Arbeitsunfall in anderer Firma

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  • Guten Morgen werte Community,

    Vorstellung folgt noch, ich habe jedoch eine aktuelle Fragestellung, welche ich für mich logisch beantworten kann, ich jedoch nicht weiß ob das auch so korrekt ist.

    Also, wir haben in unserer Firma momentan MAs, die in einem anderen Betrieb arbeiten (keine Leiharbeit, nur separater Zweig). Jetzt habe ich heute die Meldung bekommen, dass es einen kleinen Arbeitsunfall gab. Wenn ich die MA korrekt verstanden habe, wurde Sie angewiesen den Fall bei uns in das Verbandsbuch einzutragen, obwohl Sie in einem anderen Betrieb tätig ist. Ging sogar soweit, dass sie meinte das dort kein Verbandsbuch ausläge (kann ich mir nicht vorstellen, weil DIN-Norm zertifiziert).

    Für mich ist der Fall klar, die Behandlung muss in der Firma dokumentiert werden, wo es passiert ist und nicht bei der Firma, bei der sie angestellt ist!

    Passt der Gedanke oder ist es nicht ganz so einfach?

    Ich danke Euch vorab für Eure Hilfe.


    Grüße

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  • Hi,

    rein aus praktischer Sicht würde ich den Unfall im Verbandbuch am Ort des Geschehens und im betriebseigenen Verbandbuch eintragen (analog dem Vorgehen bei meldepflichtigen Unfällen von z.B. Leiharbeitern, diese müssen auch an deren BG und den eigenen gesetzlichen Unfallversicherungsträger gemeldet werden).

    Der Verbandbucheintrag dient als Nachweis, dass die Verletzung oder Erkrankung bei einer versicherten Tätigkeit ein- beziehungsweise aufgetreten ist. Dies ist der Hauptzweck des Verbandbuchs. Diese Aufzeichnungen können für den Versicherten sehr wichtig sein, wenn Spätfolgen eintreten sollten. Wenn der Verbandbucheintrag nicht im eigenen Betrieb zur Verfügung steht, stellt sich die Frage, ob der Betroffene bei Bedarf Zugriff auf die Unterlagen hat bzw. bekommt. Je nachdem an welchem anderen Ort der Unfall passiert ist kann das mitunter schwierig werden. Deswegen rate ich immer dazu, das betriebseigene Verbandbuch mit zu nutzen, damit im Bedarfsfall keine Probleme bezüglich des rechtssicheren Nachweises in Form des Verbandbucheintrags gegenüber dem gesetzlichen Unfallversicherer bestehen.

    Des Weiteren (Nebenzweck) stellen die Aufzeichnungen der im Betrieb erfolgten Erste-Hilfe-Leistungen eine Informationsquelle für die Erfassung, Untersuchung und Auswertung von nicht meldepflichtigen Arbeitsunfällen dar, deren Auswertung regelmäßig erfolgen sollte, um schwereren Unfällen im Betrieb vorzubeugen (Gruß an Heinrichs Unfallpyramide). Deswegen sollte der Unfall zusätzlich im Verbandbuch vor Ort eingetragen werden (außer die Ursache liegt in den Tätigkeiten vor Ort, die allein in den Verantwortungs- bzw. Einflussbereich des eigenen Betriebs fallen, dann ist es ein Thema für die eigenen internen Betriebsabläufe und es genügt der Eintrag ins betriebseigene Verbandbuch).

    Rein rechtlich schreiben die gesetzlichen Unfallversicherer "nur" vor, dass der Unfall schriftlich im Verbandbuch oder auf andere geeignete Art und Weise (die Inhalte sind vorgegeben, Form und Ort der Dokumentation nicht) dokumentiert werden muss. Wie die Dokumentation genau erfolgt muss der Unternehmer bzw. Arbeitgeber intern regeln. Auf der sicheren Seite ist man hier nur, wenn man alle Unterlagen im eigenen Betrieb hat.

