Was habt Ihr vor 30 Jahren gemacht?

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  • Jetzt wo meine Tochter Ihr Masterstudium im schönen Halle begonnen hat und da ich mich schon immer sehr für Geschichte interessiere würde ich gerne mal Eure persönliche Geschichten zur Wiedervereinigung lesen:

    Was vor 30 Jahren in Berlin geschah wissen wir, aber was habt Ihr an diesem Abend und in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren gemacht? Lebt Ihr heute in einem Deutschland oder noch oder wieder in dem einen oder dem anderen Teil?


    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.

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  • Kann ich mich gut daran erinnern, denn eigentlich BIN ICH SCHULD! :22:

    Ich habe damals meinen Grundwehrdienst (Bundesmarine, 33er) abgeleistet, war aber schon zweistellig und daher so abschreckend, daß Honni die Tore aufgemacht hat. :en:

    Ne, aber jetzt mal ernsthaft: Ich habe damals nicht geglaubt, daß ich es je erleben werde, das die Mauer fällt. Unabhängig davon ob es eine Wiedervereinigung oder zwei Staaten mit einer in beide Richtungen offene Grenze geben wird.

    Und ja, ich lebe in EINEM Deutschland.

    *flagge3*

    Liebe Grüße
    Micha


    Glück auf! *S&E*


    Nur Scheiße "passiert". - Unfälle werden verursacht!

    Einmal editiert, zuletzt von Micha_K (9. November 2019 um 19:00)

  • Ja, EIN Deutschland!

    Ich habe im November 1989 auf die Geburt meiner Tochter gewartet. Seither haben wir oft Urlaub in den "neuen" Bundesländern gemacht. Ob Mecklenburger Seenplatte, Rügen oder Spreewald usw. ich finde es immer besonders schön und habe viele nette Leute kennengelernt.

    Inzwischen ist eine lieb gewonnene Tradition geworden, einmal im Jahr eine Reise nach Berlin und zur Weihnachtszeit nach Dresden, schöne Stadt.

    *schal*

    Gruß

    Andy

    PS.: über "die Sachsen" muss ich immer noch schmunzeln :48:

    Ich erhebe keinen allgemeingültigen Anspruch auf die Wahrheit, wie alle Menschen habe auch ich nur meine Sicht der Dinge!

  • 09.11. in den Nachrichten die Öffnung mitbekommen.

    Am 10 nach der Arbeit über Gudow Traniststrecke nach Berlin dann am Brandenburger Tor auf der Mauer getanzt! Am 11. im Glaspalast der DDR essen gegangen, war ja leer da, bis auf die 150% igen die Treu zur Partei aus lauter Frust sich die Birne zu gossen.

    Gruß Canislupus

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  • ich war vor 30 Jahren noch nicht mal in Planung.

    Dito, Quark im Schaufenster! Die Wende um 5 Jahre verpasst :)

    ______________________________________________________

    Die gute Nachricht, mein Freund: Wir gehen einen langen Weg

    Die schlechte ist: Es war der falsche, doch das Ziel ist ganz okay

  • Ich habe stundenlang am 9.11 vor dem Fernseher gesessen und konnte es nicht fassen was da gerade passiert.

    Gruß tanzderhexen

    "Das Verhüten von Unfällen darf nicht als eine Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden, sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft"
    Werner von Siemens, Zitat von 1880
    „Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen.“
    Aristoteles griech. Philosoph 384 -322 v. Chr.

  • Was vor 30 Jahren in Berlin geschah wissen wir, aber was habt Ihr an diesem Abend und in den nächsten Tagen, Wochen, Monaten und Jahren gemacht?

    ....und wie ist deine Geschichte, Michael?

    Ich erhebe keinen allgemeingültigen Anspruch auf die Wahrheit, wie alle Menschen habe auch ich nur meine Sicht der Dinge!

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  • ......tja, ich war damals in München beim Bund und habe es im Fernsehen verfolgt.......ein paar Tage danach haben wir unsere Kaserne zum "Auffanglager" "umgebaut". Der Ex-Platz wurde zum Trabiparkplatz und der Wachdienst in der Kaserne war kein Spass.

  • Am 09.11. war ich zum Skat verabredet und habe in den Nachrichten die Öffnung der Grenze mitbekommen. Als ich das meinen Skatbrüder erzählt habe, haben die mich alle für verrückt erklärt.

    Am nächsten Tag ist unsere Truppe mit Mopeds und Motorräder Richtung Herleshausen und dann nach Eschwege in den Westen gefahren.

