum Auffrischen, sensibilisieren, Probleme besprechen, Erfahrungen austauschen und Lösungen finden.


    Anders sieht es bei der Erstunterweisung aus..... hier sollte

    - wissen vermittelt werden

    - können vermittelt

    - Zusammenhänge erklärt werden

    - Verständnis geschaffen werden

    - zum Arbeits- und Gesundheitsschutz motiviert werden



    Viele Grüße aus Mittelfranken

    Viele Grüße aus Mittel:Franken:

  • ANZEIGE
  • Okay super, ich danke Euch allen für die Antworten, Meinungen und Erfahrungen zu diesem Thema, die sehr aufschlussreich für mich waren.


    Also werden wir das nächste Mal nicht zu einer formalen "Unterweisung" einladen, sondern eher zu einer Art "Erfahrungsaustausch", von dem dann alle profitieren werden (natürlich inkl. Dokumentation).


    Also noch einmal vielen Dank.


    Gruß

    Ralf

  • Also werden wir das nächste Mal nicht zu einer formalen "Unterweisung" einladen

    Würde ich nicht machen .....


    Es ist und bleibt eine Unterweisung und dazu würde ich auch einladen nur die Durchführung ist eventuell mal anders.....

    Viele Grüße aus Mittel:Franken:

  • allgemeinen Themen die der Vorgesetzte unterweisen muss

    Wenn es keine aktuellen fachliche Themen gibt dann kannst du Brandschutz, Erste Hilfe, Gefahrstoffe etc. unterweisen.

    Gruß tanzderhexen


    "Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden, sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft"
    Werner von Siemens, Zitat von 1880
    „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“
    Aristoteles griech. Philosoph 384 -322 v. Chr.