    Offtopic: Zu viele Betriebe erhalten Zertifizierungen gegen Geld ohne die Anforderungen der Normen auch nur ansatzweise zu erfüllen (Erfahrungswerte aus der Praxis, das Zertifizierrungssystem in der aktuellen Form dient vor allem den Zertifizierern, viele Betriebe bezahlen einfach ohne das Managementsystem sinnvoll für ihre eigenen Zwecke zu nutzen; v.a. im QM- und UM-Bereich haben viele Betriebe nicht verstanden, dass sie sogar einen Mehrwert haben, wenn sie das System leben würden statt einfach nur das Zertifikat zu erkaufen). Insofern wundert mich aus eigener Erfahrung heraus in zertifizierten Betrieben nach egal welcher Norm nichts mehr und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es im zertifizierten Betrieb kein Verbandbuch gibt (oder nur eines zu Vorführzwecken fürs Audit in einem Schrank bei den Auditunterlagen liegt ;) .

    schöne Grüße

  • Hallo MMKFV,

    dies ist zwar keine direkte Antwort auf deine Frage, aber ein kleiner Hinweis auf was ihr grundsätzlich noch achten solltet.......

    Ich lese hier immer den Ausdruck "Verbandbuch". Denkt bitte daran, dass ein Verbandbuch in der alten herkömmlichen Papier gebundenen Form gegen den Datenschutz verstößt. Eine Möglichkeit wären z.B. Abreißblöcke, die man bei jeder Erste-Hilfe-Leistung bzw. einem Unfall dann ausfüllt und in eine verschlossene Box wirft, damit kein Unbefugter auf die Daten zurück greifen kann. Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten......

    Wir zum Beispiel nutzen bei uns in der Firma CONFLUENCE als INTRANET-Software. Dort habe ich nun ein elektronisches Verbandbuch eingerichtet, wo jeder Ersthelfer und jeder Mitarbeiter von jedem PC einen Eintrag in das "eVerbandbuch" machen kann. Die Akzeptanz der Mitarbeiter für dieses neue Feature ist vorhanden und es ist nun auch einfacher das Verbandbuch auszuwerten, da alle Daten gleich gesammelt beim Seitenbetreiber (in diesem Fall ich) vorliegen. Früher bin ich wirklich regelmäßig durch die gesamte Firma gegangen und habe mir die Daten aus den einzelnen Verbandbüchern abgeschrieben und in einer EXCEL-Tabelle gesammelt um sie auszuwerten.

    Nun bekomme ich sofort eine CONFLUENCE-Meldung wenn ein neuer Eintrag in das eVerbandbuch gemacht wurde und kann, sofern weitere Maßnahmen erforderlich sind, auch sofort aktiv werden. Eine echt tolle Sache :)

    Und auch ganz wichtig: Der Datenschutzbeauftragte ist nun auch zufrieden und es ist wieder eine Datenschutzaufgabe weniger.

    Gruß

    Ralf

  • Denkt bitte daran, dass ein Verbandbuch in der alten herkömmlichen Papier gebundenen Form gegen den Datenschutz verstößt

    Bei BG ETEM Lehrgänge gab es den Hinweis, ohne Name (mit Personalnummer ) ins Verband es einzutragen. Halte es zwar selber nicht für besonders sinnvoll, aber vielleicht gefällt es jemanden von euch.

  • RaMo-Bremen : Nein, das altbekannte und bewährte Verbandbuch verstößt nicht gegen den Datenschutz! Man muss nur die seit Jahrzehnten bereits gültigen Vorgaben aus dem Datenschutz beim Umgang mit dem Verbandbuch einhalten (wurde hier im Forum auch schon diskutiert und an den Rechtsgrundlagen hat sich seit den Beiträgen dort nichts geändert). Das Verbandbuch darf nur nicht so offen im Betrieb herumliegen, dass jeder Besucher (nicht dem Betrieb angehörige) im Vorbeigehen die Einträge sehen und lesen kann. Auch der Hinweis der BG ETEM ist Unfug und weder sinnvoll, noch notwendig. Jeder gesetzliche Unfallversicherungsträger stellt seinen Mitgliedsbetrieben weiterhin kostenlos Verbandbücher zur Verfügung und aus datenschutzrechtlicher Sicht ist es die Umsetzung der Datenschutzvorgaben bei der Dokumentation in Papierform leichter als bei elektronischen Lösungen. Den geringsten Aufwand zur Erfüllung der Datenschutzanforderungen habe ich mit dem Verbandbuch auch im Vergleich zum Meldeblock oder einzelnen Meldezetteln.

    schöne Grüße vom u.a. Datenschutzbeauftragten

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  • MrH

    Ich liebe deine Beiträge......danke.