    Meine Tochter wohnt jetzt in Hamburg und ich lebe in einem Deutschland.

    Es ist für mich nur immer wieder erschreckend und macht mich traurig, wie wenig die Jugend und auch ältere "Wessis" über uns und die DDR wissen und gewußt haben.

    Aber es ist gut so wie es ist gekommen ist.

    Gruß

    Christian


    "Jammer nicht, steh auf und kämpf"

  • vor 30 Jahren habe ich in Dresden studiert (mein Gott so lange ist das her :/) Ich war also mittendrin, ...am Hauptbahnhof mit Flüchtlingszügen (aus Prag) und bei den Demos in Leipzig und Dresden. Ich bin zum Glück nicht verhaftet worden und war Einer von Tausenden die in diesen Monaten ein Traum wahr werden lassen konnten....das Gefühl war einfach unbeschreiblich - Gänsehaut pur über Monate!

    Am 9.11. haben wir abends völlig ungläubig von der Botschaft der Grenzöffnung erfahren. Wir haben gefeiert und ich bin zwei Tage später nach Berlin gefahren...das musste man sich ja einfach ansehen; da musste man einfach feiern

    Ohne Grenzzäune, Schießbefehl und ohne Stasi wohne ich heute in Einem Deutschland mit Optimierungspotenzial 8)...ich kenne keine bessere funktionierende Gesellschaftsform.

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  • Ich war damals noch nicht so an Politik interessiert, wie heute. Rückblickend staune ich trotzdem, dass ich es nicht als so unmittelbar wirksam und wichtig empfunden habe.

    In meiner Familie war niemand von der Veränderungen unmittelbar betroffen und irgendwie war alles so weit weg. Der Fernseher trennt uns manchmal doch sehr von allem ab. "Nur dabei, statt mittendrin", könnte man sagen.

    Meine Passion war schon immer das Kabarett und so habe ich am TV und im Radio verfolgt, was die Hildebrandts, Schneyders, Deutschmanns etc. zu sagen hatten; eine Menge war das.

    Schlingensiefs "Deutsches Kettensägenmassaker" ist mir auch noch in Erinnerung (... "aber wir sind doch ein Volk?!"...).

    Ich mache ab und zu Urlaub im Osten und freue mich darüber, dass das Land nicht mehr durchtrennt ist. Trennungen sind selten gut; vor allem gewaltsame Trennungen sind nie gut.

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.

  • Vor 30 Jahren habe ich ungläubig in die Glotze geschaut und konnte es nicht glauben.

    Danach haben meine Kumpels und ich gerne Radtouren an der Müritz, Spreewalt, Havel und auf Rügen unternommen. Mittlerweile fahren wir jedes Jahr für ein paar Tage an die Müritz (Mirow) zum Kajakfahren einfach nur zu Empfehlen Natur pur. Die Menschen die wir da getroffen haben waren mir immer sehr sympatisch, zuvorkomment und Nett.

    Ich finde es super in einen Deutschland was wie schon gesagt worden ist noch viel Optimierungspotential hat zu Leben.

    Schade finde ich das es viele gute Ostprodukte nicht mehr gibt. Man wollte ja damals nur Westprodukte.

    Gutes Beispiel dafür war mal eine Aussage eines Wirtes in Binz auf Rügen: Ihr seit doch Westdeutsche warum trinkt Ihr Ostbier wir haben auch Westbier. Uns hat aber damals das Ostbier (Lübzer, Rostocker, Freiberger und Radeberger besser geschmeckt wie das Westdeutsche Einheitsbier.

    Mit freundlichen Grüssen aus Braunschweig!

    Hans-Jürgen

  • Hi,

    ganz ehrlich ging die Grenzöffnung an uns vorbei. Wir lebten "weit ab vom Schuss" und hatten keinerlei Bezug zu der DDR (Verwandte, etc.)

    Wir haben uns Anfangs nur über die vollen Innenstädte und dank der Sonderberichte über den falsch programmierten Videorecorder geärgert.

    Gut, ich war damals auch schon 30.

    Wie gesagt, uns hat die DDR vorher schon nicht sonderlich interessiert und wer will nach Halle, Leipzig wenn er nach New York, Mailand oder London reisen kann.:urlaub:

    Auch unseren ersten Besuch in der "Noch-DDR" haben wir erst Ende April 1990 gewagt.

    Heute ist das etwas anders, meine jetzige Frau kommt aus Thüringen und somit habe ich heute auch Verwandschaft dort.