    Man(n) ist erst dann ein Superheld, wenn man sich selbst für Super hält!
    (unbekannt)
                                                                                                                                                              
    „Freiheit ist nicht, das zu tun, was Du liebst, sondern, das zu lieben, was Du tust.“
    (Leo Tolstoi)

    *S&E* Glück auf

    Gruß Mick

  • Der verunfallte Mitarbeiter muss sich selbst absichern, also einen Nachweis über seinen Unfall leisten.

    Durch den Eintrag in Eurem Verbandbuch hat er dies getan. Damit hat er Anspruch auf die Unterstützung der BG(*), falls der Unfall eine weitergehende Behandlung erfordert, weil er den Nachweis des Zusammenhangs mit seiner Arbeitsaufgabe gesichert hat. Ein Eintrag ins eigene Firmen-Verbandbuch ist in dem Moment nicht praktikabel.

    Fazit: lasst Ihm seinen Nachweis. Sollte Euch nicht stören.

    Das mit dem Datenschutz ist zum einen eine Nebelkerze, zum anderen ein neues Geschäftsfeld. ALLE Mitarbeiter haben eine umfassende und detailgenaue Verschwiegenheitserklärung unterschrieben (sollten). Auch Externe (AÜ/EDL) werden ausschließlich unter dieser Voraussetzung in den Betrieb hereingelassen (sollten), wenn sie Aufgaben verrichten müssen. Damit sind die Daten per Defintion geschützt (und nicht so, als würdet Ihr das Verbandbuch auf der Kirmes auslegen).

    HÄTTE der verunfallte Mitarbeiter einen Arzt aufgesucht, oder den Rettungsdienst gerufen, wäre der Vorgang auch nicht über seine Firma gelaufen. Auch die evtl. nötigen Ersthelfer hättet IHR stellen müssen. Insofern: alles easy und rechtskonform.

    SOLLTE sich der externe Mitarbeiter mit einer Datenschutzklage gegen Euch wenden, wegen des Verbandbuchs, gebt Ihm Hausverbot. Der Rest ist geschenkt.

    Zu (*): immer vorausgesetzt, der Unfall wird überhaupt als Arbeitsunfall anerkannt. Funfact aus meinem Berufsleben: Staubsauger anheben, und Muskelzerrung - KEIN Arbeitsunfall, da eigene Muskelschwäche. Fallenden Staubsauger auffangen, z.B. wenn er vom Regal Fällt, und Muskelzerrung = WÄRE Arbeitsunfall (sagte der BG-Mensch, ob im Ernst oder aus Spaß sei mal dahingestellt - Infos aus zweiter Hand: laut Darstellung des Verletzten selbst).

    Einmal editiert, zuletzt von zzz (26. August 2019 um 10:27)

  • @ MrH

    RaMo-Bremen : Nein, das altbekannte und bewährte Verbandbuch verstößt nicht gegen den Datenschutz! Man muss nur die seit Jahrzehnten bereits gültigen Vorgaben aus dem Datenschutz beim Umgang mit dem Verbandbuch einhalten (wurde hier im Forum auch schon diskutiert und an den Rechtsgrundlagen hat sich seit den Beiträgen dort nichts geändert). Das Verbandbuch darf nur nicht so offen im Betrieb herumliegen, dass jeder Besucher (nicht dem Betrieb angehörige) im Vorbeigehen die Einträge sehen und lesen kann. Auch der Hinweis der BG ETEM ist Unfug und weder sinnvoll, noch notwendig. Jeder gesetzliche Unfallversicherungsträger stellt seinen Mitgliedsbetrieben weiterhin kostenlos Verbandbücher zur Verfügung und aus datenschutzrechtlicher Sicht ist es die Umsetzung der Datenschutzvorgaben bei der Dokumentation in Papierform leichter als bei elektronischen Lösungen. Den geringsten Aufwand zur Erfüllung der Datenschutzanforderungen habe ich mit dem Verbandbuch auch im Vergleich zum Meldeblock oder einzelnen Meldezetteln.

    schöne Grüße vom u.a. Datenschutzbeauftragten

    Danke für die Richtigstellung, leider höre ich in diesem Bereich eine Menge unterschiedlichen Meinungen. Hast du ein Rechtsquelle für mich, wo ich es selber nachlesen kann?