    Aber es ist für mich heute immer noch ein Unterschied, ob ich von Hessen nach Thüringen fahre oder von Hessen nach Bayern. ;)

    Stephan aus HG

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  • ....und wie ist deine Geschichte, Michael?

    1989 wohnte ich in einem Kölner Studentenwohnheim. Anfänglich hatten mehrere Kommilitonen und ich die Absicht, "mal eben" die knapp 600 km nach Berlin zu fahren. Weil die meisten schon vorglühten haben wir dann doch lieber in Köln eine riesen Feier abgehalten.

    1991 war ich dank meines Studentenjobs in einem Trockenbauunternehmen das erste Mal im Land des real abgeschafften Sozialismus'. Was ich im Berliner Umland sah hat mich wirklich getroffen. Bewohnte Häuser mit 10 cm Lücken im Mauerwerk, alte originale (!) Nazisymbole sichtbar an den Häusern, alles grau, braun und schäbig. Womit ich die Farben meine, nicht die politische Gesinnung. Heftig fand ich aber einen Altbau, vom Stil wohl zwischen 1900 und 1920 einzuordnen. Das Gebäude trug die verwitterte Beschriftung eines Frisörs aus dem 3. Reich inkl. Hakenkreuz. Die Fassade war deutlich erkennbar vor Jahrzehnten übergestrichen worden, aber - wie mir Anwohner bestätigten - nur einmal wenige Jahre nach dem Krieg. Bis 1991 wurde nichts an der Fassade getan, so dass wie man mir versicherte seit den 70er Jahren das alte Hakenkreuz wieder sichtbar war.

    In dem Dorf, in dem ich ein Fremdenzimmer hatte fand damals eine Sperrmüllabfuhr statt. Es wurde auch Metallschrott abgefahren. Von Kleinkram bis zum kompletten Trabbi gab es dort wirklich alles, das entsorgt wurde (kein Witz! Die Kunststoffteile der Karosse lagen fein säuberlich gestapelt auf dem Haufen, die tragende Struktur lag in handliche Stücke geflext oder gesägt daneben). Es gab aber auch etliche Zweiräder, überwiegend Schwalben. Als ich mir am späten Nachmittag mit einem Kollegen die Beine vertreten habe, bewunderten wir ungläubig den Schrott. Da waren teilweise beeindruckende Eigenkonstruktionen dabei - wir konnten nicht glauben, wovon sich die Menschen da trennen wollten.

    Bei einer Schwalbe sagte ich: "Na, die sieht doch noch gut aus!" Mehr oder weniger aus Spaß wollte ich mal testen, wie gut die Kompression noch war und trat kräftig auf den Kickstarter. Da sprang die Schwalbe an! Der Schlüssel steckte und befand sich zufällig in der richtigen Position! Ich war platt. Da ich viele Zweiräder ohne Kennzeichen hatte fahren sehen und längst nicht alle Fahrer einen Helm trugen, ging ich davon aus, dass man das wohl nicht so genau nahm und drehte selber eine Runde. Ich war begeistert! Da der Haufen nur zu zwei Häusern gehören konnte, fragte ich zunächst im ersten Haus und hatte im zweiten Erfolg: Ja, die Schwalbe war von dieser Familie entsorgt worden. Ich fragte nach den Papieren und bekam diese.

    Ich habe mir dann eine zweite, optisch ansprechende Schwalbe ausgesucht und die beiden Mopeds mit nach Köln genommen. Das war möglich, da wir mit mehreren kleineren Lkws vor Ort waren. In Köln habe ich das Doppelpack für über 900 DM verkauft. Es war so wenig, weil ich mangels Typenkenntnis eine Schwalbe mit 3 Gängen und eine mit 4 Gängen erwischt hatte. Sonst hätte ich wohl noch mehr verlangen können. Egal, die Schwalben waren damals besonders bei Studenten sehr beliebt und gesucht: Die neueren mit Klasse 3 fahrbaren West-50er durften 50 km/h laufen, waren aber selbst gebraucht noch sehr teuer, die älteren West-50er durften nur 40 km/h laufen. Die Ost-50er, also auch die Schwalben, durften jedoch legal 60 km/h rennen - es ist klar, warum sie im Westen so beliebt waren.

    2016 und 2017 war ich beruflich in Weimar, Leipzig, Halle und anderen Städten der ehemaligen DDR unterwegs. Schöne Städte mit sehr guter Infrastruktur - keine Spur mehr von der grau-braunen Tristesse im Jahre 1991. Die blühenden Landschaften gibt es tatsächlich.

    Eine Stärke der DDR war das sehr gute Bildungssystem. Auch heute ist die Qualität der Lehre an den dortigen Hochschulen hoch, zusätzlich sind die Studienbedingungen allgemein sehr gut. Der im Vergleich zum Westen Deutschlands günstige Lebensunterhalt und die in mehr als ausreichender Zahl verfügbaren kleinen und billigen Unterkünfte machen die Hochschulen in den neuen Bundesländern noch attraktiver.

    Ich habe meinen Kindern schon zum Abitur geraten, ein Studium im inzwischen weit schöneren Osten in Betracht zu ziehen. Beide blieben aber zunächst im hiesigen Rheinland. Mein jüngere Tochter hat sich allerdings nach dem erfolgreich abgeschlossenen Bachelorstudium nun zum Masterstudium in Halle entschieden. Bisher ist sie begeistert. Sicher, da die Mauer schon Jahre weg war als meine Tochter geboren wurde ist für sie Sachsen-Anhalt nur eines der anderen 15 Bundesländer, aber sie erlebt Halle als sehr lebenswerte Stadt. Und so sehe ich das auch. Der Osten ist in meinen Augen äußerst reizvoll, wer dort leben darf kann und sollte sich freuen. Der Schwachfug, den Schwachmaten wie der Björn Höcke da ständig verbreiten ist noch weniger als nicht berechtigt.


    Gruß Michael

    SiFaFa weil ich zwei BG-spezifische Blöcke erfolgreich absolviert habe.

  • Moin

    für mich war dieser Tag was ganz besonderes, auch ich sass fassungslos vor dem Fernseher, den endlich war es möglich, dass meine Ostverwandtschaft und wir frei entscheiden konnten, wann wer wen besuchen möchte.

    Meine bisherigen Ostbesuche bei der Verwandtschaft hatten durch die Grenzkontrollen immer einen beklemmenden Beigeschmack. Das bekam ich als Kind mit und auch als Teeny, der allein zur Oma fuhr.

    Mein Vater durfte seine Stasiakte lesen und kopieren.

    Die DDR hatte ihm einen 7-jährigen Aufenthalt in Bautzen 2 in einer Vierbettzelle spendiert. Er durfte den ganze Aufenthalt nur Kontakt zu den drei restlichen Insassen dieser Zelle haben...

    Bei einem Aufenthalt vor ein paar Jahren in Bautzen hab ich mir dort alles angesehen und viel unglaubliche Fakten gehört (auch von anderen Ehemaligen).

    Der Grund für seine Inhaftierung war "zur falschen Zeit am falschen Ort", in der Akte ist zu lesen, dass man ihn für "UNSCHULDIG hält, aber ein Exempel an ihm statuieren will".

    Nach 5 Jahren wurde er vom Westen freigekauft und ein Jahr später durfte meine Mutter mit meinem Bruder ausreisen.

    Ich bin dann im Westen geboren.

    Wenn ich die Stasiakte lese, frage ich mich, auf was für Hirngespinste Menschen kommen können. Mit Methoden gegen die Menschenrechte hatte man ihn gezwungen ein falsches Geständnis zu unterschreiben.

    Selbst der Dorfarzt war aktiv als IM involviert!

    Wenn ich höre, dass einige "Ossi" immer noch der DDR nachtrauern und ihrer Lieblingsspruch bringen, dass "alles nicht so schlimm war bzw. besser war!" baut sich in mir eine Mauer aus Steines den Unverständnis auf.

    Ich habe mir länger überlegt, ob ich das hier offen schreibe, aber die Untaten der DDR sollte auch bei den nach der Wende geborenen im Bewusstsein sein. Auch mein Vater war jahrelang zum Tag des Denkmals in Bautzen und hat über seine Vergangenheit berichtet.

    Viele Opfer dieses Unrechtstaates sind inzwischen verstorben oder sind/waren nicht in der Lage über ihr Schicksal zu berichten.

    Vergessen werden sollten sie aber nicht...

    Grüßle
    de Uil

    „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwende ich das generische Femininum. Diese Formulierungen umfassen gleichermaßen alle Personen; alle sind damit selbstverständlich gleichberechtigt angesprochen und mitgemeint.“

    Omnia rerum principia parva sunt. [Der Ursprung aller Dinge ist klein.] (Cicero)

    Einmal editiert, zuletzt von de Uil (12. November 2019 um 08:41)