  • jeske Da muss ich dich leider enttäuschen. Es gibt keinen Gesetzestext, in dem wortwörtlich steht "Das Verbandbuch ist erlaubt". Es ist die Auslegung der datenschutzrechtlich in diesem Fall zu beachtenden Vorschriften (EU DSGVO, Bundesdatenschutzgesetz; für öffentliche Stellen noch Landesdatenschutzgesetz). Ein, wenn auch meiner Meinung nach nicht schön formulierter, Einblick in die Rechtslage zum Datenschutz ist z.B. in der DGUV Information 204-022 "Erste Hilfe im Betrieb" auf den Seiten 36 bis 39 zu finden.

    Bei den Aufzeichnungen handelt es sich um Daten, die gegen den Zugriff Unbefugter zu sichern sind. Die Tatsache, dass ein bestimmter Mitarbeiter im Betrieb eine Verletzung erlitten hat, stellt aber innerbetrieblich kein Geheimnis dar. In der Regel bekommen die Arbeitskollegen eh mit, dass was passiert ist und Unfälle sprechen sich schnell im gesamten Unternehmen oder zumindest in der betroffenen Abteilung herum. Hier gibt es somit keine schützenswerten Daten bezüglich des Unfalls mehr. Datenschutzrechtlich spricht also nichts gegen eine Verwendung des klassischen Verbandbuchs und dessen Aufbewahrung im Verbandkasten oder an einer anderen geeigneten Stelle im Betrieb. Die Betriebsangehörigen sind in diesem Fall nicht als Unbefugte im Sinne des Datenschutzrechts anzusehen. Es darf nur nicht öffentlich einsehbar für Nicht-Betriebsangehörige bzw. für Besucher (in diesem Fall die Unbefugten) ausliegen. Die Anforderungen des Bundesdatenschutzgesetzes sind somit erfüllt, wenn das Verbandbuch in einem geschlossenen Schrank oder Kasten oder ähnlichem aufbewahrt wird (normalerweise befindet sich das Verbandbuch im Verbandkasten und dieser ist normalerweise geschlossen, somit werden die Datenschutzanforderungen erfüllt) und allen Betriebsangehörigen der Standort bekannt ist (selbstverständlich genügt es, wenn die Mitarbeiter den Standort des Verbandbuchs für ihre Abteilung bzw. ihren Arbeitsbereich kennen).

    PS: aus fachlicher Sicht ist es spannend, zu sehen, welche Rechtsvorschriften Jahrzehnte (die Datenschutzanforderungen an das Verbandbuch haben wir dank dem Bundesdatenschutzgesetz seit 1990) praktisch niemanden interessiert haben und die jetzt auf einmal panisch und oftmals vollkommen überzogen durchs Land getrieben werden. Und Auditoren haben leider eh die Angewohnheit, gerne Sachen zu fordern, die jeglicher Rechtsgrundlage entbehren. Mit der Spezies gerate ich deshalb regelmäßig aneinander.

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  • Und zum Thema Meinung: wenn mir jemand erzählt, dass ich unbedingt etwas ändern muss oder das etwas auf gar keinen Fall mehr so gemacht werden darf bestehe ich immer auf eine schriftliche, fachliche, sachliche Begründung mit Benennung der Rechtsgrundlagen. Denn zu Vieles, was so rumerzählt wird, entbehrt leider jeglicher Grundlage. Auch Auditoren kann man so i.d.R. den Zahn ziehen, wenn man für eine Forderung die Rechtsgrundlage(n) von ihnen schriftlich haben will.

  • .oO(Auditoren, die keine Rechtsgrundlagen nennen (können) haben keine Rechtsgrundlage)

    Solche Leute sind mir noch nicht begegnet. Egal ob TAP, Feuerwehr, ISO-Auditor ... stets waren alle Äußerungen mit den Rechtsgrundlagen unterfüttert. Sollte das mal nicht der Fall sein, würde ich den Bericht auch nicht anerkennen.

    Arbeitsschutz ist wie Staubwischen.

  • Und zwar heruntergebrochen auf den konkreten Satz, INKLUSIVE Datum des Standes der Rechtsvorschrift und nicht nur "ArbSchG, BetrSichV"...

    (Den Anspruch erfülle ich übrigens selbst als Auditor - ja, es ist Arbeit - aber wenn ein Audit eine halbe Phantastillion kostet, und drei Tage dauert, dann sollte man einen Mehrwert bieten)

    AP hat keine Chance - er MUSS. AP müssen ihre Äußerungen unangreifbar gestalten - hoheitliche Aufgabe...

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